Beiträge von Fids89

    Sitzung Baukollegium

    Also von vorne rein möchte ich sagen, dass ich kein Muttersprachler bin. Also entschuldige ich mich im Voraus für die zahlreichen Schreibfehler. Ich weiß, dass Viele von Euch doch sehr darauf achten...


    Ich war gestern vor Ort und die Begründung, die ich schlüssiger finde, ist die Tatsache, dass der aktuelle Hochhaus-Bestand eine Torsituation bildet, indem beide Hochhäuser direkt an der Straßenkante stehen und sich zum Platz hin verjüngen. Diese Städtebauliche Figur hat eine Klarheit, die durch diese neue Figur im Nachbar-Block zerstört wird. Der Architekt, der übrigens selber zum Baukollegium gehört, wollte eigentlich, dass diese Hochhäuser miteinander kommunizieren und es keine "autistische" Architektur entsteht. Das ist aber leider genau der Fall gewesen, denn außer an der Höhe, gibt es keinerlei Bezugspunkte: Den LA-Platz würden sie gerne neu bespielen, aber über den Kudamm haben weder der Architekt noch der Bauherr ein Wort verloren. Der Architekt hat darauf bestanden, dass die Position der Hochhäuser nicht fest sei; für eine Studie wirkten die Türme aber doch ziemlich willkürlich.


    Die Begründung vom Baukollegium hat damit angefangen, dass natürlich könnte man die City-West neu interpretieren und dafür eine neue Lesart entwickelt. Dafür bräuchte man aber, sich das ganze Gebiet anzuschauen. Darauf hin haben sie dann alle Varianten vom Architekten um einen Kreis um die Gedächtnis-Kirche in das Model gesetzt und gesagt, wenn man weg vom Tor hin zum Hochhaus-Cluster wollte, müsste das dann so aussehen. Dies liegt aber nicht in dem Aufgabenbereich vom Baukollegium sondern sei eine "fast ausschließlich" politische Entscheidung.


    Wenn ich der Bauherr wäre, würde ich mich mit den anderen Bauherren zusammensetzen, die auch Hochhäuser bauen wollen (z.B. vom Europa Center, Hardenberg Platz) und würde eine neue Setzung für das Gebiet fordern. Darüber hinaus würde ich -wie schon hier erwähnt wurde- Wohnen mit ins Konzept aufnehmen. (Das kommt sowieso immer gut an)


    Ich finde selber das Wort "Tradition" oder "traditionellerweise" -wie sich das Baukollegium auf die Traufhöhe des Kudamms bezog- eher schwierig, denn diese Blockrandbebauung wird an mehreren Stellen durch Hochhäuser unterbrochen. Auch vom intakten Block kann kaum die Rede sein! Durch die neuen Hochhäuser am Breitscheidplatz hat sich der Maßstab stark verschoben.


    Ich persönlich finde, das Gebiet könnte auf jeden Fall mehr Hochhäuser vertragen und plädiere auch dafür. Denn dieser Begriff der Torsituation kann ich -ehrlich gesagt- nicht mehr hören! (Als ob in Berlin dies der einzige, annehmbare, städtebauliche Einsatz wäre! wie einfallslos!) Aber so wie der Bauherr das Projekt vorgestellt hat, war das wirklich nur ein sehr vager Versuch.

    Jain.
    Also, wenn ich mir die frühere "Investorenarchitektur" anschaue - denkst du, ein Wertheim hatte Geld zu verschenken, als er seine Einkaufspaläste errichtete? Er hat erkannt, dass Menschen, wenn man ihnen nicht nur Paletten voller Waren, in einem beleuchteten und beheizten Betonwürfel, zum reingreifen hinstellt, sondern Waren in einer tollen Umgebung anbietet, dann auch bereit sind, mehr Geld zu bezahlen und dort auch länger zu verweilen (d. h. insgesamt mehr einzukaufen).


    Die Architektur war immer und wird immer das Spiegelbild der Gesellschaft sein. Was viele Leute einfach nicht verstehen ist, dass hinter zeitgenössischer Architektur unglaublich viel steckt. Man muss heute, wenn man alle Leistungsphasen erfüllt, mit rum 250 verschiedenen Gewerken zusammen arbeiten. Das Besondere der zeitgenössischen Kunst lässt sich an anderen Werken ablesen. Nehmen wir das iPhone als Beispiel: die Technik dahinter ist enorm komplex geworden. Immer mehr Technologie und Entwicklung steckt dahinter, dennoch hat das Gerät immer weniger Knöpfe. Das Gerät sieht immer simpler und feiner aus. Und so ist der Trend in der Architektur auch.


    Man redet von monolithischen Gebäuden. Man überlegt sich als Architekt genauer, wo ein Fenster eingebaut werden soll und hinterfragt auch die Gründe dafür. Die Räume werden schlichter. Nichtsdestotrotz hat man heute einen Komfort, wie nie zuvor. Hinter einem bodentiefen Fenster oder einer Fußbodenheizung stecken unglaublich viele Details, die ganz genau durchdacht werden sollten. Man setzt sich sehr viel mit Technikdetails auseinander. Aber die entscheidende Frage ist, wozu? Das ist meine persönliche Meinung aber ich denke, dass es heute in unserer Gesellschaft mehr um das Individuum geht, als je zuvor. Der Mensch präsentiert seine Macht nicht durch repräsentative Fassaden oder gigantische Gebäude, sondern durch sich selbst. Der Mensch steht wie in der Renaissance mehr im Vordergrund. Die Räume werden durch den Fortschritt der Gesellschaft immer größer und effizienter. Es geht darum, wie sich der Mensch in diesen leeren Räumen entfalten kann.

    An welcher Hochschule hast du -wenn ich fragen darf- denn Architektur studiert und wieviele Leute, die heute Architektur studieren, kennst du?


    Ich muss leider zustimmen. Ich studiere Architektur in Berlin an der TU und Architekturgeschichte gibt es einmal im Bachelor und einmal im Master als Pflichtfach. Dass ich weiß, was der Unterschied zwischen einem Pilaster und einer Säule ist, liegt nur daran, dass ich mich selbst dafür interessiert habe. Heute setzt sich keiner mehr damit auseinander. Es kommt nicht in Frage, dass man solche historisierenden Elemente in irgendeiner Weise als stilistische Elemente einsetzt. Das wäre sogar gefährlich und mehr als fragwürdig. Man würde höchsten von einer "strengen" Fassade mit "Relief" sprechen, falls man auf die Idee kommt, eine stark gegliederte Fassade zu entwerfen.


    Ich musste mir von meinem Tragswerklehreprofessor ständig anhören, dass es heute Stützen und keine Säulen sind. Denn Säulen sind "Stützen", egal ob tragend oder nicht, die eine klassische Gliederung haben. Alles andere ist eine Stütze.


    Ich sehe das so: Mein Prof für Geschichte meinte einmal in einer Vorlesung: Alle klassischen Ornamente haben ihren Ursprung in der Funktionalität. So stellt z.B. der klassische griechische Giebel eine Holzkonstruktion dar, die früher aus einer Notwendigkeit entstanden ist. Mit den Jahren hat es aber seine Funktionalität verloren und wurde zu einem rein stilistischen Element. Darin sehen viele Architekten der Verlust an Legitimität der Kosmetik.

    Ich finde diesen Entwurf als Architekturstudent echt peinlich. Klar, möchte man sich der Umgebung anpassen und natürlich liegt es nah zu sagen, man übernimmt ein bisschen das Raster, das das Saturnhaus vorgibt. Aber doch nicht so. Das ist doch alles zu kurz gedacht. Wenn ich in der TU mit so einem Entwurf kommen würde, wäre ich schon längst durchgefallen!

    Es ist echt beeindruckend wie schnell das alles geht! und wie groß das gesamte Projekt ist! Wie kriegen sie das hin, so viele Teile auf einmal zu bauen? Sind es mehrere unterschiedliche Bauunternehmen beteiligt? weißt das jemand? oder wird das ganze von einer einzigen Baufirma geführt? und weiß jemand wie viel das Projekt kostet?

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    Ich kann mir gut vorstellen, dass man in so einem großen Block einige Wege interessanter gestalten will indem man plötzlich in einen Hinterhof landet, wo sich ein älteres Hinterhaus befindet. Auch um das Berlin Flair als Fragment einer großen Collage teilweise zu erhalten.


    Bitte nur zitieren wenn es Sinn macht. Danke
    Bato

    @#181
    Ohje, da wäre ich lieber für den alten Entwurf. Die alte Visualisierung entspricht meiner Meinung nach einer modernen Interpretation eines repräsentativen Wohnhauses (auch sehr erfrischend) und würde sich in die Gegend mit durchschnittlichen niedrigen Traufhöhen und kleineren Volumina besser integrieren. Die Visualisierung der Webseite sieht eher danach aus, als hätte man ein eher zentrales Eckhochhaus in eine Ecke gequetscht.