Das ist vielleicht gut gemeint, aber im Endeffekt wird jegliche Neustrukturierung als weitere Entfremdung empfunden. Entweder sozialistisch-authentisch oder Altberlin-authentisch. Oder der besprochene Kompromiß aus beidem mit historischer Bebauung des MEF.
Ich kriege jedenfalls sehr unangenehme Gefühle, wenn ich mir die Gegend vorstelle und dort schon wieder etwas völlig neu strukturiert wird, das ohne Vorbild ist. Die Leute fühlen sich einfach am wohlsten, wenn das alte Berlin wieder aufgebaut wird. Das hat sich jedenfalls an den bisherigen Etappen des Wiederaufbaus gezeigt.
Ich verstehe auch nicht, warum unbedingt eine Sichtachse zwischen Turm und Schloß vorhanden sein muß. Das mutet für mich wieder etwas totalitär und weltfremd an. Letztlich unurban. Solche Sichtachsen haben heute etwas Weltfremdes, Künstliches.
Ich muß hier Tel33 insofern zustimmen, als es wirklich schwer nachzuvollziehen ist, warum man nicht einsieht, daß das alte Berlin im Krieg zerstört wurde und dies ein massives Trauma bedeutet. Es ist daher selbstverständlich, sich an einer kritischen Rekonstruktion zu orientieren. Und ich freue mich auch über die Äußerungen Berchens bzgl. des Potsdamer Platzes. Da sieht man, was modernistische Hightech-Architektur Negatives anrichten kann.
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Ich stehe der Wiederherstellung von historischen Strukturen bzw. Rekonstruktionen nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber und freue mich über viele interessante Projekte, sowohl in Berlin wie andernorts. Allerdings gibt es meiner Ansicht keinen Zwang zur Rekonstruktion bzw. zum historisierenden Bauen, auch nicht im ehemaligen Marienviertel, das muss von Gebäude zu Gebäude, von Stadtraum zu Stadtraum jeweils neu entschieden werden.
Eine wie auch immer geartete Neustrukturierung allerdings grundsätzlich abzulehnen und dogmatisch darauf zu bestehen, dass man sich immer an der jüngeren oder der weiter zurückliegenden Vergangenheit zu orientieren habe, das halte ich für blanken Unsinn, der jeder Innovation und jedem Gestaltungswillen entgegenläuft (und der mit Sicherheit auch nicht von "den Leuten" oder "den Berlinern" unisono so geteilt wird, auch wenn du davon überzeugt bist bzw. dir das so wünschen würdest). Alternativlos ist nichts, weder in der Politik noch in der Architektur.
Man kann nicht einerseits mehr Toleranz z.B. für Rekonstruktionsvorhaben einfordern und andererseits seine persönlichen Wünsche absolut stellen und von anderen fordern, dass man diese doch gefälligst zu teilen habe bzw. das endlich "einsehen" soll. Das hat mit einem freien Diskurs nichts mehr zu tun.
Es gibt eine Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten für das Rathausforum bzw. Marienviertel, es gibt eine Vielzahl an möglichen Zukunftsvisionen für die Stadt Berlin. Deine ganz persönliche Vision (so diffus sie auch ist, wenngleich es in letzter Konsequenz immer auf eine weitgehende Wiederherstellung des Vorkriegs-Berlin hinausläuft) muss dabei keineswegs der tatsächlichen Zukunft der Stadt entsprechen, auch wenn du offenbar Schwierigkeiten hast, dies zu akzeptieren bzw. abweichende Meinungen zu tolerieren.
Du hast weder die Wahrheit gepachtet, noch die Möglichkeit, per Glaskugel in die Zukunft zu sehen, auch wenn man bei dir zuweilen den Eindruck bekommt, dass du Berlin 2050 schon vor deinem geistigen Auge vorbeiflimmern siehst. Die schnöde Gegenwart und einige lästige Forumsuser stehen dabei nur deinen Träumereien im Weg bzw. wagen es dabei auch noch, den unumstößlichen Wahrheitsgehalt deiner Zukunftsprophezeiungen anzuweifeln. Nicht zu fassen.