Habe diese Nachricht auch gelesen und mich ebenfalls gefreut, dass dieser Schandfleck endlich verschwindet. Der Abriss war ja schon vor langer Zeit angekündigt worden und hat sich dann aber deutlich verschoben. Als seinerzeit die Planung für das (städtebaulich äußerst umstrittene) Mitte 360-Projekt begann und Kritik geäußert wurde - auch aufgrund der Gebäudehöhe im Hinblick auf die fehlende Rücksichtnahme auf die umgebenden Altbauen der Bahnhofstraße und Domstraße - konnte ich mir damals ein Kopfschütteln nicht verkneifen, als die Architekten von "Mitte 360" sich gegen diese Kritik dadurch verteidigten, dass man sich bezüglich der Gebäude-/Geschosshöhe am benachbarten Gebäude (DBV-Winterthur) orientiert habe - einem Gebäude, dass damals - allgemein bekannt - schon dem Abriss geweiht war und nun endlich verschwindet...
Beiträge von AltbauOFreund
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Dass eine mögliche Verlegung der Straßenbahnführung eine langfristige Sache ist , sehe ich genauso. Erst wenn das Umfeld von Altem Markt, Nikolaikirche und Stadtkanal neu gestaltet wird, ist die historische Trassenführung erst möglich.
Und es gibt durchaus klare Vorteile gegenüber der jetzigen Lösung. So könnte die Ringerkolonnade in Ihrer vollen Länge an Ihrem historischen Ort zwischen Marstall und Schloss wieder aufgestellt werden. Der erhaltene Teil, der heute etwas verloren am Havelufer steht, ist ohnehin stark restaurierungsbedürftig. Die Ringerkolonnade bildete eine harmonische und transparente Abgrenzung des Lustgartenareals. Die vollständige Rückkehr der Kolonnade ist mit der heutigen Trassenführung nicht möglich.
Auch wenn der Lustgarten heute modern gestaltet ist und für Veranstaltungen und Feste genutzt wird, so ist seine Bedeutung als Parkanlage deshalb nicht weniger wichtig und seine Durchquerung durch eine Hauptstraße nicht weniger einschneidend.
Und sollte wirklich eines fernen Tages die Autostraße im Lustgarten verschwinden, so würde man mit Beibehaltung der heutigen Straßenbahnführung nicht nur die Rückkehr der Riingerkolonnade verhindern, sondern zudem die einzigartige Chance vertun, auch die Havelkolonnade wieder aufzubauen, die das Lustgartenareal zwischen der Langen Brücke und dem Schloss begrenzte und stadträumlich sehr wirkungsvoll und von großer Bedeutung war, was man auf vielen historischen Aufnahmen erkennen kann.
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Natürlich leben wir nicht mehr im Jahre 1910 (und auch nicht mehr im Jahre 1960 - bis dahin gab es die "historische" Trassenführung noch - mit Ausnahme des von der Humboldtstraße nach Nordosten abzweigenden Asts, der im obigen Google-Earth-Bild von Backstein zwar mit eingezeichnet ist, allerdings bereits 1888 wieder eingestellt, und 1906/07 vollständig abgebaut wurde und von mir auch nicht zur Diskussion gestellt wird).
Ich halte es jedoch im Rahmen moderner Verkehrsplanung keineswegs für einen Widerspruch, Straßenbahnen durch einen für den Individualverkehr gesperrten oder verkehrsberuhigten Straßenbereich (wie z.B. die zukünftige Humboldtstraße und den Alten Markt) zu führen. Die Scihienen wurden dort auch nicht auf einem separaten Schotter-/Gleisbett geführt, sondern ins Pflaster eingelassen. Dies hätte m.E. - auch vor dem Hintergrund, dass es in diesem Bereich keinen intensiven Autoverkehr geben wird - keinen zerschneidenden Effekt oder geringeren Aufenthaltscharakter. Das zeigen auch historische Vorkriegsaufnahmen des Alten Markts mit Straßenbahn.
Ähnliche Beispiele gibt es in einigen historischen Bereichen deutscher Innenstädte mit hoher Aufenthaltsfrequenz wie z.B.:
- Alexanderplatz (Berlin)
- Hackescher Markt (Berlin)
- Augustusbrücke/Theaterplatz (Dresden)
- Rathausplatz/Maximilianstraße/Moritzplatz (Augsburg)
- Paulsplatz (Frankfurt am Main)
- Fischmarkt (Erfurt)
- Luisenplatz (Darmstadt)Dort gibt es z.T. auch kurvenreiche Streckenabschnitte, worin ich kein Problem sehe.
Das Argument, dass die Ringerkolonnade so oder so nicht zurückkommen dürfte, weil zwischen Schloss und Marstall immer noch die Friedrich-Ebert-Straße (F-E-S?) verläuft, ist mir unverständlich, da ja zwischen Schloss und Marstall nur noch der ÖPNV, d.h. Straßenbahn und Stadtbusse auf der Schienentrasse fährt und die Autos über Breite Straße und Schlossstraße herumgeführt werden (d.h. ohne ÖPNV- Straßenbahn-/Bustrasse könnte zwschen Marstall und Schloss die Ringerkolonnade wieder aufgestellt werden). Eine Kombination aus historischer und jetziger Straßenbahntrasse würde ich für ungünstig halten, da dann alle 4 Schlossseiten von Schienen umgeben würden. Weniger Autos vor dem Schloss (z.B. durch die ISES-Lösung) halte auch ich für erstrebenswert, doch steht dies nicht im Widerspruch zu einer möglchen Verlegung der Straßenbahntrasse in einigen Jahren und würde den einstigen Parkcharakter der Gartenseite und die Verbindung zwischen Schloss, Lustgarten und Havel wieder herstellen, was die heute mit Steinplatten versiegelte Fläche an der Westseite des Schlosses im Umfeld der Straßenbahntrasse nicht vermitteln kann.
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historische Straßenbahn-Trassenführung
Es war von vorherein klar, dass die heutige neue Trassenführung der Straßenbahn das Umfeld des Landtagsgebäudes mit den rekonstruierten Stadtschlossfassaden empfindlich stören würde. Dies wird nun, da das wunderschöne Gebäude steht, umso deutlicher. Nicht nur die Masten stören an der schönen Gartenseite, sondern auch die Zerschneidung der Fläche zwischen Marstall und Westseite des Schlosses, auf der einst die Ringerkolonnade stand, deren Rekonstruktion in voller Länge nun unmöglich ist. Natürlich ist die neue Trassenführung besser als die alte (wie von Konstantin geschrieben), wenn man unter der "alten" Trassenführung jene aus den 1960er Jahren versteht, die quer über das Stadtschlossareal führte und ohne deren Verlegung eine Wiederbebauung des Schlossareals nicht möglich gewesen wäre. Eine bessere Lösung als die "historische" Trassenführung bis zum Abriß des Schlosses, nämlich von der Langen Brücke durch die Humboldtstraße über den Alten Markt und vorbei an der Nikolaikirche zum Platz der Einheit gibt es meiner Meinung nach jedoch nicht. Aus meiner Sicht wäre zu hoffen, dass auf dem Gebiet des heutigen Staudenhofs mit seinen erhöhten Rampen und Stufen doch noch irgendwann die ehemalige Kaiserstraße wieder entsteht, was die historische Straßenbahnführung wieder möglich machen würde, - abgesehen von der regen Bautätigkeit der nächsten Jahre an der wiederentstehenden Humboldtstraße. Der Verlegung der Straßenbahn auf ihre historische Trasse in einigen Jahren würde daher nichts im Wege stehen, zumal die Humboldstraße ohnehin nicht als Verkehrsstraße geplant ist und daher Straßenbahnschienen ken Verkehrshindernis darstellen würde. Der Alte Markt würde durch die Straßenbahn wieder belebt, die Gartenseite des Schlosses von einer eng vorbeiführenden Straßenbahntrasse befreit und der komplette Wiederaufbau der Ringerkolonnade ermöglicht. Die Friedrich-Ebert-Straße im Bereich der ehemaligen Hohewegstraße, d.h. zwischen Marstall und zukünftigem Stadtkanal könnte dann ohne Straßenbahnführung in unverbreiterter Form gestaltet werden.
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Dann sollte aber auch nicht unerwähnt bleiben, dass für das Studentenwohnungsprojekt der Verkauf des Hochhauses an einen Investor als Möglichkeit gesehen wird. Und auch wenn ein Abriß in naher Zukunft aussichtslos ist, ist es nicht unbedingt eine gute Idee, dass Gebäude zu verkaufen und damit zum einen die Weiterexistenz des Hochhauses auf dem Klinikgelände für alle Ewigkeiten zu zementieren und zum anderen einem Investor zu überlassen, was mit dem Gebäude schließlich passiert, wenn die Vermietung an Studenten nicht so läuft, wie man das jetzt rechnet und womöglich ein sozialer Brennpunkt an dieser Stelle entsteht. Diese Brennpunkte gibt es leider schon zur Genüge an anderen Stellen der Stadt. Die architektonische Situation ist auch vor diesem Hintergrund von Relevanz. Die Tatsache, dass viele Bausünden und Schandflecke in Offenbach vor sich hingammeln und nicht verschwinden, liegt oft am mangelnden Interesse entsprechender Investoren. Und das mangelnde Interesse liegt wiederum oft am leider schlechten Image der Stadt (oft zu Unrecht). Und am schlechten Image sind soziale (und architektonische) Brennpunkte nicht ganz unschuldig. Und so hängt doch vieles zusammen. Und man kann an dieser Stelle durchaus beklagen, dass ein Vorzeige-Neubauprojekt der Stadt Offenbach nun durch den womöglich endgültigen Weiterbestand eines unansehnlichen maroden Hochhauses, das abgerissen werden sollte, wieder entwertet wird. Natürlich zählt nicht nur die architektonische Betrachtung , aber um die Architektur geht es uns ja hier.
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Da hier vor längerer Zeit bereits über den Neubau des Klinikums Offenbach diskutiert wurde, folgende aktuelle Info:
Seitens der CDU in Offenbach gibt es die ernsthafte Idee, den alten, seit zwei Jahren leerstehenden Klinik-Zentralbau von 1974 - ein monströses 14-stöckiges Hochhaus - in ein Studentenwohnheim (600 Zimmer) zu verwandeln. Ursprünglich war geplant, das Hochhaus nach dem 2010 erfolgten Umzug in den Neubau abzureißen. Dies wurde dann jedoch aufgrund steigender finanzieller Schwierigkeiten des Klinikums, die bis heute andauern, aus Kostengründen zunächst verschoben. Wenn der Hochhaus-Altbau stehenbleibt, wäre das auch architektonisch eine Katastrophe. Dort wo das Hochhaus steht (wenige Meter entfernt vom neuen Gebäude und quer zur Hauptfront des Neubaus mit einer erhöhten Betonrampenauffahrt) soll eigentlich einmal der Vorplatz (Campus) des Neubaus sowie Platz für Erweiterungsflächen entstehen...
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Diesen Abriss hätte wohl kaum jemand ernsthaft bedauert. Das Problem ist lediglich, dass die Kassen klamm sind und der einzig in Frage kommende Geldgeber von reaktionären Polithazardeuren vergrault wurde.
Ich denke ebenfalls, dass der Abriss des Hotelhochhauses kaum bedauert worden wäre. Das Gebäude wird an dieser Stelle inmitten des wiedergewonnenen historischen Stadtkörpers immer ein Fremdkörper sein, der den Landtag mit historischer Stadtschlossfassade vom Lustgarten und der Havel abriegelt. Man darf schließlich nicht vergessen, dass der Bau des Hotelhochhauses seinerzeit auch die Aufgabe hatte, als sozialistische Höhendominante die Geschichte des ehemaligen Schlossareals unkenntlich zu machen und dem Ort einen neuen Stempel aufzudrücken. Allerdings sollte man auch bedenken, dass auch eine Kunsthalle an der Stelle des Hotelhochhauses die historische Situation nicht wieder hergestellt hätte. Die Gartenseite des Stadtschlosses mit der Kutschauffahrt benötigt, um ihre städtebauliche Wirkung zu entfalten, die historische Freifläche zum Lustgarten und zur Havel. Dies wird an historischen Aufnahmen deutlich, die u.a. die Sichtachse vom Neptunbassin zum Schloss und dahinter sichtbarer Nikolaikirchenkuppel zeigen. Die Kunsthalle wäre durch die geringe Geschosshöhe sicher zurückhaltender als das Hotelgebäude gewesen. Aber dennoch hätte sie eine Barriere gebildet, die die Einheit von Schloss, Lustgarten und Havel verhindert hätte.
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Ich denke ebenfalls, dass es zu früh ist, die Wirkung der alten Säulen zu beurteilen, da diese ja noch zusammenhanglos am "nackten" Rohbau der Kopfbauten zu sehen sind. Sobald die Rohbauten der östlichen und westlichen Kopfbauten der Marktseite erst einmal fertig verkleidet sind und die Dreiecksgiebel angebracht sind, welche ebenfalls als Original erhalten sind, ergibt sich sicher ein stimmigeres Bild. In den Medien war übrigens zu lesen, dass die Originalsäulen vor dem Einbau restauriert wurden (auch wenn dies auf den Fotos nicht so aussieht). Ich denke ebenfalls "Restaurieren und Einschusslöcher flicken kann man später immer noch. Und da Sandstein bekanntlich schnell dunkel wird, werden die sich die Unterschiede zwischen alt und neu sicher relativ schnell angleichen.
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Bei Kulturbauten oder öffentlichen Großbauten aus der DDR-Zeit besteht oft das Problem, dass bei Ihrer Errichtung gewachsene Stadtstrukturen bewusst zerstört wurden - ähnlich wie bei Kulturbauten aus den Siebzigern (Betonbrutalismus) im Westen. Wenn man heute aus den Fehlern der Vergangenheit lernt und urbane, historische Strukturen wieder herstellt, lassen sich diese Gebäude nur mit Problemen oder gar nicht in den historischen Kontext integrieren. So riegelt der Kulturpalast das kleinteilige Viertel um Schloss und Jüdenhof in Richtung Altmarkt ab und wirkt wie eine Barriere. Betrachtet man sich nur das Gebäude als Solitär, d.h. losgelöst von seiner Umgebung, könnte man es durchaus als prägnanten Kulturbau der damaligen Epoche bezeichnen. Und Denkmalschutz hat ja auch die Aufgabe, charakteristische Gebäude aus allen Bauepochen zu erhalten. Dies ist mit Stadtreparatur jedoch oft nicht in Einklang zu bringen, wenn diese Gebäude in zentralen historischen Bereichen der Stadt stehen und historische Strukturen überformen. Andere Beispiele: Palast der Republik in Berlin, Technisches Rathaus in Frankfurt am Main.
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Das Gründerzeitwohnhaus befindet sich gegenüber des Cinemaxx in der Ludwigstraße an der Kreuzung zur Berliner Straße. Für die Realisierung des Neubauprojekts wird es auf jeden Fall abgerissen werden müssen, da sich die Brandmauer unweit der Bebauungsfluchtlinie der Berliner Straße befindet. Um das Haus zu erhalten und gleichzeitig die städtebaulich unbefriedigende Brandmauersituation an der Kreuzung zu beseitigen, müsste ein weiteres Haus als Nachbar an die Brandmauer des Gründerzeithauses angebaut werden - sozusagen als Eckhaus. Dieses würde jedoch, selbst wenn es nur sehr schmal wäre, in den Bereich des heutigen Straßenraumes der Berliner Straße hineinragen (dort, wo sich heute Bürgersteig und Radweg befinden). Verantwortlich für die heutige, problematische Situation an dieser Stelle ist, wie bereits von OllaPeta erwähnt, der Durchbruch der Berliner Straße als neue Hauptverkehrsstraße Offenbachs ab Mitte der fünfziger Jahre. Obwohl das geplante Neubauprojekt sicher eine Aufwertung der Straßenfront der Berliner Straße an dieser Kreuzung (im Vergleich zur Brandmauer heute) bedeutet, schmerzt mich natürlich als Liebhaber historischer Architektur jeder Verlust eines erhaltungsfähigen Altbaus sehr.