Der Juchtenkäfer ist eine besonders geschützte Art nach Anhang IV 92/43/EWG (FFH-Richtlinie), und damit in §44 BNatSchG eingeschlossen. §44 verbietet das Töten, Verletzen, Fangen, Nachstellen, Inbesitznehmen, Entnehmen, Stören von Einzeltieren und Entwicklungsformen (Larven o.ä.) der Geschützten Art.
Und ja, über jeden einzelnen ermordeten Juchtenkäfer muß rein rechtlich gesehen Buch geführt werden.
Die Sache verhält sich schon etwas anders als hier bislang dargestellt. Da ich mit solchen Fragen tagtäglich konfrontiert bin, erlaube ich mir dies ein wenig differenzierter darzustellen.
Grundsätzlich regelt § 44 BNatSchG die Frage des Besonderen Artenschutzes durch verschiedene Verbote. Von Bedeutung sind im vorliegenden Fall die so genannten Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 4. Demnach ist es verboten,
1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören.
Vor dem Hintergrund der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BNatSchG ist daher grundsätzlich immer zu ermitteln, ob und in welcher Weise in Folge der mit dem Vorhaben artenschutzrechtliche Verbote tangiert werden können.
Allerdings sind hierbei die Besonderheiten der so genannten Legalausnahme nach § 44 Abs. 5 BNatSchG zu berücksichtigen. Danach gelten die Verbote bei (nach § 15 BNatSchG zulässigen) Eingriffen in Natur und Landschaft nur für die in Anhang IV der FFH-RL aufge¬führten Tier- und Pflanzenarten sowie für die Europäischen Vogelarten (europarechtlich geschützte Arten). Darüber hinaus sind die artenschutzrechtlichen Bestimmungen des § 44 Abs. 1 Nr. 1 (Tötungs¬verbot) nicht in Verbindung mit § 44 Abs. 1 Nr. 3 (Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhe¬stätten) anzuwenden, wenn sie unvermeidbar sind und die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang wei¬terhin erfüllt wird. Bei Gewährleistung der ökologischen Funktion der vom Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhe¬stätten ist auch § 44 Abs. 1 Nr. 3 nicht gegenständlich.
Das heißt zusammengefasst:
Natürlich geht es beim Juchtenkäfer nicht um den Verlust oder die Tötung eines Individuums. Vielmehr stellt sich die Frage, ob bei Fällung der durch die Art besetzten Bäume die gesamte Population im Mittleren Schlossgarten in ihrem Fortbestand bedroht ist. Wäre dies zu prognostizieren, hätte die Bahn die Verpflichtung, durch so genannte CEF-Maßnahmen das Fortbestehen der Population sicher zu stellen. Dies könnte bspw. durch Impfung geeigneter Bäume in benachbarten Bereichen mit Larvenvorkommen etc. geschehen. Warum die Bahn dies nicht schon längst veranlasst hat, erschließt sich niemandem mit gesundem Menschenverstand, denn der Aufwand hierzu wäre minimal und den rechtlichem Anforderungen könnte so längst entsprochen sein. Genau das und nichts anders hat der VGH in seinem Beschluss vom Dezember klar gestellt. Im Übrigen werden solche Maßnahmen landauf und –ab bei den verschiedensten Vorhaben ausgeführt und die Bahn selbst verfügt eigentlich über genügend Erfahrung im Umgang mit diesen Dingen. Den Projektverantwortlichen in diesem konkreten Fall sollte man m.E. schnellstens sonst wohin schicken.