Gleviner Straße
Heute wird endlich die im Südosten der Innenstadt gelegene Gleviner Straße das große Thema sein.
Ich habe mir in den letzten Wochen so meine Gedanken gemacht, wie ich meine Artikel so gestalten kann, dass jeder sofort nachvollzieht, über welches Gebäude oder welches Projekt ich berichte. Mir ist die Idee gekommen, einen übersichtlichen Plan zu erstellen, auf dem der Sanierungsgrad und die Hausnummer des jeweiligen Gebäudes zu erkennen ist.
Ich habe mich daraufhin mit der Stadt Güstrow in Verbindung gesetzt, die mir die notwendigen Pläne als Datengrundlage zur Verfügung gestellt hat. Aus diesem Grund möchte ich mich bei allen Verantwortlichen herzlich für die Unterstützung bedanken.
Das Ergebnis sieht recht simpel aus, hat mich aber doch einige Zeit gekostet:

Alle farblich gefassten Flächen stehen für Gebäude, welche direkt an die Gleviner Straße angrenzen. Dabei stehen die Farben für den Sanierungsgrad:
Dunkelblau - sanierte Gebäude
Hellblau - teilsanierte Gebäude
Rot - unsanierte Gebäude
Gelb - Neubau nach 1990
Diese Unterteilung habe ich mir in einer Broschüre abgeguckt, die ich vor einigen Wochen im Internet entdeckt habe. Diese wurde vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung herausgegeben und befasst sich mit dem Thema "Stadtumbau Ost".
Höchst lesenswert! Kann ich jedem Interessierten empfehlen.
http://www.bmvbs.de/SharedDocs…st-10-jahre-berichte.html
Ab Seite 80 wird auch der Stadtumbau in der Altstadt Güstrow auf mehreren Seiten erläutert. Zu sehen ist auch ein Gesamtplan der Innenstadt, der den Sanierungsstand aufzeigt.
Soviel erstmal zur Erklärung meiner Zeichnung. Gerade auch für die Gleviner Straße war mir der Plan wichtig, da sie für Architekturfreunde eine der spannendsten Straßen im ganzen Stadtgebiet ist.
Man erkennt, dass bereits einiges für den Erhalt der historischen Bausubstanz getan wurde. Andererseits täuscht das nicht über die zahlreichen, noch zu sanierenden Gebäude hinweg. Besonders im südlichen Teil macht die Straße noch einen schlimmen Eindruck.
Zur näheren Erklärung fange ich auf der Ostseite an, entsprechend der tatsächlichen Nummerierung.
Die Gleviner Straße führt in nördlicher Richtung auf den Marktplatz. Im mittleren Bereich führen zwei Straßen ab: die Burgstraße nach Westen und die bereits vorgestellte Grepelstraße nach Osten. Im Süden führt die Gleviner Straße aus der Innenstadt heraus.
Es folgt ein aktuelles Bild des nördlichen Bereiches der Ostseite:

Ganz hinten ist der Markplatz, vorne rechts geht die Grepelstraße rein. Am Ende kann man noch ganz leicht ein gräuliches Steildach erkennen, mit dem ich anfangen werde. Es ist die unsanierte Nummer 1, auch "August der Starke" genannt, da dieser während des Nordischen Krieges (1700-1721) hier residierte, als er mit Zar Peter dem Ersten verhandelte. Der russische Zar wohnte in der Nummer 6, ebenfalls unsaniert (Foto kommt gleich).
Gleviner Straße 1:

Das Denkmal steht seit etlichen Jahren leer. Es folgen teilweise bis gar nicht sanierte Gebäude. Ein Beispiel ist die Nummer 3:

Die Fassade stammt aus den 1910-Jahren, das Haus ist im Kern älter. Wie an diesem Gebäude findet man in der ganzen Straße noch weitere Balkone und mehrere Erker mit den unterschiedlichsten Formen.
"Zar Peter", die Nummer 6:

Alle drei gezeigten Gebäude sind unsaniert (und im Plan dementsprechend rot dargestellt). Nach Süden schließen sich dann sanierte Gebäude an. Die Nummer 8 ist im letzten Jahr erst fertig geworden. Vor der Sanierung sah das Gebäude so aus:

Ergebnis danach:

Auffällig ist natürlich der Farbunterschied, wobei ich die ursprüngliche Farbe gar nicht so schlecht fand, da dieser Abschnitt der Gleviner Straße recht kühl wirkt, nordisch kühl sozusagen. Bei genauerem Hinsehen erkennt man auch leichte Unterschiede in den Details, zum Beispiel bei den Fenstern. Interessant ist auch ein winziges Fenster direkt links neben der schön aufgearbeiteten Tür. Auf den Foto ist es fast nicht zu sehen und sieht eher wie ein Klingelschild aus. Soweit ich das erkennen konnte, wohnt jetzt eine Familie in dem Haus.
Machen wir weiter mit dem südlichen Teil der Ostseite, die gleich mit einem eindrucksvollen Bauwerk anfängt. Zunächst eine Gesamtsicht:

Das große Gebäude ist ein Renaissancebau des frühen 17. Jahrhunderts mit neogotischer Fassade. 2007 gab es einen Eigentümerwechsel. Der neue Besitzer wollte bis 2010 mit einer umfassenden Sanierung beginnen. Passiert ist aber leider bis heute nichts.
Ich habe gelesen, das Gebäude soll eines der schönsten Rokoko-Treppenhäuser in Norddeutschland haben. Ich selbst bin jedoch noch nie im Innern des Hauses gewesen. Die Ecke wird von einer Sandsteinfigur bekrönt, deren Lanze 2007 gestohlen wurde. Auf dem folgenden Bild ist die Straßenlampe etwas davor. Links zweigt die Grepelstraße ab.

Es folgt ein schnuckeliges Fachwerkhaus (Gleviner Straße 11):

Es schließt sich ein Bereich an, der vor allem durch die zwei Baulücken bestimmt wird, die die Straße aufweist. Die eine befindet sich auf dem Eckgrundstück zur Langen Straße, die andere in der Nummer 14. Das Gebäude wurde bereits 1995 wegen Baufälligkeit abgerissen. Die angrenzenden Gebäude machen auch keinen guten Eindruck. Insgesamt gesehen ist die Situation sehr unbefriedigend:

Kommt man von der anderen Seite in Richtung Markt, stellt sich die Eingangssituation auch nicht gerade schön dar. Besonders auch durch die hohe graue Seitenfront des Gebäudes Nummer 15, die durch die Baulücke noch betont wird, wird der Eindruck gestört:

Ein Neubau an dieser wichtigen Ecke würde den gesamten Bereich erheblich aufwerten.
Auf der linken Seite sieht man bereits die Heilig-Geist-Kapelle, die von 2006 bis 2007 mit erheblichen Mitteln saniert werden konnte. Ich kann tolle Vergleichsbilder liefern:

Dies ist der Blick von Süden auf die Kapelle. Linkerhand grenzt die Kerstingschule an, bei der die Sanierung soweit ich weiß nächstes Jahr beginnt. Bilder gibt es, wenn das Projekt in den Startlöchern steht, zumal die Schule nicht zur Gleviner gehört, sondern den Heiliggeisthof als Adresse hat. Das Nachherbild der Kapelle gibt es aber schon jetzt:

Nochmal aus der anderen Richtung mit der Hauptfassade aus dem 14. Jahrhundert:


Zwischen beiden Bildern liegen acht Monate. Der Unterschied ist unglaublich.
Seit Dezember 2007 beherbergt die Kapelle das Norddeutsche Krippenmuseum.
An die Kapelle schließt sich ein ehrgeiziges Vorhaben der Stadt Güstrow an. Es umfasst die Gebäude Nummer 23, 24 und 25, die allesamt ein einem desolaten Zustand sind. Die Nummern 23 und 24 sind zudem als Einzeldenkmale in die Denkmalsliste eingetragen.
Die Stadt hat im Juni die Ausschreibung der drei Gebäude zum Verkehrswert von zum Teil 0,00 Euro beschlossen. Einem möglichen Käufer werden vier Sanierungs- und Nutzungskonzepte unterbreitet und eine Unterstützung durch Städtebaufördermittel zugesichert. Die Fördermittel in Höhe von maximal 50 Prozent der förderfähigen Kosten sollen bereits 2013/14 zur Verfügung stehen.
Eile ist geboten, denn die Häuser stehen teilweise schon seit 20 Jahren leer. Für die Nummer 23 und 24 erfolgt der Verkauf mit einer Sanierungsbindung.
Nummer 23:

Nummer 24:

Bei der Nummer 25 ist man sich nicht sicher, ob das Gebäude überhaupt gerettet werden kann. Daher wird der Verkauf mit einer Sanierung- oder Neubaubindung verknüpft. Ich persönlich hoffe natürlich auch auf eine Sanierung der 25:

Die Fassade wird durch Stahlschienen gehalten. Das folgende Bild zeigt die Situation der drei Kandidaten auf der Rückseite, wo alle Kemläden und diverse Anbauten bereits platt gemacht wurden.

Die Stadt hatte bereits vier Planungsbüros aus Güstrow in einem begrenzten Wettbewerb um Sanierungs- und Nutzungskonzepte gebeten, die alle einem möglichen Investor unterbreitet werden sollen. Es heißt, dass man so der aktuellen Marktlage gerecht werden könne. Die Vorstellungen reichen von Wohnnutzung bis hin zu Hotel- oder Pensionsnutzung. Die Kosten werden je nach Konzept auf 1,9 bis 3,4 Millionen Euro geschätzt.
Als letzten Ausweg, also für den Fall, dass sich niemand findet, kann die Stadt sich dazu entscheiden, die Sanierung selbst in die Hand zu nehmen und im Anschluss daran die Häuser zum Kauf anzubieten.
Mit derselben Vorgehensweise hatte die Stadt schon einmal Glück. Die Giebelhäuser am Berge, die in meinem ersten Artikel Thema waren, wurden von einer Familie aus Baden-Württemberg gekauft. Die Fördersummer entsprach 50 Prozent der förderfähigen Kosten und ein Sanierungs- und Nutzungskonzept lag bereits vor.
Ich hoffe wirklich, dass die Stadt hier einen ähnlichen Erfolg haben wird. Die Lage ist hervorragend. Die Gebäude besitzen eine herausragende architektonische Qualität und der Hinterhof ist unglaublich ruhig. Für eine Wohnnutzung wären die Objekte jedenfalls super geeignet.
Sollte sich was ergeben, werde ich die Neuigkeit sofort verkünden
Auf jeden Fall darf man hoffen, dass sich an diesem Bild in naher Zukunft etwas ändert:

An die drei Problemfälle schließen sich schicke, sanierte Giebelhäuser aus unterschiedlichen Epochen an. Sogar der bisher einzige Neubau nach 1990 passt sich gut in die Zeile ein, wobei ich vermute, dass der Neubau unter Beibehaltung der historischen Straßenfassade erfolgt ist (Nummer 27):

Zwei Nummern weiter wurde 2008 eine große Sanierung durchgeführt, die das Eckgebäude Gleviner Straße/Burgstraße betraf.


Auch bei dieser Sanierung wurde die Fassade doch erheblich verändert. Wesentlich freundlicher sieht jetzt die Erdgeschosszone aus. Zwischen EG und OG wurde ein dezentes Gesims und ein Schriftband eingefügt. Am auffälligsten sind die drei neuen Fenster im 2. OG, die die zwei breiten von vorher ersetzt haben und so die Fassade wieder stimmiger wirken lässt. Mir gefällt auch die Farbgebung samt gelber Fenster sehr gut. Die Tür wurde ebenfalls aufgearbeitet.
Güstrow ist auch als "Stadt der Türen" bekannt, da der Großteil der historischen Gebäude noch ihre originalen Haustüren besitzt und sich engagierte Bürger um deren Erhalt und die Wiederverwendung ungenutzter Haustüren bemühen. Manche Türen haben so bereits ihren Platz an einem anderen Standort wiedergefunden und können auf diese Weise erhalten werden. Die klassizistische Tür der Nummer 29 wurde natürlich am Standort belassen. Ich will sie nur beispielhaft für die Gleviner Straße zeigen, die ja sehr klassizistisch anmutet. Bei Bedarf kann ich auch noch Tür-Bilder der anderen Gebäude reinstellen.

Noch einmal ein schöner Blick auf den südlichen Teil der Westseite mit allen erwähnten Gebäuden im Gesamtkontext:

Als letztes folgt noch die nördliche Ostseite, die einige vorbildlich sanierte Gebäude vorweisen kann:

Insgesamt ist in diesem Bereich der Straße der Zustand der Gebäude sehr zufriedenstellend. Die Sanierungen wurden allesamt vor 2005 durchgeführt, weshalb ich leider auch keine Vergleichsfotos habe...
Seit 2006 wurden somit drei Gebäude grundsaniert, zwei Fassaden aufgefrischt und ein Gebäude abgerissen. Außerdem hat die Stadt die Straße selbst von Grund auf erneuert.
Vergessen will ich natürlich nicht die beiden klassizistischen Torhäuser, die man an Stelle des mittelalterlichen Gleviner Tores hat errichten lassen. Beide sind mittlerweile saniert. Sie haben die Hausnummern 19 und 20, sind jedoch auf meinem Plan gar nicht mehr drauf, da sie doch etwas abseits der eigentlichen Gleviner Straße liegen.
Beide sehen identisch aus. Daher gibt es zum Abschluss noch ein Foto vom östlichen Häuschen.

Alle Bilder und Darstellungen sind von mir. Bis zum nächsten Artikel, der hoffentlich etwas weniger aufwendig wird. 