Beiträge von Echter Berliner

    Hallo Leute,


    danke für eure Antworten. Ich gehe mal nur auf ein paar Argumente von Chandler ein, weil sie so beliebig sind. Ich gehe nicht auf alles ein.


    Wir sollten uns allen nicht irgendeinen Simplizismus unterstellen.


    Meine Position ist dialektisch, ganzheitlich, wobei ich den historischen Bezug in Berlin präferiere, weil so viel historische Identität fehlt.


    Da sind wir schon beim ersten Argument von Chandler. Geh doch mal bitte in dich und falsifiziere dich selbst, statt dies von anderen erledigen zu lassen.


    Ich bin selber Ossi und pfeife auf die Plattenbauten im Osten.


    Und niemand will bedeutende historische Bauten in Berlin weghaben oder geringschätzen, nur weil sie nicht aus der eigenen Lebenszeit stammen. Das ist doch unglaublich, so zu argumentieren.


    Lieber Chandler,


    eine Stadt ist ein Organismus, der historisch gewachsen ist. Diese Organik ist in Berlin erheblich gestört, sodaß historische Bezüge hiervon wieder etwas wiedergutmachen. Niemand befürwortet Brachial-Rekonstruktionismus ohne Berücksichtigung der Nachkriegszeit.


    Glaubst du wirklich, daß die Leute so ticken, wie du es darstellst? Vielleicht willst du es nur glauben.


    Meine Postition ist ganzheitlich.


    Ich möchte, daß viele Platten im Osten noch lange stehen bleiben und natürlich altern, also nicht brachial weggeholzt werden, sondern daß eine neue Stadt organisch und natürlich wächst. Und die sozialistischen Tot- und Fehlgeburten auf humane Weise langsam getilgt werden. Denn sie sind in der Tat auch meine Identität. Nur kann ich darauf langfristig verzichten.


    Genauso ist es mit dem Marienviertel. Wir sollten in der Tat von diesem Defizitdenken wegkommen und den sozialistischen Städtebau respektieren und akzeptieren - für die Zeit, die er noch steht. Er hat seinen Platz.


    Es wäre eine Vergewaltigung, jetzt oder sehr bald dort etwas neues zu starten. Das meine ich mit Ganzheitlichkeit. Spätestens 2020 werden wir uns stärker dem Marienviertel zuwenden.


    Wir sollten uns mit dem Wiederaufbau Berlins vor allen Dingen Zeit und Muße lassen.


    Ich finde zum Beispiel die Bauten vom Palais Behrens toll, die ich vor kurzem hier sah. Es ist einfach eine Freude, wie hier etwas historische Würde des alten Berlins wiederzurückkehrt.


    Für den Bereich zwischen Alex, Brandenburger Tor und Potsdamer Platz sollte das die Marschrichtung sein. Moderne Architektur hat hier nur den Reiz einer kleinen kontrastierenden Zugabe.


    Es sind nicht nur die Gebäude weg sondern auch die Menschen die sie schufen und die dort lebten. Deren Lebensweise ist Vergangenheit, die alte kleine Stadt von damals gibt es nicht mehr. Für unsere "Identität" sind Gebäude die während unseres Lebens gar nicht existierten logischerweise nicht von Bedeutung. "Wir" haben sie auch nicht verloren wir hatten sie nie. "Wir" sind nicht unsere Urgroßeltern.


    Also auf mich trifft deine "Erkenntnis" schon mal nicht zu. Dein Einblick in die emotionale Welt deiner Mitmenschen scheint nicht ganz richtig zu sein. Für meine Identität ist das alte Berlin sehr sehr wichtig und es ist eine große Freude, die historisierenden Bauten wie Adlon oder Palais Behrens zu erleben. Dein Argument ist konstruiert, da du die historische Fassung der Stadt und deren Überreste ausblendest. Ich will nur zeigen, wie künstlich deine Argumentation ist. Wenn neben einem wunderschönen Altbau ein häßliches Parkhaus steht, bekommt auch der Nachgeborene Bauchschmerzen.


    Aus dem vorhandenen alten Berlin ergibt sich also die Sehnsucht, das alte (in modifizierter Form) wiederzuerlangen.


    Unser Bild von einer Stadt wird von den markanten Gebäuden geprägt die wir erleben. Und es ist dabei bedeutungslos wie alt sie sind.


    Ich kann diese irrationale Überhöhung lange zerstörter Gebäude nicht nachvollziehen. Das waren auch bloß alte Sachen. Die sind nicht bedeutungsvoller oder wertvoller oder wichtiger für unser heutiges Leben als verschrottete alte Autos, zerstörte alte Möbel usw. Und auch nicht wichtiger als neue Gebäude.


    Was hältst du eigentlich vom VW New Beetle oder vom Mini? Oder vom Maybach?


    Dein Vergleich ist tendenziös und interessengeleitet, Gebäude werden nicht planmäßig nach einer Zeit verschrottet.


    Deine Vergleiche und Argumente sind im Großen und Ganzen beliebig.


    Sie bestehen aus Rationalisierungen, Konstruktionen und Intellektualisierungen. Du stellst Zusammenhänge her, die nicht notwendig so existieren, wie du sie darstellst. Es ist völlig okay, wenn du die DDR-Moderne gut findest.


    Wir sollten zu einem Nenner kommen, daß ich es auch als Vergewaltigung empfinde, die DDR-Moderne nicht altern zu lassen. Mich würde es auch stören, wenn man im Marienviertel jetzt anfinge groß loszulegen.


    Das ist auch ein Problem für dieses Forum, was ich auch im SSC schon öfter angesprochen habe. Wir können mit der Stadt nicht Playmobil spielen und dauernd alles über einen Haufen werfen. Seien unsere ästhetischen Vorstellungen noch so schön.


    Mir persönlich ist das auch ein Herzensanliegen. Daß man die Stadt natürlich wachsen und sich verändern läßt, sie also als Heimat begreift. Es ist gut für Berlin, wenn es in Zukunft etwas langsamer vor sich geht - und wir mal an einen gewissen Status quo ankommen. Daß Berlin also mal etwas zur Ruhe kommt und sich so etwas wie ein Ist-Zustand bildet.


    Ich möchte also auch, daß der sozialistische Städtebau noch eine Weile existiert - zum Beispiel in der Wilhelmstraße, am Fernsehturm.


    Im Marienviertel ist in der Tat keine Not am Mann. Das kann auch erst mal alles so bleiben. Da können wir uns auch noch in zwanzig Jahren drum kümmern. Das wäre für mich ein natürliches Städtewachstum.


    Das meine ich mit ganzheitlich. Die DDR-Moderne gehört zumindest temporär zur Identität Berlins. Wir sollten respektvoll mit jedem städtischen Erbe umgehen. Mit dem Defizit-Denken aufhören. Und Berlin als neue Ganzheit begreifen und respektieren.

    Die Mischung macht's

    Wenn man die Möglichkeit hat die Gebäude mit aktueller Technologie nach aktuellen Anforderungen und eigenen ästhetischen Vorstellungen zu gestalten. Und man dann diese Möglichkeiten einfach verschenkt und man keine eigene Idee entwickelt sondern einfach sagt "mir fällt ja doch nichts Besseres ein" also baue ich einfach nochmal das Gleiche was da vor 100 Jahren mal stand. Dann ist das in meinen Augen eine sehr traurige Entwicklung.


    Man kann sich natürlich stilistisch an bestehenden und vergangenen Gebäuden die einem gut gefallen orientieren und man kann auch scheitern bei dem Versuch ein besonders schönes und zugleich praktisches und kostengünstiges usw. Gebäude zu errichten. Aber es erst gar nicht zu versuchen ist doch arg mutlos. Dann soll man es halt jemand anderes machen lassen der mehr Talent und Selbstvertrauen hat.


    Diese Argumentationen sind immer wieder beliebig.


    Da sie immer wieder vorkommen, möchte ich hier mal mein Statement abgeben.


    Man kann mit der gleichen Emphase behaupten, daß Rekonstruktionen und Historisierungen sehr erfreulich und mutig sind. In Berlin sind sie dies tatsächlich. Und zwar deshalb, weil die historische Stadt in großem Ausmaß zerstört ist.


    Die Argumentation für oder gegen Rekonstruktionen hängt zum großen Teil vom allgemeinen Zustand der Stadt ab.


    In Berlin ist es in höchstem Maße geboten, historische Bezüge herzustellen.


    Man sollte doch mit solch beliebigen Etiketten wie "mutlos" oder "traurige Entwicklung" aufhören und stattdessen seine eigenen ästhetischen Vorlieben - ob nun modern oder historisch - vertreten.


    Ich finde in Berlin gerade ein Nebeneinander und Miteinander von Modern und Historisch reizvoll. Meiner Meinung nach ist unbestreitbar, daß Berlin ein Defizit an historischer Identität und Verwurzelung hat. Und dieses Bewußtsein wird erst recht mit dem Schloßbau verstärkt einsetzen. Ich erhoffe mir davon eine weitere Bewußtseinsentwicklung hinsichtlich des Verlorenen und der eigentlichen Identität Berlins. Diese Identität gilt es geschickt und kreativ wiederherzustellen.


    Diese historische Bewußtwerdung wird meines Erachtens in ein paar Jahrzehnten noch viel stärker sein und richtig an Fahrt gewinnen. Dann wird man auch weniger Hemmungen haben und die DDR-Architektur leichter über Bord werfen.


    Ich glaube, vielen geht noch das Bewußtsein dafür ab, was eigentlich alles Elementares von Berlin zerstört wurde. Da ist es zynisch, einfach zu sagen: Ja das ist halt weg und es ist unhistorisch, das wiederaufzubauen. Das ist genauso pauschal und platt wie ein stupider Historismus.


    PS: Falls sich jetzt endlose Architekturdebatten entspannen, sollten wir die in der Lounge weiterführen.


    - Die "Gründerzeitler" bieten die Chance auf Urbanität durch Kleinteiligkeit und Dichte, wie sie das Hansaviertel und die "Gründerzeitler des Sozialismus" niemals bieten werden/können - egal wo sie stehen. Die (teilweise) zentrale Lage der Gründerzeitler ist notwendige aber nicht hinreichende Bedingung für das, was sie heute "leisten" und warum sie so beliebt sind.


    Wir sollten zwischen der Qualität der städtischen Strukturen und der Qualität der konkreten Wohnungen unterscheiden.


    In der ersten Kategorie sind die Gründerzeitbauten tatsächlich Gold wert. Dies färbt natürlich auch auf die Wohnqualität und das Lebensgefühl ab.


    In der zweiten Kategorie sind die Nachkriegsbauten teilweise deutlich überlegen.


    Ich frage mich sowieso, warum man nicht langfristig und vereinzelt häßliche Plattenbauten in zentraler Lage abreißt und dort die alten Strukturen wieder herstellt. Das entscheidende Argument für die Gründerzeitbauten ist, daß sie überhaupt erst Stadt als Stadt darstellen und konstituieren.


    Man könnte Berlin wegwerfen, wenn es diese Viertel nicht mehr gäbe. Die Stadt hätte Null Identität.


    Man sollte die urbane Qualität der Gründerzeitbebauung wertschätzen und diese Strukturen nach Möglichkeit stützen oder erweitern/wiederherstellen - mit moderner Wohnqualität.


    Andererseits ist die moderne Nachkriegsbebauung auch eine willkommene Abwechslung und in gewisser Weise komplementär - also keineswegs in Gänze zu verurteilen.


    In Berlin - vor allem im Osten - ist die Situation aber eindeutig. Da gehören Altbaustrukturen wiederaufgeforstet - wie es ja auch geschieht.


    Meiner Meinung nach sollte man sehr langfristig darüber nachdenken, wo man an einzelnen Stellen die alten Stadtstrukturen wiederherstellt.


    Ergo: Die Gründerzeitbauten sind urbanitäts- und identitätsmäßig gar nicht hoch genug einzuschätzen, auch wenn sie gewisse Qualitätsmängel haben.


    Noch mal ergo: Allerdings ist gerade das Interessante und Reizvolle an Berlin, daß es so zerklüftet und fragmentiert ist. Damit hat man es nur etwas übertrieben.

    Schönheit ist nicht relativ

    Weshalb? Der Hauptgrund ist, dass Schönheit eine sehr subjektive Kategorie ist.


    Der Denkmalschutz ist der Versuch, Gebäude und Ensembles wenigstens ein Stück weit vor der Verstümmelung oder Zerstörung durch ein wechselndes Schönheitsempfinden zu schützen. Daher ist es gut, dass wichtige Zeugnisse abgeschlossener Bauepochen unter Denkmalschutz gestellt werden. Ich finde es daher auch gut, dass die Gebäude an der neueren Karl-Marx-Allee unter Denkmalschutz stehen. Ich kenne übrigens auch keinen ernsthaften Vorschlag, der einen Abriss der Plattenbauten an der Karl-Marx-Allee zum Ziel hat. Die Bereichsentwicklungsplanung hat sich ja in den letzten Jahren hin zu einem immer behutsameren Umgang mit diesem wichtigen Zeugnis des modernen Städtebaus entwickelt.


    Da irrst du dich meines Erachtens. Wie kommst du denn darauf, daß Schönheit etwas "sehr Subjektives" ist?


    Da setzt du Relativismus einem vermeintlichen Objektivismus entgegen. Die meisten Menschen finden überall auf der Welt die historisch gewachsenen Städte schön. Also die vormoderne Bausubstanz.


    Je weiter wir von der DDR entfernt sind, desto häßlicher empfinden viele Menschen diese Architektur. Also der umgekehrte Effekt, den du in bezug auf vormoderne Bauten beschreibst.


    Der Grund liegt schlicht darin, daß in der Moderne ein starker ästhetischer Bruch zu verzeichnen ist, weil eine wirtschaftlich und mental bedingte totale Zweckorientierung, ein häßlicher Formalismus eingesetzt haben.


    Die Ästhetik mußte fast vollständig der Funktionalität platz machen.


    Dieses Paradigma endet gerade. Seit ein paar Jahrzehnten. Es findet wieder eine Rückbesinnung auf Ästhetik statt und eine Abkehr von einem pathologischen Funktionalismus, der meinetwegen die Jahre von 1930 bis 1980 kennzeichnet.


    Die Moderne hat sich ausgetobt.


    Ich denke, dies verkennst du, wenn du relativistisch Bauten der Vormoderne ihre "objektive" Ästhetik absprichst. Es gibt auch in der Ästhetik eine gewisse Objektivität.


    Die Karl-Marx-Allee wird nie als schön empfunden werden, auch nicht in 50 Jahren. Dagegen werden wir das Schloß Charlottenburg oder das Stadtschloß (!) immer als schön empfinden.


    Und ebenso die Gründerzeitbauten.


    Wieso fällt wohl das Urteil so anders aus, wenn wir uns die Stalinbauten der Karl-Marx-Allee angucken?


    Wir entdecken einfach nach einer perversen Phase des Funktionalismus die Ästhetik wieder, welche hauptsächlich darin besteht, daß "man sich Mühe gibt", mit Leidenschaft herangeht. Es gibt also auch durchaus schöne moderne Architektur.


    Die Zeit für die Karl-Marx-Allee ist einfach noch nicht gekommen. Das ist das Hauptproblem. Es wäre aus zwei Gründen dekadent, sie jetzt abzureißen:


    1. Der Alex ist noch längst nicht fertig.
    2. Die DDR-Architektur hat noch eine gewisse Lebenszeit verdient, weil auch sie Identität und Heimat ausmacht.


    Noch was zur Postmoderne:


    Nehmt das nicht so bierernst. Es ist einfach ein praktischer Begriff für unser Architekturverständnis.

    Dat is eigentlich eine Tautologie, weil die Ironie ein Kernbestandteil postmodernen Denkens ist.


    Ironie heißt: Mit Brechungen arbeiten, ein Thema nicht stupide durchziehen.


    Ansonsten möchte ich, daß mein Vorschlag gelobt wird, weil ich ihn nämlich toll finde.


    Man kann die Stalinallee sozusagen nicht unkommentiert lassen, sondern muß sich darauf beziehen. Ich würde zum Beispiel sehr ähnlich historisierend weiterbauen und nach der ersten Stufe (Verengung zur Straße hin) ein kraß modernes Stück einbauen und dann historisierend weiterbauen.


    Das nennt man postmodern. Und ironisch. Ey.


    Aus meiner Sicht kann man da gar nichts anderes machen. Es zwingt sich geradzu auf.


    Allerdings steht das erst in 20 Jahren auf der Tagesordnung. Wir sollten uns in Berlin einfach mal ein bißchen mehr Zeit lassen und wirklich Gute Sachen entwickeln und reifen lassen.


    Die Stadt muß sich natürlich und organisch entwickeln.


    Ein absoluter Reinfall ist z.B. das Einheitsdenkmal am Schloß. So etwas passiert, wenn man die Dinge sich nicht natürlich entwickeln läßt, sondern herbeizwingt.

    Ich wachse, also bin ich!

    Ich zeichne lediglich die Wachstumskurve des Wachstums weiter, unter der Annahme dass es in diesem Tempo so weiter geht. Ich erkenne überhaupt kein Grund warum dieses Wachstum auf einmal stoppen sollte. Im Gegenteil: die positiven Wirtschaftsmeldungen mehren sich von Jahr zu Jahr. Mit welcher Logik sollte denn auf einmal das Wachstum stoppen? Ich stelle hier einfach nur eine nüchterne Prognose - nichts weiter.
    Immer wieder amüsant wie manche bei dem Thema lediglich mit einer einfachgestrickten "Das war noch nie so, deswegen wird es auch nie so sein" - Sichtweise daherkommen, statt mal stichfeste Argumenten zu äußern.


    Lieber Flyn,


    ich sag's dir mal so: Ich gehe davon aus, daß in 15 Jahren Berlin jährlich um 300 000 Einwohner wächst.


    Ich zeichne einfach nur die Wachstumskurve weiter.


    Mich persönlich nerven diese Hyper-Hyper-Berliner, du bist jetzt natürlich nicht angesprochen, Flyn.


    Jeder hier findet Berlin toll. Nur sollte man doch Quantität von Qualität unterscheiden können. Das gilt für die Einwohnerzahl und auch für Zahl und Höhe von Wolkenkratzern.


    In diesem Sinne, Flyn.


    Rechne mal schön deine Wachstumskurven weiter.


    Das gilt jetzt nicht nur für dich...für das Berlin-Forum bitte mal einen anderen Umgangston anbringen und vor allem mehr sachlich diksutieren. Ansonsten bitte hier weiter schreiben.
    Persönliche Differenzen könnt ihr außerdem gerne via PN klären nicht jedoch im öffentlichen Forum. Danke.
    Bato


    Nachtrag: Ich habe keine persönlichen Differenzen mit Flyn, lediglich sachliche. Wenn jemand so offensichtlich tendenziös bzw. wunschdenkend argumentiert, muß man das auch ein bißchen ironisch auf die Schippe nehmen können.


    Niemand weiß, ob eine kontinuierliche Wachstumssteigerung auch so anhält. Vielmehr ist es wahrscheinlich, daß sie eben nicht anhält bzw. sich ändert. Es ist eben kein Civilization-Spiel, sondern eine recht irdische deutsche Stadt, über die wir reden.


    Ich gehe davon aus, daß die nächsten Jahre wieder unter 30 000 liegen werden oder dort stagnieren. Wie das letzte Jahr letztendlich aussah, wissen wir ja immer noch nicht sicher. Mich würde es nicht wundern, wenn die realen Zahlen bei 20 000 lägen.


    Es wäre meiner Meinung nach auch für Berlin nicht wünschenswert, wenn es kontinuierlich um 30 000 und mehr pro Jahr wüchse.

    Vom Sozialismus lernen heißt siegen lernen!

    Es gab bzw. gibt die Kulturstätten Café Moskau, Kino International, Kino Kosmos, die stalinistische Bebauung hat zusätzlich Gastronomie und Einzelhandel im Erdgeschoss. Der architektonische Wert der vorderen Karl-Marx-Allee ist zwar tatsächlich eher gering, ich halte den städtebaulichen Charakter dieser Aufmarschstraße, den es außerhalb der Sowjetunion m.E. selbst in den anderen Hauptstädten des Warschauer Pakts in der Form nicht gab, für unbedingt erhaltenswert. Gerade die Weite und damit die Negierung des Individuums gibt einen recht deutlichen Einblick in die damalige Zeit - gerade auch im Vergleich zur stalinistischen Karl-Marx-Allee ab dem Strausberger Platz. Aus diesem Grund sollte die Straße hier keinesfalls eingeengt werden. Dahinter kann dann nach meinem Dafürhaltenaber gern neu gestaltet und verdichtet werden, die dortige Vorstadtatmosphäre mit Kaufhallen, Kindergärten etc. lässt in der Tat zu wünschen übrig.


    Interessante Diskussion.


    Über die Strecke zwischen Alex und Strausberger Platz habe ich auch schon oft nachgedacht.


    Ich bin aber nicht der Meinung von Dase. Natürlich sind deine Argumente nicht falsch. Ich bin auch gegen einen Brutalo-Abriß der DDR-Moderne, der genauso eine Vergewaltigung darstellen würde wie der sozialistische Städtebau.


    Wir erhalten alte Gebäude aber, schlicht weil sie schön sind. Und nicht weil wir denken, ach wir brauchen noch was ausm Absolutismus, aus der und der Zeit usw.


    Wir sollten meiner Meinung nach behutsam und respektvoll mit der DDR-Architektur umgehen. Das meiste ist aber nicht von dauerhaftem Wert. Das heißt, auch dieses Stück der Karl-Marx-Allee sollte irgendwann plattgemacht werden. Aber wir sollten uns damit eben noch lange Zeit lassen.


    Dann hast du deinen DDR-Effekt - solange die DDR und die Sowjetzeit unserer Zeit noch etwas sagen. Irgendwann ist es einfach nur noch Schrott und fertig.


    Ich bin der Meinung, daß die DDR-Architektur langsam und rücksichtsvoll sterben sollte. Also in 20 Jahren oder später müssen diese Plattenbauten weg.


    Dann ist der Alex fertig und man kann über dieses Stück nachdenken. Diese Architektur wird uns dann nicht mehr viel sagen.


    Ich wäre dafür, die Stalinallee postmodern-ironisch bis zum Alex weiterzubauen und in zwei bis drei Stufen zum Alex hin zu einer Blockrandbebauung zu kommen.


    Man stelle sich mal den Blick auf den Alex vom Strausberger Platz vor.


    Das waren so meine Phantasien zu diesem Stück. Da könnte man sich tolle Architektur ausdenken, die mit der Stalin-Ästhetik spielt und trotzdem heutigen Bedürfnissen gerecht wird.


    Ganz allgemein muß man halt rücksichtsvoll die Stadt verändern. Lieber zu langsam als zu schnell. Also die Plattenbau-Strecke soll ruhig noch 20 Jahre so stehen bleiben. Dann sagt uns dieses Stück nicht mehr viel.

    Die sozialistische Gesellschaftsformation muß überwunden werden


    Mir sträuben sich nur die Nackenhaare,wenn aus vorgeblich ästhetischen Empfinden,was ja subjektiv ist,baugeschichtlich bedeutende Zeugnisse am Liebsten platt gemacht werden sollen,um irgendwelchen historistischen Fassaden Platz zu machen oder heute völlig unbrauchbare,alte Strassengrundrisse wiederherzustellen.
    Der Moltkemarkt z.B. dient als Haupverkehrsader,wenn man diese Ader verengt,hat man nichts gewonnen,nur Schaden angerichtet.


    Dein ästhetisches Empfinden ist ebenfalls subjektiv.


    Du hast recht, wenn es um eine stupide Abrißmentalität in bezug auf die DDR-Bauten geht. Das finde ich auch schlimm.


    Trotzdem sind die DDR-Bauten weitgehend Makulatur. Irgendwann muß nahezu jeder Plattenbau im Zentrum weg.


    Es bringt nur nichts, nach den diesmal richtigen ästhetischen Maßstäben die Stadt erneut zu vergewaltigen. Die DDR-Bauten haben ihre Existenzberechtigung und noch eine gewisse Lebenszeit verdient.


    Die DDR-Architektur muß langsam und stadtgerecht sterben.


    Es geht um einen positiven Umgang mit dem hinfälligen Erbe und eine behutsame und rücksichtsvolle Stadtentwicklung ohne Brechstange.


    Alles hat seine Zeit.

    Huckelberry Flyn

    "Hochverdichtetes Bauen stellt keinen Wert an sich dar."

    Da hat wieder jemand eine höchst ideologische Vorstellung von Stadtplanung.
    Willkommen in der Realität:


    Hallo Flyn,


    Du bist hier derjenige, der eine ideologische Perspektive hat.


    Wenn Kleist sagt, daß hochverdichtetes Bauen keinen Selbstzweck darstellt, hat er schlicht recht. Genauso wenn er sagte, niedrigverdichtetes Bauen sei kein Selbstzweck.


    Genau solch eine Haltung stellt eben nicht eine ideologische Perspektive dar.


    Diese findet man vielmehr bei Dir, wenn Du von völlig illusorischem Bevölkerungszuwachs ausgehst.


    Dies hatte ich schon im SSC-Forum infrage gestellt, als Cosmo dort die entsprechenden Zahlen verkündete. Ich habe darauf viele überhebliche und ignorante Antworten bekommen.


    Meinetwegen wächst Berlin 2011 um 20 oder 30000 Leute. Das mag ja sein. Hunderttausend pro Jahr ist ein absoluter Witz. Da fragt man sich, ob du noch zurechnungsfähig bist.


    Es wäre verheerend für Berlin, wenn es so stark wüchse. Ich bin froh, daß das Wachstum moderat ausfällt.


    Zu Kleist: Ich finde Wohnhochhäuser ebenfalls Blödsinn - mal abgesehen von ein paar sehenswerten Wolkenkratzern. Damit kann man nie ein Wohnungsproblem lösen. Es muß vielmehr stark verdichtet mit normaler Traufhöhe gebaut werden. Dazu gibt es genug Fläche in Ostberlin. Rekultivierung von Altbauvierteln und alten Stadtstrukturen.


    Willst du hier noch ein paar Hansaviertel, Flyn?


    Ich verstehe diese Hochhausfetischisten beim besten Willen nicht. Ein paar Wolkenkratzer sind wunderbar. Ich sehe bei Flyn sehr viel deutlicher eine ideologische Haltung.

    Heißt Würfel nicht Kubus?


    ohje mal wieder billig verschlimmbessert.
    das haus der statistik lässt grüßen, wenn ich mir bei berliner-zeitung.de die 2 obersten etagen so anschaue....dieses plattenbau-dach dürfte potentielle, wertige flagshipstore-mieter eher abschrecken...
    ganz klarer rückschritt gegenüber der alten visualiserung:
    http://www.bz-berlin.de/multim…00279/Alea101_2795846.jpg


    Wo sind denn da genau die Veränderungen? Ist das verlinkte Bild jetzt die alte oder die neue Version?


    Ich finde diese Version okay. Es kommt meines Erachtens auf den Kontext an. Wenn zum Beispiel im Marienviertel stärker historisierend gebaut wird.


    Für mich ist der Neubau die Eröffnung des Marienviertels. Also der Beginn der Neuerschließung und eines Sinneswandels. Jetzt wird sich dieses autochthone Viertel Berlins wieder ins Bewußtsein bringen.


    Die Aufgabe der kritischen Rekonstruktion halte ich für falsch. Man könnte gerade mit dem Fernsehturm zusammen ein interessantes Viertel erstehen lassen. Die Zeit ist dafür sowieso noch nicht gekommen. Es ist besser, wenn das noch 20 Jahre dauert und Berlin wieder stärker zu sich selbst gefunden hat. Das muß alles schrittweise und behutsam gehen.


    Ich hoffe, man kann später noch möglichst viel von der alten Struktur wiederherstellen. Was soll denn diese Gegend, wenn man nur wie geplant evtl. die Rathausstraße und die Karl-Liebknecht-Seite bebaut?