Die Deutsche Einheit von 1871 sehe ich nicht als etwas an, was man heute feiern sollte. Man hat mehrere Kriege geführt und Frankreich bewusst gedemütigt um das zu erreichen. 1914 war eine Folge dieser Einheit und das feier ich nicht. Die Kolonnaden wieder aufzubauen hieße, sich positiv zur Einheit von 1871 zu bekennen, inkl. der Spätfolgen. Das sehe ich nicht als eine der Säulen der Bundesrepublik.
Diese Äußerungen geben perfekt die deutsche Nationaldepression und den zwanghaften Schuldkult wieder.
Ich habe früher auch so defätistisch auf die Geschichte gesehen, überall nur die totale Schuld erblickt und bin in Scham versunken. Dann aber habe ich die Unschuldsvermutung und das System des Gutmenschentums und der politischen Korrektheit entdeckt.
Und siehe da: Es taten sich andere Perspektiven auf. Der Krieg mit dem Franzmann war nötig, weil letzterer es nicht akzeptiert hätte, wenn ein deutsches Kaiserreich ausgerufen worden wäre. So lief das damals halt, und andere hätten auch so gehandelt.
Ist ein bißchen so, wie wenn man jetzt über Luthers Antisemitismus heult. Gut, man kann ihn erwähnen. Diese fetischhafte Überbetonung im Gedenkjahr hat eben auch viel mit dem 12jährigen Reich zu tun. Man kan Luther sozusagen nicht mit den Nazis in Ruhe lassen.
Ich sehe jedenfalls allerorten nur Neurosen und sich selbst produzierende Gutmenschen, die wirklich wie Hirnis der rituellen Moral hinterher laufen.
Daß der Preuße den Bayern schlagen mußte, um die Einheit zu erreichen ist auch normales Busineß dazumalen gewesen. Ich finde es irgendwie doch etwas pedantisch und zwanghaft, da heutige Maßstäbe anzulegen.
Ich hätte auch gerne auf die Einigungskriege verzichtet. Damals gab es aber noch keinen Zivildienst, geschweige denn Gender, Diversity und ein trans- und homophiles Heer. Damit wäre sicherlich vieles besser gelaufen.
Die anderen Nationen haben nicht diesen historischen Waschzwang. Das müssen wir Deutschen erst noch lernen, daß wir das Dritte Reich als Singularität, als Unfall ansehen und die damit verbundenen Schuldgefühle nicht infantil auf dem Rest der deutschen Geschichte abladen. Dieser letzte Punkt ist, glaube ich, der Kern unserer Probleme.
Das sind doch alles sehr offenkundige tiefenpsychologische Prozesse. Du scheinst auf dem 68er Dämonisierungspfad zu wandeln, wenn du die Einigungskriege mit dem Ersten Weltkrieg in Verbindung bringst. Du betreibst gewissermaßen einen Geschichtsreduktionismus bzw. -defätismus von 1870 bis 1914.
Na ja, das Schöne ist, daß in künftigen Jahrzehnten man immer entspannter auf diese Dinge blickt und dort weniger gewisse ideologische Komplexe und Befindlichkeiten unterbringt.
Manch einer sollte sich mal fragen, warum die Kolonnaden angeblich solch ein Unding sind und warum sie quasi so unerbittlich für bestimmte Ereignisse herhalten müssen - gleich als ob man eine gute Tat beginge, wenn man die Kolonnaden entsorgt.
Mit dieser Haltung müßte man wohl so manche Sehenswürdigkeit weltweit entsorgen. Es geht doch nichts über den unerbittlichen Blick der Gegenwart auf die ferne Vergangenheit. Du bist aber nicht bei den Jungen Grünen, oder?