Beiträge von Carina Wager

    Interessant – das meine ich jetzt ganz ohne die bei mir manchmal nicht zu unterdrückende Ironie! –, wie doch die ästhetischen und sonstigen Empfindungen auseinanderklaffen können, wobei ich freilich auch schon an anderer Stelle im Forum feststellen durfte, dass madmind und ich einfach extrem unterschiedlich zu ticken scheinen…


    Grundsätzlich bin ich immer bereit, eigene Positionen kritisch zu überprüfen und mir die Frage zu stellen, ob ich möglicherweise nur eine völlig unmaßgebliche Minderheitenmeinung vertrete. Hans.maulwurf ist mir ja – ungeachtet seines nicknames – schon etwas beigesprungen, wobei ich mit ihm aber auch darin übereinstimme, dass am Schlossplatz und auf der Königstraße zumindest eine Stadtbahn Stuttgarter Prägung heute nur noch schwer vorstellbar wäre. Anders sieht’s an weiteren innerstädtische Orten aus: Betrachtet man sich historische Aufnahmen, muss man zumindest aus meiner Sicht feststellen: Schöner sind etwa der Charlottenplatz oder der Arnulf-Klett-Platz durch den Wegfall der Straßenbahn nicht eben geworden.


    Nebenbei und etwas off topic bemerkt: Derzeit ist in Nürnberg unter dem Titel „Plätze in Deutschland 1950 und heute“ eine Ausstellung zu sehen, die anhand der simplen Gegenüberstellung historischer und aktueller Fotos einen teilweise bestürzenden Niedergang in der Stadtraumgestaltung dokumentiert.


    http://www.sueddeutsche.de/kul…erbaermlichkeit-1.1867869


    Für mich stellt die Stadtbahn keine urbane Bereicherung dar. Selbst mit einer Niederflurtechnik würde ich die Stadtbahn gerne komplett unter der Erde sehen, da ich einfach nichts schönes an den Gleisanlagen, den Haltestellen und den Stromversorgungsleitungen sehen kann. Das sage ich übrigens als Dauer-ÖPNV-Nutzer....


    Wie schon in meinem letzten Beitrag erwähnt, mag Stuttgart mit seiner teils sehr „u-bahnesk“ daherkommenden Stadtbahn einen Sonderfall bilden, bei dem die verträgliche Einbindung ins Stadtbild da und dort bemüht oder auch misslungen wirkt. Doch madmind geht in seiner dezidierten Wortmeldung ja ins Generalisierendere, indem er jegliches innerstädtische Schienenverkehrsmittel zum Störfaktor erklärt.
    Ohne spontan detaillierte Zahlen und Quellen präsentieren zu können, sehen das nach meinem Eindruck Einheimische wie Besucher in Städten wie München, Wien, Zürich, Prag, Lissabon usw. anders; niemand käme dort ernsthaft auf die Idee, die ausgedehnten Straßenbahnnetze auch nur irgendwo zu untertunneln – und das hat nichts mit mangelnden finanziellen Mitteln zu tun. Bemerkenswerter Weise schreibt man all den genannten Metropolen einen überdurchschnittlich hohen Attraktivitätsfaktor zu.


    Madmind stört sich an den „Gleisanlagen“, „Haltestellen“ und „Stromversorgungsleitungen“. Dabei scheint es, wenn man entsprechende Quellen studiert, mittlerweile in der modernen Stadtplanung weitgehend „common sense“ zu sein, dass Schienenbahnen sich eben gut in den urbanen Raum einfügen lassen, ohne ihn zu zerstören: Der Gleiskörper reduziert sich in der Praxis auf zwei (bzw. vier) Rillen im Asphalt, Kopfsteinpflaster oder jedem beliebigen sonstigen Belag; er kann aber bekanntlich ebenso in einem Rasenkörper, einer Sommerblumenwiese o.ä. verschwinden. Zu den Haltestellen: Hochbahnsteige sind (siehe oben) fraglos oft problematisch, wobei selbst in Stuttgart an ein paar sensiblen Stellen (etwa Daimlerplatz Bad Cannstatt) die Einbindung akzeptabel gelungen ist. Bei Niederflurbahnsteigen vermag ich die Ablehnung gar nicht nachzuvollziehen, denn dann müsste man auch Bushaltestellen, Verkehrsinseln sowie sonstige Schilder und Masten als ästhetische Zumutung empfinden.
    Zuletzt der Fahrdraht: Einmal mehr gibt Stuttgart mit aufwendiger Abspannung und teils sehr massiven Masten nicht immer das beste Beispiel, wobei es andererseits etwa beim Streckenneubau in der Alexanderstraße (U15) gelungen ist, die Oberleitung wie eh und je mit Mauerhaken unauffällig an den Häusern zu montieren. Generell gilt aber: Es ginge bei Masten und Spannungsversorgung wesentlich filigraner, und für städtebaulich hypersensible Zonen besteht mittlerweile sogar die Option, durch Energiespeicher gewisse Abschnitte oberleitungslos zu durchfahren.


    Madmind ist es laut eigener Aussage gleichgültig, ob er „aussichtslos“ durch die Gegend rollt oder nicht, da seine Fahrten stets nur dem Zwecke des Befördertwerdens von A nach B dienen. Dies wird bei anderen ÖPNV-Nutzern meist nicht anders sein, und doch gibt’s eben auch Faktoren, die über den reinen Transportaspekt hinausreichen. Dass manche Fahrgäste gerne hinausschauen, lässt sich übrigens schon daran ablesen, in welchem Maße die bei manchen Verkehrsbetrieben geübte Praktik, Fensterflächen in die Fahrzeugwerbung miteinzubeziehen, immer wieder zu erheblichen Protesten führt.
    Der Stadtplaner Johannes Bouchain, der auf einer eigenen Internetseite eine energische Lanze für Tram & Co bricht, führt aber noch wesentlich mehr Punkte auf, die die Frage einer unter- oder oberirdischen Fortbewegung keineswegs so sekundär werden lassen, wie es vielleicht manchem zunächst scheint:
    Im Unterschied zum U-Bahn-Nutzer, der den Stadtraum stets nur punktuell erleben kann, ermöglicht die Oberflächenbahn ihren Fahrgästen, sich ein durchgängiges Bild zu machen. Noch viel bedeutsamer ist jedoch der sozialräumliche Aspekt, indem die sichtbar präsenten Gleise und Bahnen eine starke Verbindungswirkung signalisieren. Grade zu Tagesrandzeiten, bei denen man sich nicht nur als Frau (man denke an die tödlichen Übergriffe in München und Berlin) in einer noch so adrett gestalteten, kameraüberwachten U-Bahnstation meist recht unwohl fühlt, bietet laut Bouchain die im Straßenraum verkehrende Bahn „eine soziale Kontrolle von innen nach außen und umgekehrt“ und wirke damit „kriminalitätshemmend“.


    http://www.stadtbahnqualitaeten.de/stadtraum.html


    Als man bei der Umstellung des Astes nach Stuttgart-Stammheim diskutierte, ob die zukünftige Linie U15 ober- oder unterirdisch durch die Unterländer Straße fahren solle, sprachen sich die meisten Einzelhändler entschieden für die Untergrundlösung aus, weil sie um Parkplätze für ihre Kundschaft fürchteten. Tragikomischer Weise erlebten allerdings mehrere Läden der Haupt-Tunnelverfechter die Einweihung der neuen U-Stadtbahnstrecke gar nicht mehr – mutmaßlich, weil die Behinderungen während der Bauzeit ihre Kundschaft vergrault hatten…
    Anderswo denkt man da inzwischen generell eher um, nachdem sich herumgesprochen hat, dass es durchaus werbewirksam sein kann, wenn ein Laden im Vorbeifahren gesehen wird und man nur schnell mal die Fahrt unterbrechen muss, um seine Einkäufe zu erledigen.


    „Ist ja in der Theorie alles recht und schön, was sie sich da wieder zusammengegoogelt“ hat, mag der eine oder andere Forenkollege an dieser Stelle sicher einwenden; „aber wie sieht’s denn in der Praxis aus?“


    Nun – da gibt es seit einigen Jahren Erfahrungswerte insbesondere aus Frankreich, das einige Jahrzehnte der Straßenbahn nahezu komplett abgeschworen hatte. Stadtväter- und mütter im Verein mit Planern, deren Überzeugungen sich grundlegend von jenen madminds zu unterscheiden scheinen, sorgten und sorgen noch für eine beispiellose Renaissance der „tram“, die inzwischen zum regelrechten Symbol und zur Initialzündung für eine moderne, menschengerechte Stadtplanung geworden ist. Angesichts der rundum gelungenen Umgestaltung urbaner Räume im Zuge des Baues neuer Straßenbahnlinien fragt man sich manchmal, warum Vergleichbares hierzulande so selten gelingt – ob’s, neben anderen, vielleicht lobbybedingten Ursachen doch auch an einem bei unseren westlichen Nachbarn einfach feinsinniger wie auch sinnlicher ausgeprägten ästhetischen Empfinden liegt?


    http://www.spiegel.de/spiegelspecial/a-561628.html


    Während madmind sich im Stadtkontext an Gleisen und Oberleitungen stört, leide ich persönlich in sensiblen Momenten eher unter ganz anderen Erscheinungen – etwa darunter, wie lückenlos Stoßstange an Stoßstange sämtliche, auch architektonisch eigentlich höchst sehenswerte Straßen jeder Stadt heutzutage bis hin zu den „rundgeparkten“ Kreuzungen zugestellt sind - ein Monitum, das die Mehrheit hier im Forum zweifellos achselzuckend oder gar mit Kopfschütteln ob solch verbohrt-sektiererischer Autofeindlichkeit zur Kenntnis nehmen wird. Dass die PKW-Dichte nun mal so ist wie sie ist und sich die Fahrzeuge nach ihrem Abstellen nicht einfach in Luft auflösen können, ist auch mir bewusst. Und doch: Als es Filmaufnahmen in meiner neuen Heimatstadt vor einigen Monaten mit sich brachten, dass eine normalerweise durchgehend autogesäumte Straße sich durch Sperrung plötzlich völlig frei und unverstellt präsentierte, wurde mir erst wieder bewusst, was uns da eigentlich an ästhetischer Qualität im Alltag entgeht…


    Ich habe dieses Beispiel nicht gewählt, um zum Ende neuerlich die Rivalität Auto vs. innerstädtischer Schienenverkehr aufs Tapet zu bringen, die hier eigentlich explizit ausgespart werden sollte. Vielmehr wollte ich schlicht und einfach greifbar machen, dass das Empfinden darüber, was ein Stadtbild bereichert und was eher nicht, eben extrem unterschiedlich ausfallen kann.

    Störfaktor Stadtbahn?


    ...Ich bewerte die Entwicklung am Berliner Platz bis jetzt in der Summe sehr positiv. Fehlt nur noch die Tieferlegung der Stadtbahn an dieser großen Kreuzung...


    Selbiges schrieb Wagahai im Kontext einer Beurteilung der ihm wie mir recht gelungen scheinenden "Rosenberghöfe" - eine Äußerung, die mich zu einem Veto veranlasst:
    Mir als häufiger Nutzerin des ÖPNV ist bis heute nicht recht einsichtig, woher die unstillbare Lust mancher Zeitgenossen rührt, den Schienennah- und Fernverkehr möglichst umfassend und rückstandsfrei unter den Boden zu bringen. Für mich klingt das verdächtig nach verkehrsplanerischer Mottenkiste der 50er- und 60er-Jahre, als der ADAC und andere Verfechter einer totalen Automobilmachung notorisch gegen das „Verkehrshindernis Straßenbahn“ hetzten, was durchaus in vielen Fällen „Früchte“ trug.


    Inzwischen hat aber nicht nur in Europa ein Umdenkprozess eingesetzt. Amerika, wo die Straßenbahn so konsequent ausgerottet wurde wie nirgendwo sonst, erlebt seit einiger Zeit eine regelrechte „streetcar“-Renaissance, wie dieser Artikel belegt:


    http://orf.at/stories/2206235/2206236/


    Auch München, das die Straßenbahn noch in den 1980ern aufs Abstellgleis befördern wollte, weiß heute längst, was es an seiner oberirdischen Tram hat – neben, zunehmend aber auch statt der teuren U-Bahn, die ihren Geschwindigkeitsvorteil oft genug durch große Haltestellenabstände und lange Wege in den Untergrund relativiert. Zugegebenermaßen liegt der Fall in Stuttgart durch das „Zwitterwesen“ Stadtbahn mit seinem Zwang zu den stadtgestalterisch manchmal grenzwertigen Hochbahnsteigen speziell. Tragisch vor allem: Will man keinen neuerlichen System-Mischmasch provozieren, gibt es diesbezüglich leider absehbar kaum eine Chance zum Umschwenken auf Niederflurtechnik.


    Dennoch empfinde ich die (mit den neuesten Fahrzeugen nun deutlich gefälliger daherkommenden) Stadtbahnen in Stuttgart von drinnen wie von draußen als urbane Bereicherung und auch als im Stadtbild präsente Werbeträger für den ÖPNV. Dass sie in der Wahrnehmung mancher Menschen offenbar als störende, eigentlich dringend zu beseitigende Elemente erscheinen können, während man zugleich den Individualverkehr am selben Ort keinesfalls in Frage stellt, ist für mich persönlich ehrlich gestanden befremdlich. Ohne das Thema bei solch unpassender Gelegenheit ein weiteres Mal auswalzen zu wollen, beleuchtet diese unterschiedliche Beurteilung im "Kleinen" vielleicht auch ein wenig den diametral unterschiedlichen Blick auf das Projekt S21 innerhalb der beiden „Lager“.


    Was übrigens Wagahais konkret für den Berliner Platz ausgesprochenen Wunsch angeht, so dürfte sich der wegen der komplexen Gleislage nur schwer bzw. durch Aufgabe des Astes zum Hölderlinplatz (weder eine Komplettuntertunnelung noch eine neue Rampe scheinen hier mit vertretbarem Aufwand machbar) realisieren lassen. Abgesehen davon gibt es jedoch noch einen weiteren, angesichts klammer kommunaler Kassen womöglich immer brisanter werdenden Aspekt, der den Drang zum Untertunneln deutlich bremsen sollte: München muss alleine während der nächsten 10 Jahre geschätzte 770 Millionen Euro in die Sanierung seiner nach 40 Jahren heftig bröckelnden U-Bahntunnel und Haltestellenbauwerke investieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass man in absehbarer Zukunft auch in Stuttgart angesichts davongaloppierender Unterhaltungskosten für jeden Meter oberirdisches Gleis dankbar sein wird, ist nicht unbeträchtlich…

    Völliges d’accord in diesem Falle, was das Architektonische betrifft: Das sieht – insbesondere gemessen an dem, was sonst so da und dort geplant und realisiert wird - wirklich recht anständig aus und ist an dieser Stelle eine gelungene Ergänzung des Ensembles samt Ostertags "Kaufhaus Schocken"-Zitat. Nach meinem Eindruck beurteilt der überwiegende Teil des Forums dies ähnlich, wobei mir auffällt – man korrigiere mich, wenn ich falsch liege -, dass am Ende eben doch jene Bauten am mehrheitsfähigsten sind, die sich in ihrer Gestaltung eher an klassischen Prinzipien – als da wären: Steinfassade, Schmuckelemente wie Friese, Lisenen o.ä., unterteilte Fenster usw. – orientieren. Aus jüngerer Zeit fallen mir da in Stuttgart der Kronprinz- (Feinkost Böhm) und der Phönixbau ein.
    Ein entschiedenes Veto hingegen meinerseits in puncto einer wünschenswerten Eliminierung der Stadtbahn an der Oberfläche. Um thematisch nicht abzugleiten und den Rahmen (wieder mal) zu sprengen, werde ich dies gleich noch an passenderer Stelle im Forum (ÖPNV-thread) ausführen...

    Nun: Dass DB und IHK Berichte über angeblich durch Tunnelbauarbeiten drohende Hauseinstürze nicht freudig begrüßen und bestätigen, versteht sich eigentlich von selbst, oder? Was dann tatsächlich dereinst als S21-Kollateralschaden in sich zusammengefallen sein wird und was nicht, weiß man, wenn’s fertig ist – oder im Einzelfall (Stichwort „schleichende Hohlraum- und Dolinenbildung im Gipskeuper“) auch erst viel später, wie ich jüngst bereits in einem anderen Beitrag befürchtet hatte.


    Im vorliegenden Fall könnte man, die Spekulation von hfrik fortführend, allenfalls mutmaßen, dass es eben eines erheblichen, womöglich in der Kalkulation der Einfachheit halber mal ausgesparten Aufwandes bedürfte, um das fragliche Gebäude zu erhalten, und der DB ein Abriss insofern sehr gelegen käme. Interessant wäre daher in diesem Kontext doch die Frage, ob es das von „Parkschützer-Postillen“ gemeldete Kaufangebot der DB an die IHK nun tatsächlich gibt, oder ob man da gegnerischerseits wieder einmal eine (vorsätzliche?) Ente fabriziert hat. Leider scheint sich der fragliche, zur Stunde noch nicht online gestellte STZ-Artikel genau in diesem Punkt auszuschweigen. Ich vermag mir kaum vorstellen, dass unser bewährt-neutraler Chronist der S21-Läufte da einer sonst eher in K21-Aktivistenkreisen verortbaren Neigung zur selektiven Wiedergabe von Pressemeldungen nachgegeben und diese Information absichtsvoll unterschlagen hat.

    Verschoben.


    Mein grundsätzlicher Zweifel gegenüber S21 ist zwar in den vergangenen Monaten um keinen Deut kleiner geworden. Seit der Volksabstimmung halte aber auch ich jegliche Protestmaßnahmen für sinnlos, ja in der Montag für Montag durchgeführten Form sogar für kontraproduktiv – und ich weiß, dass dies sehr viele um Sachlichkeit bemühte Projekt-Skeptiker und -Kritiker in meinem Bekanntenkreis ähnlich sehen.


    Inwiefern viele Befürchtungen und Schreckensszenarien der Gegner haltlos sind oder nicht, werden der weitere Bauablauf, die Kostenentwicklung usw. zeigen. Hoffen wir, dass die Beweisführung in manchen strittigen Punkten nicht irgendwann nach einigen Jahrzehnten in schrecklicher Weise durch ein aus heiterem Himmel wegsackendes Haus am Ameisenberghügel oder einen verheerenden Brand im Tiefbahnhof erfolgt. Was wiederum den eigentlichen (oder zumindest vorgeblichen) Zweck des Ganzen angeht – nämlich den verkehrlichen Mehrwert, den hier manche in güldenen Farben ausmalen -, wird leider erst der Realbetrieb verlässlich belegen, in welchem Maße alles wirklich ausreichend und zukunftsfähig dimensioniert ist; Zweifel bleiben... (...hoffentlich erlaubt.)


    Zum Glück bin ich jemandem wie dir der hier im Forum die Meinungs und Deutungshoheit für sich beansprucht und dies auch ab und zu als Moderator nach seinem Dünken auslebt keine Rechenschaft schuldig. Vielleicht solltest du mal in dich gehen und überlegen ob du als Moderator geeignet bist, wenn du Forumsteilnehmer beleidigst.


    Bei allem ehrlichen Respekt für deine Unermüdlichkeit, Ohlsen: In Anbetracht der einschlägig bekannten Verhältnisse grade hier im DAF-Regionalbereich noch über das Für und Wider von S21 diskutieren zu wollen, entspricht in seiner Sinnhaftigkeit ungefähr der Erwartung, im Fachforum des Fleischereihandwerks eine angemessene Plattform für den ernsthaften Austausch bezüglich möglicher Vorteile des Vegetarismus zu finden.


    Ich versuche mich immer öfter in Gelassenheit zu üben, wenn mal wieder ein Hund das anbellt, was mir bloß ein Schatten zu sein scheint, und halte es da als alte Japanologin:D lieber mit folgenden Sprichworten:


    Kagami o mite mono o ie!


    aber auch:


    Saru mo ki kara ochiru!

    Versuch einer differenzierten Sichtweise

    hfrik hat völlig zurecht darauf verwiesen, dass es in erster Linie dem ungünstigen Timing geschuldet ist, wenn die Emotionen in Sachen des Rückbaus der alten B14 nun so hochkochen. Wäre diese Maßnahme (mehr oder weniger) zeitgleich mit Einweihung der neuen Kappelbergstrecke im Jahre 1992 erfolgt, würde heute kein Hahn (schon gar nicht der im Stuttgarter Rathaus) mehr danach krähen. Der von Wagahai im Beitrag 701 verlinkte STN-Artikel erwähnt ja, dass bereits vor etlichen Jahren ein erster Abschnitt zwischen Ortsende Fellbach und Augsburger Platz auf eine Spur reduziert wurde. Die darauf folgenden wütenden Proteste legten damals schon die Befürchtung nahe, dass der Untergang des automobilen Abendlandes nahe sein müsse – inzwischen hat sich das Ganze längst eingespielt.


    Generell ist ja bemerkenswert, dass viele ansonsten wohlanständige, auf Recht, Gesetz und Ordnung pochende Bürger spontan eine latente Neigung zur Anarchie entwickeln, so bald es um ihr vierräderiges Fortkommen geht: Da fallen dann angesichts von Tempolimits und Geschwindigkeitskontrollen plötzlich Begriffe wie Schikane oder Abzocke, und jeder Versuch verkehrslenkender und womöglich sogar verkehrsreduzierender Maßnahmen wird sofort als persönliche Freiheitsberaubung verstanden. Im Prinzip scheint es da eigentlich schon wieder nachvollziehbar und konsequent, dass grade jene, die sich ansonsten aufs herrlichste über Klagen gegen fertige Planfeststellungsbeschlüsse und das Ignorieren von „demokratisch gefassten Entscheidungen“ seitens notorischer Stuttgart21-Gegner echauffieren können, kurz mal eine gesetzlich eindeutig und unabdingbar mit einem Straßen-Neubauprojekt verknüpfte Ausgleichsleistung kippen wollen, die im übrigen den Anliegern fest zugesagt wurde – in meinen Augen dokumentiert dies ein erstaunlich biegsames Verständnis politischer Verlässlichkeit und Redlichkeit – so lange es eben ins eigene Weltbild passt und der persönlichen Interessenslage zugutekommt.


    Es ist gewiss keine Erfindung böswillig-regulierungswütiger Öko-Aggressoren, dass eine einigermaßen funktionierende Verkehrspolitik bestimmter Ge- bzw. auch Verbote sowie Steuerungsmaßnahmen bedarf, wenngleich man sich damit speziell in Deutschland vielerorts recht unbeliebt und schon per se reichlich verdächtig macht. Ob wir uns aber längerfristig einen Gefallen tun, einen stetig weiter wachsenden PKW-Strom als unumstößliches Naturgesetz hinzunehmen, seine Hinterfragung – unter Hinweis auf mögliche Nachteile für die Wirtschaft – als größtmögliches Sakrileg zu verdammen und ihm deshalb in vorauseilendem bzw. meist hinterherhechelndem Gehorsam möglichst überall die Asphaltbahn zu bereiten, halte zumindest ich persönlich für diskussionswürdig.
    Der Verkehrswissenschaftler Prof. Karl Heinz Hartwig, des grünen Parteigängertums eher unverdächtig, stellte 2001 in einem Aufsatz über Road Pricing einen allgemeinen Konsens darüber fest, dass der Verkehrssektor generell und der Straßenverkehr im Speziellen erhebliche ökologische „Externalitäten“ (Volkswirtschaftler-Sprech für ungedeckte, nicht kompensierte negative Folgewirkungen für die Allgemeinheit) hervorrufe, die es zu verringern gelte.
    (Quelle: Hartwig, Karl-Heinz: Roadpricing. In: Eckey, Hans-Friedrich (Hg.): Ordnungspolitik als konstruktive Antwort auf wirtschaftspolitische Herausforderungen, S. 167-188; Stuttgart 2001.)


    Karl William Kapp wiederum, ein allein angesichts seiner Lebensgeschichte jeglicher prinzipienreitender Gängelfreudigkeit sicherlich abholder deutscher Nationalökonom, forderte bereits 1963 im Hinblick auf knapper werdende Ressourcen einen „mit erheblichen Kompetenzen ausgestatteten Staat“, der durch Aufklärung, Verbote, Subventionen, Steuern etc. die Nutzung und den überflüssigen Verbrauch begrenzter Materialien verringere. Den Kritikern solch planwirtschaftlich anmutender Gedanken, die die Autonomie der Verbraucher ausgehebelt sahen, hielt Kapp entgegen, dass ohne eine solche Schutzpolitik die Wahlfreiheit und Souveränität künftiger Generationen gefährdet sei, zumal er den Glauben, es würden sich mit Erschöpfen der klassischen (Energie-)Quellen automatisch gleichwertige Alternativen einstellen, für äußerst trügerisch erachtete – auch dies ist angesichts der großen Fragezeichen, die ernstzunehmende Wissenschaftler zumindest bislang hinter eine massentaugliche Elektromobilität setzen, ein unbequemer, aber deshalb nicht weniger bedenkenswerter Punkt.
    (Quelle: Kapp, Karl William: Soziale Kosten der Markwirtschaft; Frankfurt a. M. 1979.)


    Liest man den 2006 von der Wissenschaftlervereinigung „acatech“ publizierten und von VW mitfinanzierten Bericht „Mobilität 2020 – Perspektiven für den Verkehr von Morgen“ gründlich durch, so finden sich in dieser prinzipiell einem weiteren Straßenausbau das Wort redenden Studie ganz nebenbei auch Aussagen darüber, dass neue Verkehrswege selbstverständlich zusätzliche Mobilität induzieren; diese entsteht durch die für den Einzelnen günstiger gewordenen Rahmenbedingungen (Staufreiheit, besseres Vorankommen), was zu Verlagerungen (Umstieg vom ÖPNV aufs nunmehr schnellere Auto) bzw. zur Entstehung vorher gar nicht vorhanden gewesener Verkehrsbedürfnisse führt – z.B. durch Umzug aufs nun leicht erreichbare Land; u.a. weil man sich vom lärmenden, luftverschmutzenden Autoverkehr in der Stadt halt doch arg belästigt fühlt und die Kinder da ja kaum auf die Straße lassen kann.


    http://www.acatech.de/de/publi…orgen-stuttgart-2006.html


    Bei ehrlicher Betrachtung der Mobilitätsentwicklung während der vergangenen Jahrzehnte scheint mir kaum von der Hand zu weisen, dass der Straßenbau eben nicht nur einem sowieso erwachsenen Verkehrsbedürfnis Rechnung getragen, sondern dies in vielen Teilbereichen überhaupt erst generiert hat: Die Option, schneller von einem Punkt zum anderen zu kommen, hat – davon sind viele Wissenschaftler fest überzeugt – nicht etwa zu Zeitersparnis, sondern einfach nur zur Verlängerung der zurückgelegten Wege geführt – der durchgreifende Strukturwandel in der Wirtschaft sowie die Zersiedelung sind ein Beleg dafür.


    „Na und? Ist nun eben mal so; da nützt mir so realitätsfernes Geschwafel wenig“ höre ich unseren Foristen Regent oder andere, deren berufliche Zwänge ich gar nicht kleinreden oder verkennen möchte, förmlich grummeln. „Wir müssen jetzt eben das Beste draus machen, lassen uns aber nicht von arroganten Gutmenschen (wer oder was auch immer man sich darunter vorzustellen hat) diktieren, was zu tun und zu lassen ist“.
    Völlig richtig: Man kann die Zeit nicht zurückdrehen und darf keinesfalls von der Hand weisen, dass ein wirtschaftsstarker Raum wie die Region Stuttgart ein leistungsfähiges Straßensystem benötigt. Ob nun allerdings das Prinzip „Hier noch ein Nordostring, da eine Quertangente und dort die eigentlich durch Umgehung entlastete Strecke eben doch nicht zurückbauen“ die allein selig machende Rettung sein kann, wage ich zu bezweifeln. Wem etwa als Kleinfabrikbesitzer am ostdeutschen Flüsschen Mulde (ich kenne tatsächlich einen!) zum zweiten Mal innerhalb von zehn Jahren seine gesamten Industrieanlagen abgesoffen sind, beurteilt den angeblichen Primat von Wirtschaftskraft vor vermeintlich nachrangigen „Gutmenschzielen“ wie Natur- und Klimaschutz plötzlich einigermaßen anders.


    Forderungen nach ungebremster freier Fahrt für freie Bürger auf möglichst vielen neuen Straßen helfen also genauso wenig weiter wie radikale Autofeindlichkeit, die ich allerdings (auch dies mögen einige hier fraglos anders sehen) weder auf landespolitischer noch kommunaler Ebene bislang erkennen kann – wobei mir daran dann doch wieder Zweifel kommen, wenn ich lese, was da ein radelseliger Stuttgarter Rathauschef so alles von sich gibt. Passenderweise führen uns diese höchst anfechtbaren Aussagen so ganz nebenbei wieder zurück zum anderen jüngst heiß diskutierten Thema dieses threads:


    "Stuttgart wird für Radfahrer immer attraktiver. Vor 20 Jahren gab es gerade mal 68 Kilometer Radweg, heute sind es 160 Kilometer. Langfristig sollen die Radler bei uns 20 Prozent des Verkehrs ausmachen. Zugegeben, für uns ein ehrgeiziges Ziel: Die topografische Ausgangslage ist schwierig. Man muss gut durchtrainiert sein, wenn man die teilweise 300 Höhenmeter oder Steigungen mit bis zu 20 Prozent bezwingen will. Aber mit den Pedelecs ist dies kein Problem, sondern ein Vergnügen."


    Und nun kommt’s knüppeldick, sodass ich bei Kollege Regent spätestens jetzt ein akutes Einsetzen der Schnappatmung befürchte:


    "Ich sehe es als eine wichtige Aufgabe der Stadt an, die Voraussetzungen für eine nachhaltige Mobilität zu schaffen. Es liegt im Interesse aller Bürger, dass der die Umwelt belastende Individualverkehr weiter abnimmt.


    20 % Radverkehr in Stuttgart („völliger Nonsens“ wie Wagahai in Beitrag 627 bemerkt) und dann noch eine Verringerung des PKW-Verkehrs in der Autohauptstadt Nr. 1 – ja hat sie dieses „Fritzle“ eigentlich noch alle? Oh Verzeihung – nun sehe ich grade, dass mir da ein peinlicher Lapsus unterlaufen ist. Die Aussagen stammen ja gar nicht aus dem Munde unseres derzeitigen obersten „ideologisch verblendeten Arbeitsverweigerer(s)“ (© Regent 2013) im Rathaus, sondern von - (ich bleibe der Einfachheit halber in jenem Infantilitäts-Duktus, den unser Regionalforen-Häuptling zuweilen so gerne pflegt) – Stuggis Ex-Hobby-OB „Wolfgängle“; getätigt am 28.10.2011. Tja, so isch’s no au wieder…


    http://www.fahrradland-bw.de/p…rt-presse-fahrradland-bw/

    Zunächst einmal: Die Stellplatzverordnung ist ganz und gar keine schikanöse Erfindung von "Radelminister Winne" (um mich mal der Forenleitungsterminologie anzupassen;)) In München beispielsweise gilt eine solche Satzung (die "FabS") seit Jahresbeginn; dies nur am Rande.


    Doch offenbar ist es für manche hier ja generell schwer vorstellbar oder zu verdauen, dass dem Radverkehr zukünftig eine wachsende Bedeutung zukommen soll. Manche ideologisch verblendete Institutionen scheinen dies allerdings leider gleichwohl anders zu sehen:
    Wie die Homepage des Bundesverkehrsministeriums (geführt vom bekanntermaßen hochgradig grün infiltrierten Peter Ramsauer) meldet, hat unser linksradikales Bundeskabinett am 05. September 2012 den „Nationalen Radverkehrsplan 2020“ beschlossen, in dem bis zu jenem Jahr ein Anteil des Fahrrades am Gesamtverkehrsaufkommen von 15 Prozent (in Großstädten entsprechend höher) prognostiziert wird; so weit ist man da von den hierzulande angestrebten 20 Prozent also nicht mehr weg.


    Wer übrigens mit offenen Aug… äh: mit offener Nase abseits der Fußgängerzonen durch die Stuttgarter Innenstadt geht, so wie ich am vergangenen Samstag, kann sich angesich… äh: angeruchs der stellenweise wirklich grottenschlechten, abgasgeschwängerten Luft eigentlich nur wundern, wie man Versuche, diesen Zustand zu verbessern, in Zweifel oder auch ins Lächerliche ziehen kann. Meist steckt da halt doch nur ein höchst egoistisches „die bösen ökofaschistischen Spaßbremsen wollen mir mein Heiligs Blechle vermiesen“ dahinter. Fraglos: Stuttgarts Wirtschaft hängt in hohem Maße von der Automobilindustrie ab; deshalb aber einer gleich bleibenden oder weiter wachsenden Verbreitung dieses Verkehrsmittels das Wort zu reden, scheint mir in etwa so sinnig, wie wenn man in Oberndorf am Neckar (für die Unwissenden: Heimat von Heckler & Koch und früher auch Mauser) Friedensaktivisten verflucht und im Sinne gedeihlicher Stadtfinanzen und Arbeitsmarktbilanzen auf sich weltweit munter ausbreitende Konfliktherde hofft.



    Sollte zu denken geben....


    War doch absehbar nachdem Chaos, das Grün-Rot seit zwei Jahren munter und unbeirrt veranstalten. Nur noch zwei Plätze vor Hessen ist allerdings wirklich blamabel.


    Um Missverständnissen vorzubeugen: ich sehe die grün-rote Bildungspolitik mit ihrer Tendenz zur ideologisch verordneten Gleichmacherei höchst skeptisch. Wenn man aber jede noch so unbillig daherkommende Schein-Gelegenheit nützen zu müssen meint, um sein "die 'Grün-Roten' sind unser Untergang"-Süppchen neuerlich aufzukochen, spricht das schon auch Bände. Zur Präzisierung: Die fragliche Erhebung, die Schülern aus dem Ländle höchst mittelmäßige Kenntnisse in Mathematik und Naturwissenschaften attestiert und die übrigens nicht mit der PISA-Studie in einen Topf geworfen werden darf, fand im Schuljahr 2011/12 – mithin also ein halbes bis ein maximal ein Jahr nach dem Regierungswechsel - statt. Wer ernsthaft behaupten will, die neue Bildungspolitik hätte sich bereits in diesem Zeitraum in Form rapide gesunkener Leistungen niedergeschlagen, untergräbt seine Seriosität in meinen Augen ganz erheblich. Eine nach der Wende aus unseren Neu-Bundesländern zugewanderte Bekannte versicherte mir schon in früheren Jahren, dass der mathematisch-naturwissenschaftliche Unterricht ihrer Kinder hier in keiner Weise mit dem Schritt halten könne, was ihnen zuvor in Sachsen gelehrt worden war...

    Quellenfrage


    Der erste Anlauf den bestehenden Bahnhof Abzureissen und durch einen Neubau zu ersetzen war Bahnintern übrigens bereits 1948. Weil der Bahnhof zwar für seine "kleinheit" (relativ zu anderen Kopfbahnhöfen mit ähnlichem Verkehrsaufkommen) sehr gut war, aber absolut gesehen keiner mit dem Kopfbahnhof so wirkich glücklich war.


    Beim aufmerksamen Mitlesen bin ich (...) auf den o.g. hochinteressanten Aspekt von hfrik gestoßen, der mir völlig neu war. Auch in einschlägiger Literatur zur Stadtbaugeschichte Stuttgarts und zum Jubiläum "65 Jahre Hauptbahnhof" konnte ich auf die Schnelle nichts finden. Daher wäre ich für eine kurze Quellenangabe zu dieser (für mich) spannenden Information sehr dankbar.


    Meine obige Frage ist wohl im Strudel der aktuellen Kostendebatten etwas untergegangen. Darf ich daher zwischendurch nochmals freundlich meine Bitte an hfrik nach einer Quelle für seine historisch meines Wissens bisher nie beleuchtete Nachkriegs-Episode aus der Geschichte des Stuttgarter Hauptbahnhofes erneuern? Spannend wäre ja, was man 1948 an Stelle des anscheinend unerwünschten Kopfbahnhofes zu planen gedachte.

    Quellen-Zwischenfrage


    Der erste Anlauf, den bestehenden Bahnhof abzureissen und durch einen Neubau zu ersetzen, war bahnintern übrigens bereits 1948. Weil der Bahnhof zwar für seine "Kleinheit" (relativ zu anderen Kopfbahnhöfen mit ähnlichem Verkehrsaufkommen) sehr gut war, aber absolut gesehen keiner mit dem Kopfbahnhof so wirklich glücklich war.


    Ich versuche, mich aus der S21-Diskussion (weitestgehend) herauszuhalten, weil ich denke, in dieser Sache mit meinen persönlichen Sichtweisen, Positionen und Argumenten hier niemanden bekehren zu können oder zu müssen.


    Beim aufmerksamen Mitlesen bin ich allerdings auf den o.g. hochinteressanten Aspekt von hfrik gestoßen, der mir völlig neu war. Auch in einschlägiger Literatur zur Stadtbaugeschichte Stuttgarts und zum Jubiläum "65 Jahre Hauptbahnhof" konnte ich auf die Schnelle nichts finden. Daher wäre ich für eine kurze Quellenangabe zu dieser (für mich) spannenden Information sehr dankbar.

    Denkmalschutz für die Calwer Passage???
    Ich dachte diese Plakette wird nur sehr historischen Gebäuden, mit kulturellem Hintergrundwert verliehen?!!! :confused:


    Statt „Hintergrundwert“ – was immer das ist - würde auch in diesem Falle vielleicht etwas Hintergrundwissen weiterhelfen, das man sich durch einen Blick in einschlägige Literatur leicht aneignen kann:


    Die Calwer-Passagen hat für Stuttgart durchaus historische Bedeutung, war sie doch nach den Jahren fortschrittsgläubiger Kahlschlagplanung ein erster Versuch substanzerhaltender Stadtreparatur, und dies bemerkenswerter Weise sogar durch einen privaten Investor.
    Man mag sich vielleicht nicht mehr vorstellen, dass die heute als eine der wenigen historischen Traditionsinseln in der Innenstadt gerne betrachteten Calwerstraßen-Altbauten zu Beginn der 1970er sichere Abbruchkandidaten waren; auf der Südseite hatte sich ja mit dem klotzig-brutalistischen Firnhaberbau – 1992 abgebrannt und dann durch das heutige, etwas stadtverträglichere Habitat-Gebäude ersetzt – bereits der Stil der neuen Zeit Bahn gebrochen.


    Dass die im Zuge der Quartiersanierung neu erbauten Büroblöcke an der Theodor-Heuss-Straße aus jetziger Perspektive gestalterisch weniger geglückt scheinen, steht außer Frage: Der Kopfbau mit seinen gestaffelten Auskragungen wirkt seltsam aufgepumpt, maßstabslose Aufzugstürme und die insgesamt dunkle Fassadengestaltung mit den Kupferverkleidungen machen den Gesamtkomplex zu massig und düster; manche haben das wohl damals schon kritisiert, obwohl’s im Vergleich zur kruden Betonseligkeit der 60er und frühen 70er dennoch als gewisser Lichtblick erschienen sein muss.


    Bis heute wirklich gelungen erscheint mir hingegen die als Bindeglied zwischen dem historischen Straßenzug und der Blockrandbebauung fungierende Glaspassage, die sich, in moderner Formensprache und natürlich schwäbisch bescheiden, an Vorbilder großer Passagenarchitektur des 19. Jahrhunderts anlehnt und beim Abgang zu Stadt- und S-Bahn in einen kleinen Platz mündet. Die durchdachte Gestaltung war nach meiner Erinnerung (zumindest früher) an Details wie den einheitlichen Ladenschildern, Bodenintarsien und einer pavillionartigen Durchbrechung der Ladenfront ablesbar. Dass diese Geschäftszeile gleichwohl immer etwas im Schatten der Fußgängerströme lag, steht auf einem anderen Blatt, kann aber für sich gesehen nicht Rechtfertigung sein, das Ganze nun platt zu machen.


    Um nicht falsch verstanden zu werden: Gegen eine ansprechende Neubebauung entlang von Theodor-Heuss-Straße/Rotebühlplatz hätte ich beileibe nichts einzuwenden, wobei die Gefahr nicht gering wäre, dass am Ende doch nur Belanglosigkeiten im Stile des (hier von einigen durchaus begrüßten) Breuninger-Neubaus an der Holzstraße herauskämen, deren einziger, mit den Jahren freilich zunehmend schwindender ästhetischer Mehrwert aus meiner Sicht in ihrem „geschleckten Neusein“ im Vergleich zu einem mangels Bestandspflege „moderig-heruntergekommen“ empfundenen Vorzustand besteht.


    Um die gläserne Calwerpassage hingegen, die ich zumindest im Sommer als durchaus lichtduchflutet und freundlich in Erinnerung habe, wäre es schade, und der Denkmalschutz ist hier genauso berechtigt wie bei Fernsehturm, Liederhalle oder Staatsgalerie: Sie ist ein besonderes Zeugnis des ästhetischen Bauverständnisses ihrer Epoche.

    PISA: Leseverständnis mangelhaft, wie so oft zugleich spamverdächtig, aber noch knapp an Ehrenrunde vorbei geschrammt.


    Danke für die Blumen - charmant und kritikfähig wie gewohnt! Dieser sachlich-souveräne Duktus ist grade bei einem umstrittenen Projekt wie S21 einfach immer wieder wohltuend...


    Doch auch wenn's wahrscheinlich an Majestätsbeleidigung grenzt, sei mir der Einwand erlaubt, dass der mahnende Hinweis auf die Kostendistinktion aus meiner Perspektive etwas ins Leere zielt, weil ich schlicht und einfach nur von den 1,1 Milliarden Mehrkosten geschrieben habe, die Kefer laut Artikel aus den oben erwähnten Gründen eindeutig durch sein Unternehmen verschuldet sieht. Eine unzulässige Vermischung zu erkennen, fällt mir - es mag tatsächlich mit meiner mangelnden Textauffassungsgabe zusammenhängen - schwer.


    Richtig ist, dass der Technikvorstand - abgesehen von einem hier nicht spezifizierten möglichen Einsparungspotenzial von 200 Millionen - zusätzliche Mehrkosten durch die Schlichtung (300 Millionen, da spricht er aber im Konjunktiv) sowie durch Änderungswünsche von Stadt und Land (300 Millionen, womit natürlich die bisher nicht näher erläuterten und begründeten Extraaufwendungen für die veränderte Filder-/Flughafentrasse und den vorangehenden Filderdialog gemeint sind) befürchtet und diesbezüglich die Projektpartner in der Pflicht sieht.
    Zuletzt prognostiziert Kefer weitere 400 Millionen Euro für den Fall anhaltender Verzögerung bei den Genehmigungsverfahren. Dass diese nicht zuletzt im Eisenbahn-Bundesamt verursacht werden, wo man - begründet oder nicht - etliche S21-Planungen für unzureichend und nachbesserungsbedürftig hält, bleibt wohlweislich unerwähnt.

    ^


    Interessante Sicht der Dinge - bei Stuttgart 21 bekommt der Begriff "Tunnelblick" eben auch für manche bellenden Hunde eine ganz neue Bedeutung.
    Aus dem als Quelle verlinkten Zeitungsartikel lese ich mit meiner (sicher ideologisch verblendeten Brille) irgendwie was ganz Anderes heraus. Da wird nämlich Herr Kefer mit der Aussage zitiert, er schreibe 1,1 Milliarden zusätzlicher Kosten gegenüber 2009 unzureichenden Planungen und Fehleinschätzungen zu; demzufolge übernehme diesen Anteil auch die Bahn.


    So - und nun bitte diesen Beitrag zügig ins "Spam"-21 Eckchen verschieben... :D

    Verschoben von S21-GD.


    [I]...(Was weiß denn der "Gewerkschafter", vermutlich Parkschwätzer)? Ich meine heute im SWR kurz gehört zu haben, die Kostenexplosion basiere vielmehr auf (willentlich grün hervor gerufene?) Verzögerungen (Juchtenkäfer, VA und und und...).


    (Hervorhebungen von mir)


    "Vermutlich"... "meine gehört zu haben"? Naja, ist das - trotz selbstverständlich auch einem souveränen Forenmoderator zugestandenen notorischen Beißreflex gegenüber allem was grün und Anti-S21 ist - nicht ein wenig dürftig? Ob's an den drei Weißbier lag?
    Das baldige Nachreichen konkreter Quellen für beide Aussagen (Bahn-Gewerkschafter aus dem Umfeld der Parkschützer, Kostensteigerung zu wesentlichen Teilen Verzögerungen zuzuschreiben, die von Gegnerseite verursacht wurden) wäre in jedem Falle hilfreich und wünschenswert.

    Da ich seltsamer Weise immer etwas allergisch gegen Uninformiertheit bin, die, scheinbar grade so herrlich ins jeweilige Klischeebild passend, einfach mal so dahergeplappert wird, sei mir ein Hinweis gestattet: Die "Schutzgemeinschaft Krailenshalde" wurde nicht eben mal kurz von pöhsen, pöhsen Wutbürgern "aus dem Boden gestampft", sondern, wie ich eben recherchiert habe, bereits vor 25 Jahren ins Leben gerufen. Auslöser für die Gründung war das Bemühen, eine Führung der B10/B27 als Hochstraße zwischen Friedrichswahl und Pragsattel durch ein vielen Stuttgartern leider unbekanntes Naherholungs- und Landschaftsschutzgebiet zu verhindern. Letztendlich sorgte eine rückschrittlich-linksradikale Mehrheit im Gemeinderat (darunter eine Dame von der FDP) dafür, dass dieses Projekt tatsächlich ad acta gelegt wurde. Stattdessen erfolgt bekanntlich seit einigen Jahren der sechsstreifige Ausbau der Heilbronner Straße.


    Wer an anderer Stelle in Forum dazu aufruft, die "geilsten" Auto-Einfallstraßen unserer schönen Heimat zu benennen, wird diese Entscheidung fraglos bis heute lebhaft bedauern, so wie der Wunsch nach "freier Fahrt für freie Bürger" sicher auch die Neigung fördert, die ganze Debatte um Schadstoffbelastung, Feinstaub etc. als arglistige Grünen-Mär zu betrachten. Und da die Liebe fürs Auto und dessen allzeit ungehindertes Fortkommen nach meiner - zugegebenermaßen sehr subjektiven - Wahrnehmung erstaunlich oft mit einer glühenden Begeisterung für den neuen Tiefbahnhof einhergeht (gilt freilich nicht für MaxBGF!), empfehle ich, nach der Einweihung des Rosensteintunnels die donnerstäglichen "Laufen für S21"-Joggingeinheiten mal regelmäßig auf der Tunneldistanz vom Pragsattel bis zur Wilhelma durchzuführen, um der auch dort sicherlich kurortreifen Luft in konzentrierter Form teilhaftig zu werden.

    Ich bin bestürzt! Zwei (mutmaßlich) rechtschaffene doitsche Inschenjöre, und dann nichts als Zittern, Zaudern und Zynismus; kein Wunder geht in unserem ökofaschistisch unterwanderten Lande nichts mehr voran!:D


    Doch mal im Ernst: Sofern Stuttgart 21 den Bach runtergeht, würde die Landeshauptstadt sicher für einige Wochen zum Gespött der ganzen Nation - wenn ich mir das Stimmungsfeld bei meinem Münchener Umfeld so ansehe, gibt's bei denjenigen, die dieses Projekt etwas verfolgen, derartige Tendenzen aber bereits jetzt; und das liegt keinesfalls an Montagsdemonstranten, "Hobbyministern" oder anderen Lieblingsfeinden dieses Forums.


    Ehrlich gestanden finde ich den ganzen Popanz, der seit langer Zeit von interessierter Seite um den Tiefbahnhof aufgebaut wird, einigermaßen lächerlich und überzogen. Weder kann und wird das Stuttgarter Wirtschaftswesen alleine und wesentlich an S21 genesen, noch hat das Projekt städtebaulich die Bedeutung, die ihm immer zwanghaft zugeschrieben wird. Ohne das Entwicklungspotenzial der dadurch neu zu gewinnenden Flächen klein reden zu wollen: Wenn ich in die Stadt komme, sehe ich wahrlich drängendere Problemfelder, z.B. eine unsägliche gestalterische Ödnis zwischen Charlottenplatz und Österreichischem Platz oder die trennende Straßentristesse vor dem Bahnhof auf dem sogenannten Arnulf-Klett-Platz, die sich durch S21 um kein Haar ändern wird.

    *lach* Na das ist ja jetzt wieder ein gefundenes Fressen für die Gegner. Aber dass das Gleisvorfeld auch für K21 hätte umgebaut bzw. in einen Bauzustand versetzt werden müssen, wo dasselbe Gefahrenpotential drinsteckt, ist jetzt natürlich erstmal vöööööllig egal. ;)


    Würde es meinem Stil nicht so sehr zuwiderlaufen, wäre man fast versucht, mal probeweise in den notorisch-reflexhaften Bashing-Duktus eines ebenso bekannten wie beliebten Foren-Moderators („moderare“ =lat. „mäßigen“) zu verfallen – nur eben umgedreht: Hast du für das Vorliegen eines identischen Gefahrenpotentials irgendwelche Beweise, oder ist das wieder dümmliches Proler-Geschwätz?


    Bleiben wir stattdessen besser bei den Fakten, soweit sie mir bekannt sind - ich bitte, mich zu korrigieren, wenn ich irgendwo falsch liege: Die Ursache der mehrfachen Entgleisungen scheint ja bislang nicht wirklich aufgedeckt worden zu sein. Man weiß nur, dass durch die Verlegung der Bahnsteige das Gleisvorfeld erheblich verkürzt werden musste; mit entsprechenden Folgen für die Gleisradien. Beim Aus- und Einfahren fiel mir schon mehrfach auf, dass Züge dadurch an den Wagenübergängen zu extremen Auslenkungen gezwungen werden, wie sie vor dem Umbau nicht vorkamen. Ob dies eine mögliche Ursache sein könnte, oder ob er eine Weichenstörung (vorzeitiges Umstellen während der Überfahrt) vorlag, muss sich weisen.
    Fest steht aber, dass bei einer Umsetzung von K21 diese „Stauchung“ nicht erforderlich gewesen wäre, weil ja kein Baufeld gleisfrei gehalten werden müsste; insofern ist die Aussage bezüglich potentiell gleicher Störanfälligkeit zumindest in Frage zu stellen. Am besten warten wir nun einfach den Untersuchungsbericht ab.


    Was wiederum das „gefundene Fressen“ betrifft, so kann ich aus eigener Erfahrung berichten, dass dies für die Hardcore-Befürworterseite wohl nicht minder gilt. Ich wollte gestern nämlich eigentlich zum ICE nach München, der natürlich ebenso der Vollsperrung zum Opfer fiel, und kam während der erzwungenen Wartezeit im Bahnhof mit ein paar wild gestikulierenden Herren reiferen Alters ins Gespräch, die sich auf das Desaster ihre eigenen Reime machten. Für den einen bewies der neuerliche Unfall nur, dass der Kopfbahnhof (er benutzte im ideologisch korrekten "S21-Sprech" natürlich den Terminus "Sackbahnhof"!) eben abgewirtschaftet, das Gleisvorfeld völlig marode und S21 entsprechend dringlicher denn je sei. Mein Einwand, dass die Gleise wohl grade an der Unglücksstelle im Zuge der Bauarbeiten erneuert worden seien und dass das bestehende Gleisnetz ja überdies bis zur Einweihung des Tiefbahnhofs noch etliche Jahre durchhalten müsse, verwarf er unwirsch. Der zweite Diskutant pflichtete seinem Vorredner eilfertig bei, um sich im nächsten Augenblick in einer 180-Gradwende selbst zu widersprechen: Höchstwahrscheinlich, so ließ er uns wissen, seien die zeitgleich vor dem Bahnhof demonstrierenden Chaoten schuld; bestimmt habe da einer eine Weiche manipuliert, um das Projekt und die Bauarbeiten in Misskredit zu bringen.


    Wagahai, der ja schon einmal ähnliche Verdächtigungen geäußert hat (25.7, 18:10h), wäre sicher hellauf begeistert gewesen…

    Danke für Deine Reaktion, Max BGF. Klang mein letzter Beitrag "haltungstechnisch" so getroffen und eingeschnappt? Auch wenn ich den Zeilen außer evtl. einem rhetorisch-fragenden "Darf man diese Ansicht nicht vertreten?" eigentlich keinen beleidigten Duktus entnehmen kann, versichere ich vorsorglich, dass es so nicht gemeint war. Ich wollte eigentlich nur nochmals meine Position etwas verdeutlichen, zumal in Deinen Worten nach meinem Empfinden der Vorwurf mitschwang, ich würde mich quasi aus Prinzip gegen eine Forenmehrheitsmeinung positionieren:


    ...irgendwie stellt sich der Eindruck ein, daß manche, welche den anderen Usern blinde Modernitäts- und Fortschrittsgläubigkeit unterstellen, genau dann selbst dem noch so profan-häßlich Modernen anhängen, wenn die Anderen dieses fast einstimmig ablehnen. (...)
    Irgendwie kann man es wohl nicht recht machen.


    Vielleicht unterliege ich ja auch nur einem gehörigen Missverständnis, wenn ich daraus einen mindestens so großen "insgeheimen Wunsch auf Selbsterfüllung gewisser Vorurteile" herauslese - es mag mit meiner übersteigerten Sensibilität zusammenhängen...:lol4:


    Ein Dagegen- oder Dafürsein als strategischer oder ideologischer Selbstzweck liegt mir fern. Es ist aber wahr, dass ich mich insbesondere bei Themen, über die im Forum tatsächliche oder vermeintliche Einigkeit zu herrschen scheint, die ich aber aus meiner ganz subjektiven Sicht heraus abweichend empfinde, gerne mal zu Wort melde - einfach, um quasi zu Protokoll zu geben: Hallo, es gibt auch Menschen, die das anders sehen! Nochmals: Im Fall von "Pauline" ist's einfach so, dass ich a) den ersten "Tetris"-Entwurf als nicht so umwerfend und passend und b) die Alternative im Unterschied zu vielen (oder fast allen) anderen als weder besonders hässlich noch völlig missglückt betrachte. Dies bedeutet freilich nicht, dass ich mir nicht noch eine andere Planung vorstellen könnte, die nach meinem persönlichen ästhetischen Empfinden an dieser Stelle besser passen würde. Die gibt's aber nun mal nicht.


    Mein Erstaunen über die vernichtende Kritik am veränderten"Pauline"-Entwurf mag auch damit zusammenhängen, dass ich die Bewertungsmaßstäbe mancher Forenkollegen für gute und schlechte Architektur der klassischen und aktuellen Moderne nicht immer richtig begreife - vielleicht wäre dies einmal eine interessante Grundsatzdebatte an geeigneter Stelle im Forum wert.


    Wer meine bisherigen Forenäußerungen ein wenig kennt, kann allerdings (hoffentlich) feststellen, dass ich 1.) gegenüber neuer Architektur eine durchaus differenzierte Haltung einnehme und 2. durch Einschübe wie "meiner Meinung nach", "aus meiner Perspektive" o.ä. meist deutlich mache, dass ich mir des eigenen, persönlich eingefärbten Blickwinkels wie auch des möglichen Irrens stets bewusst bin. Man mag dies in einem Internet-Forum für überflüssig halten; mir's ist's aber dennoch sympathischer so.

    Wer hätte gedacht, dass ich hier mal als Anhängerin des "profan-häßlich Modernen" (ein Begriff, den man sich grade im Kontext dieses Forums auf der Zunge zergehen lassen muss:naughty:) bezeichnet werden würde?


    Doch Du wirfst hier zwei unterschiedliche Dinge in einen Topf, werter Max BGF. In diesem thread geht's bekanntlich um "Pauline", bei der die Alternative historisierend vs. modern nicht zur Debatte stand: Hier war meine Aussage, dass ein neutral zurückhaltender Bau - den ich keinesfalls herausragend, aber im Vergleich zu vielem, was sonst so in diesen Tagen gebaut wird, eben auch alles andere als hässlich und katastrophal empfinde - manchmal vielleicht besser passt als ein vielleicht unkonventionell-spektakulär wirkender, bei genauer Betrachtung (wenigstens nach meinem Verständnis) jedoch mindestens so banaler Entwurf. Darf man diese Ansicht nicht vertreten? Es geht hier doch nicht darum, es mir (oder jemand anderem) "recht zu machen"!? Meine unterschwellig mitschwingende Frage war ja: Wie muss, darf, kann Architektur heute überhaupt aussehen, wenn man einerseits sämtliches Epigonale vermeiden will, andererseits aber auch nicht alles im exaltierten Stil der oben von mir genannten Baumeisterinnen und Baumeister planen sollte?


    Meine Nebenbemerkung zu Ceausescu-Anklängen beim "Gerber" war natürlich polemisch, und man sollte gewiss nicht von einer Ansicht auf den ganzen Entwurf schließen. Grundsätzlich habe ich aber auch niemals behauptet, dass alles Historisierende automatisch toll sei, zumal sich die Rückbezüge an der Fassade Richtung Paulinenbrücke sowieso nur auf die großen Bögen beschränken und ansonsten eine gewisse "Stilmelange" vorzuherrschen scheint, die auf mich an dieser Stelle nicht ganz schlüssig wirkt. Doch warten wir einfach ab.


    Vielleicht hilft's ja - dies als persönliche Bemerkung zum Schluss - generell weiter, wenn man nicht fortwährend versucht, andere in gewisse Schubladen einzuordnen...

    Die Diskussion hier um die Entwurfsänderung gibt mir wieder mal Anlass, mich
    a) hier mutmaßlich in die Nesseln zu setzen
    b) einmal mehr meiner Neigung zum Grundsätzlichen nachzugeben.


    Erstens sei einmal die Frage erlaubt: War die Ausgangsplanung denn wirklich so ein großer Wurf? Auffallender, ungewöhnlicher? Fraglos; doch kann und soll dies immer der Bewertungsmaßstab für gelungene Stadtarchitektur sein? Ich behaupte hier einfach mal kühn, dass sich sehr viele sehr schnell an jenem Entwurf – der bei mir übrigens fatale Assoziationen an ein architekturgewordenes Tetris-Videospiel in der Grafik der frühen 80er (die Älteren unter uns mögen sich noch erinnern) weckt – sattgesehen hätten.


    Die Alternativplanung: Ein sachliches, für meine Begriffe nicht schlecht strukturiertes und proportioniertes Gebäude (übrigens ganz gewiss nicht im bekanntlich eher betonbrutalistischen „70’er Jahre Stil“, wie hfrik meint), das kaum einem (außer manchen Herren hier im Forum) wehtun dürfte und nach meiner Überzeugung alles andere als jene ästhetische Katastrophe darstellt, die offenkundig einige in ihm zu erkennen glauben. Ob’s so mausgrau ausfallen muss, darüber könnte man sich sicher streiten; andererseits ist die Farbe angesichts des sechsspurig vorbeibrausenden Verkehrs vielleicht ganz klug gewählt. Seltsam übrigens: Die sogar in der Visualisierung brachial hervortretende Schneisenwirkung dieser Straße scheint man hier, wie auch an vielen anderen Stellen in Stuttgart, ganz selbstverständlich als quasi naturgegeben hinzunehmen und echauffiert sich stattdessen lieber über die gar schröckliche Trennwirkung der Gleise am Bahnhof.


    Doch zurück zur Gestaltung: Ein Stadtbild braucht aus meiner Sicht einerseits Solitärbauten, andererseits aber Zurückhaltung und, wo sich’s machen lässt, eine gewisse Konstanz und Geschlossenheit. Ich habe es vor längerer Zeit an anderer Stelle schon einmal geschrieben: Eine Stadt, die nur aus Architektur von Frank O. Gehry, Zaha Hadid, Rem Koolhaas u.ä. bestünde, wäre (nicht nur) für mich ein Albtraum, gleichsam ein Gestaltungs-Overkill, den man vielleicht auf den ersten Blick bewundern würde, in dem sich aber längerfristig kaum jemand wirklich wohl fühlte!


    Wie also darf, soll, kann stattdessen eine selbstverständliche, unaufdringliche Stadtarchitektur anno 2012 aussehen? Ich denke, zum Beispiel in etwa so wie in dem nun vorliegenden Entwurf, wenn man mal alle epigonalen oder gar rekonstruktiven Tendenzen sowie einen in der aktuellen Architektur (Ausnahmen bestätigen die Regel) eben weiterhin eher scheel beäugten Hang zum Ornamentalen beiseite lässt. Im übrigen stellt sich mir angesichts der von Max BGF verlinkten Visualisierung die Frage, ob der (hier natürlich absichtsvoll in den Schatten gestellte) Gerber-Block mit seinen Retro-Anklängen tatsächlich eine so viel bessere Figur macht. Er hat - zumindest aus dieser Perspektive – nach meinem Empfinden ein bisschen was von Ceausescus Präsidentenpalast in Bukarest…

    Ein wesentlicher ästhetischer Mehrwert gegenüber der Möck-Rasterfassade (abgesehen vielleicht davon, dass letztere eben arg abgewirtschaftet aussieht) ist für mich beim Breuninger-Neubau leider nicht zu erkennen. Wieder mal ist da eine Chance auf Stadtreparatur vertan worden, worin man in Stuttgart ja mittlerweile durchaus eine gewisse Routine aufweisen kann.


    Was das Breuninger-Hochhaus betrifft: Offenbar kommt das Unternehmen bei all seinen mehr oder weniger geglückten Neubauprojekten und "Aufhübschungen" weiterhin nicht auf die Idee, den (zugebenermaßen schon in der Nachkriegszeit arg verhunzten und dann während der 1960er mittels Lamellenfassade zum architektonischen Supergau beförderten) Hochhausbau in seine von Eisenlohr&Pfennig 1929-31 gebaute Ursprungsgestalt zurückzuverwandeln. Ob's wohl an der unterschwelligen Angst liegt, dass dann das älteste Gebäude des Ensembles mit seiner zeitlosen Moderne womöglich alles Andere ganz schön banal aussehen lassen würde...?