Beiträge von Cavendish

    ^Die halbe Straßenbreite hätte hier auch gereicht. Welchen Preis sind wir immer noch bereit zu zahlen, nur um hier mit dem Auto durchzukommen. Was hier umgesetzt wird, war schon vor zehn Jahren überholt. Und was für eine Fehlentscheidung, diesen unsäglichen Tunnel offen zu lassen. Ärgerlich.


    Leider wird das alles für die nächsten dreißig Jahre nun festgeschrieben…

    ^Ich hatte deshalb schon mal gefragt, ob die Überbreite rückbaubar ist, weil konstruktiv nur wie ein Blumenkasten angehängt. Aber scheint nicht so zu sein, wenn die Breite in allen Entwürfen in Phase 2 erhalten bliebe.


    Vielen Dank also für die Verlinkungen der Visualisierungen. Sie demonstrieren sehr deutlich, dass die beteiligten Büros den Stadtraum nicht begriffen haben, und wie eindimensional Preisgericht und Auftraggeber denken. Bei den so nicht existierenden Bauten käm ich mir schon verschaukelt vor, aber dass eine stadtbildprägende Anlage komplett fehlt und damit ignoriert wird, hätte mich schon stutzig gemacht: Die Mühlendammschleuse.


    Damit kommt ein ganzer Verkehrsträger gar nicht vor, obwohl 10-15% der Güterbewegungen in B auf dem Wasser stattfinden. Hier werden lt. Wiki jährlich 36.500 Fahrzeuge geschleust, im Juli allein fast 6.000. Da das Schleusen mehr als 30min dauert, wendet ein Großteil des Ausflugsverkehrs auf beiden Seiten der Schleuse, stadtseitig direkt vor der Brücke. Die zweite Ebene ist nur ein Wasserhindernis, wird als Verkehrsfläche gar nicht wahrgenommen.

    ^Da hast Du völlig recht, die Elektrische hat prima facie damit nichts zu tun. Es ist die Umsetzung.


    Der Blockrand zog sich mit dem Sparkassengebäude, wenn man so will, ja quasi über die Spree. Der Blockrand am berlinseitigen Ufer ist ja auch keine Kopfgeburt der DDR, sondern wurde durch die Vorgängerdiktatur gesetzt. Das Sparkassengebäude und das Ephraimpalais wurden dafür geopfert, den Rest erledigten Kriegseinwirkungen. Die DDR hat den nördlich Blockrand am Berliner Ufer in den 80ern wiedergewonnen.


    Letzten Endes war die Breite dieser Magistrale schon zum Zeitpunkt ihrer Entstehung absurd, denn sie führte in ein von der Mauer umstelltes Gebiet, lief am Spittelmarkt auf Springer als Höhendominante zu und war für eine Anzahl KfZ ausgelegt, die so nur in Walters süßesten Träumchen existierten. Letztlich wurde hier schon damals die Planung der 50er von der Lebensrealität der spät-60er überrollt. Wenn man wegen der Repräsentationswirkung an der alten Planung festhielt, leistete man sich zwar ein Potemkinsches Dorf, aber realisierte hier letztlich einen Vorratsbau für die Wiedervereinigung. Die Dialektik ist also nicht ohne Komik, oder wie man jetzt sagt: Karma is a bitch.


    Das sich nun derselbe Prozess wiederholen soll, ist bemerkenswert und muß schon für sich als Indiz gelten, das Stadtplanungsprozesse, trotz Bürgerbeteiligung, Genderstern und Greenwashing, als Verwaltungsakte diktaturnäher bleiben, als einem lieb sein kann. Nein die Politiker sind nicht schuld, sondern das breite Desinteresse der Berliner Öffentlichkeit. Was man der Politik vorwerfen kann, ist dieses Desinteresse billigend in Kauf zu nehmen.

    ^Ich gebe SeoulSoul recht, dass der mangelnde Zugang zu de Läden von den blockrandbildenden Straßen ein Manko ist. Auch die Einordnung der Einkaufsmöglichkeiten als armselig ist so falsch nicht. Die Flächen sind zwar da, aber man bewegt sich zwischen P&C und SportScheck. Das ist nun nicht abstoßend, erzeugt aber kein Destination-Shopping, gerade nicht bei Städtereisenden. Ne Schippe mehr Luxus und Exklusivität täte dem Standort gut finde ich, aber das mag ja noch kommen.


    Städtebaulich finde ich den LP gelungen. Den PP empfinde ich als rettbar unvollendet.

    ^Aber jede Menge mit der Ermöglichung und Förderung des Fußverkehrs (war das nicht in Berlin sogar eine gesetzliche Vorschrift, eine Errungenschaft dieser Legislatur?). Eine Bahntrasse (auf der die meisten Berliner Straßenbahnfahrer denken Tempo 30/50 gilt nur für die Anderen, zerschneidet die Innenstadt genauso, wie eine autobahnähnlich ausgebaute Straße. Das mag an der Landsberger oder am Groß-Berliner Damm ok sein, inkl. der chicen z-Übergänge, in diesem Innenstadtbereich sollte es jedoch nicht akzeptiert werden.


    mMn sollte man bei der Planung so ansetzen, dass man sich fragt, welche Nutzungen und Verkehre immer da waren und sein werden. Andere Verkehre kommen hinzu, wenn für sie Platz ist, aber bei Konflikten sind sie immer untergeordnet.


    Das Problem ist, dass hier sehr viel Platz ist, und indem man mit ihm aast, perpetuiert man die Ödnis. Wahrscheinlich ist der Preisdruck in Berlin doch noch nicht hoch genug, wenn man sich diesen verschwenderischen Umgang mit einer endlichen Ressource weiter leisten kann und will. Nachhaltig ist es nicht, eher ein städtebauliches ‘void’.

    ^Wobei noch angemerkt sei, dass eine auf dem Mittelstreifen dahin rauschende Tram ähnlich trennend für kreuzende Fußgängerverkehre wirkt, wie die heutigen MIV-Spuren. An der KLS wird das Trennende durch einen hüfthohen Sperrzaun unterstrichen, so dass man nur an den heutigen Blockenden die Bahntrasse queren kann.

    ^Während der Pandemie hatten wir ja ganz viel Bullerbü. Wie war’s denn so?


    Ich stippe gerade mal wieder durch ein leider nicht mehr in Print befindliches Buch über Wirtschaft und Handel im Mittelalter: Die enormen Transportkosten und -zeiten bedingten, dass sich der Preis einer Wagenladung ca. alle 50km verdoppelte. Das Resultat war regionale und nachhaltige Versorgung, aber mit hohen sozialen Kosten und Konsequenzen .


    Vielleicht ist dieser Konflikt nicht ausreichend ausgeleuchtet, aber es wundert mich schon, dass man diejenigen, die Stadtbild und -struktur, auch Schönheit und Identität stiftendes, ein menschlicheres Berlin zurück gewinnen wollen, einerseits als Rekoheinis abtut, und gleichzeitig den Biedermeierphantasien eines RRG-gerechten Stadtumbaus anhängen kann. Da kommt dann der Erhalt der Schneise Molkenmarkt <> Charlottenstraße bei gleichzeitig geforderter Rückstufung des 16. Bauabschnitts der A100 bei heraus.


    Den einzigen Reim den ich mir darauf machen kann, ist, dass sich die Versatzstücke des eigenen politischen Wollens nicht passend aneinander fügen lassen. Man endet mit miserablen Kompromissen in der Stadtentwicklung und Städtebau, die keiner so ursprünglich wollte.

    Auf Klarenbachs Lieblingsbrücke weiß jeder, wo er hingehört. Suum cuique: Gebauter Modalsplit, Funktionalität trumpft Design. Wenn man das gut findet, mag das erstmal eine Menge über einen selbst aussagen.


    Mit Verkehrswende hat das, mit Verlaub, reichlich wenig zu tun. Dann dächte man Verkehre in humaner Dimension, wozu notwendiger Weise die Reflexion der Verortung und Akzeptanz von Modalkonflikten gehört. Das ist das große Manko hier, ein Ingenieursbauwerk von der Stange, Gestaltungswille, der sich in den politischen Gefälligkeiten des Tages erschöpft, keine Architektur.


    Der behauptete eigene Gleiskörper als Tram-Beschleuniger ist mMn nicht alternativlos - wenn dem so wäre, wär K.s Rauschefahrt zum PP Ecke Charlottenstraße vorbei. Könnte sie auch sein, denn was man jetzt baut, bleibt MIV attraktiv. Meine nicht ganz so steile These: Den eigenen Gleiskörper gibt’s nur, weil das Projekt sonst nicht EU-förderwürdig ist. An diesem Ort sollte einem das, finde ich, egal sein.


    Ich sehe Fr. Günther weit weniger kritisch als viele hier. Sie hatte ein sehr schlüssiges Verkehrswendeprojekt: Eine Citymaut, die durch den Erwerb einer BVG-Tageskarte abgegolten werden konnte. Das hätte den MIV im Zentrum verteuert und wäre absolut wirksam. So geht Verkehrswende, wurde aber niedergebrüllt, weil angeblich nicht sozial. Wohl eher, weil kein vote winner.


    Fr. Günther hat gelernt, dass man so etwas nicht macht, und hat sich angepasst. An dem preisgekrönten Brückenentwurf ist denn nichts aufmüpfiges, gebautes kgV, kein großer Wurf. Dass Klarenbachs Erfolgskriterium dann nur noch ist, schnell da durch und weg, aber nie dahin zu kommen, auf welchem Untersatz auch immer, ist dann schon verständlich, bezeichnet aber nur das eigentliche Problem.

    ^Den Eindruck, dass das HF im Schloss gut angenommen wird, hatte ich auch. Ich war an verschiedenen Tagen letzte Woche da. Anbei einige Impressionen:


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    Revolutionen beginnen ganz einfach: jene in der Lichterfelder Hortensienstr. 14…

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    …diese in der Umweltbibliothek der Zionskirche.


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    Wirkt in Natura unglaublich plastisch und stark mit dem Durchblick zu Schinkels Altem Museum


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    Das doppelte Lottchen


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    Mit viertem, sozusagen Bonus-Kreuz.

    ... Aber London ist ein gutes Beispiel dafür, dass Hochhäuser ihren Platz im Stadtzentrum einer europäischen 2000 Jahre alten Capitale haben können ohne die historischen Gebäude wie Saint Paul oder den Tower dominieren zu müssen. Weil es einen Hochhausrahmenplan gibt der besonders historische Gebäude und Sichtachsen berücksichtigt.

    Naja, das liegt buchstäblich im Auge des Betrachters, aber urteilt selbst. Der Sichtachsenschutz ist erheblich aufgeweicht worden, weil die City nach dem Exodus der Banken nach Canary Wharf (wegen höhenbeschränkungsbedingten Platzmangels) die Versicherer nicht auch noch verlieren wollte. Alle Neubauten der letzten Jahre gravitieren daher nach EC3 (Versicherer), währen der NatWest Tower das höchste Gebäude in EC2 (Banken) geblieben ist…


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    St. Paul’s links

    Wenn man sich Fotos der baulichen Situation aus den zwanziger Jahren anschaut, könnte der Mühlendamm für viele Berliner ein Lieblingsort gewesen sein. Die Mittelinsel mit dem Sparkassengebäude, die seitlich abzweigende Inselstraße, die fast schon romantische Rückseite mit den Stegen über Wehr und Schleuse - das hatte Identität und Wiedererkennungswert.


    Der siegende Brückenentwurf mag von einem ‘ziemlich guten’ Büro entworfen sein, ist aber kontextfrei und könnte so an beliebigen Ort als Überführung dienen - Aufgabe technisch gelöst, Haken dran.


    Der Mühlendamm ist als Keimzelle Berlins in der Tat in mehrfacher Hinsicht ‘Ground Zero’, er ist die gebaute Klammer der Doppelstadt Berlin-Cölln. Ich verstehe nicht, weshalb sich Auftraggeber und Stadtgesellschaft einen solch lieblosen Umgang mit diesem historischen und sensiblen Ort leisten wollen. So wie wir heute bauen, werden wir morgen leben, und diese Flegelei, dieser lieblose und technokratische Angang, ist einfach nur enttäuschend.


    Diese Brücke wird nicht durch Experten und Architekten finanziert und sie wird auch nicht für sie gebaut. Bauherren sind wir alle, und es wird wirklich Zeit, dass wir uns Gehör verschaffen bei einer Landespolitik, die den Bezug zu den Einwohnern dieser Stadt auf schon so vielen Ebenen komplett verloren zu haben scheint. Ein Modikum an Gestaltungswillen, etwas Reflexion der Umgebung, Liebe für den Ort, und ja Esprit und Elegance, ist doch nicht zu viel verlangt.