Mein stärkstes Argument ist ohnehin dieses: Häuser werden von Architekten gebaut, aber meistens nicht für Architekten.
Zumindest bei Großprojekten mit Architekturwettbewerb machen Architekten lediglich Vorschläge (in Konkurrenz zueinander). Entscheiden tun sie dabei nicht.
Und sie designen im Auftrag anderer und unter Einhaltung diverser Kriterien.
Am Ende ist z. B. das Paradebeispiel, der Dresdner Neumarkt, ein Riesenerfolg, egal welches nachprüfbare Kriterium man anlegt. Das kann man doch auch mal anerkennen.
Welche nachprüfbaren Kriterien wären das denn? Ich persönlich finde er hat Disneylandcharakter. Was allerdings auch noch an fehlender Patina liegt, das mag sich noch ändern. Das ist aber eine persönliche Meinung: Darf gerne jeder anders sehen.
Ich kann nicht nachvollziehen, wie man eine Fassade schlecht finden kann, weil der Stuck, Putz und Co, aus dem sie gemacht wurde, nicht 300 Jahre alt ist.
Zumindest bei Fachwerkhausrekonstruktionen und meist auch bei rekonstruierten Dachlandschaften kann man die "Schiefwinkeligkeit" die durch altes Holz unter dem Druck der Baumasse entsteht nicht rekonstruieren. Mit der Folge, dass es nicht der Erwartungshaltung an ein altes Gebäude entspricht (was es ja auch nicht kann).
Eine tolle Fassade wird doch nicht schlechter, weil sie rekonstruiert wurde.
Da stimme ich dir grundlegend zu, allerdings steht Architektur immer im Kontext der Zeit, der Umgebungsbebauung und auch der Nutzform. Insofern ist das kein universelles Argument für eine zwingende Rekonstruktion.
Ich finde es wirklich schade, dass sich die Fronten so verhärtet haben. Wenn ich aber sehe, wie leicht schlechte Entwürfe "durchflutschen" und wie erbittert auf der anderen Seite Rekonstruktionen von deren Gegnern bekämpft werden, sind meine Sympathien klar verteilt.
Sorry, aber 95% der "schlechten Entwürfe die durchflutschen" sind Zweckbauten die wirtschaftlich tragfähig sein müssen. Wenn wir über Rekonstruktionen reden, dann eigentlich immer in Bereichen in denen Wirtschaftlichkeit kein Kriterium sein muss. Da ist deine Wahrnehmung einfach verschoben. Und der Kampf Kontra/Pro Rekonstruktion wird auf beiden Seiten mit der gleichen Vehemenz geführt.
aber die Verantwortlichen sollten mal SELBSTKRITISCH darüber nachdenken, warum der Wunsch nach Rekos einfach nicht totzukriegen ist (Jüngere befürworten sie stärker als Ältere)
Für letzteres hätte ich gerne mal ne Quelle.
Und: Der Wunsch nach Rekos ist der Wunsch nach etwas Vertrautem, nach Mustern die man kennt, nach einem Symbol der "guten alten Zeit" (die es nie gab), nach Uniformität. Während moderne Architektur auch mal vor den Kopf stoßen kann, fremd wirkt, sich abheben will und nach Auseinandersetzung verlangt. Das soll nicht heißen, dass Rekonstruktionen abzulehnen sind; je nach Kontext und Stadtplanungssituation können sie durchaus angebracht sein, aber dass sich der "einfache Bürger" dafür begeistert ist kein Qualitätskriterium.
Hätten wir immer nur Rekonstruiert hätte es das Bauhaus, Art Deco, Brutalismus etc. nie gegeben.