Selbst der Tagesschau war das ein Beitrag wert...
Mal ganz abgesehen von dem mittlerweile wirklich inflationären, ermüdenden Dagegen-Geschrei der Dauer-Empörten....
Ich seh den Teilabriss sogar positiv, denn dadurch entstehen neue Zugänge zum Ufer, so dürfte sich auch die Aufenthaltsqualität entlang der Gallerie erhöhen. Ich hab nie große Lust verspürt an diesem schmalen Gehsteig an dieser abweisenden, vom Auto-Verkehr umtosten, Wand (auch mag sie noch so schön bebildert sein) entlang zu gehen.
Denkmal hin oder her. Auch ein Denkmal muss sich an seiner stadträumlichen Qualität messen lassen!
Außerdem hasse ich Gegenden die man nicht betreten kann ohne gleich mit 95%iger Wahrscheinlichkeit als Touri klassifiziert zu werden.
--> Touristen-Nepp-Alert - nicht bezogen auf die East Side Gallery sondern eher gesamtheitlich betrachtet, also der mangelhafte Stadtraum, der die Mauer umgibt und gleichzeitig auch selber ein Bestandteil davon ist (-->das eingezwängte Gefühl zwischen Autoschneise und Wand, auf langer Strecke keine Option ans Spreeufer zu gehen, Straße überqueren - unattraktiv).
Abgesehen davon misst sich die Authenzität eines Denkmals nicht an einer Meterzahl-Angabe sondern an der Geschichte die sie erzählt. Ich sehe die Erzählung der Geschichte "East Side Gallery" durch ein Herausbrechen von 19m Wand in keinem nennenswerten Maße beeinträchtigt. Das sind 19m! Meine Güte...ein bisschen Verhältnismäßigkeit würde hier manchen sicher gut tun...
Tendenziell meine ich:
Die Vergangenheit ist nicht so wichtig, als dass sich Gegenwart und vorallem die Zukunft wegen ihr beschränken müssen.
Aber wir sind eben hier in Dtl. Und wenn es um Vergangenheit/Konservierung geht, sind die Emotionen absolut grenzenlos, doch die Gegenwart wird nur verwaltet und an die Zukunft denkt der dt. Kleinbürger wenn, dann nur im Kontext eines schaurig-schönen apokalyptischen Untergangsszenarios, worin er sich dann suhlen kann. Zukunft, Veränderung bedeutet hierzulande eben in aller erster Linie Risiko, Angst und Gefahr.
Deutsche träumen vom Untergang, Amerikaner vom Erfolg
Das liegt daran, dass Dtl. jahrzehntelang keine Metropole von Weltrang hatte. Kein Ort an dem sich die Gesellschaft in besonderem Maße bündeln, synergisieren und reiben konnte. Das dt. Gesamt-Kollektiv ist in den spießig-beengten Verhältnissen der West-BRD und der DDR geistig verwahrlost. Auf den Fokus der Besitzstandswahrung existenziell sichernden Waren (Lebensmittel, Kohle...) in der Nachkriegszeit folgte keine metropolitan-geprägte leidenschaftlich-hungrige Fortschrittsgewandtheit und Zukunfts-Optimismus.
Für letzteres war die Provinz "zuständig", was natürlich nicht gutgehen konnte. Denn was ist die Spezialität des provinziellen Geistes? Richtig, das Konservieren von Traditionen, gemütlichen Gewohnheiten etc.! Und was wurde mitunter auch konserviert? Richtig, das Besitzstandswahrungstum! Nur mit dem Unterschied, dass sich die überbordende dt. Besitzstandswahrung heute nicht mehr um Heizkohle dreht sondern um Kleingartenparzellen u.ä. sprich: alles was der Veredelung und Aufrechterhaltung des eigenen kleinbürgerlichen Idylls dienlich ist.
Doch ich bin zuversichtlich, dass Berlin diese unglückliche historische Fügung mit all ihren Folgen über kurz oder lang wieder korrigieren wird.
Berlin traue ich absolut zu, die dafür nötige Power zu haben.