Beiträge von raubbau

    Na klar ginge das. Der Nachbau der alten Fassade des Hotel de Saxe wäre doch das Optimum gewesen und sicher reizvoller als die -zwar durchaus recht gefällige- aber doch nicht unbedingt erhaltenswerte Fassade zu konservieren.


    Warum sprechen Sie der Fassade das Recht auf Erhaltung ab? Erstens finde ich den Sprung der Fassade im EG als gestalterisches Mittel zur Verbindung der beiden Nachbarbauten sehr gut gelungen. Zweitens ist das Haus von 1976-78 ja ein beredes Zeitdokument, wie sensibel man durchaus damals "Stadtreparatur" gestalten konnte. Drittens finde ich - was sie "gefällig" nennen - geradezu als Kompliment für die gute Einordnung. Gute Architektur kann sich auch wegen ihrer Unauffälligkeit auszeichnen. Hier wurde ein homogenes Straßenbild geschaffen ohne auf Fassadenkopien oder den extremen Kontrast von Schichtungen zurückgreifen zu müssen. Ich denke, dass ist ehrlich und tut der Klostergasse gut. Von gleicher Qualität sind für mich übrigens die Lückenfüller der 1970er Jahre in der Katharinenstraße.
    Nachbildungen an Stellen, wo eindeutig ein Bezugspunkt fehlt oder andere wichtige Gründe (Identifikation, Image, kulturhistorisch bedeutend) dafür sprechen halte ich durchaus für gerechtfertigt - ich denke da speziell zum Beispiel an Deutrichs Hof. Soviel ich weiß sind die Fassadenelemente ja eingelagert.

    Hi! Habe beim Forum-Durchstöbern diesen Beitrag gefunden und würde zur Börse gerne noch ein Bild beisteuern: Nach dem Auszug der Börse wurde das Haus bis zur Zerstörung von der IHK genutzt. Diese hat sich eine kleine Bibliothek angebaut. Das Haus war wirklich imposant, leider hat man beim Umbau der Börse das Dach völlig verändert und auf das fantastische Glasdach verzichtet.

    Quelle: Schulze, Adolf. Deutschland. Zeitschrift für Industrie, Handel und Schiffahrt, Hamburg. Heft 2. IX. Jahrgang. Hamburg, 1934. S. 30.


    Links erkennt man das ehemalige Landratsamt (was ist da heute eigentlich drin?)

    Im Moment hat das ganze etwas sureales. Sieht n`bisschen nach Anton Fursts Entwürfen und Filmkulissen von Gotham City aus. Es ist wirklich schade, dass es nur einen Wettbewerbsbeitrag gag, der den Mut hatte beide Fassaden sichtbar zu vereinen.
    In Leipzig hinkte man den Stilen im Allgemeinen immer etwas hinterher. Deswegen kriegen wir ja auch jetzt erst unsere "Leipzig-Arcaden"...

    Hier ist vom Ursprungsgebäude wirklich nur die vorderste Wand stehen geblieben. Die Beweggründe, die alte Fassade zu erhalten, würden mich schon interessieren.


    Warum hätte man sie denn wegreißen sollen? Da hätte man sich ja was neues einfallen lassen müssen. Und hey: gelbe Putzfassade (am alten Original), Porphyrgewände und auch noch die Kopie des barocken Eingangsportals vom ehemaligen Hôtel de Saxe - mehr Ortsbezug geht doch nun wirklich nicht ;)

    Mir erschliesst sich nicht ganz ... dem Vorgängerbau eine bessere Einfügung zu attestieren? ....


    Weil ganz einfach die "Denke" anders war. Die Stadt hatte sich den Funktionen unterzuordnen, das heißt Städtebau wurde ganz ander begriffen. Das Verwaltungsgebäude der Chemieanlagen, die Hotels und Wohnbauten waren doch nicht solitär gedacht, sondern als Teil der gesamten verordneten "sozialstischen Umgestaltung" der Stadt (- "sozialistische Architektur", das war ja nur eine verbale Erfindung, um sich irgendwie vom Westen abzusetzten, wo exakt das gleiche passierte -) - in diesem Zusammenhang muss man das sehen. Die alte Stadt war kein Maßstab mehr, nur noch die Grundstruktur und die hat man eigentlich penibel versucht zu erhalten (mit den Mitteln der Zeit).



    Quelle: Deutsche Architektur, Heft 11



    Quelle: Deutsche Architektur, Heft 11



    Quelle: Deutsche Architektur, Heft 8


    Keine Frage: Gottseidank sind diese Planungen keine Wirklichkeit geworden. Aber man muss die Bauten aus ihrer Zeit heraus verstehen. Es ging einzig und allein um "Fortschritt" und "Zukunft". Das ist ja generell das Problem, warum diese "modernen" Bauten auch nicht in Würde altern können und Patina ansetzten, sondern einfach nur schäbig wirken.

    na danke. hast du nicht noch die schönen brühl-platten vergessen?


    ein grosses manko vieler - sogar halbwegs gelungener - ddr-bauten ist bzw. war gerade deren mangelhafte einbindung in den stadtraum. zur erinnerung: wo heute das novotel steht, befand sich vorher der p a r k p l a t z des hotels stadt leipzig. und auch beim "tomatenbunker" klaffte eine lücke in der kleinen ritterstrasse und zum brühl hin war die gebäudekante zurückgesetzt.


    stell dir einfach mal vor, der unisterbau stünde bereits und sollte nun durch den "tomatenbunker" ersetzt werden. da würde sich (hoffentlich) so einiges an kritik relativieren.


    Stadtplanung fand in der DDR ab den 60er Jahren grundsätzlich nur noch aus dem vorgegebenen industriellen Baukastensystem statt. Und Krahnbahn und Taktstraße dann auch noch in ein Altstadtquartier zu verfrachten war schon ganz schön schwierig. Individuelle Lösungen, wie sie sich nun mal zu den Nachbarbauten ergeben mussten, waren regelrecht verpönt, das war schon ideologisch völlig rückschrittlich.


    Man sollte Bauwerke und ihre Entstehungsgeschichte doch erstmal in der Rückschau bewerten, wie und warum sie entstanden sind, auch welche Schwachpunkte sie besaßen. Natürlich war das Interhotel Stadt Leipzig ein Solitär aber funktional gehörte es genau an diese Stelle, gegenüber dem Hauptbahnhof. Darüberhinaus hatte es ja gewissermaßen staatlich repräsentative Funktionen. Zur Anbindung an den Bahnhof habe ich irgendwo noch ein paar Modelfotos aus der "Deutschen Architektur" mit doppelter Fußgängerbrücke direkt bis zu den Bahnsteigen, muss ich mal rauskramen...


    Na, und die Brühlbebauung - wenn ich Wohnhäuser in Zeilenbauweise errichte, brauche ich natürlich einen Zwischenraum zur Belichtung und Belüftung. Ändere ich die Funktion von Wohnen in Verkaufen, dann ist dieser Luftraum natürlich einfach nur vergeudete Fläche - logo!


    Beim Unistergebäude würde ich mir einfach mal - wie beim Kroch-Hochhaus - eine 1:1 Baumaske wünschen, das wär doch mal was, oder?;)

    Also um ehrlich zu sein: Was sich hier wie in die Umgebung einfügen soll ist mir völlig schleierhaft. Da hätte man auch den "Tomatenbunker" vom VEB Chemieanlagen stehen lassen können. Die roten Glasbrüstungen waren zwar recht schrill (- 60er Jahre eben -) aber wenigstens hat es sich an der Traufe des Rektoratsgebäudes orientiert. Und natürlich am ehemaligen Hotel Stadt Leipzig. Dieser seltsame ADCA-Verschnitt ("Novotel") mit Lochfassade scheint da jetzt wohl das stadtbildprägende Element zu sein. Soviel zum §34...

    Danke, Danke und Danke. Ich werde ja gleich ganz rot.... O.K., dann erstmal das Formale: Soweit nicht anders angegeben befinden sich die abgebildeten Unterlagen in meinem Besitz und ich habe sie vorm Papiercontainer bewahrt. Die Originalquelle der Zeichnung vom Wagner Denkmal kenne ich nicht.


    Nach den archäologischen Grabungen - vor allem für den Neubau in den 70er Jahren - hat sich die Stasi Zeichnungen anfertigen lassen, in denen die Lage der Klosterkirche und der frühreren Burgen auf dem Matthäikirchof detailliert dargestellt ist. Der geplante "Burgcharakter" ging ja soweit, dass man ringsherum eine Mauer errichten wollte - die wurde dann wegrationalisiert und man hat stattdessen Kameras angeschafft.
    Die etwas schäbige Sichtmauer zur Promenadenanlage steht übrigens direkt auf der alten Stadtmauer, die in diesem bereich die einstige Töpferstraße abgegrenzt hat.


    Wenn man den Innenhof der Stasi betritt kann man nochmal sehr schön das Ausmaß der ganzen Anlage und des ehemaligen Viertels erahnen.



    Hier mal im direkten vergleich die beiden Stadtmodelle von 1823 im Alten Rathaus...


    und dem Stadtmodell im Neuen Rathaus im Zustand von 2005:


    Bilder: Alle selbst gemacht.

    Matthäikirchhof / Klingertreppe

    Hallo zusammen !


    Nach langem interessiertem Durchlesen habe ich mich entschlossen auch ein paar Beiträge zu liefern und hoffe auf gegenseitige angenehme Unterhaltung :).


    Als Einstand möchte ich etwas zur Klingertreppe und nach und nach aus meinen Archiven etwas zum Komplex Matthäikirchhof beisteuern.



    so hätte sie mal aussehen sollen, die Treppe samt Sockel und Wagner



    ist im Bildermuseum zu bewundern: ein Miniaturwagner von Klinger


    Vielleicht erstmal dazu, warum die Treppe überhaupt weg musste:
    Das Gebäude der Feuerversicherungsanstalt ("Runde Ecke") wurde als eines der wenigen intakten Bürogebäude der Innenstadt nach dem Krieg ja gleich von den jeweiligen Geheimdiensten in Anspruch genommen.



    die "runde Ecke" um 1950 von hinten, im Hintergrund die Hauptfeuerwache; aus Herbert Küas: "Das Alte Leipzig"


    Der erste Erweiterungsbau für die Stasi wurde bereits in den 1950er Jahren (wahrscheinlich als erster Büroneubau Leipzigs nach dem Krieg überhaupt) errichtet. Samt Kino und Kegelbahn. Auf der abgeräumten Fläche dieses Stadtteils sollte darüberhinaus ein neues Konzerthaus entstehen, sämtliche Theater und das Gewandhaus waren ja zerstört oder schwer beschädigt.



    links "neues Konzerthaus", daneben 1. Erweiterungsbau des MfS, ganz rechts die "runde Ecke"



    nie realisierter Siegerentwurf für die Umgestaltung des Friedrich-Engels-Platzes; aus "Deutsche Architektur" 1953


    Jetzt passte allerdings so ein öffentliches Gebäude mit Besucherströmen den Geheimniskrämern nebenan überhaupt nicht! Als in den 1970er Jahren klar wurde, dass das Audimax am Karl-Marx-Platz aus Rationalisierungsgründen nur in der Doppelfunktion als Sitz des Gewandhausorchesters realisierbar war, sah die Stasi ihre Stunde gekommen und riß sich das ganze Areal unter den Nagel.



    lange als Standort für das Neuen Gewandhaus samt Tiefgarage favorisiert: der Matthäikirchhof


    Durch die archäologischen Grabungen wusste man im übrigen sehr gut über die einstige Zwingburg bescheit, die Dietrich der Bedrängte hier anstelle der "urbs lipsk" gegen die Stadt errichtet hatte. Und - Ironie der Geschichte - entstand sie hier quasi wieder. (Ironie Teil 2: Die alte Zwingburg wurde von den Leipziger erstürmt, hier entstand ein Franziskanerkloster, später wurde daraus die Matthäikirche).
    Jetzt zur Klingertreppe: Die Mitarbeiter des damaligen BCA (Büro des Chefarchitekten ~ quasi Stadtplanungsamt) und dem AKB (Büro für architekturbezogene Kunst und Denkmalpflege ~ quasi Denkmalbehörde) unternahmen alles mögliche, um diese Treppe zu erhalten. Man war schon soweit gegangen am oberen Ende sogar eine Art antifaschistisches Mahnmal zu planen, nur um die historischen Wegebeziehungen wenigstens auf ideologische Weise irgendwie zu retten.



    Stasi mit "vorbeigelenkten" Besucherströmen


    Das half aber alles nichts. Während einer Bezirkseinsatzleitung (~ quasi Krisensitzung, normalerweise für den "Ernstfall"!) wurde vom Bezirksleiter der SED höchstselbst festgelegt, dass die Treppe zu verschwinden habe. Die Kosten für die Dokumentation und den Aubbau übernahm die Stasi und lies die Treppe zum von nder Denkmalpflege zugewiesenen Lager abtransportieren.



    aus Sicherheitsgründen nicht erwünscht - die Klingertreppe


    Entschuldigung übrigens für die Bildqualität. Ich muss erst noch üben!
    Soweit erstmal. Ich denke, das ist doch recht unbekanntes Material und freut vielleicht den einen oder anderen. Demnächst mehr ...