Beiträge von perspektivraum

    Bei dieser Posse blamiert sich jeder, wo er kann. Die Rundschau illustriert ihren Printartikel (der Link verweist auf den Online-Artikel) mit zwei Renderings der drittplatzierten Auer+Weber. Unter ein Rendering schreibt sie "Der funktionale Sieger-Entwurf des Architekturbüros KSP Engel", unter das andere textet sie: "Der filigrane Entwurf des Architekten Stefan Forster". Die beiden Renderings zeigen, dass der drittplatzierte Entwurf zurecht keine Rolle mehr spielt, aber das wollte die Rundschau eigentlich wohl nicht sagen.

    @ adama:


    Ein Problem dieser ganzen Angelegenheit ist, dass in einem Gutachterverfahren anders als in einem Wettbewerb nach RPW der Intransparenz und der Unfairness Tür und Tor geöffnet sind. Wenn sich das wirklich herausstellen sollte, was man während der Pressekonferenz munkelte, dass nämlich in den Einzelgesprächen zwischen Investor und Architekten den letzteren unterschiedlichen Vorgaben gemacht wurden, was sie denn zu entwerfen hätten, und dann von den Investoren die Ergebnisse genau an den Stellen kritisieren, die sie ja eigentlich vorgegeben haben, dann wird das Ganze zu einer widerlichen Farce. Will sagen: Man zwingt den Architekten zu Fehlern, die man dann nachher kritisiert. Dann kann sich der Investor genau den Architekten raussuchen, den er eigentlich schon immer haben wollte. Und dann verliert ein konkurrierendes Verfahren, was auch ein Gutachterverfahren sein sollte, jeden Sinn.


    Planungsdezernent Cunitz steht im Wort. Das jetzige Ergebnis mit KSP an der Spitze und Forster als Zweiplatzierten sei "die Reihung der Investoren". Das betonte er mehrmals während der Pressekonferenz. Den Wettbewerb erklärte er mit der ersten Runde abgeschlossen, bei der Frage nach den Präferenzen der Stadt, kostete es ihm große Mühe, nicht zu den Plänen von Forster zu schauen. Offensichtlich liegen auch die Präferenzen der schwarz-grünen Koalition auf dem Forster-Entwurf. Und Forster hat auch schlau argumentiert: Der Investor, der von der Lage des Grundstücks mitten in der Stadt profitiert, hätte etwas der Stadt zurückzugeben.


    Zurück zum grundsätzlichen Problem: Die Stadt sollte in Zukunft auch bei privaten Investoren darauf dringen, Verfahren nach den RPW 2008 auszuloben. Diese Richtlinien sind ja nicht einem zufälligen Einfall der Architektenkammern geschuldet, sondern wurden vom Ramsauer-Ministerium - also dem Bundesministerium für Verkehr, Bau etc. - veröffentlicht. Die RPW 2008, die die GRW 1995 abgelöst haben, sind im Vergleich zu ihren Vorgänger auch privaten Investoreninteressen weitaus kompatibler. Natürlich kann - und soll - man auch über fast jedes Ergebnis eines Wettbewerbes nach RPW streiten, allein diese Richtlinien garantieren aber ein einigermaßen faires Verfahren, wo beispielsweise alle Wettbewerbsteilnehmer auf dem gleichen Informationsstand sind. Das war offensichtlich hier nicht der Fall - ebenso wie bei dem Gutachterverfahren um den Henniger Turm.

    Der Bauwelt-Artikel hat des Problems Kern erkannt: Es gibt nicht das "Historische" in einer Stadt sowie es auch keinen "historischen Grundriss", von dem die Auslobung spricht, gibt. Geschichte in einer Stadt heißt immer Geschichten, die von den Bewohnern in verschiedenen Epochen, ihren Träumen, Bedürfnissen und Möglichkeiten erzählen. Das zeigt der Blick auf den Archäologischen Garten: das Historische ist eine Überlagerung von verschiedenen Zeiten, ihre Durchdringung, das Wiederaufleben und das Absterben zur gleichen Zeit. Der geschichtliche Abriß in der Auslobung zum Stadthaus, der von der Geschichte und eben nicht von Geschichten ausgeht, entspricht dem Niveau von Amateurhistorikern. Aber das entspricht schon wieder Frankfurter Tradition.

    Wen, außer den Akteuren selbst, interessiert es groß, wie viele Büroimmobilien in einzelnen Jahren von einem Fonds in den anderen verschoben werden?


    Die Konsequenz ist doch, dass in Frankfurt Gebäude nicht darum gebaut werden, um eine qualitätsvolle Architektur oder gar ein schönes Stadtbild zu bekommen, sondern weil sich an diesen Gebäuden verdienen läßt. Und was interessiert Nutzerfreundlichkeit, Mischnutzung und entsprechend lebendige Quartiere, wenn hohe Renditeerwartungen dahinter stehen?