Baulandbeschluss und die Folgen
Ruhig geworden im Frankfurter Forum, nicht? Für Bewegung sorgen meist neue Projekte, und in dieser Hinsicht war in den letzten Monaten Flaute. Erstaunlicherweise auch und gerade beim zuletzt florierenden Wohnungsbau. Dabei ist der Markt ungeachtet der Pandemie dem Vernehmen nach beinahe so vital wie gewohnt. Doch von neuen Projekten hört man selten. Woran liegt das?
Einen Grund dürfte die Industrie- und Handelskammer Frankfurt ermittelt haben. Sie hat etwa 100 Unternehmen der Bau- und Immobilienwirtschaft zu den Auswirkungen des Baulandbeschlusses befragt.
Das Ergebnis ist erschütternd. Nahezu alle Befragten bewerten die Auswirkungen als negativ. 70 Prozent der Unternehmen, die an der Stichprobe teilgenommen haben, planen vorerst keine neuen Projekte in Frankfurt. Stattdessen wollen sie mehr im Umland entwickeln und bauen. Von 100 befragten Unternehmen haben also 70 nicht die Absicht, auf absehbare Zeit in Frankfurt tätig zu werden!
Mit dem Baulandbeschluss (Info und oben Beiträge #214 bis #225) hat die Stadt demzufolge ein gewaltiges Investitionshemmnis geschaffen. Ein zusätzliches Hemmnis, denn darüber hinaus blockiert der Planungsdezernent den Wohnungsbau, weil er in seiner bisherigen Amtszeit von fast viereinhalb Jahren kaum ein Bebauungsplanverfahren bis zum Satzungsbeschluss durchzusetzen vermochte. Zum daraus folgenden Mangel an Bauland ist mit dem Baulandbeschluss ein Instrument dazu gekommen, das den Bau von freifinanzierten Wohnungen noch mehr behindern wird. Dadurch steigen die ohnehin enorm hohen Preise weiter und der sehr angespannte Wohnungsmarkt wird noch mehr belastet.
Zum Ergebnis ihrer Befragung hat die Industrie- und Handelskammer Frankfurt gestern eine Pressemitteilung herausgegeben. Hier ist sie ungekürzt:
Erstes Meinungsbild aus der Unternehmerschaft - sogenannter Frankfurter Baulandbeschluss erschwert den Wohnungsbau zusätzlich
„Eine erste Umfrage unter Unternehmen der Bau- und
Immobilienwirtschaft verdeutlicht, dass mit dem sogenannten Frankfurter
Baulandbeschluss ein weiteres Investitionshemmnis für die
Privatwirtschaft geschaffen wurde. Das Meinungsbild von in Frankfurt am
Main ansässigen bzw. tätigen Projektentwicklern hat ergeben, dass 95
Prozent der Unternehmen aus der Stichprobe die Vorgaben des Beschlusses
als negativ und 75 Prozent als nicht praxistauglich bewerten“,
kommentiert Ulrich Caspar, Präsident der Industrie- und Handelskammer
Frankfurt am Main, die Ergebnisse. Um einen ersten Eindruck aus der
unternehmerischen Praxis zu erhalten, hatte die IHK Frankfurt rund 100
Unternehmen aus dem Bereich nach ihren Einschätzungen befragt. Mit dem
sogenannten Baulandbeschluss gibt die Stadt vor, 70 Prozent der neu
gebauten Wohnungen nur in mehreren unterschiedlichen eingeschränkten
Formen nutzen zu dürfen.
„Für die Unternehmen bedeutet dieses Instrument nicht nur eine
zusätzliche bürokratische Hürde, sondern auch einen erheblichen
finanziellen Mehraufwand bei der Planung von Wohnprojekten. Das hat zur
Folge, dass 70 Prozent der Unternehmen, die an der Stichprobe
teilgenommen haben, vorerst keine neuen Projekte in Frankfurt planen,
sondern die Tätigkeiten vermehrt ins Umland verlagern möchten. Rund die
Hälfte derjenigen, die ihre Entwicklungen in Frankfurt weiter
vorantreiben, möchte als Konsequenz die geplante Anzahl der
Wohneinheiten unter den Schwellenwert reduzieren, um nicht von den
starren Vorgaben des Beschlusses betroffen zu sein“, so der
IHK-Präsident.
„Wenn der Beschluss in seiner jetzigen Form bestehen bleibt, könnte
er für eine weitere Verteuerung der Mietpreise beziehungsweise einen
weiteren Preisanstieg bei den Kaufpreisen für Eigentumswohnungen sorgen.
Aufgrund der aktuell vorgesehenen Quotenregelung werden Investoren die
daraus resultierenden Einnahmeverluste an anderer Stelle kompensieren
müssen, zum Beispiel über eine Erhöhung der Preise für die
freifinanzierten Wohnungen. Genau damit rechnen jedenfalls die
Unternehmen aus unserer Stichprobe. Die daraus resultierenden erhöhten
Mieten fließen dann wiederum in den Mietspiegel ein und bewirken am Ende
eine weitere Erhöhung des Mietniveaus in Frankfurt. Der aktuelle
Beschluss wirkt daher als ein weiteres Investitionshemmnis und trägt
nicht zum eigentlichen Ziel – der Schaffung von Wohnraum – bei“, so
Caspar weiter.
„Im Gegenteil: Das erste Meinungsbild unter den Unternehmen
bestätigt, dass mit dem sogenannten Baulandbeschluss die Bautätigkeit in
Frankfurt eingeschränkt wird. Dabei ist die Wirtschaft auf den
Wohnungsbau angewiesen, damit die dringend benötigten Fachkräfte
Wohnraum in der Nähe der Arbeitsplätze finden und den Unternehmen
erhalten bleiben. Um den angespannten Wohnungsmarkt in Frankfurt zu
entlasten und die Investitionsbereitschaft anzukurbeln, sollten
Regulierungen abgebaut werden. Wir bieten der Stadt daher erneut an, den
sogenannten Baulandbeschluss im Dialog mit der Wirtschaft inhaltlich zu
überarbeiten, damit tatsächlich ein wirksames Instrument zur
Wohnbauförderung geschaffen werden kann“, kommentiert der IHK-Präsident
abschließend. |
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