Als gebürtiger Rheinländer beginne ich meinen ersten Eintrag im Forum mit einem Beitrag zu Köln. Ich war aus beruflichen Gründen den letzten Monat in der Stadt und sie hat mich wieder mal fasziniert und zugleich abgeschreckt. Fasziniert weil sie so vielfältig und - wenn man sich ein bisschen auskennt - voller großartiger Gebäude ist. Abgeschreckt, weil sie wie kaum eine andere Großstadt in Deutschland (oder auch Europa) hinter ihren Möglichkeiten bleibt. Vielleicht nicht einmal den ernsthaften Versuch unternimmt, die Möglichkeiten zu erkennen. Die unmittelbare Domgegend ist da nur ein herzzerreißendes Beispiel.
Köln ist nicht gewillt, ein wirklichen Schnitt zu wagen. Eine Lösung wie die Domplatte, welche die Turmseite begünstigt und die Ostfassade so stiefmütterlich behandelt, kann keine Lösung sein, denn es gibt keine qualitative Hierarchie zwischen den Gebäudeteilen. Der Dom muss freigestellt werden, in seiner Gänze als außergewöhnliches und allseitig stadtprägendes Bauwerk sichtbar und zugänglich werden. Und um dies zu erreichen, muss die Domplatte verschwinden. Meiner Ansicht nach komplett; das wiederum muss nicht bedeuten, dass an die Stelle der Fußgängerflächen Straßen treten müssen.
Als Neu-Berliner und jemand der in Hamburg und London gelebt hat, frage mich, wieso großartige städtebauliche Entwürfe in Köln so schwer durchsetzbar sind. In Hamburg zum Beispiel werden Häfen verlegt und umgewidmet, in Köln ist dies kaum mit einem Busbahnhof wie am Breslauer Platz möglich. Und wird die Schließung einer relativ unbedeutenden Stichstrasse am wichtigsten Bauwerk der Stadt nicht mal diskutiert.
Auf den ersten Blick wird deutlich, dass die Verkehrssituation das zentrale städtebauliche Problem in Köln ist: Zerschneidung der Innenstadt, schlechter Anschluss der östlichen Stadtteile an das Zentrum, geringe Aufenthaltsqualität auf Straßen und Plätzen sowie die unbefriedigende Situation am Dom. Man kann hier nicht beides haben: Kreuzungsfreien Verkehr sowie optimale Freistellung und ungehinderten Zugang zur Kirche. Köln muss sich entscheiden. Ich meine die Entscheidung sollte für die Kirche ausfallen, denn kreuzungsfreier Verkehr ist kein Wert an sich.
Vielleicht können die Stadtverwaltung und voran die Bürger darüber nachdenken, ob auf die Untertunnelung des Museum Ludwig ganz verzichtet werden kann? Dann entstünde mit dem Rückbau der Untertunnelung auch kein Lärmproblem. Ist diese Straße unbedingt notwendig?
Stellen wir uns einmal vor: Die Straße zwischen Bahnhof und Dom verschwindet, mitsamt den grotesk Mitleid erregenden Betonpilzen und Zementkiosken, ebenso die Tiefgarage zu Füßen der Türme und auch der Tunnel unter dem Museum. Der Raum des Tunnels könnte dem Museum Ludwig zugeschlagen werden. Mit einem neuen oder erweiterten Empfangsgebäude bräuchten die Museumsbesucher auch nicht mehr in den Keller zu gehen, um die großartige Sammlung zu sehen.
Die Lösung des Problems am Dom muss einhergehen mit einer kritischen Analyse der Verkehrssituation in Köln. Dem Überwinden des kölschen Klein-Kleins. Einem großen städteplanerischen Entwurf, der meines Erachtens der industriefinanzierte Speersche 'Masterplan' keineswegs ist. Vielleicht wird dann eine nachhaltig positive Entwicklung der Kölner Innenstadt endlich möglich.