Beiträge von Lipsius

    Falls demnächst mal jemand mit Kamera vorbeikommt: ohne Gerüst präsentieren sich inzwischen die Kurt-Eisner-Straße 19, ebenso die Waldstraße 7 und weitgehend auch die "Villa Elisabeth" (Erich-Zeigner-Allee/Karl-Heine-Straße).

    ...dazu noch ein älteres Bild aus nordöstlicher Richtung, das die lange Brandwand zeigt. Dass dieses Haus fallen würde, überrascht mich weniger.


    Und weil's so schön ist, der direkte Bildvergleich zur Goldschmidtstraße 22.


    Vorher:


    Nachher:


    Bild 1 von Cowboy, Bild 2 von Dave, Bild 3 von Riesz.

    Also ich finde diese Aufstellungen gar nicht uninteressant. Man kann da durchaus einige Tendenzen ablesen. Die letzten Refugien an unsaniertem aber trotzdem bewohnbaren und der Gesundheit nicht komplett abträglichen Wohnraum werden zumindest im inneren Stadtbereich nach und nach verschwinden. Das kann man auch schade finden. Für viele vor einigen Jahren nach abgeschriebene Straßenzüge scheint sich aber eine späte Wiederbelebung anzubahnen, aus rein marktwirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten. Um so schmerzhafter sind die unnötigen Verluste der letzten Jahre, besonders die von öffentlicher Hand forcierten. Auch die LWB als kommunales Unternehmen war da nicht immer vorbildlich.

    Kein guter Tag für Leipzig. Eigentlich auch schon alles gesagt. Insgesamt findet sich bestätigt, was man von Anfang an befürchten musste: vieles womit der Investor letztlich den Stadtrat in einer knappen Entscheidung auf seine Seite gezogen hat, wurde nach und nach fallengelassen, ging nicht oder wurde still und heimlich aus den Plänen gestrichen. Weder zeigen die Höfe eine urbane oder irgendwie hofartige Atmosphäre (genug Beispiele zum Abgucken hätte man wenige Schritte entfernt gefunden), noch knüpfen sie an das Passagensystem an, noch wurde der Eindruck oder wenigstens die Illusion einer Kleinteiligkeit erzeugt. Ich finde, man nimmt eine blockhafte bauliche Einheit in mit dem Umfeld völlig unverträglicher Dimensionierung sehr wohl und ganz unmittelbar wahr. Dazu trägt die unsinnige Wiederholung der Fassadenversatzstücke bei, die zugegebenermaßen sehr unterschiedlicher Qualität sind, von passabel (Lamellen) bis unterirdisch. Die bedruckten Glasfassaden überzeugen mich nicht, das ist weder Fisch noch Fleisch, keine eingeständige Idee, auch kein würdiges Anknüpfen an Bau- oder Kulturtraditionen (Geburtshaus Wagner etc.). Der Kindergarten ist bekanntlich gestrichen worden, weil es -ganz überraschend- im weiteren Planungsverfahren offensichtlich wurde, dass die gesetzlichen Vorgaben nicht eingehalten werden können, z.B. der Zugang zu einem Außenspielbereich. Darüber habe ich mich schon immer gewundert. Der Eindruck bewusster Manipulation entsteht. Entsprechend gab es heute eine kleine Demonstration frustrierter Eltern in der Dauerkitaplatzsuchschleife vor Ort. Die versteckte Originalfassade als "erlebbar" zu titulieren, ist schon wirklich ein Hohn! Die Lehre für unsere politischen Interessensvertreter kann nur sein, sich nicht das nächste Mal wieder über den Tisch ziehen zu lassen (wie ja auch bei diversen Kauflandprojekten geschehen). Klare unumschiffbare vertragliche Regelungen für jedes vereinbarte Detail! Ich hoffe tatsächlich nur, dass sich die Grundstückpreise und die Nachfrage nach hochwertiger Büro/Einzelhandelsfläche in den nächsten 20 Jahren so entwickelt, dass sich ein Abriss und eine ortsangemessene Neubebauung rentieren.

    Villa Kösser

    Während die Lasalle Parkvillen in ebendieser Straße emporwachsen, scheint der Stumpf des gründerzeitlichen, zuvor (wie der übrige Block) freistehenden Gebäudes nebenan in der Hauptmannstraße 4, der durch ganz unproportionierte Umbauten nach kriegsbedingtem Verlust der Dachzone und des Obergeschosses verunstaltet wurde und in dem zuletzt ein Copyshop residierte, entkernt worden zu sein, die Fassade wurde abgestützt und wird offenkundig erhalten. Im Internet habe ich dieses Projekt gefunden: PDF. Kurz die Fakten: 1883-85 errichtete Villa, 1906 von Theodor Kösser umgebaut. Laut PDF entstehen großzügig bemessene Wohnungen zu ebenfalls großzügigen 400.000 bis weit über eine Million Euro Anschaffungskosten. Bezugsfertigkeit war bereits für September 2012 geplant, das wird wohl nichts mehr. Ich hoffe, es handelt sich trotzdem um das verlinkte Projekt, abgesehen von vereinfachten Gauben scheint es eine weitgehende Rekonstruktion der Gebäudehülle zu werden. Hier noch mal ein älteres Bild vom (ehemaligen?) Forumuser Leipziger, das die martialisch eingefügten Fensterformate und das Notdach zeigen, die ursprünglichen Konturen sind nichtsdestotrotz gut zu erkennen:


    Ich hatte es schon immer irgendwie geahnt, heimlich still und leise wurden die völlig verwitterten Löwenskulpturen vor der Villa Berg aka Villa Angerbrücke nach alten Abbildungen von einem Steinmetz neu geschaffen, statt wie ursprünglich aus Kalkstein nunmehr aus Sandstein. Jetzt wurden sie wieder aufgestellt.


    Quelle: LVZ

    Da kommt tatsächlich Freude auf, im Osten schlummert noch so manche Perle. Hier noch mal eine Vorher-Aufnahme von dem gezeigten Eckhaus Oststraße/Albert-Schweitzer-Straße:



    Photo von mir.

    In der Rosentalgasse 14 sind leider die charaktervollen hölzernen Wintergärten für (zukünftige) Balkone geopfert worden. Weiter ohne Bilder. Solide aber unspektakulär saniert ist die Niederkirchner Straße 4, von der vor einiger Zeit hier mal die Rede war. Auch eines der letzen unsanierten Gebäude in der Industriestraße (wahrscheinlich Nr. 11) wurde eingerüstet, das Gebäude war bisher vermietet. Die Villa Frosch (Karl-Heine-Straße) ist inzwischen schon weitgehend fertiggestellt. Am Diakonissenhaus/Pfarramt Dittrichring wurde der Giebel enthüllt. Bald wird dieses phantastische Ensemble des 1. Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts wieder voll zur Geltung kommen.

    Sehr wohl gibt es Neuigkeiten, bzw. zumindest neue Beobachtungen: an den oben zu sehenden Pfeilern steht seit heute ein Gerüst, was meines Erachtens nur bedeuten kann, dass demnächst die Kopien der Barock-Plastiken aufgestellt werden.

    ^Die Fassade des Wohnheims ist hervorragend gearbeitet, bis zu den Zahnleisten der Gauben. Wirklich schön! Interessant auch die unterschiedliche Rhythmisierung der beiden Flanken bei gleicher Anzahl von Fensterachsen. Links hätte die Symmetrie ja eigentlich gefordert, dass die zweit- (doppelte) und die drittäußere (einfache) Gaube ihre Plätze tauschen, ich finde aber die Wirkung so wie sie ist, gut.

    Ich glaube gar nicht, dass das öffentliche Genehmigungsinstrumentarium solche Blockinnenverdichtung untersagen kann. Insofern hat man das zu akzeptieren. Wer unbedingt so wohnen möchte, bitteschön. Meine Meinung ist, dass ein vollständig freigeräumter Innenbereich mit ansprechender Begrünung und Gestaltung den Wohnwert der umgebenden Gebäude um mindestens 100 % erhöht. Allerdings würde das erstens eine Abstimmung und gemeinsame Investition aller Hauseigentümer ringsrum erfordern und zweitens Qualität gegen Quantität wichten, was sich leider (in einer kurzfristigen Analyse) meist nicht zu rechnen scheint. Mich stören aber Stadthäuser, die einen ganzen Straßenzug verschandeln, auch weitaus mehr als das hier.

    An der Ecke K.-Kollwitz-Straße/Thomasiusstraße komme ich oft vorbei und habe mich auch schon desöfteren gefragt, wie die völlig ausgefransten Raumkanten ab hier westlich jemals geschlossen werden. Im Moment sieht es ja ganz gut aus. Da die Kollwitzstraße sehr laut ist, habe ich einer Wohnnutzung wenig Chancen eingeräumt. Der Entwurf ist angesichts dessen, was man heutzutage erwarten darf, soweit ganz gut. Ich sehe auch den Bedarf für einen Konsum an der Stelle (näher als Norma ist vermutlich der ALDI in der Elsterstraße). Schön, dass sich dann die belebte Zone mit gelegentlichen Passantenverkehr von der Gottschedstraße aus weiter ausdehnen dürfte. Einiges an Einzelhandel gibt es schon in diesem Bereich, einen Bäcker im Eckgebäude K.-K. 14, das letztes Jahr saniert wurde, ein Reisebüro und zwei Schritt weiter die Sinfonie, auf der anderen Straßenseite einen kleinen Blumenladen, den von Dave erwähnten Spätverkauf und die Fußballkneipe. Eine vernünftige Fußgängerquerung ist dann aber mal fällig, entweder an dieser Kreuzung oder an der folgenden mit der Gottschedstraße.

    Auffallend hohe Geschosse, so dass die Rasterung fast dem Gründerzeitler rechts daneben entspricht. Auch die unterteilten Fenster in stehendem Format machen sich gut. Einfach, aber könnte mit einem gesimsartigen Abschluss an der Traufkante und einer etwas freundlicheren Farbgebung im Erdgeschoss insgesamt richtig gut aussehen.

    Naja, die Größenordnung, dass gleich der Eindruck einer "sterbenden Stadt" entsteht, ist meines Erachtens sowieso nicht zu fürchten. Selbst wenn nach Leipzig auf einen Schlag 20.000 Rentner zuziehen würden, Wohnraum für die gäbe es ohne Weiteres, dann würde die Sterbezahl auch nur moderat um ein paar hundert im Jahr, und auch erst in zehn bis zwanzig Jahren, ansteigen, denn die mobilen Rentner sind die jüngeren nahe am Renteneintrittsalter. Wer heute 70 ist, hat eine statistische Restlebenserwartung von ca. 15 Jahren, das ist schon auch die nähere und mittlere Zukunft. 15 Jahre in denen Miete, Brötchen, Friseur, Operkarten, später vielleicht ein Pflegedienst bezahlt werden. Das ist auf jeden Fall ein Wirtschaftsfaktor. Von weniger Rentnern steigen die Geburtenzahlen auch nicht (zumindest nicht absolut).

    Die Villa Schröder ist ja wirklich eine Augenweide. Ich freue mich auf die ersten Gesamtansichten ohne Gerüste und in scharf (nichts für ungut). Oder darauf, sie bei Sonne selbst in Augenschein zu nehmen. Manchmal spielt sich hier in Leipzig ein Krimi ab, der kaum spannender sein könnte. Um ein Haar wären die Villen Schröder und Keil für alle Zeiten verloren gewesen. In letzter Zeit gab es oft dieses gute Ende im letzten Moment, leider hin und wieder auch nicht. Eine weitere Ausdünnung der alten Bausubstanz in der eigentlich mittlerweile konsolidierten Nordvorstadt, ich beziehe mich auf den Abriss in der Pinkertstraße, ist wirtschaftlich unverständlich, aber wahrscheinlich war das Gebäude sehr marode.