Hallo Bayer,
es ist doch schön, wenn sich auch einmal die Nachbarn aus dem Freistaat zu Wort melden.
Naja mangelndes städtisches Selbstbewusstsein (was ist eigentlich so schlimm daran "Provinz" zu sein und kein Moloch?...die Phobie davor kann ich nicht verstehen, Manhattan ist nicht der universelle urbane Maßstab!) kann man nicht durch Großprojekte heilen.
Man muss sich nicht immer gleich mit Manhattan vergleichen, es gibt auch andere Metropolregionen, wie zum Beispiel München oder Frankfurt. Schlimm finde ich eher wenn man zwar de facto Metropolregion ist, sich aber vor dieser Erkenntnis und von der damit verbundenen Verantwortung für die Region herumdrückt. Und genau das ist in Stuttgart meines Erachtens der Fall. Stuttgart ist der treibende Motor für die Region und eben nicht mehr die kleine putzige Provinzstadt. Dazu gehört dann aber auch Raum für moderne Architektur, Infrastruktur und die Bereitschaft, in kultureller Entwicklung die treibende Kraft der Region zu sein.
Als Ortsfremder würde ich sagen Stuttgarts Reiz ist die hügelige Topographie und kleinteilige Bebauung. Gewachsene Strukturen zu zerschlagen ist da zumindest immer diskussionswürdig, eine Stadt braucht sowas wie einen "genius loci". Im 20. Jahrhundert wurde weltweit vielfach mit gutgemeinten "Stadterneuerungsprojekten" dieser genius loci zerstört und diese Städte wurden zu - durchaus oft wirtschaftlich prosperierenden - gesichtslosen Durchgangsstationen im Leben ihrer Bewohner.
Aber genau das ist doch der Vorteil von Stuttgart 21. Es wird keine gewachsene Struktur zerschlagen, der Bahnhof bleibt an der alten Stelle. Es fallen ganze vier Häuser an wenig exponierter Stelle und von minderer architektonischer Bedeutung dem Bau zum Opfer. Ein Problem von Stuttgart ist eben die topographische Lage. Im stadtnahen Bereich fehlen Grundstücke, die erst durch S21 zur Verfügung gestellt werden können, das ist ja auch der Grund für die dichte Blockrandbebauung mit wenig Grünflächen in Stuttgart.
Gegen Stuttgart 21 spricht natürlich das selbe was gegen den münchner Transrapid sprach - aber auch gegen den neuen berliner Hauptbahnhof der ja doch gebaut wurde. So wirklich dringend gebraucht hat man keines dieser Projekte und sie haben knappes Steuergeld gebunden was in der Fläche verhältnismäßig besser angelegt wäre da schlicht mehr Gemeinden und Bürger davon profitieren würden. Stuttgart ist bereits recht gut mit Schienenverkehr versorgt, während sich die Bahn in der Fläche sogar aus dem Regionalverkehr zurückzieht. Diesen Zusammenhang kann man nicht wegdiskutieren indem man Sinn/Unsinn von Stuttgart 21 erörtert.
Zunächst stimmt die Behauptung nicht, dass Steuergeld in der Fläche besser angelegt sei. Deutschland ist kein Agrarstaat, die allermeisten Menschen wohnen und arbeiten in Metropolregionen, und darum ist das Geld dort am besten angelegt. Stuttgart ist auch nur in Richtung Westen gut an den Schienenfernverkehr angeschlossen, die Verbindungen Richtung Zürich, Nürnberg, Tübingen und München sind mehr als unzureichend.
Zitat von fehlplanerErste überlegungen zu einen Betriebskonzept 2020 von Seiten des Planungsbüros SMA sollen zu den Ergebniss gekommen sein das der Fahrplan "anspruchsvoll aber fahrbahr" wäre.
Wo sind denn diese angeblich so trassenverhindernden Verbindungen?
Zitat von fehlplanerHier sollte man auch bedenken das jetzt z.B. das SNCF Tochterunternehmen Koelis mit ehmaligen Corail Wagen (ähnlich unserer IC Wagen) in Deutschland die Bahn angreifen will.
Auf dieser Basis könnte man ja Tunnel ganz verbieten, denn es könnte ja ein Anbieter auf die Idee kommen mit Dampfzügen fahren zu wollen. Im Ernst, dann wird den Unternehmen halt verboten, mit 50 Jahre alter Technik in den Hbf. einzufahren. Ich bin mir ohnehin nicht sicher, ob die Corail - Züge in Deutschland genehmigungsfähig sind, schließlich besitzen sie noch Plumpsklos.
Zitat von fehlplanerDie Stationen liegen höher als der Streckentunnel, u.a. auch um eben Energie einzusparen.
Tolle Sache, kann man leider nur in wenigen Fällen umsetzen. Speziell in Stuttgart würde dies bedeuten, dass man einen riesigen Viadukt über das Stuttgarter Tal bauen müsste.
Zitat von fehlplanerDer Filderbahnhof ist einfach kaum mit den ÖV zu erreichen.
Der Filderbahnhof hat Anschluss zur S - Bahn Richtung Filderstadt und Richtung Vaihingen. Ferner wird es einen Anschluss Richtung Sindelfingen / Böblingen und Regionalzüge Richtung Tübingen geben. Darüberhinaus gibt es jetzt schon Buslinien in Richtung Plieningen únd Umgebung. Ferner gibt es kaum einen Bahnhof in Deutschland, der mit dem Auto besser zu erreichen ist. Denn nicht jeder Bahnfahrer beginnt seine Fahrt mit dem ÖPNV.
Zitat von EsslingerEs gibt mit Sicherheit auch schönere, pitoreskere oder interessantere Städte als Stuttgart. . . hier suche - zumindest ich als Schwabe - in Deutschland vergebens, wenn es um Städte zwischen 500.000 und 750.000 Einwohner geht.
Die Einschränkung 500-750000 Einwohner ist ja auch recht willkürlich, ich hatte eher allgemein an Großstädte gedacht. Aber bitte:
Pitoresker: Erfurt, dynamischer: Berlin, architektonisch vielfältiger: Frankfurt.
Und nicht zuletzt: Es geht hier um 4 Mrd Eur über zehn Jahre, das sind 400 Mio. Euro pro Jahr. Das ist zwar viel, aber so viel ist das auch nicht, vergllichen mit anderen Projekten
Holger