@ hedges
Für Ihre Offenheit ist Ihnen zu danken. Denn Sie führen aus, daß es, wie von Ihnen zunächst behauptet, natürlich keine „logistischen Gründe“ gibt, welche die Anbringung beispielsweise von aus der Universitätskirche vor ihrer Sprengung geborgenen Grabtafeln bedeutender Gelehrter verhindern würde, sondern daß dafür ideologische Gründe ins Feld geführt werden.
Dabei verkennen Sie ganz offensichtlich unter anderem, daß es sich bei den besagten Grabplatten, die sogar zu Zeiten der DDR-Diktatur bei Wind und Wetter im KMU-Innenhof präsentiert worden sind, primär um keine kirchlichen Gegenstände handelt. Sie waren in aller Regel jenen Medizinern, Juristen, Theologen u.a. gewidmet, die sich um die Universität in hohem Maße verdient gemacht hatten und die in der Universitätskirche – also, was den Hauptraum betrifft, exakt jenem Bereich, welches jetzt für die Wiederaufstellung nicht vorgesehen ist -, bestattet lagen bis ihre Gräber in den letzten Maitagen des Jahres 1968 geschändet worden sind.
Ein anderes: Was Sie möglicherweise bisher noch nicht oder zumindest nicht ausreichend bedacht haben werden, ist der Umstand, daß – ausgehend von der gleichberechtigten Nutzung als Aula und als Kirche – mitunter der gesamte Raum als Kirche genutzt werden wird. Dies hängt natürlich davon ab, wie viele Universitätsangehörige und Gäste diese Veranstaltungen besuchen werden. Aber Sie können davon ausgehen, daß die Plätze im Chorraum sehr oft nicht ausreichen werden.
Sie werden sich davon überzeugen können: Nicht nur beim ersten Universitätsgottesdienst seit 41 Jahren am historischen Ort werden sogar die gesamten Plätze im Chorraum u n d Kirchenschiff nicht ausreichen, um all jene aufzunehmen, die dabeisein wollen.
Wenn Sie schließlich schreiben: „da die kirche weder eine einzigartigkeit war“, dann kann ich nur bedauern, daß Sie in Ihrem bisherigen Leben auf keine Menschen getroffen sind, die Ihnen hätten verdeutlicht, was es bedeutet, einer Kirche, in der Johann Sebastian Bach musizierte, Martin Luther predigte, Felix Mendelssohn Bartholdy Oratorien aufführte und als Toter aufgebahrt lag, in der Max Reger die Orgel spielte, die die erste evangelische Universitätskirche auf deutschem Boden war und in der seit 1710 Sonntag für Sonntag sich die Universitätsgemeinde zum Universitätsgottesdienst versammelte, in der über Jahrhunderte die bedeutendsten Universitätsangehörigen bestattet wurden, angefangen beim ersten Rektor Otto von Münsterberg über Gottsched mit seiner Gottschedin bis hin zu Gellert und in der noch im 20. Jahrhundert verschiedene Nobelpreisträger Reden hielten, die E i n z i g a r t i g k e i t absprechen zu wollen. Einer Kirche, die nicht nur eines der eindrucksvollsten Zeugnisse sächsischer Baukultur war und von allen Leipziger Kirchen bekanntlich die mit Abstand reichste und wertvollste Ausstattung besaß, sondern zugleich auch noch in ihrer barbarischen Vernichtung auf tragische Art und Weise zu einem Sinnbild sinnloser Zerstörung in Friedenszeiten wurde.
Vielleicht treffen Sie in Ihrem Leben ja noch auf solche Menschen.
Es würde mich, ehrlich gesagt, freuen.