Für mich das schönste Rekonstruktions-Projekt in Dresden, weil hier so wie es aussieht in Bezug auf Bauweise und Material weitgehend vorbildgetreu gearbeitet wird.
*Vorbildgetreu* - Das ist in der Tat so.
Der Verkauf dieser (landeseigenen) Immobilie erfolgte unter hohen, vertraglich fixierten Auflagen, die man wie folgt zusammenfassen kann:
1. Denkmalgerechte Wiederherstellung des äußeren Erscheinungsbildes;
2. Denkmalgerechte Wiederherstellung der wichtigsten historischen Innenarchitekturen.
Dass man mit Fritz Reimann und seiner „USD“ einen – im Hinblick auf den Aspekt *denkmalgerecht* - sehr aufgeschlossenen Investor gefunden hat, steht natürlich außer Frage. Aber entscheidend war eben auch die Einstellung des „Verkäufers“, die zu so einer Vertragsgestaltung geführt hat. „Souffliert“ wurde den Herrschaften im Finanzministerium dabei von den wackeren Recken im Dresdner Denkmalpflegeamt.
Der Verkaufspreis betrug 1,65 Millionen Mark, was deutlich unter der Summe für das damals zeitnah verkaufte Coselpalais lag (ca. acht Millionen Mark). Als Grund dafür wurde von offizieller Seite angegeben, dass das Kurländer Palais eine andere Struktur habe, große Bereiche wie beispielsweise lange Flure seien nur schwer nutzbar. Die Wiederaufbaukosten wurden mit reichlich 20 Millionen Mark beziffert (damaliger Stand). Die Vertragsunterzeichnung erfolgte übrigens schon Ende 1998. Aus verschiedenen Gründen verzögerte sich der Baubeginn allerdings immer wieder. Im Jahr 2002 (der Baustart stand kurz bevor) kam zum Beispiel das Hochwasserereignis „dazwischen“, in dessen Folge Umplanungen erforderlich wurden. Bis dahin hatte man nämlich wesentliche Teile der Versorgungseinrichtungen im Keller vorgesehen, das wurde nach dem „Aha-Erlebnis Jahrhundertflut“ geändert. Außerdem sprangen zwei relevante Mieter ab – die hatten wohl im übertragenen Sinne „nasse Füße“ bekommen.
Das Kurländer Palais ist nicht irgendein historisches Bauwerk, es galt vor dem 13. Februar 1945 als das schönste Rokoko-Palais Dresdens. Nicht zuletzt deshalb, weil hier in großem Umfang herausragende Innenarchitekturen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ziemlich unverfälscht erhalten geblieben waren.
Das mag mit dazu beigetragen haben, dass der Wiederaufbau bereits ab dem Jahr 1951 „beschlossene Sache“ war. Es scheint also nicht zu den Zitterkandidaten der Dresdner Kriegsruinen gehört zu haben, um deren Erhalt (für einen späteren Wiederaufbau) viele Jahre gekämpft werden musste. Und es gibt einen weiteren Grund. Laut Aussage von Gerhard Glaser, damals Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege, ist das Kurländer Palais neben Residenzschloss und Frauenkirche das am besten dokumentierte Gebäude Dresdens. Sogar die Schablonen, mit denen die Stuckateure und Tischler im 18. Jahrhundert gearbeitet haben, seien noch vorhanden.
Dass es durch die lange DDR-Zeit nicht zu einem Wiederaufbau kam, lag also offenbar nicht am Nicht-Wollen, sondern am Nicht-Können. Und damit meine ich keinesfalls Know-how-Defizite (man denke an die Semperoper), sondern die mangelnde Wirtschaftskraft.
Welche historischen Innenräume sind nun also im Zuge des Wiederaufbaus zu erwarten? Explizit in der Presse genannt wurden:
- der berühmte Festsaal,
- die 3 Gartensäle,
- die Eingangshalle,
- das Haupttreppenhaus,
- das Krubsacius-Treppenhaus im Nordflügel.
Im *Gurlitt, 1901* werden 2 weitere Räume mit historischen Innenarchitekturen aufgeführt: Das „Balconzimmer“ und der Gobelinsaal. Das Balkonzimmer besaß die 3 Fenster im Bereich des Balkons an der Straßenseite des Hauptgebäudes:
http://fotothek.slub-dresden.d…df_0110001/df_0113712.jpg
Hier war aber schon um 1900 die ehemalige Rokoko-Ausstattung nur noch in Teilen erhalten. Kein Thema also für eine Reko. Östlich des *Balconzimmers* befand sich der Gobelinsaal, ein bis zur Bombennacht nahezu originalgetreu erhaltener Rokoko-Raum, der übrigens sehr gut dokumentiert sein soll. Ich vermute, dass man diesen Saal nicht rekonstruieren kann, weil die Gobelins, letztlich das dominierende Ausstattungselement, verbrannt sind. Das wäre zumindest die Analogie zu den diversen Gobelinsälen im Residenzschloss.
Zu den anderen Räumen, den Reko-Kandidaten.
Da wäre zunächst der Rokoko-Festsaal (1. OG des Hauptgebäudes), der sich mit seiner Länge von 27 Meter über die gesamte Gebäudetiefe erstreckt. Höhe und Breite betragen jeweils 8,50 Meter. Er besitzt 5 große Bogenfenster zum Garten zu und an der gleichen Seite einen vorgelagerten Altan:
http://fotothek.slub-dresden.d…df_0110001/df_0116426.jpg
Und hier eine historische Innenansicht (Blick auf die östliche Schmalseite, das ist die an der Rückfront des Palais):
http://fotothek.slub-dresden.d…df_0170001/df_0179592.jpg
Die Wände des Festsaales waren mit weiß lackierter Holztäfelung und reichen Blattgold-Verzierungen gestaltet.
Noch ein fast anrührendes Detail bezüglich der Reko-Grundlagen. Der Festsaal besaß nämlich drei imposante Kronleuchter. Bei den neueren Aufräumungsarbeiten fand man unerwartet drei Eimer mit Resten eben dieser Kronleuchter, die man nun als Vorlage für den „Nachbau“ verwenden kann. Da hatte offenbar jemand bei der Enttrümmerung nach dem Krieg akribisch die Reste gesichert.
Unterhalb des Festsaales, also im Erdgeschoss, befinden sich die drei Gartensäle (ähnliche Breite, aber die Länge eben unterteilt in drei Räume. Im Löffler ist der mittlere abgebildet (im Netz habe ich leider nichts gefunden).
Im Garten (gelegen im Innenhof unmittelbar südlich des Hauptgebäudes) brachten die archäologischen Untersuchungen im Jahr 2000 zahlreiche Reste der einstigen Bewässerungstechnik zu Tage. Diese Elemente will man ebenfalls rekonstruieren (Wasserspiele).
Zur Vorhalle, bzw. Hauptfoyer. Diese Halle betrat man durch den Haupteingang unterhalb des Balkons. Hier ist eine historische Ansicht (Blick in Richtung Westen, also in Richtung Eingangstür):
http://fotothek.slub-dresden.d…df_0110001/df_0116429.jpg
Von der Eingangshalle aus ging es linkerhand in das Haupttreppenhaus (im voran stehend verlinkten Bild ist das die Tür rechts). Von diesem Treppenhaus gibt es eine interessante Fotoaufnahme von 1949, man beachte das erstaunlicherweise unversehrt gebliebene Relief (an der Trennmauer zum *Balconzimmer*):
http://fotothek.slub-dresden.d…df_0310001/df_0314797.jpg
Diese Mauer wurde irgendwann in den 1950er Jahren (vermutlich aus Sicherheitsgründen) abgetragen – wie so manche andere Mauer des Palais, die unmittelbar nach dem Krieg noch stand. Da dass mit sehr großer Wahrscheinlichkeit unter Aufsicht und Anleitung der Denkmlapfleger erfolgte, dürfte das Relief sicher noch existieren und auf seinen Wiedereinbau warten.
Ansonsten wäre noch zu erwähnen, dass im Keller imposante Tonnengewölbe überlebt haben, über viele Jahre residierte hier der Jazz-Klub „Tonne“. Aus einem Zeitungsartikel war zu erfahren, dass in den Kellern der Boden um ca. 1 m abgesenkt und so auf das historische Maß gebracht wird.