Bevor ich auf diverse Abbildungen aus dem Beitrag von Elli eingehe, möchte ich erst einmal darlegen, wie sich der Stand der Beauftragungen zur Rekonstruktion der Renaissancedecke der Gewehrgalerie aktuell darstellt. Zur Einstimmung zunächst die offizielle Visualisierung des Raumes Das folgende Bild war Anhang einer Pressemitteilung des Sächsischen Finanzministeriums vom 27. Juni 2017. Aufgrund der unter der Abbildung stehenden Angabe „Das Bild ist rechtefrei verwendbar“, darf man es hier wohl einbinden:
Und nun in zeitlicher Abfolge die bereits abgeschlossenen, vergebenen bzw. ausgeschriebenen Leistungen (wie gesagt für das Gesamtpaket *Rekonstruktion Kassettendecke*):
1. Photogrammetrische Auswertungen historischer Aufnahmen
Der Auftrag wurde bis 2015 durch eine Leipziger Fachfirma realisiert (Fokus GmbH Leipzig). Dabei erfolgte eine digitale Bearbeitung („Entzerrung“) der historischen Farbfotografien, die in den letzten Kriegsjahren speziell zur Dokumentation erstellt worden waren.
2. Tischlerarbeiten: Herstellung der Kassettentafeln
Abmessungen: ca. 183 x 133 cm aus 3-Schichten-Platte; Dicke 19 mm
aus Tannenholz, Klasse A, astfrei ohne Oberflächenbearbeitung
Es sind übrigens 84 Stück (je 2 Kassetten in der Querrichtung).
3. Dekorationsmalerei Kassettenplatten für späteren Einbau
Die Vergabe erfolgte in 5 Losen (an 5 verschiedene Künstler).
4. Tischlerarbeiten - Rekonstruktion Holzkassettendecke
Dieser erst vor kurzem vergebene Auftrag beinhaltet die Herstellung der Holzdecke, d. h. alle diesbezüglichen Tischlerarbeiten außer den Kassettenplatten (die werden fertig bemalt eingebaut) und wohl auch außer den so genannten *Großen Zapfen* und den Kleindekorteilen.
Den Zuschlag erhielt die Firma, die bereits die Holzdecke für den Kleinen Ballsaal gefertigt hat, hier ein Referenzfoto davon:
https://www.tischlerei-engelst…ages/cache_2470541093.jpg
Wichtig erscheint mir noch die Angabe, dass in situ zunächst eine Musterachse (über 2 Fensterachsen) hergestellt wird, anhand der eine endgültige Lösung zur Farbgestaltung für Wand, Decke und Boden erarbeitet werden soll.
5. Bemalung Kassettendecke
Das beinhaltet alle diesbezüglichen Arbeiten der Dekorationsmalerei für die Decke mit Ausnahme der Kassettenplatten. Während die Bemalung der Kassettenplatten also unter Atelierbedingungen erfolgt, werden die übrigen Teile der Decke vor Ort bemalt. Es sind 3 Lose ausgeschrieben:
Bildquelle: SIB, Ausschreibungsunterlagen
Zu Los 3 gehört zum Beispiel dieses Beschlagornament:
Bildquelle: SIB, Ausschreibungsunterlagen
Betrachten wir mit diesem Hintergrund nun mal die – auch meiner Meinung nach *investigativen* - Fotos von Elli. Anhand der voran stehenden Aufsplittung dürfte jetzt klar sein, was in der Gotischen Halle passiert – nämlich die unter Punkt 3 genannte Dekorationsmalerei der danach fertig einzubauenden Kassettenplatten, und zwar unter Atelierbedingungen. Es wäre wohl auch schwer vorstellbar, dass so eine künstlerisch sehr anspruchsvolle und sehr umfängliche Arbeit in Überkopfhaltung ausgeführt wird (also erst Kassettenplatten einbauen und danach bemalen).
Zum ersten Detailbild (Ausschnitt aus Ellis Foto):
Man sieht hier eine der Kassettenplatten, als 1:1-Plot. In der Ecke rechts oben ist der Firmenaufdruck zu lesen: Fokus GmbH Leipzig. Warum die Künstler überhaupt mit sw-Bildern arbeiten, könnte ich mir so erklären. So ein riesiger Farbplot (als 1:1-Bild fast 2 m lang) ist ja sicher nicht gerade billig. Vor allem wenn man das mal hochrechnet auf insgesamt 84 Kassetten. In der Anfangsphase, also wenn die Konturierung des Bildes entsteht, reicht vermutlich erst einmal ein sw-Druck. Denn wenn mal davon zig-mal einzelne Maße abgegriffen hat, ist das Teil vermutlich ziemlich lädiert und damit als Vorlage für die spätere Farbgestaltung nicht mehr (ohne Aussagen-Lücken) verwendbar.
Für den Frauenkopf in der Mitte der betreffenden Kassette wurde auch schon ein farbiger Plotauszug erstellt (Ausschnitt aus Ellis Foto):
Zum Vergleich ist hier die historische Aufnahme zu sehen (man beachte die Kassette rechts unten); leider nur sw und leider „auf dem Kopf stehend“. Dieses Foto aus der fotothek kann übrigens stark vergrößert werden, nach dem Öffnen des Links einfach auf das Bild klicken.
http://fotothek.slub-dresden.d…_hauptkatalog_0140035.jpg
Das nächste Bild (gleichermaßen aus einem größeren Foto von Elli ausgeschnitten) zeigt ebenfalls einen farbigen Teilplot für eine Kassettenplatte, dargestellt ist ein in der Mitte der betreffenden Kassette angeordneter Kriegerkopf.
Das Gesamtbild der zugehörigen Kassette sieht man in dieser historischen Aufnahme aus dem Farbdiaarchiv (dort wie folgt untertitelt: „Kassettenfeld mit Rollwerk um ein Bildnismedaillon eines Kriegers, in den Ecken groteske Vögel und Pferde“):
http://digilib.zikg.eu/servlet…4/FMLAC8848_30&dw=500&dh=
Großes Rätselraten erzeugte bei mir das Bild hier, an dem der Künstler gerade arbeitet:
Es ist ja noch nicht viel zu erkennen, aber von den Konturen her erinnert mich das an die Lünetten der Fenster (wobei die bogenförmige Malerei, die Zwickel und der darüber befindliche Streifen im Original jeweils auf versetzten Flächen liegen würden).
http://fotothek.slub-dresden.d…0004000/df_wm_0004953.jpg
Andererseits habe ich bislang noch nichts darüber in Erfahrung bringen können, in welchem Umfang auch die Wandmalereien der Gewehrgalerie rekonstruiert werden sollen. Sicher ist allerdings, dass der hinterste Teil der Gewehrgalerie (angrenzend ans Johanneum) weitgehend vollständig wiederherstellt wird (ich glaube über 3 Fensterachsen). Das folgende Bild stammt aus einer Ausschreibung des SIB.
Man sieht dort eines der Medaillons in den Fensterlaibungen (dargestellt ist ein Kriegerkopf). In der eingangs des Beitrags gezeigten Visualisierung fehlen diese Bildnisse.