Beiträge von OriginalScore

    Also hat auch der ADAC utopische Weihnachtswünsche. Wie das kleine Kind, dass sich eine elektrische Autorennbahn im gesamten Kinderzimmer wünscht :) Die Realisierungschancen sind aber absolut minimal, denke ich. Eher wird Unter den Linden ab Staatsoper in ähnlicher Weise neu gestaltet wie am Bebelplatz, also neue Straßenbeläge und Bürgersteige in hochwertiger Ausführung. Für den Lustgartenbereich könnte man sich ja noch einen Mittelstreifen wie Unter den Linden vorstellen, Platz gegug ist ja vorhanden.

    Deine Ideen finde ich fantastisch, muss ich zugeben :) Die wirklich sehr leichten Modifikationen haben umso größere Effekte. Zwei Sachen würde ich allerdings zu bedenken geben:
    - Die hauptsächliche Erschließung vom Kuppelportal an die Ostseite zu verlegen, wird warscheinlich nicht mehr zu machen sein, dazu müsste man das Innenraumkonzept wahrscheinlich auf den Kopf stellen. Nichtsdestoweniger ist ein sechstes Portal an der Stelle eine klasse Idee. Irgendein Wettbewerbsteilnehmer hatte auch eine Brücke an dieser Stelle geplant. Das könnte ja später mal aufgenommen werden, um den Baukörper mit dem MEF zu verbinden.
    - Im restlichen Teil des Schlosses würde ich keine kosmetischen Änderungen mehr machen. Das scheint mir nicht nur fast perfekt, das fast würde ich weglassen. Gerade im Eosanderhof wirken die hohen Stelzen wunderbar, wie ich finde. Allerdings brauchen sie wohl den Kontrast zur barocken Innenfassade, mal sehen was sich in dieser Hinsicht noch tut.


    Die Ostfassade gefällt mir in deiner Modifikation aber großartig. Schön, wie der Entwurf durch zwei drei Auslassungen einen schönen Rhythmus bekommt. Am Baukörper des Flügels würde ich auch partout nichts rütteln.


    Grüße, Jan

    Wie wird eigentlich die Kreuzungssituation mit der U6 geregelt? Wird es einen neuen Bahnhof für die U6 auf Höhe unter den Linden geben? Das wäre ja zwischen Französische Straße und Friedrichstraße ein verdammt kurzes Intervall.

    Stellas Konzept sah vor, den Eosanderhof an drei Seiten zu rekonstruieren. Damit wird dem Schlüterhof genau entgegengesetzt die historische Gestalt wieder gegeben. Das Schlossforum, der Durchgang, ist zu beiden Höfen hin modern vorgesehen. Wenn du es genau wissen willst, sind es die West-, Nord- und Südseite, die im Eosanderhof rekonstruiert werden sollen.


    Ich habe mir gestern Gedanken gemacht und ich könnte mir vorstellen, den Bau in zwei Realisierungsstadien zu teilen. Als erstes wird mit vorhandenem Budget und ohne Kompromisse der eigentliche Baukörper errichtet, der vorgesetzte Ostflügel würde dabei erstmal aussen vor bleiben. Dadurch würde man zu aller erst keine Nutzfläche verlieren, aber die Baukosten im realistischen Rahmen halten.
    Die Ostseite würde als unverputzte Stahlbetonwand stehen bleiben und könnte für eine gewisse Zeit mit einem großflächigen Plakat behängt werden, welches über die widersprüchliche Geschichte des Ortes informiert und einen Ausblick auf die Zukunft bietet. Zu einem späteren Zeitpunkt, vielleicht drei vier Jahre nach Fertigstellung, wird der Ostflügel nach den realen Bedürfnissen errichtet. Dann ist genau absehbar, wieviel Nutzfläche noch benötigt wird und wie sie geschnitten sein muss. Ich könnte mir vorstellen, dass der Ostflügel die jetzt etwas beengte Bibliotheksnutzung aufnehmen könnte. Vor allem lässt diese Zweiphasenlösung allen Beteiligten Zeit, über Nutzung und Gestalt des Ostflügels noch nachzudenken.


    Grüße, Jan

    Das ist sehr bedauerlich, denn es ist auch die schöne Kontrastierung im Eosanderhof, die Stella gut gelungen ist. Wird dort gespart, dann wird es vielleicht doch zu uniform.


    Mich würde mal interessieren, wieviel die Preisträger realistisch veranschlagt haben und ob Stella wirklich ein "teurer" Entwurf ist. Ich könnte mir vorstellen, dass Mäckler und Kollhoff noch teurer gekommen wären.

    Tja, so unterschiedlich sind die Geschmäcker :) Aber das sollte man auch honorieren und an diesem wichtigen Ort nicht alles nach einem Schema, nämlich der Komplettrekonstruktion handhaben. Der Mix macht es und ich finde das Ergebnis intellektuell und ästhetisch sehr ansprechend. Auch das Treppenhaus finde ich sehr schön. Es ist natürlich extrem puristisch, aber der sogenannte "Beton" ist ein sehr hochwertiger, gelb schimmernder Kunststein, der für mich absolut keine billige Anmutung hat. Ich finde die Reduktion auf die hohen Ziegelwände sehr elegant und sie veranschaulicht sehr gut das Schicksal der Kunststätte.


    Aber gut: Dann gehst du am liebsten ins Bodemuseum, ich gerne ins Neue ... und alle sind zufrieden ;)

    Diese Idee stammt nicht von Chipperfield, sondern ist ausdrücklicher Wunsch der Stiftung. Der Architekt wollte zuerst komplett rekonstruieren, hat sein Konzept aber dann in Abstimmung mit den Kuratoren geändert. Die Idee ist, dass neben den perfekten Rekonstruktionen von Bodemuseum, Alter Nationalgalerie, später Altem Museum und dem modernen vierten Flügel des Pergamonmuseums auch die Epoche der Kriegsschäden deutlich sichtbar bleibt. Allzuviele Stellen im touristischen Kerngebiet gibt es nämlich nicht mehr, die sich so konsequent authentisch mit der Materie befassen.
    Ich persönlich finde die Konzeption und Umsetzung des Umbaus des Neuen Museums meisterhaft. Die Fassade ist in seinen Brüchen dermaßen ansehnlich und erzählt eine lange wechselvolle Geschichte. Der Wert des Originals nimmt fast exponentiell zur mit den sparsamen Ergänzungen. Im Inneren gelangen Chipperfield Raumgestaltungen von erhabener Schönheit. Das wichtigste aber ist, dass es eine intelligente, zum Denken und Nachfragen anregende Lösung ist. Der Bau ist sozusagen das einzige achitektonische Museumsstück der Insel, das auch ohne Exponate fast vollständig sinnhaft erscheint.


    Grüße, Jan

    Ich komme gerade aus dem Kronprinzenpalais und bin erschlagen von den unzähligen Entwürfen, die dort zu sehen waren. Man muss als erstes der Jury Respekt zollen, sich durch so viel Detailarbeit durchzuackern und auf den ersten Blick nicht vergleichbare Entwürfe zu werten. Es ist nicht so, dass es zwischen den Teilnehmern und den Qualifizierten für die zweite Runde einen strukturellen Qualitätsunterschied gäbe, in beiden Gruppen finden sich fragmentarisch gute Ideen und viel Ideenlosigkeit. Ein paar Erkenntnisse gab es aber dennoch:
    - Der Siegerentwurf ist tatsächlich der einzige durch Konsistenz überzeugende Entwurf aus dem 30er Feld, das die Jury begutachtet hat. Stella gelingt die Synthese aus innerem und äußerem Erscheinungsbild als einzigem wirklich überzeugend und schafft es, Eleganz und Würde in die Gestalt zu bringen. Andere Entwürfe sind durch die Bank Licht und Schatten, da ist der erste Platz die einzige Ausnahme. Er hat nur eine einzige Schwachstelle, das ist die mangelnde Vernetzung des Loggien-Flügels mit dem Ost-Flügel. Dabei ist nicht die Funktionslosigkeit das eigentliche Problem (ein solcher Bau kann sich solche, der reinen Ästhetik und des Genusses anheim gegebenen Teile leisten), sondern die Gefahr, dass er vom Rest des Gebäudes isoliert ist. Hier sollte Stella vielleicht den ein oder anderen Zugang ergänzen.
    - Der Kollhoff-Entwurf präsentiert sich als äußerlich angepasst und im Zusammenspiel von Füllung und Fassade zusammenhanglos. Es scheint, als wollte er es den Traditionalisten und Modernisten gleichzeitig Recht machen, daran ist er aber vor allem mit der Agora gescheitert. Zudem weist sein Entwurf grobe funktionale Mängel auf. Eine Bibliothek ausschließlich im Keller? Die vierte Fassade im Schlüterhof hat er nachgebessert, seine ersten Entwürfe hatten die großflächigen Verglasungen auch in dem unteren Bereich. Insgesamt finde ich sie in ihrer anbiedernden Art irgendwie irritierend.
    - Beim Mäckler sticht seine grandiose Säuleninterpretation im Schlüterhof heraus, der obere Teil und vor allem der Eosanderhof sind aber sehr abstoßend. Seine Formgebung an der Ostfassade ist interessant, aber leider ist es durch die massiven Steinfronten etwas zu massig und erinnert an die dreißiger Jahre.
    - Gerkan hat auch einen Entwurf abgegeben, sogar das mit dem Sonderpreis ausgezeichnete Phasenmodell findet sich bei ihm. Insgesamt macht der Entwurf aber ratlos. Keine wirklich erinnerungswürdige Idee.
    - Das Schlossforum, der Durchgang zwischen den Portalen, hat nicht nur Stella erfunden. Auch ein zweiter der 30er-Feldes hatte diese Idee, mit verglaster Decke. An den Namen kann ich mich nicht erinnern.
    - Der Entwurf von Stephan Braunfels hat durchaus etwas für sich. Dass er wegen Missachtung der Vorlagen nicht in die zweite Runde gekommen ist, ist schwer vorstellbar. Es gab auch einige Zweitrundler, die die Vorgaben der Fassadenrekonstruktion verletzt haben. Schade, denn sein Entwurf stellt wirklich eine interessante Idee für ein Stadtscharnier dar. Das Lindenforum in der Form würde nach Unter den Linden eine zweite Sichtachse betonen. Das wäre durchaus ein Sonderpreis für ne nette Idee wert gewesen.


    Hat irgendjemand gute Fotos der Schautafeln gemacht?


    Grüße, Jan

    Zitat von Franco Stella

    Man findet kaum etwas bei Schinkel, das einem nicht gefällt. Am meisten faszinierte mich sein Ensemble zur Verlängerung der Wilhelmstraße bis zum Boulevard Unter den Linden an der Ecke des heutigen Hotel Adlon, eine außergewöhnliche Anlage mit einer Überbauung der Wilhelmstraße. Sie entstand 1827, wurde aber schon 1867 wieder abgerissen – wie so vieles in Berlin.


    Mal abseits vom Humboldt-Forum: Weiß jemand was über diesen Schinkelbau? Das ist mir absolut neu und es klingt faszinierend.

    Zu den Innenräumen hat Nikolaus Bernau in der Berliner Zeitung richtig angemerkt, dass dort noch überhaupt nichts entschieden ist und in den nächsten Monaten (Jahren) ein opulenter Verwaltungs-, Aufteilungs- und Abstimmungsprozes in Gang kommen wird. Die Zweckbindung der Räume hat ja gewisse Erfordernisse, besonders die Dahlemer Sammlungen kann man ja nicht in beliebige Säle stellen, da gibt es schon was die Größen angeht massive Anforderungen. Die haben natürlich den Vorrang vor historischen Raumfolgen. Das Humboldt-Forum wird ja für einen bestimmten Bestimmungszweck gebaut und nicht, weil es hübsch sein könnte.

    Die Umgebungsgestaltung wird ja sowieso noch ein neues Fass, das aufgemacht werden muss. Nach dem Holzmodell gibt es ja zu allen Seiten noch Luft, den Anschluss an bestehende Straßen und Flüsse zu gestalten. Eine Uferpromenade auf den Fundamenten des alten Palast-Sockels wird sicherlich kommen. Auch die Gestaltung des Übergangs zum Lustgarten wird noch diskutiert werden...

    Nochmal zur Nomenklatur: Die Anmoderation der Berliner Morgenpost zeigt wieder einmal, dass dieses Schundblatt wirklich zu nichts zu gebrauchen ist. Das ist eine Bildzeitung mit kleineren Buchstaben:


    Wiederaufbau
    So alt wird das neue Berliner Stadtschloss aussehen
    Franco Stella soll dafür sorgen, dass in Mitte wieder Preußens Glanz und Gloria erstrahlen. Der Italiener hat mit seinem Entwurf den Wettbewerb um den Wiederaufbau des Stadtschlosses gewonnen. Der Prachtbau wird so sein, wie zu Kaisers Zeiten.


    In demokratischem Gruße, Jan :)

    Ich habe auf der Website des Bundesministeriums für Verkehr ... noch einige Ansichten der prämierten Entwürfe gefunden, die durchaus interessant sind:


    Kollhoff plante eine hyper-moderne Agora:
    http://www.bmv.de/jsp/fotoreih…&curr_img_nr=4&sprache=de


    Sergei Tchoban hat überraschend alle vier Seiten des Forums nach Schlüter gestaltet:
    http://www.bmv.de/jsp/fotoreih…&curr_img_nr=3&sprache=de


    Gleichzeitig setzte er einen interaktiven Glaskubus in die Mitte des Baus.
    http://www.bmv.de/jsp/fotoreih…&curr_img_nr=4&sprache=de


    Die Tchoban-Pläne gefallen mir auch ganz gut, das wäre für mich der zweite Platz gewesen.


    Jan

    Der Bitte kann ich leider nicht nachkommen. Das "Extrablatt" (zu dessen Lesern ich eigentlich gehöre - ich hätte mir ausgehend von einer Blanko-Situation ein identitätstiftendes modernes Gebäude à la Elbphilharmonie gewünscht) erscheint meines Wissens nicht regelmäßig und im Rahmen von Jahrgängen, Nummern oder anderen Regelmäßigkeiten. Es liegt an verschiedenen Orten in Berlin zur kostenlosen Mitnahme aus, ist also auch nicht über den Zeitschriftenhandel erwerbbar. Ich habe gerade einmal nachgeschaut, auf der Seite des Fördervereins findet sich auch kein solches Verzeichnis.


    Mein Eindruck bezog sich aber nicht auf einen bestimmten Artikel, Kommentar oder Aufsatz. Ich habe nur im generellen Ton (sachlich, maßvoll und "Humboldt-Forum statt Schloss") festgestellt, dass das reflexartige Geschrei nach dem Schloss (und nichts anderes!) auch bei den Befürwortern aufgehört hat.

    Vor allem haben viele Gegner der Schlossfassaden ein Problem mit der Terminologie: Ihre gesamte Argumentationsstrategie baut darauf, dass ein "Schloss" gebaut würde, worauf polemisch folgt, man wolle ins Kaiserreich zurück. Es wird jedoch kein Schloss errichtet, sondern ein Kultur- und Museumskomplex, der drei plus drei herausragende Barockfassaden Schlüters und Eosanders erhält. Gestern war zu sehen, dass das sehr gut gelöst werden kann.


    An der Stelle möchte ich nochmal einhaken. Über die Jahre der Debatte habe ich es eigentlich so empfunden, dass die Terminologie des neuen Baus seine Kinderkrankheiten überwunden hatte. Sprach man in den frühen und mittleren Neunzigern von vom Wiederaufbau des Schlosses, hat sich bis zum heutigen Tag die Lesart "Humboldt-Forum" mit historischer Fassade durchgesetzt. Das finde ich essentiell wichtig, denn hier wird mitnichten ein Schloss gebaut. Der Widerstand von größeren Bevölkerungsteilen gegen das Projekt richtete sich meines Erachtens gegen genau diese Einstellung. Was soll das Gebäude repräsentieren? Ist es ein Museum im Schloss oder ein Kunst- und Wissenschaftsforum mit Fassadenteilen des alten Schlosses?
    Gerade die Befürworter der Rekonstruktion um Boddien haben in dieser Hinsicht einiges gelernt und vermehrt die Forumsidee propagiert. Ich habe in einer der letzten Ausgaben des "Extrablattes" vom Schlossverein festgestellt, dass diese Terminologie zum angenehmen Standard geworden ist. Die Terminologie war in meinen Augen vor allem ein Problem der Befürworter, woran sich die Gegner berechtigterweise gestört haben.


    Jetzt scheint aber plötzlich alles wieder dahin zu sein! "Italiener baut Schloss" heißen die Schlagzeilen, alle reden plötzlich wieder von dem Projekt, als wäre es ein Herrschaftsbau. Das halte ich teilweise für Bequemlichkeit (Schloss schreibt sich einfach schneller), andererseits aber auch für eine überwunden geglaubte Geisteshaltung zu dem Bauwerk. Also: "Stella baut das Humboldt-Forum!" Und das ist auch gut so ...

    Ich kann den Zufriedenheitsbekundungen generell zustimmen. Als Gesamtkörper bleibt der Entwurf zurückhaltend und lässt die historische Bauform die Erscheinung dominieren. Innenräume, der langegestreckte Hof in der Mitte scheinen schön schlicht und elegant zu werden. Besonders die Kombination im Schlüterhof mit den beiden Fassadenvarianten gefällt mir. Jetzt muss zügig und vor allem in hoher Materialqualität gebaut werden. Ich bin gespannt.