^ Interessanter Artikel, wenngleich er mir doch teilweise etwas zu blumig-utopisch, wenn nicht widersprüchlich erscheint. Allein schon der Beginn, bei welchem die vorteilhafte Anwendung von Karbonfasern im Fahrzeugbau oder bei Windkraftanlagen beschrieben wird. Sicherlich richtig. Aber daraus dann auf das Bauwesen schließen? Das ist doch ein vollkommen anderer Anwendungsbereich mit ganz anderen Anforderungen.
Auch das Thema „Baubiologie“ mit reinzubringen wirkt nicht eben seriös. Beton hat einen schlechten Ruf? Unnatürlicher Baustoff? Nicht atmungsaktiv? Seltsame Argumente, denn Carbon wird ja künftig nicht den Beton ersetzen sondern nur die Stahlbewehrung. Auch der fortschrittlichste Carbonbeton wird weiterhin ein Verbundbaustoff sein, der eben zu 90% aus Beton besteht. Damit relativiert sich aus meiner Sicht auch die Gewichts-Ersparnis. Schließlich ist nur die Faser-Bewehrung viermal leichter als Stahl. Der Gesamtquerschnitt wird aber alleine durch die Anforderungen der Biegelehre nicht viel kleiner werden können. Auch Carbonfasern werden darüber hinaus eine angemessene Betondeckung brauchen um den Kraftverbund zum Beton sicherzustellen. Und um den Brandschutz zu gewährleisten.
Vorteilhaft ist sicher die Korrosionsbeständigkeit. Das kann gerade bei großen und schwer zu wartenden Bauwerken wie Brücken ein großer Vorteil sein. Es könnte auch tatsächlich die Lebensdauer von Gebäuden erheblich verlängern, wenn sie weniger riss- und rostanfällig sind. Im Sinne einer nachhaltigeren Bauweise finde ich das auf jeden Fall zu begrüßen. Aber: Nachhaltiges Bauen hat im Augenblick doch überhaupt keine Priorität (so wie langlebige Güter im Allgemeinen nicht). Nach 50 bis 100 Jahren gilt ein Bauwerk als „abgeschrieben“ und wird meist eher neu errichtet. Und solche Lebenserwartungen bekommt man mit erheblich billigeren konventionellen Stahlbetonbauten locker erreicht. Da sind wir auch genau beim Thema "Investorenarchitektur". Die ist aus meiner Sicht eine logische Folge unserer gesellschaftlichen und ökonomischen Prämissen. Ein "Beton 3.0" wird daran nichts ändern können.
Meine Meinung daher: Carbonfaserbeton ist ein wichtiges und notwendiges Forschungsthema. Bei speziellen Anwendungen wird er große Vorteile bieten können. Dass sich hieraus allerdings große architektonische Gestaltungsänderungen im „gewöhnlichen“ Hochbau ergeben, das sehe ich auf lange Zeit noch nicht.