Beiträge von Ernst

    JinStuttgart,


    danke für den Hinweis auf die Hamburger Moschee. Sie ist wirklich ein Sonderfall, denn sie wurde zu einem Zeitpunkt erbaut, als es in Deutschland kaum Moslems gab, und sie ist ein interessantes Dokument der Architekturgeschichte. Wo gibt es sonst noch eine Moschee, die die europäischen architektonischen Modeströmungen der 50er Jahre erkennen läßt?.


    Für interessierte Touristen: Die Hamburger Moschee liegt exponiert an einer außerordentlich schönen Stelle in Uhlenhorst, am Ostufer der Außenalster, direkt neben dem Gästehaus des Senats, und galt lange Zeit als besonders exotische Sehenswürdigkeit Hamburgs. Man sieht sie am besten, wenn man mit dem Alsterdampfer eine "Kreuzfahrt" vom Winterhuder Fährhaus aus unternimmt oder eine "Alsterrundfahrt" vom Jungfernstieg aus (beides ist auch für Leute, die sich nicht für Moscheen interessieren, unbedingt empfehlswert!).


    Die Moschee in Konstanz sieht in Wirklichkeit weit weniger abweisend aus als auf dem Bild. Kurios ist, daß sie mit einem Einkaufszentrum (mit Media-Markt) zusammengebaut ist, wobei einige Ladengeschäfte der Moslem-Gemeinde gehören, die damit ihre Finanzen aufbessert. Warum eigentlich nicht?


    Weiß eigentlich jemand genaueres über die Moschee im Zuckerbäcker-Stil direkt an der Autobahn zwischen Hockenheim und Speyer?

    Wolfgang,


    wenn der Kerl noch weiter Ärger macht, kannst Du ihn selbstverständlich an mich verweisen. Du hast doch den Namen und die Adresse? Das kann nicht sein, daß Ihr fortlaufend Ärger bekommt, weil ich - wenn auch unwissentlich - ein Urheberrecht verletzt habe.

    Jai-C,


    äääh - ja, ich wüßte schon, wo es noch sehr schöne Bilder gibt, nämlich auf einer Internetseite, die die Begriffe Bildindex und Hamburg miteinander verbindet. Aber da gibt es einen Herren, der Anwälte auf einen hetzt, wenn man auf diese Bilder verweist. Aber soweit ich weiß, hat das selbständige angucken wohl noch keine Gefängsnisstraße zur Folge gehabt.

    Das Thema scheint niemanden wirklich zu interessieren, aber ich finde es sehr ernst. Ich weiß von mindestens zwei historischen Häusern in meiner persönlichen (räumlichen) Umgebung, die schließlich von ihren Besitzern angezündet worden sind, weil es ihnen die Denkmalschutzauflagen unmöglich gemacht hatten, mit ihrem Besitz auf einen grünen Zweig zu kommen.


    Klar: Das ist ein Verbrechen, das durch nichts zu entschuldigen ist. Aber mit etwas weniger Purismus könnten diese Häuser heute noch stehen.

    naja, im laufe der jahrhunderte wird wohl kein stein derselbe bleiben.


    Darum habe ich es immer als etwas lächerlich empfunden, daß mit dem Brustton großer Moral gefordert wurde, es müsse unbedingt jeder erhaltene Krümel aus der Ruine in den Neubau integriert werden. Daß man die großen Teile, wie die stehengebliebene Ecke integriert, ist ja verständlich und auch gut. Aber diese ungeheuer aufwendige Sammlung einzelner Steinchen schien mir immer der sehr hohe Preis dafür zu sein, daß man die Rekonstruktion überhaupt durchsetzt. Damit konnte man den Disneyland-Rhetorikern den Wind aus den Segeln nehmen. Eigentlich ist es bitter, daß man in Deutschland nur mit solcher Heuchelei die Rekonstruktion eines so bedeutenden Bauwerks durchsetzen kann.

    Übertriebener Denkmalschutz

    Ich finde, wenn man sich mit dem Thema Denkmalpflege befaßt, muß man auch diesen Aspekt ansprechen. Ich glaube, ich habe mich hier bisher nicht gerade als fanatischer Modernist geoutet. Aber ich erlebe oft, wie kleinlicher Denkmalschutz das Gegenteil dessen bewirkt, was er eigentlich sollte. Da verfallen Häuser, weil ihre Besitzer sie wegen unüberwindlicher Bauvorschriften nicht in bezahlbarer Art und Weise modernisieren dürfen, oder aber weil sie niemand kaufen will, weil das Etikett "Denkmalgeschützt" für jeden Investor gleichbedeutend ist mit "Finger weg!"


    In dem Bemühen, alte Bausubstanz um jeden Preis zu erhalten, werden in manchen Regionen auch in Fällen, wo es Schaden anrichtet, Prinzipien geritten und damit das Kind mit dem Bad ausgeschüttet. Dabei gibt es von Bundesland zu Bundesland Unterschiede. Hier in Baden-Württemberg scheint es besonders schlimm zu sein, während Bayern eine bessere Balance zun finden scheint. Ich erinnere mich jedenfalls daran, daß vor Jahren in einer Runde führender Vertreter des Denkmalschutzes der bayerische Abgesandte mit Naserümpfen betrachtet wurde, weil er nicht die "reine Lehre" vertrat.


    Also die Frage an alle: Wie weit darf/muß Denkmalschutz gehen? Wo liegen seine Grenzen?

    Speicherstadt (Bauprojekte)

    Zum Thema Architektur in Hamburg gehört natürlich auch die Speicherstadt, ein architektonisches Kuriosum, das man stilgeschichtlich am ehesten in die Abteilung Historismus stecken könnte (wegen einiger Anleihen aus der norddeutschen backsteingotik), das aber, soweit ich weiß, weltweit keine echte Parallele hat.


    Im Grunde ist die Speicherstadt so etwas wie die erste Hamburger Hafencity. Sie wurde notwendig, damit Hamburg im Jahr 1888 dem Deutschen Zollverein beitreten konnte. Bis dahin war die ganze Stadt gegenüber dem übrigen Deutschen Reich Zollausland. Man konnte unverzollt Waren in Hamburg ein- und ausführen. Das geschah auch an zahllosen Orten über die ganze Stadt verteilt. Das typische Hamburger Kaufmannshaus war zweigeteilt: Vorne, zur Straße hin zeigte es eine stattliche Fassade. Hier waren die Büros und Wohnungen untergebracht. Die hintere Haushälfte diente als Warenlager. Die Rückseite reichte bis an die Fleete, also die Wasserstraßen, auf denen die Ware angeliefert wurde und per Giebelkran in das vorgesehene Stockwerk befördert wurde. Das zweite Bild zeigt das letzte erhaltengebliebene Ensemble solcher Häuser.


    Nun sollte Hamburg auch wirtschaftlich ins Deutsche Reich eingegliedert werden, also mußten auch die Zollschranken fallen. Aber gleichzeitig sollte die Möglichkeit des zollfreien Überseehandels beibehalten werden. Deswegen wurde das Hafengebiet als zollfreie Zone beibehalten ("Freihafen"), innerhalb der nun der Handel stattfinden mußte. Damit mußten auch die Lager aus den Bürgerhäusern in der Stadt aus- und in den Freihafen einziehen.


    Um Lagerraum zu schaffen, wurde ein (angeblich ganz besonders schönes) Stadtviertel, der Holländische Brook, in Hafennähe abgebrochen, die Bevölkerung, ich glaube es waren 20.000 Menschen, in neue Stadtviertel im Norden Hamburgs umgesiedelt. Auf dem Gelände des Holländischen Brooks entstand nun der gigantische Komplex aus Lagerhäusern, von denen die meisten bis heute in Betrieb sind. Hier lagern heute (noch) vor allem hochwertige Handelswaren wie Kaffee, Tee, Tabak und Teppiche. Angeblich befindet sich dort das weltweit zweitgrößte Teppichlager nach Teheran.


    Es ist noch nicht klar, wie sich die Speicherstadt entwickeln wird, wenn südlich davon die Hafencity wächst. Die Zahl der "fremdgenutzten" Lager nimmt zu, unter anderem gibt es dort die größte Modelleisenbahnanlage Deutschlands.


    Deswegen lohnt sich ein Besuch, solange die Speicherstadt noch ihrer ursprünglichen Bestimmung entsprechend in Betrieb ist. Sie dürfte der einzige Ort weltweit sein, in dem heute noch in großem Maßstab mit Giebelkränen gearbeitet wird. Und wenn es beim Spaziergang unter den Füßen knirscht, steht man wahrscheinlich in den Resten eines geplatzten Kaffeesacks.


    Besonders sehenswert fand ich übrigens immer das Gewürzmuseum, das in einem der Speicher untergebracht ist.


    Hier ein (hoffentlich lizenzfreies) Bild der Speicherstadt und darunter die alten Kaufmannshäuser an der Deichstraße.



    Deutschland ist ein föderalistischer Staat, da haben für die Hauptstadt wichtige Projekte nicht automatisch nationale Bedeutung. Mich verbindet mit dem Stadtschloß nichts. Gerade mal knapp fünfzig Jahre wurden wir Nicht-Preußen aus diesem Schloß regiert und es ist in dieser Zeit oder auch restrospektiv in keiner Weise zu einem nationalen Symbol geworden.


    Das ist sicher richtig, vor allem aus fränkischer Sicht.;) Aus Hamburger Sicht übrigens auch. Da hatte man mit Fürsten aller Art noch nie viel im Sinn, und mit preußischen schon gar nicht (sieht man mal von Bismack ab, aber das war eine nachträgliche Begeisterung). Doch es geht hier um den repräsentativsten Ort im Zentrum der Hauptstadt. Und ich finde schon, daß es das ganze Land etwas angeht, wie er gestaltet wird, zumal Berlin selbst auch finanziell mit der Gestaltung überfordert ist. In diesem Sinne sehe ich das schon als nationale Aufgabe an. Nicht weil das Schloß uns allen so ans Herz gewachsen wäre, sondern weil es nicht um die - pardon, nicht böse gemeint - Provinzstadt Würzburg geht, sondern um unser aller gemeinsame Hauptstadt und ihr Erscheinungsbild, das auch als Visitenkarte für ganz Deutschland dient.

    Kai,


    die Kampagne gibt es (zum Glück) schon. Guck mal unter


    http://www.berliner-schloss.info


    Da gibt es massenhaft Informationen und Argumente. Was der Initiator des Fördervereins Berliner Schloß, der Landmaschinenhändler Wilhelm von Boddien aus Bargteheide bei Hamburg leistet, ist bewundernswert. Dem Mann gehört das Bundesverdienstkreuz, höchste Stufe, mit Band, Schnickschnack und Getüdel verliehen!

    Natürlich muß das Schloß wieder aufgebaut werden! Mit einem Mal wäre das, was jetzt eine trostlose Steppe ist, ein phantastisches Stadtzentrum. Man denke nur an die wunderbare Erweiterung der Museumsinsel durch das Schloß. Dort soll ja die außereuropäische Kunstsammlung unterkommen, die zur Zeit nahezu unter Ausschluß der Öffentlichkeit in Dahlem ausgestellt wird, die sich aber mit den Sammlungen des Louvre messen kann. Also: Wer mal in Berlin ist: Unbedingt hingehen, solange man die Sammlung noch ganz in Ruhe angucken kann. Wenn sie erst einmal im Schloß ausgestellt ist, werden sich die Leute dort gegenseitig die Zehen abtreten.


    Phantastisch ist auch, daß dort ein Wissenschaftsmuseum der Humboldt-Universität untergebracht werden soll. Das ist angesichts der großen Geschichte der Berliner Universität und ihrer Bedeutung für die Wissenschaftsgeschickte insgesamt überfällig.


    Also natürlich aus historischen, aber wenn man die nicht akzeptiert, auch schon aus städtebaulichen und wirtschaftlichen Gründen muß das Schloß wieder her. Berlin wird dadurch wesentlich schöner und attraktiver. Man wird rund um das Schloß sehr viele Busparkplätze einplanen müssen.

    Ist das jetzt wirklich beschlossen worden? Das wäre ja großartig! :banana:


    Bisher hatte ich immer nur von endlosem kleinlichem Gezänk um die Bebauung des Areals gehört. Da ging es dann um Fragen wie die, ob man nicht doch "der Moderne eine Chance" geben müsse (als habe sie in Dresden nicht genug Chancen gehabt), oder umgekehrt, ob man dort Tiefgaragen bauen dürfe, ob das nicht unhistorisch und damit Teufelswerk sei. Hoffentlich übertreiben die Dresdner es nicht mit der Rekonstruktion. Die Stadt muß schon auch noch funktionieren.

    Jin,


    ich bin beeindruckt angesichts der vielen Bilder und Detail-Infos aus Hamburg. Haben wir es bei Dir mit einem Exil-Hamburger zu tun? Wenn nicht, müßte man Dich zum Exil-Hamburger ehrenhalber ernennen.:gruppe2:

    Die Frauenkirche war von der Flutkatastrope kaum betroffen. Sie liegt zwar nicht viel weiter vom Wasser weg als der Zwinger, aber etwas höher.


    Trotz der Rekonstruktion der Frauenkirche finde ich es immer noch entsetzlich deprimierend, über das Gelände zu gehen, das früher einmal die Innenstadt von Dresden war. Hier hat die SED wirklich eine ihrer schlimmsten Stadtverstümmelungen begangen. Das Ganze ist trotz aller Bautätigkeit nach der Wende immer noch weitgehend trostlos und für eine Innenstadt viel zu leer. Hoffentlich entsteht wenigstens bald rund um die Frauenkirche ein Stadtviertel, das sich in den Grundformen am historischen Original orientiert.

    Die meisten der Hamburger Hauptkirchen sind mehrfach zerstört und wieder aufgebaut worden. Der Michel ist ein schönes Beispiel dafür, daß das Gerede, wonach die Rekonstruktion historischer Bauwerke bloßes "Disneyland" sei, lediglich als Munition bei politischen Stellvertretergefechten taugt. Mit der Wirklichkeit hat das nichts zu tun. Die letzte Zerstörung des Michels ist keine hundert Jahre her (1906) und dennoch weiß dies heute kaum noch jemand. Es ist zur Beurteilung der architektonischen Qualitäten auch unerheblich.


    Hier noch zwei Bilder. zunächst ein berühmtes Foto von dem Brand 1906 und dann ein besonders schönes Bild, auf dem außerdem noch die Hauptkirchen St. Petri und St. Jacobi zu sehen sind. Man erkennt sehr gut, warum ich der Ansicht bin, daß man die historische Hamburger Skyline im Zentrum möglichst von Hochhäusern freihalten sollte.


    Ja. Direkt an der Alster dominieren klassizistische und gründerzeitliche Putzbauten. Aber sobald man sich einmal ein, zwei Straßen davon entfernt, merkt man schnell, daß die schumachersche Backsteinarchitektur die Stadt wesentlich mehr prägt, vor allem in der Osthälfte.

    Wolfgang, danke für die nette Begrüßung.


    Hier ein kurzer - und einigermaßen repräsentativer - Rundgang durch Hamburg von Schumacher-Bau zu Schumacher-Bau, Bilder, die ich auf die Schnelle gefunden habe.



    Meßberghof im Kontoruasviertel der Altstadt:


    Hier war einmal ein Bild
    Museum für Hamburgische Geschichte:


    Hier war einmal ein Bild
    Chilehaus - zwar nicht von Schumacher, sondern von Fritz Höger, aber auf Schumachers Konzept basierend:
    Hier war einmal ein Bild



    Dulsberg-Wohnsiedlung in Hamburg-Barmbek:


    Hier war einmal ein Bild


    Zweimal Jarrestadt: Sozial-Wohznsiedlung in Hamburg-Winterhude:


    Hier war einmal ein Bild




    Gänsemarkt in der Neustadt. Das Gebäude links ist von Schumacher:


    Hier war einmal ein Bild


    Johanneum (Gymnsaium) in Hamburg-Eppendorf:


    Hier war einmal ein Bild


    Ehemalige Schulbehörde in der Dammtostraße (Neustadt):


    Hier war einmal ein Bild


    Wasserturm im Stadtpark, heute Planetarium (die ganze Anlage des Stadtparks ist von Schumacher entworfen worden):


    Hier war einmal ein Bild


    Tropeninstitut an den St.Pauli Landungsbrücken (natürlich vorne. Der Würfel dahinter ist die Bavaria-Brauerei):


    Hier war einmal ein Bild


    Puh!
    :D


    Also was meint Ihr?


    edit by wolfgang...
    erklärung im reply

    Fritz Schumacher

    Da sich sonst niemand darum kümmert, muß ich wohl mal den Anfang einer Diskussion um die Architektur in Hamburg machen. Das Erscheinungsbild der Stadt ist ja genz wesentlich von Fritz Schumacher geprägt, dem Baudirektor in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Unzählige Gebäude sind entweder von ihm entworfen oder gehen auf seine Konzepte zurück: Museum für Hamburgische Geschichte, Wasserturm/Planetarium im Stadtpark, Jarrestadt und vor allem das Kontorhausviertel mit Chilehaus und Sprinkenhof. Auch den Wiederaufbau nach dem Krieg mit seinem Schwerpunkt auf roten Backsteingebäuden hat er noch beeinflußt.


    Schumacher hat so einen spezifischen, unverwechselbaren Stil geschaffen, in dem sich Hamburg von allen anderen Städten unterscheidet. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat dann der Baudirektor Egbert Kossack ganz bewußt daran angeknüpft. Wieweit sollte man sich nun auch bei der Weiterentwicklung der Stadt, beispielsweise auf dem Gelände der künftigen Hafencity, an Schumacher orientieren?