Staffelgeschosse sind doch mittlerweile auch Berlintypisch.
Die These halte ich für gewagt. Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich nur Flachdächer. In anderen Bezirken sieht man nur Satteldächer. Mir fallen in ganz Berlin keine zehn Gebäude mit Staffelgeschossen ein. Alle stehen sie einsam und verlassen zwischen Gebäuden mit anderen Dachtypen.
Warum soll man Dächer bauen, wenn keiner sie braucht? Nur weil einige sie schöner finden?
Es geht nicht nur um Ästhetik sondern zu allererst um ortsgemäßes Bauen. An dieser Stelle Berlins kann man sich entweder an Form und Gestaltung der Plattenbauten orientieren oder die vom Krieg verschonten Gebäude, also Instituto Servantes und Hotel Alexander Plaza, zum Maßstab nehmen. An deren Gliederung, Bauvolumen, Traufhöhe, Fensterformen und Fassadengestaltung muss man sich in so vielen Punkten wie möglich annähern, wenn man ortstypisch bauen will, (ohne dabei jeder Erker zu kopieren). Wie man an der Bibliothek im Instituto Servantes sehen kann, ist das Satteldach kein nutzloser Dachboden, sondern eine voll ausgebaute sonnenbeleuchtete Etage. Ohne selbst dort drin gewesen zu sein, behaupte ich, es ist mit der angenehmste Platz in der ganzen Umgebung.
Wozu sich zurückentwickeln?
Eine echte Zurückentwicklung ist es, dass der modernen Zweckarchitektur das Dach als zu gestaltene Fläche abhanden gekommen ist. Schlimm genug, dass auf eine künstlerisch geschmückte Fassadengestaltung kein Wert mehr gelegt wird. Aber die Dächer werden von vielen Architekten komplett vergessen. Dabei wäre deren ansprechende Gestaltung in Zeiten von Hochhäusern, Riesenrädern und GoogleEarth wichtiger denn je. Das muss nicht unbedingt bedeuten, dass man zwingend Satteldächer bauen muss. Aber man muss sich auch um eine vorzeigbare Draufsicht kümmern. Und daran mangelt es dem Entwurf.
Trotz alledem hat der Entwurf drei Dinge an sich, für die ich ihn liebe. Erstens die Traufhöhe stimmt. Die Plattenbauten daneben sind viel zu hoch und sprengen jeden Maßstab. Gut, dass man sich nicht an deren Höhe orientiert hat. Zweitens die begrünten Innenhöfe. Das ist wirklich ein typisches berliner Detail und wertet meiner Meinung nach jedes Gebäude auf. Drittens die gebogenen Fassadenverläufe. Die sind viel ansehnlicher als rechtwinklige Häuserkanten und sind auch ein Zeichen der Urbanität und Verdichtung der alten berliner Stadtbezirke. Dadurch wird auch ein gewisser Bezug zu den Straßenzügen auf der anderen S-Bahn-Seite hergestellt. Auch wenn diese Kurven normalerweise exakt dem Staßenverlauf folgen und nicht nur bloßes Stilelement sind.