Da ich gebürtiger Frankfurter bin und als Kind noch die Brache vor dem Bau der Ostzeile kenne, muss ich nun auch etwas zu diesem Thema beisteuern. Insbesondere, weil mich die Arroganz der sich hier selbst in den Vordergrund schiebenden Planer und Architekten langsam als nicht mehr hinnehmbar erachte.
Vor dem Bau der Ostzeile und dem Wiederaufbau der Alten Oper (Dynamit-Rudi) kann ich mich an ähnliche Diskussionen erinnern.
Vielleicht ist es richtig, dass der Bürger "keinen Anspruch" auf Fachwerk hat. Richtig ist dann aber auch, dass diese Herren keinen Anspruch darauf haben, dem Bürger ihre einseitigen und z. T. eigenwilligen Gestaltungsideen (wohlwollend ausgedrückt) aufzudrängen. Das mögen Sie bitte für einen Bauträger und eine Reihenhaussiedlung am Rande der Stadt umsetzten, nicht jedoch an dem sensibelsten Punkt, dem Herzen der Stadt.
Meines Erachtens stellt sich die Frage nach einem "Anspruch auf Fachwerk" vorliegend auch gar nicht. Offenbar haben die Planer und Architekten wesentliche Eigenarten und Besonderheiten und den Wert des Ortes für Bürger und Gesellschaft nicht - oder nur unzureichend - in ihre Erwägungen eingestellt. Dies ist auch ein Ort der Repräsentation der Stadt, seiner Eigenart und Geschichte.
Vielleicht sollte man die Herren einmal daran erinnern, dass Frankfurt am Main seit 1356 ständige Wahl- und Krönungsstädte der der deutschen Kaiser und Könige war. Der sog. Krönungsweg, auf dem die gewählten Häupter zum Römer zogen, war mithin über Jahrhunderte ein zentraler Ort für das Heilige Römische Reich deutscher Nation. Die Bedeutung des Ortes und des gesamten Ensembles geht also über Frankfurt hinaus.
Nach Ende des zweiten Weltkrieges bekam Frankfurt am Main einen "schlechteren Ruf". Das lag auch daran, dass die gesellschaftliche Bedeutung abnahm (immerhin saß nach Ende des Reiches der Deutsche Bund und der erste Deutsche Bundestag in Frankfurt). Nicht einmal Landeshauptstadt durfte Frankfurt sein. Hinzu kam der fast vollständige Verlust der "Schönheit der Stadt".
Hier geht es um das Herz dieser ehemals und heute wieder bedeutenden Stadt, das durch ein singuläres Ereignis (Bombardierung) und nicht durch die Veränderung über Generationen ausgelöscht worden ist. Die Zunft der Stadtplaner und Architekten war über die letzten Jahrzehnte nicht in der Lage, den Verlust angemessen zu reparieren und sollte dem entsprechend zurückhaltender und mit mehr Demut die Angelegenheit kommentieren.
Die Entscheidung darüber, wie das Areal bebaut werden sollte, wird diesen Herren hoffentlich nicht übertragen.
Ich bin und bleibe für die möglichst vollständige Rekonstruktion an diesem Ort.