Zum Völkerschlachtdenkmal und seiner Lesart gibt es ja eine Menge Interpretationen.
Wenn man sich vorstellt, dass zur Zeit des Geschehens sich eine bis dahin nie dagewesene Menge an Truppen, Kampfhandlungen etc. in und bis weit um die Stadt herum entfaltete, kann man den Eindruck auf die Bevölkerung wohl nur schwer oder besser gar nicht nachvollziehen.
Es mag, mit dem Pulverdampf, dem Kanonenlärm und den Bränden aus der Ferne betrachtet, für Augenzeugen wohl wie ein gewaltiges Unwetter gewirkt haben, dem man sich besser nicht weiter näherte.
Genau diese beklemmende Stimmung kann das Völkerschlachtdenkmal wie kein anderer Entwurf dem Besucher fühlbar machen.
Man sieht von Weitem schon die schiere Baumasse, wird von den Besucherströmen näher geschoben, wird zum winzigen Zahnrad im großen Kriegsgetriebe, fühlt die Härte und Unnachgiebigkeit des Steins, kann von den Treppen und Plateaus nicht einfach schnell verschwinden, so, wie auch die Soldaten damals sich dem Gemetzel nicht entziehen konnten. Man fügt sich dem Geschehen, fühlt sich klein.
Und dann umfängt einen im Inneren diese Stille und Kühle, egal, wie warm es draußen sein mag.
Dazu die Masken der sterbenden Krieger...so erging es den getroffenen Soldaten, denen im Sterben kalt wurde und das Geschehen ringsum jede Bedeutung verlor.
Und es stimmt, kein Feldherr wurde hier namentlich oder figürlich geehrt, sondern dem hunderttausendfach gestorbenen einfachen Soldaten, der großen Masse und ihrem traurigen Schicksal.
Vielmehr wurde auch versucht, Trost darin auszudrücken, dass mit dem Sieg bei Leipzig das Opfer der Soldaten für Befreiung von Fremdherrschaft nicht vergeblich gewesen war.
Auch diese Mühsal kann der Besucher zu einem winzigen Teil nacherleben, wenn er sich die vielen Stufen nach oben aufmacht und von der Aussichtpattform einen Blick über das damals befreite Land werfen kann.
Die Formen- und Bildsprache des Völkerschlachtdenkmals ist ein Abbild seiner Entstehungsepoche, über die es schon zu Bauzeiten geteilte Meinungen gab. Die vielen feinen Fäden zeitgeistlicher Strömungen, welche da hineinspielten, will ich da gar nicht auffassen.
In seiner Konzeption jedoch, das bis dahin unfassbare Geschehen durch Materialwahl und räumliche Aufführung von Monumentalität physisch und emotional erlebbar zu machen, kann man die Umsetzung aber durchaus als Genial bezeichnen.
Und letztlich auch durch die immerwährende Auseinandersetzung mit ihm zeigt das Völkerschlachtdenkmal, dass seine mahnende und gedenkende Aufgabe in der realisierten Form vollkommen gelungen ist.
Vielleicht hilft ja die obige Interpretation dem ein oder anderen zu neuen Ansichten über das Denkmal, das bei genauerer Betrachtung eben alles andere als ein abstoßender Koloss ist.
Den Ansatz des räumlichen Erlebens auf den Denkmalsentwurf für den Leuschnerplatz übertragen, könnte ich mir einerseits schon vorstellen, dass bei ausreichender Frequentierung des Denkmalsplatzes ein gewisser "Demonstrationseffekt" für die Besucher erlebbar werden könnte.
Dazu bedürfte es neben genügend hoher Besucheranzahl jedoch auch authentischer und aktueller Beschriftungen auf den Transparenten.
In einer gut besuchten Straße wie zb. der Grimmaischen anstatt auf einem expliziten Denkmalsplatz würde der Effekt wahrscheinlich besser und leichter erzielbar sein.