Beiträge von Berlinier 2.0

    Es geht schon um Umweltverträglichkeit und auch um die Frage, was dort noch alles geplant wird

    Es gibt nichts umweltverträglicheres als Städte bzw. Zentren zu verdichten. Was dort "alles" geplant wird ist doch keine Frage oder Wette. Die bebaubaren Parzellen sind im Bplan ausgewiesen und was nicht ausgewiesen ist, dürften nur noch die Wohnblöcke mit den DDR-Punkthochhäusern sein, die sowieso unantastbar sind.

    Insbesondere die betroffene Verkehrsinfrastruktur muss dabei beachtet werden.

    Warum ein 115m Gebäude die Verkehrsinfrastruktur mehr gefährdet als ein 95m Gebäude erschließt sich mir nicht. Wirklich nicht. Grundsätzlich ist es Sache der Stadt dafür zu sorgen, dass die Infrastruktur den Erfordernissen der Stadtentwicklung gerecht wird. Vor diesem Hintergrund ist es schwer zu vermitteln, dass die Stadtverdichtung hinter dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs zurückzustehen hat. Das gilt insbesondere, da Stadtverdichtung die Öffis ent- nicht belastet, weil keine langen Pendelbewegungen mehr durchgeführt werden müssen, wenn die Leute auch dort Arbeit finden können wo sie wohnen. Das kann überhaupt kein Argument sein in diesem Zusammenhang.

    Sicher ist deren Arbeit nicht perfekt, aber wer ist das schon?

    Sehr gönnerhaft. Ich für meinen Teil habe dann schon lieber Erwartungen an die von der Öffentlichkeit bezahlten Verantwortungsträger. Wir sind ja hier (noch) nicht in Havanna.

    Ich kam heute am Moxy vorbei und war überrascht, dass die angrenzende Tankstelle geschlossen und eingezäunt ist

    Die Tankstelle ist schon seit ca. 2 Jahren geschlossen. Ich bin mir gar nicht sicher, ob das aus bauplanerischen Erwägungen heraus passiert ist oder nicht eher, weil sich die Tankstelle nicht mehr rentiert hat und sich daher auch kein Nachfolger findet, denn das müsste ja ebenfalls eine Tankstelle sein, wegen den unterirdischen Tanks, die sich wohl auch nur mit hohem finanziellen Aufwand beseitigen lassen.

    es ist doch traurig, dass sich die deutsche Hauptstadt, die eigentlich das Aushängeschild seines Landes sein soll[..]

    Genau das [Aushängeschild] möchte ein beachtlicher Teil der Berliner (von denen ein beachtlicher Teil heute in politischen Ämtern ist) aber nicht sein, weil man Erbe der Diskrepanz ist, in einer vergleichsweise armen, leeren und sanierungsbedürftigen Stadt aufgewachsen zu sein, die man aber trotzdem in höchst-sympathischer Erinnerung hat. Eine Stadt, die keine vollen S-Bahnen kannte, wo man die Brachen-, Brüche- Orte und Un-Orte der Stadt noch erkundet hat, weil es kein Internet und keine Smartphones gab und weil das Leben noch in den Gassen stattfand und nicht in den digitalen Gazetten. Diese Generation erlebt das sukzessive Schließen der Berliner Brachen und Parzellen durch zunehmend gestreamlinte "corporate architecture" als Entfremdung, sie assoziiert die "Hauptstadt" daher auch nicht mit repräsentativen Funktionen (gesteht ihr diese max. im Botschafts&Regierungsviertel zu), sondern beäugt kommerzielle Neubauten grundsätzlich kritisch, bzw. unter dem Generalverdacht, dass diese auf Kosten der Berliner Identität und zu Gunsten einer defizitären Mietpreisentwicklung an ihren Interessen vorbei projektiert würden. Besonders Hochhäuser, obwohl aufgrund ihrer Bauart vergleichsweise wenig Stadtraum "raubend", haben sie als Katalysatoren dieser Entwicklung ausgemacht.


    Diese Generation wird nun sukzessive ersetzt durch eine, die zunehmend unbeeinflusst vom Charme des "alten Berlins" und zunehmend beeinflusst von der Ästhetik korporativer Designsprachen sind und die sich weit besser für ein Kreuz-Priming von Status&Unterhaltung eignen, sowie kommerzieller Inszenierung grundsätzlich unkritischer gegenüber stehen. Für sie ist ein [Aushängeschild] ein ausdrücklich positiver Begriff, weil sich der vermeintliche "Pracht-Status" Berlins unter ihre individuelle Leistungsstatistik als global vernetzter Weltbürger subsummiert und dort mit Hochburgen der Opulenz aus anderen Wirtschaftsräumen konkurriert.

    Wenn es für Berliner wenigstens ein einzelnes Highlight gäbe (der Pullfaktor war eigtl. das Imax), von mir aus auch ein elitäres Sternerestaurant, aber ich sehe nur seelenlose, überteuerte Franchises und ein profanes, tausendfach gesehenes Wasserspiel. Das ist dann in der Summe das Pendant zu den umgestalteten Potsdamer Platz Arkaden gegenüber für hungrige Touristen, denen es dort zu vulgär war. Schade, denn so verbleibt beim Sony Center der Eindruck einer künstlichen Stadt-Insel, einer art Flughafen-Terminal-Lounge ohne Abflugmöglichkeit.

    Was glaubt ihr denn was bei "+33% Bruttogeschossfläche und -20% Höhenabzug" noch von dem Entwurf übrig bleibt?


    Damit sind alle Entwürfe abgelehnt. Das wird prinzipiell eine Neuplanung werden (vermutlich ein besser verpackter Klumpfuß). Mir stößt vor allem die Begründung bitter auf, die der Kreuzung an der Jannowitzbrücke (Eine Hauptverkehrskreuzung im Stadtzentrum, nur einen Steinwurf vom Alex entfernt) abspricht, sich für ein Hochhaus ü95m zu eignen. Nicht Millieuschutz, Schattenwürfe, Regenwürmer oder Wutbürger, nein, die Kreuzung-Jannowitzbrücke ist für das Vorhaben nicht entwickelt genug, also der Stadt(!) nicht entwickelt genug, nicht dem Entwickler! Eine absurde Verdrehung der Zuständigkeiten.


    Normalerweise pressen die Baulöwen aus der Stadt die "m²" heraus, weil diese Höhenmeter realisiert sehen will, nicht: Die Stadt presst aus sich selbst "m²" heraus, um die Baulöwen damit zu beschwichtigen, damit diese weniger Höhenmeter realisieren.

    Warum sollte eine Anlage, die trotz Obdachlosen schon heute von Familien und Touristen en masse genutzt wird, nach einer Aufwertung nicht mehr von ihnen genutzt werden?

    Welche "Anlage", die "heute bereits en masse genutzt" wird, meinst du denn? Das Argument kann sich doch nur auf den "Neptunbrunnen-Park"(*) am frontalen Fuße des FT beziehen, sowie die von der Stadt in Dreiecksform angelegten Langbänke am seitlichen Fernsehturmfuß (Spielbank-Seite), welche in Sichtweite von Restaurants (Eiscafe im Alea, Restaurant im FT) liegen. Diese Langbänke werden von der BSR zwar halbwegs von Flaschen beräumt und sind lang genug, damit man auch neben ein paar Schlafenden noch Platz findet (in anderen Großstädten werden Bänke nach dem exakt gegenteiligen Kriterium entworfen), aber selbst hier, an diesen vergleichsweise neuen Anlagen ergibt das ein eher schmuddeliges Gesamtbild (Kippen, Ruß, Urin, Öl, Kaugummireste).

    (*)

    Ich mag den Neptunbrunnen-Park. Er ist vergleichsweise hübsch und vergleichsweise gepflegt, sowie durch die Umschließung von drei stark frequentierten Verkehrsstraßen ausreichend sicher für Frauen und Familien. Ich sehe nur keine Argumente dafür, ihm einen "wilderen Gegenpart" gegenüberzustellen, der von all den genannten Aspekten negativ abweichen wird.

    Eine echte Aufwertung wäre eine Bebauung gewesen, evtl. mit einem kleinen mittigen Parkdurchgang, der sich sauber und mondän gestaltet hätte, schon allein weil die zukünftigen Eigentümer dies verlangt hätten. Was wir nun südlich/westlich des Neptunbrunnens bekommen, dürfte in etwa so werden, wie die Dreiecks-Bänke heute sind, nur noch versiffter (mehr Bänke = weniger oft gereinigt) und (vor allem abends) noch gefährlicher, weil weniger exponiert und mit noch mehr Dunkelräumen für allerlei Ungemach (Dealerein, Pöbeleien, Suff, Drogen, etc.).

    Was ändert sich denn diesbezüglich durch den Umbau?

    Nun, wir hätten ja eine Bebauung bekommen können. Damit wäre das Problem gar nicht aufgekommen, bzw. hätte sich um den Neptunbrunnen herum konzentriert. Weitläufige Grünanlagen mitten im Zentrum bringen derartige Probleme nun mal mit sich und man kann der Situation nur beikommen, in dem man es so macht, wie es in Paris am Trocadéro gehandhabt wird, also mit massierter Polizeipräsenz und 0-Toleranz-Strategie. Oder in London, wo alle größeren Parkanlagen Nachts verschlossen werden und ebenfalls 0-Toleranz herrscht. Beide Ansätze halte ich in der Berliner Melange für undenkbar und der Erfahrung nach wird ein Großteil der anzulegenden Bänke und Sitzgelegenheiten von Schlafenden und Trinkenden belegt werden, so wie es auch heute bereits um den Fernsehturm herum praktiziert wird. Da frage ich mich was der ganze Aufwand soll, wenn sich die Situation später derart gestaltet, dass Familien mit Kindern die Anlagen gar nicht nutzen können, weil die hygienischen Zustände untragbar geworden sind.

    Der grosse Vorteil der heutigen Fläche, ist die Öffentlichkeit, die dort entstanden ist.

    Und auch gleichzeitig der größte Nachteil. Wo auf den Visualisierungen fröhliche Kinder spielen und freundliche Erwachsene entspannen, sehe ich vor meinem geistigen Auge Obdachlose/Junkies/Bettler vegetieren. Ihr habt mitbekommen, dass sich dieses Problem massiv vergrößert hat in den letzten Jahren, oder traut sich niemand das anzusprechen? Wie will man denn verhindern, dass die Anlage durch die für Bettelei und Wegelagerei äußerst attraktive Zentrallage zweckentfremdet wird. Ich erwarte hier größtenteils eine "Investition in Verelendung", weil die soziographische Struktur Berlins nicht nur vor dem Hintergrund der Fluchtbewegungen, sondern auch durch inflationären Druck (Mietsteigerungen) immer prekärer wird und Pull-Faktoren diesen Standort prädestinieren, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

    Müller Reimann fällt hier einfach total ab. Auch wenn die grünen Flächen mit glasierten Kacheln gestaltet wären, so ist es doch ein korpulenter Glaskasten. Dorte Mandrup ist hier viel angenehmer, vor allem durch den Klinker wird hier eine ganz andere Wärme transportiert.

    Ich stimme zu, aber der Reimann vermittelt eben auch besser als Bindeglied zu den DDR-Bautypen. Der Mandrup stellt sich daneben, wie ein Weinglas neben eine Bierdose.

    Ich fahre oft dran vorbei und bin jedes mal entzückt, wie fantastisch der grüne Marmor(?) dem Gebäude steht. Hätte man mehr Großzügigkeit bei den Geschosshöhen gehabt und die Front weniger "überladen" wäre ich gar vollends begeistert.


    edit: Zwar keine Architekturkritik, aber nachdem ich die Mietpreise (950€) und Wohnungsgrößen (22,59m²) gesehen habe und für mich festgestellt habe, dass mich beides für sich genommen doch sehr schockiert, muss ich meine Begeisterung ein Stück weit relativieren. Da hätten sie den grünen Marmor mal besser in den Wohnungen verbaut, statt an der Fassade, dann hätte man sich die Miete nicht auf einem 0,53m² Balkonklumpen schönsaufen müssen und tatsächlich einen Hauch Wohnqualität gehabt.

    "Zu voluminös und hoch" sei es dem Baukollegium, aber verglichen womit? Damit können doch wieder nur die 60/68m WHH-GT-18-Puppenkästen gemeint sein, dessen Dominanz an dieser gesichts- und rahmenlosen Autokreuzung schon eine Lompscher vor Jahren gegen jeden Fortschritt verteidigen wollte, oder? Mir kommt der Verdacht, dass man evtl. mit der Hinterhand bereits darauf spekuliert das Monarch-Projekt zurückzukaufen und mit nur noch 130m zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund wäre die Reduktion 130-90-68 (-20,-25) kongruent zu 150-115-68 mit dem Unterschied, dass der Anstieg weniger steil verliefe und sich harmonischer verhielte (68+22>90+40>130 statt 68+47>115+35>150). Leider eine Argumentation, die in das bekannte Schema des Baukollegiums passt. Alles "neue" muss sich dem "gestern" unterordnen und harmonisch anpassen. In einer Stadt, die voller Brüche und Lücken ist und aus allen Nähten platzt, trifft retrospektives Mikro-Management zunehmend auf Unverständnis.

    Ich bin auch für den Kleihues. Wegen dem opulenten Saal ganz oben, der entsprechend lichttechnisch inszeniert, fast etwas sakrales hat und entfernt an eine Philharmonie erinnert. So als würde dort oben etwas spielen, über den Köpfen der Menschen und diesen Gedanken finde ich reizvoll. Genau das ist was ich an Hochhäusern am interessantesten finde, wenn sie neue Ebenen kreieren, die mich aus der Fußgängerperspektive einladen und beschäftigen. An einem glatten Büroturm stellt sich dieser Effekt nicht ein, selbst wenn die Fassade interessant ist. Da Covivo und Mynd keinerlei Ebenen/Abstufungen bieten, finde ich Kleihues Entwurf hier besonders passend. Barkow-Leibinger könnte z.B. überall stehen und passt mMn besser an den Hauptbahnhof. Gehry ist nicht einzuschätzen.

    Zwar hat man sich Mühe gegeben die Fassaden auszudifferenzieren, aber für den 173m Wohnturm hätte ich mir eine abgesetzte, wärmere Farbgebung gewünscht, die sich an dem warmen Stein des historischen Deutsche Bank Gebäudes orientiert, so wie es auch ursprünglich mal angedacht war. So wirkt das Ensemble doch in der Summe recht kühl und technisch. Die dunkelgrauen Paneele zwischen den Fenstern stören mich an dem Wohnturm am meisten. Ich meine auch, da war erst eine wunderbare, warme Steinverkleidung und später dann ein metallisches Beige in den Visualisierungen zu finden, das dann beides wieder verworfen wurde zugunsten dieser Grau-Dunkelgrau-Paneele. Etwas schade.

    Wird die Traufe der DDR-Klonfabrik für imperiale Sturmtruppen überhaupt erreicht? Oder wird sie nur von dem etwas höheren Mittelteil erreicht und der Großteil der zwei Gebäude bleibt darunter (wäre ziemlich doof). So richtig schlau werde ich auch aus der zweiten Visu nicht, weil die Perspektive geschummelt aussieht. Ich finde nirgends Angaben zu den Geschossen.

    Die vernünftigste Lösung ist die Übernahme durch einen solventen Investor, so wie dies auch beim Mynd-Tower gelungen ist, der nun im Eigentum von Commerz Real fertiggestellt wird.

    Der Mynd ist aber ein Büroturm, da funktioniert das auch deutlich besser. Für einen Wohnturm im gehobenen Segment (anders lässt sich die Höhe auch nicht realisieren) war möglicherweise etwas zu viel Optimismus im Spiel. Problem ist halt, dass am Alexanderplatz niemand, der sich in Berlin auskennt, ernsthaft wohnen möchte. Der Platz ist so unwirtlich, der Straßenraum so verkehrslastig und die soziale Durchmischung so unattraktiv, dass sich Wohnungen dort eigentlich nur im unteren Preissegment lohnen oder als spekulative Wertanlage für ausländische Privatspekulanten, die sich nicht auskennen und in Berlins Zentrum investieren möchten, weil Deutschland einen guten Ruf hat. Ich denke, man hat in besseren Zeiten auf solche Leute abgezielt und diese Zeiten sind nun vorbei.

    Das hat auch Hines erkannt und den geplanten Gehry-Turm von einem Wohnturm zu einem Büroturm geändert. Auch Covivo konnte sich in dem Sockelgebäude zum "Alx", das prinzipiell besser gelegen ist, weil mittig am Platz, nicht zu viel mehr als Mikroapartments durchringen. Der Alexandertower wurde in Zeiten hochspekulativer Märkte mit moderaten Baukosten mit Geld aus wahrscheinlich mehr oder weniger halbseidenen Kreisen geplant und dann jahrelang die Bauausführung verschleppt, das fing schon vor dem Ukraine-Krieg an. Jetzt hat die Realität das Ding überholt. Ich glaube nicht, dass das Projekt so noch umgesetzt wird.

    "Gültigkeitsdauer der Genehmigungen


    Die Baugenehmigung, der Vorbescheid und der planungsrechtliche Bescheid gelten jeweils für zwei Jahre. Das heißt, ihre Gültigkeit erlischt, wenn innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Erteilung nicht mit der Ausführung des Bauvorhabens begonnen wurde oder die Bauausführung ein Jahr unterbrochen wurde. Die Frist kann auf schriftlichen Antrag jeweils bis zu einem Jahr verlängert werden." Quelle


    Für mich heißt das, dass die Baustelle mit Ausreizung der Gesetze und unabhängig von möglichen Gerichtsentscheiden maximal 2 Jahre stillstehen darf bevor die Genehmigung erlischt und erneut beantragt werden müsste. Seit wann genau steht die Baustelle still? Weiß das jemand?



    200 Meter sind für diese Gegend zweifellos überdimensioniert.

    Alles relativ. Man kann auch argumentieren, dass 140m für diese Gegend überdimensioniert sind (Beispiel mit den zwei Frauen).

    In Hamburg entsteht zur Zeit in einer deutlich(!) unbelebteren Gegend ein 245m Gebäude. Du scheinst mir die Fernwirkung von einem 200m Gebäude auch tendenziell zu überschätzen, das wird an dem Vergleich mit dem Fernsehturm deutlich.

    Na ja. Solche Türme müssen jedenfalls auch Maß und Mitte haben, damit sie Akzeptanz finden.

    Berlin braucht vieles, aber "Maß und Mitte" verbinde ich eher mit "gestrig und spießig", als mit dem Streben nach einer höhengestaffelten Ausdifferenzierung und Akzenturierung der sich "wie ein riesiger Brei ergießenden" (Nöfer) Berliner Stadtlandschaft mit ihren baulich nach wie vor stark unterdurchschnittlich entwickelten Stadtzentren am Alex und Zoo. Berlin wird kaum vom architektonischen Avantgardismus bedroht, im Gegenteil, es ist eher der Ruf nach "Maß und Mitte" (in einer Stadt ohne Maß und Mitte) an der die Bauplanung krankt.

    Was nicht unbedingt schlecht sein muß. Denn die Voraussetzungen für solche Architektur will man vielleicht gar nicht haben bzw. hat sie nicht (Kommerz, Eliten). Was habe ich von einem "ausgezeichneten" 200 Meter-Turm, der überhaupt nicht zu Berlin paßt? Du kannst ja mal in einem entsprechenden Faden Beispiele verlinken, die du gerne in Berlin sähest.

    Der hier besprochene Edge-Tower würde mit 200m zweifellos eine bessere Figur machen. Die 60m mehr an Höhe hätte man für eine ausdifferenziertere Version des treppenartigen Dachabschlusses aufwenden können. Auch hätte das Gebäude mit einem vierten "Zwischenelement" weniger plump gewirkt, weil sich der recht breite Baukörper angenehmer proportioniert und das Gebäude optisch mehr "in den Himmel geschraubt" hätte. Ein Nutzer in einem Nachbarforum hatte das mal schnell visualiert. (Link)


    Ich war neulich an der Ecke und bekam folgendes Gespräch zweier junger Frauen direkt vor mir laufend mit:


    a)Oh Gott, was ist das denn? *zeigt auf den Edge-Tower

    b)Das passt ja überhaupt nicht in die Gegend

    a)Dann kommt dort wohl ebenfalls sowas hin *zeigt auf die Baustelle von diesem geplanten, wunderbaren und hochwertigen Projekt

    b)Furchtbar

    Du magst da anders ticken. Aber in einer Demokratie spielt nun mal der Volkswille eine entscheidende Rolle. Und ich sehe da keine Sehnsucht nach einem heilen Schloßbrunnen.

    Schwierig hier mit so etwas nebulösem wie "Volkswillen" zu argumentieren. Auf einer Straßenumfrage würden wahrscheinlich 90% der zufällig ausgewählten Passanten nicht mal wissen wie der Neptunbrunnen aussieht oder wo er steht. Letztlich ist es eine Fach-Diskussion, die unter Reko- bzw. Architekturfreunden geführt wird. Innerhalb dieses kleinen Zirkels spielen dann allerdings durchaus auch politisch/ideologische Motive bzw. verschiedene Weltanschauungen eine Rolle.


    Es gibt eine Weltanschauung, die sich darum bemüht, historische Architektur in einem möglichst holistischen Gesamtbild zu betrachten, wobei persönliche und/oder politische Motive der Bauherren/Architekten, spätere politische Funktionen etc. in einen wertenden Kanon einfließen, der sich über die reine Ästhetik,- über mathematische Verhältnisse, goldene Schnitte, Sichtachsen, Proportionen und Beziehungen hinaus eine Kontextualisierung erlaubt. Diese soll sich mit dem Referenzpunkt zeitgenössischer Wertmaßstäbe vergleichen und man sieht sich weltanschaulich dazu ermächtigt, "historische Architektur" um zeitgenössische Elemente ergänzen zu wollen oder eine Reko gar gänzlich verhindern zu müssen, um Kongruenz zu den Wertmaßstäben der modernen Demokratien herstellen zu können.


    Diese (Selbst)Ermächtigung des im architektonischen Sinne "woken" Establishments empfinden Rekonstruktionsbefürwörter als anmaßend. Den Versuch einer Herstellung von Kongruenz zu modernen Wertmaßstäben empfinden sie als Konstrukt,- als oktroyieren einer intellektuellen Metaebene, die sich ausschließlich in elitären Echokammern nährt und auf das ästhetische Empfinden der -ihrer eigenen Überzeugung nach- Mehrheit wenig bis keine Rücksicht nimmt. Für sie ist die Ergänzung/Änderung um zeitgenössische Elemente oder gar die Verhinderung einer Reko eine (weitere) art elitärer Paternalismus, der sich an den architektonischen Errungenschaften ihrer Vorfahren versündigt und einer lebensqualitätsfördernden Reperatur des Stadtraumes oft im Wege steht. Sie empfinden den Stadtraum tendenziell als eine Erweiterung ihres Wohnzimmers. Für sie ist die Ästhetik eines Gebäudes wichtiger als dessen Ausdruck. Wenn sie ein Gebäude "aufladen", dann entsteht dies meist aus positiven, sensorischen Stimuli, also aus einem (subtilen) Wohlgefühl.


    Dass es zwischen diesen zwei Gruppen im "kleinen Kreis" der Berliner Architekturwelt knirscht, ist keine Neuigkeit. Da Frau Kahlfeldt selbst eher einen historisierenden Geschmack zu haben scheint, dachten viele sie würde das Pro-Reko Lager befürworten, aber dem ist offenkundig nicht so. Möglicherweise ist ihr die Sache mit dem Neptunbrunnen auch zu "heiß" um sich an dieser Sache im Amt die Finger "verbrennen" zu wollen. Seis drum, wichtig ist, dass überhaupt ein Brunnen kommt und sobald die Leitungen gelegt sind, kann ein Umzug des Neptuns auch in einigen Jahren erfolgen, wenn sich das gesellschaftliche Klima so weit geändert hat, dass dieser Wunsch im politischen Berlin größeren Anklang findet.


    Auch ein sehr simpel gestalteter Brunnen kann vor einer historischen Fassade reizvoll sein, wie man z.B. in Braunschweig am Stadtschloss begutachten kann. https://www.heinze.de/architekturobjekt/zoom/12533546/