Die Abwehrhaltung gegen den Verkehr auf den Straßen schließt ja zudem auch immer Lieferverkehr mit ein, der oftmals auch individuell von statten geht. Zum einen fördert und fordert man die vollständige Digitalisierung von allem und jedem (ist das eigentlich ein Naturgesetz?) zum anderen beklagt man dann die Lieferwege, die halt überwiegend motorisiert zum Endkunden kommen. Ein großzügiger Bahn-Ausbau: Fehlanzeige! Nur ein mürrischer Verweis auf ein Lastenrad und auf die Bahn, deren Reisezeiten sich seit Jahrzehnten nicht wesentlich verringert hat. Ich weiß gleich schreien wieder die Ersten, dass alles so super ist…
Nur um zu verstehen musst du etwas tiefer einsteigen. Mag unser Land mal der zivilisierten Welt angehört haben, so gehören wir heute zur ideologisierten Welt. Parolen haben Argumente ersetzt. Der Fortschritt der uns so vieles ermöglicht hat ist zum Feind erkoren worden und deshalb stürzen wir Stück für Stück ab in eine Mangelgesellschaft („brauchen wir das wirklich?“). Der Ausstieg aus der Kernenergie hätte nicht auch gleich zum Ausstieg aus der Kernforschung führen müssen, etc. etc. etc.
So einer wie Helmut Jahn ist doch zum richtigen Zeitpunkt gestorben, er blieb der These des Fortschritts durch Technologie treu. Das Sony-Center als eine heitere romantische Hommage an den Fortschritt – Ich liebe es! Wobei ich nicht von einem blinden Fortschrittsglauben rede. Aber Emanzipation kam mit dem Fortschritt (nicht nur technisch), nicht durch die ach so tollen Regierungen.
Es ist wie mit der Loveparade, „rettet den Tiergarten“ hat den ganzen Spaß kaputt gemacht, weil angeblich der Tiergarten darunter litt – das Ende kennen wir. Und hier ist die Krux. Es wird in kirchlichem Duktus die Moral als Grund warum dies oder jenes nicht (mehr) geht vorgehalten. Aber im Grund möchte oder erschafft man dadurch einfach nur eine graue, freudlose, verängstigte und duckmäuserische Gesellschaft. Der wahre Feind ist im Grund der Mensch selbst, dessen Lebhaftigkeit für viele lieber in maschineller Berechenbarkeit zu ertragen ist. Denn auch wenn er auf das Fahrrad umgestiegen ist wird man neue Gründe finden, warum er nun zum Beispiel ein Nummernschild braucht, warum er nun auch Steuern zahlen müsse oder braucht man wirklich ein Mountainbike, reicht nicht ein „Einheitsklapperrad für Alle“?
Um beim Fahrradverkehr zu bleiben. Fortschritt wäre es, wenn Berlin flächendeckend Fahrradwege hätte. Ist nicht der Fall und wenn sind diese zum großen Teil in einem erbärmlichen Zustand. Und hier entzündet sich dann meine Wut und Schreiblust, wenn mir ununterbrochen irgendwelche Modeprojekte hier und dort in bunten Bildern präsentiert werden, das Ganze aber darunter leidet.
P.S. Schnell lesen, wird sicher eh gleich wieder von den "Moderatoren" gelöscht