in München gab es vor 1/2 Jahren eine Studie die untersucht hat wie viele KM wirklich mit jedem Verkehrsmittel zurückgelegt werden
Was diese Studie anscheinend beschreibt, ist der Modal Split: Modal Split – Wikipedia. Im Wikipedia-Artikel wir auch nochmal darauf hingewiesen, dass der Modalsplit sehr unterschiedlich ausfallen kann, je nachdem, welche Berechnungsgrundlage angewandt wird. So wurden laut der Verkehrserhebung Mobilität in Deutschland (MiD) im Jahr 2017 in Deutschland beispielsweise 22 % aller Wege, aber nur 3 % aller Personenkilometer zu Fuß zurückgelegt. Ich vermute, dass bei der von dir erwähnten Studie nach Personenkilometern berechnet wurde, was drauf hindeuten würde, dass zu Fuß und mit dem Fahrrad in erster Linie kurze Strecken zurückgelegt werden, was unter den gegebenen Bedingungen im Straßenraum nachvollziehbar ist.
Die Studie ist kein Indikator für gottgegebene Mobilitätspräferenzen, sondern für die Mobilitätspräferenzen unter den gegebenen Bedingungen. Eine naheliegende Schlussfolgerung wäre, dass bspw. die Fahrradinfrastruktur unzureichend sein könnte (keine überraschende oder bahnbrechende Erkenntnis) und es an breiten, sicheren, flächendeckenden, idealerweise baulich vom PKW-Verkehr getrennten Fahrradwegen sowie modernen Fahrradabstellanlagen fehlt (Parkhäuser, Sammelschließanlagen, Boxen, Stromanschlüsse, etc..).
Das Fahrrad ist defintiv ein cooles Fortbewegungsmittel - für die Freizeit oder mal hier und da um morgens in die Arbeit zu kommen wenn gutes Wetter ist. Aber es ist einfach für die breite Masse nicht tauglich um jeden morgen z.B. zur Arbeit zu komme, bei Regen, wenns zu heiß ist, eigentlich den kompletten Winter oder wenn die Strecken zu lang sind ist es einfach schlicht nicht tauglich für die breite Masse.
Das ist die alte Leier, die jedes Mal gespielt wird, wenn das Thema aufkommt. Nur beißt sich dieser Eindruck mit der Realität. Wenn gute Fahrradinfrastruktur vorhanden ist, wird diese von mehr Leuten intensiv genutzt und es werden öfter auch längere Strecken zurückgelegt. Das zeigt die Erfahrung, national und international. Man muss da auch von dieser ultimativen Danke wegkommen. Es geht nicht um entweder Auto oder Fahrrad oder unter welchen Wetterbedingungen man persönlich das Fahrradfahren für praktikabel hält. Es geht darum, einer flächensparenden, günstigen, gesunden, emissionsarmen und leisen Fortbewegungsart im urbanen Raum mehr Platz zu geben. Die Nutzungszunahme kommt von allein.
Nehmen wir das Beispiel Berliner Innenstadt. Hätten wir ein ähnliches Radwegenetz wie in Kopenhagen und eben nicht ständige Fahrbahnwechsel, Bordsteinkannten, Konfliktzonen, auf die Straße gemalte Provisorien und schmale, holprige Radwege, wäre ein Großteil der Innenstadt problemlos mit dem Fahrrad erreichbar. Man bräuchte das Auto nur noch für größere Besorgungen, Entsorgungen, Ausflüge und bei besonders schlechtem Wetter. Das Stehenlassen des Autos würde im Regelfall zur komfortableren Option werden. Das ist das Ziel und nicht ein Verbot oder die Verteufelung von Autos.
Nicht zu vergessen sind auch die technischen Neuerungen der letzten Jahre. Der Pedelec-Markt boomt ohne Ende. Pedelecs vergrößern den Bewegungsradius, erleichtern das Vorankommen (wichtig für Pendler) und ermöglichen es, großen Teilen der älteren Bevölkerung am Fahrradverkehr teilzunehmen.
Die Frage nach dem Wetter wird natürlich von Person zu Person anders beantwortet. Ich habe den Eindruck, dass das in der Regel stark überschätzt wird. Fahrradzählstellen zeigen, dass auch an Tagen mit suboptimalem Wetter viel los ist. Klar gibt es Tage mit starken Niederschlägen, Kälte und Eis, an denen die allermeisten das Rad stehen lassen. Gut, dann steigt man halt mal auf ÖPNV oder Auto um. Das ist kein überzeugendes Argument gegen den Ausbau von Radinfrastruktur auf Kosten der PKW-Infrastruktur.