Beiträge von JimmyMcGill

    Die Reinigung eines innerstädtischen Flusses

    Super Beispiel für die irreführende Kommunikation in Zusammenhang mit diesem Projekt. Man reinigt keinen innerstädtischen Fluss, sondern eine kurzen Abschnitt davon. Für 200 Mio.

    Die 50 mio für die Bäder Betriebe verpuffen und für was brauchst du "allgemeinen Gewässerschutz", wenn es eh niemand genießen kann?

    Wieso soll das niemand genießen können? Eine allgemein guter ökologischer und chemischer Zustand der Spree kommt uns allen zu gute. Nicht nur Menschen die entlang der Spree wohnen und arbeiten, sondern auch stromabwärts in den Erholungsgebieten entlang der Havel. Und mit den richtigen Maßnahmen ist die Wasserqualität perspektivisch vielleicht gut genug, dass man an vielen Stellen der Spree schwimmen gehen kann. Nicht nur auf einem 300 Meter langen Abschnitt.


    Was Du Opportunismus nennst, ist eine kritische Auseinandersetzung mit dem Projekt. Es gibt halt auch Menschen, die deine Meinung nicht teilen. Ist sowas noch erlaubt oder ist man dann schon "besorgter Bürger"?

    ^Ich halte es eben nicht für richtig, punktuell 200 Millionen für einen Showeffekt auszugeben, wenn man für ein Viertel des Geldes bereits wesentlich effektivere und notwendige Maßnahmen umsetzten kann.


    Wie wäre es dann damit: Kein Flussbad, 50 Mio für den allgemeinen Gewässerschutz und 50 Mio für die Berliner Bäder-Betriebe? Die restlichen 100 Mio für andere Projekte. Würde ich bevorzugen...

    ... etwas was hier in der Diskussion viel zu kurz kommt ist auch der positive Effekt auf die Wasserqualität und andere Umweltfaktoren. Das werden in ein Paar Jahren ganz entscheidende Faktoren für die Attraktivität einer Innenstadt sein.

    Erneut ein sehr schwaches Argument, wenn man in die Details guckt. Das Flussbad steigert die Wasserqualität für ein paar hundert Meter. Genug für Instagram-Bilder und ein paar Zeitungsartikel in denen behauptet werden kann, dass man in "der Spree" jetzt schwimmen könne. Und ich bezweifle stark, dass die Durchflussmenge ausreichen wird um hinter der Museumsinsel signifikante Verbesserungen herbeizuführen.


    Wieso das Geld nicht für wirklich effektive Maßnahmen ausgeben? Überlaufbecken für die Kanalisation, Reduzierung der Versiegelung, Beseitigung von Altlasten in Gewässern und ihrer Nähe, Entkrautung, Schutz naturbelassener Ufer und Habitaträume, etc...

    • Ein Flussbad an der angedachten Stelle ist kreativ, spektakulär o.ä. und daher ein toller Anziehungspunkt / eine tolle Erweiterung des Areals.
      - Gegenargument?

    Logischerweise wäre Nr. 2 das Gegenargument, grundsätzlich aber auch 3, 4 und 5.


    Umgekehrt finde ich Nr. 1 als Gegenargument für 2, 3, 4, und 5 äußerst schwach. Wie dem auch sei... für mich illustriert Deine Aufzählung ganz schön, wie ausschlaggebend die ideologische (oder entschärft gesagt idealistische) Komponente dieses Projektes ist. Denn die muss äußerst stark ausgeprägt sein, um Nr. 1 so zu gewichten, dass sämtliche andere Argumente übertrumpft werden.

    Das bezog sich weniger auf Dich als auf den Debattenton hier, der immer wieder in diese Richtung abgleitet.

    Ich verstehe schon was Du meinst, es wird schnell überdramatisiert. Nur... denke ich eben nicht, das mein Szenario so unrealistisch ist. Guck Dir doch das von Dir genannte Beispiel Monbijou-Park in direkter Nachbarschaft an. Im Sommer war der regelmäßig zugemüllt. Es gab Schlägereien, Polizeieinsätze, sogar einen Mord. Das ist halt auch Berliner Realität. Heißt noch lange nicht, dass sich die "Party-Szene" an Sommerabenden das Flussbad zu eigen machen wird. Aber völlig abwegig ist das sicherlich nicht.


    Ich reagiere allergisch auf den Ideologie-Vorwurf

    Das merke ich, denn es führt zu einer Reihe von Fehleinschätzungen. Ich maße mir nicht an abgeklärt-unideologisch zu sein und Umweltökologismus passt ganz hervorragend in mein Weltbild. Ich finde nur dieses Projekt blödsinnig, denn es wählt diese Perspektive als Legitimation für eine "Renaturierung", die in meinen Augen keine ist. Beispielsweise die geplante "natürliche" Uferböschung entlang des Spreekanals auf der Fischerinsel, oder die par hundert Meter Schilfmatte im Kupfergraben. Und mein persönliches Highlight: Der Graureiher am Uferrand. Das ist Virtue Signaling im Zeitgeist, um Fördergelder an Land zu ziehen.


    Wir befinden uns hier im hochurbanen Innenstadtbereich. Diese Strukturen werden aufgebrochen. Relativ dazu rede ich auch von "unnatürlich", denn der natürliche Zustand ist nach hunderten Jahren Urbanität eben nicht der, der auf den Visus sehnsüchtig suggeriert wird. Für mich ist das Projekt einfach sinnlose Geldverschwendung unter scheinheiliger Prämisse. Das Geld ist in so vielen Bereichen so viel besser angelegt...


    Bedenkenswert finde ich Deinen Vorschlag, die Spree als ganzes zu reinigen und andernorts Flussbäder einzurichten. Das ist nur, fürchte ich, kaum möglich. Die Spree wird auf lange Zeit von den Spätfolgen der Braunkohle-Tagebaue belastet sein. Eine Gesamtreinigung scheint mir kaum möglich.

    Auf jeden Fall schwierig und vor allem langwierig. Sicherlich nicht unmöglich. Man brauch keine Trinkwasserqualität sondern muss unter gewisse Grenzwerte gelangen, ab denen ein Spreebad unbedenklich wäre.

    diese ewigen Berlin-ist-die-schrecklichste-Stadt-der-Welt-Vandalismus-"Umweltökologismus"-Debatten auslöst – davon habe ich wirklich die Nase voll.

    Jetzt bitte nicht alles verrühren...


    Meine "Projektion" basiert auf 37 Jahren Berlin-Erfahrung. Sicherlich habe ich die negativen Aspekte herausgestellt, aber ein Horrorszenario sollte es nicht werden. Wie du das in ein paar Sätzen zu relativieren versuchst, finde ich wiederum wenig überzeugend.


    Und Berlin ist nicht die schrecklichste Stadt der Welt. Habe ich weder behauptet, noch impliziert. Berlin ist wahrscheinlich nicht die schönste , aber dafür meine liebste Stadt der Welt...


    Und damit kommen wir zum meiner Meinung interessantesten Aspekt, den ich in meinem Kommentar angesprochen habe:

    Neben der fragwürdigen Praktikabilität und dem hier schon mehrfach diskutierten Zustand der sonstigen Berliner Bäder, gibt es aber noch einen generellen Aspekt den ich nicht nachvollziehen kann: Warum will man diese über Jahrhunderte gewachsenen urbanen Strukturen aufbrechen, um sich "die Natur" künstlich und für Unsummen an einen Ort zu holen, der dafür einfach schlecht geeignet ist? Ist das nicht wieder unnatürlich? Das ist für mich so ein Feel-Good-Projekt, ein Werbeprojekt für eine Ideologie. Es ist ja nicht mal nachhaltig. Nachhaltig wäre es, das Geld zielgerichtet dafür zu investieren, dass Spree & Co. biologisch und chemisch bereinigt und dann auf dem entsprechenden Nivea gehalten werden. Dann kann man in Köpenick, Treptow oder am Tiergarten für deutlich weniger Geld Flussbäder errichten, die idealerweise gut an den ÖPNV angebunden sind.

    Ich weiß nicht - Flussbad zieht doch eher das Gesundheitsklientel an. Der typische Sauna und FKK Gänger.

    Ein Flussbad im Spreewald zieht diese Leute an, ja. Aber ein Flussbad mitten im Zentrum von Berlin?


    Wirklich natürlich ist es ja nicht und ob das dem "Gesundheitsklientel" reicht, wage ich mal zu bezweifeln. Grade weil es stark exponiert ist und man praktisch vor Touristen paradeschwimmen darf, halte ich es für unrealistisch, dass sich Rentner und "Gesundheitsklientel" dort etablieren. FKKler ganz sicher nicht. Eher so die "Poser" vom Badeschiff oder von der Brücke springende "Checker".

    ^Man hat es gut im Griff weil die Hemmschwelle bei den Bauten nochmal höher ist, vor allem aber, weil die Gegend eher wenig Anziehung auf das Klientel ausübt. Mit dem Flussbad hättest du deinen Pull-Faktor... Ich hab's schon vor Augen wie die besoffenen Halbstarken dort von den Brücken springen, ihre Flaschen liegenlassen und Pergamonmuseum etc. mit dem neusten Deutsch-Rap beschallen. Wo sollen die auch sonst hin, wenn überall Bäder schließen oder über Jahre renoviert werden? Man kann das Problem natürlich wieder der Polizei übergeben, die dann an Sommerabenden permanent dort rumlungern muss. Und zack hat Berlin seinen nächsten Konfliktraum.


    Neben der fragwürdigen Praktikabilität und dem hier schon mehrfach diskutierten Zustand der sonstigen Berliner Bäder, gibt es aber noch einen generellen Aspekt den ich nicht nachvollziehen kann: Warum will man diese über Jahrhunderte gewachsenen urbanen Strukturen aufbrechen, um sich "die Natur" künstlich und für Unsummen an einen Ort zu holen, der dafür einfach schlecht geeignet ist? Ist das nicht wieder unnatürlich? Das ist für mich so ein Feel-Good-Projekt, ein Werbeprojekt für eine Ideologie. Es ist ja nicht mal nachhaltig. Nachhaltig wäre es, das Geld zielgerichtet dafür zu investieren, dass Spree & Co. biologisch und chemisch bereinigt und dann auf dem entsprechenden Nivea gehalten werden. Dann kann man in Köpenick, Treptow oder am Tiergarten für deutlich weniger Geld Flussbäder errichten, die idealerweise gut an den ÖPNV angebunden sind.


    Dann gibt es ja noch das Werbe-Argument: "Wenn das Ding erstmal steht, werden alle erkennen, wie toll es ist, im Stadtfluss zu schwimmen und werden für Naturschutz sensibilisiert"... Man brauch kein 100+ Mill. € Flussbad um der Bevölkerung zu verklickern, dass sauberes Wasser toll ist. Und schwimmen tun die Menschen auch von ganz alleine.


    Je länger ich mich mit dem Projekt auseinandersetzte, desto weniger überzeugt bin ich davon. Klar, einen gewissen Charme hat die Idee und die Visus sind gut, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich die Kosten, die jahrelange Bauzeit, die entstehenden Konflikte und den bescheidenen Nutzen in keiner Weise gerechtfertigt sehe.