Zum ICC im allgemeinen und besonderen
Hallo auch,
bin zwar schon eine Weile hier registriert, jetzt wollte ich mich doch mal zum Thema ICC beteiligen.
Das Thema ICC ist doch seh vielschichtig und die ganze Diskussion darum läuft zumindest von Seiten des Senates und der Messe Berlin mit vielen fadenscheinigen Argumenten.
Ich möchte anmerken, daß ich dieses Haus schon sehr lange kenne und eigentlich damit "aufgewachsen" bin, da mein Vater dort tätig ist und ich insofern die ein oder andere interne Äußerung der Mitarbeiter des Hauses kenne, die sich aus guten Gründen nicht unbedingt an der öffentlichen Diskussion beteiligen.
Wahrscheinlich werde ich zwischendurch etwas ausschweifen....
Über die Architektur des Hauses läßt sich sicherlich vortrefflich streiten, ich selbst habe mich an sie gewöhnt und muß mittlerweile sagen, daß sie phantastisch ist und durchaus Leben und Charakter hat, ganz im Gegensatz zu dem -meiner Meinung nach- völlig sterilen Potsdamer Platz. Wahrscheinlich braucht man immer einigen zeitlichen Abstand, um sich mit zeitgenössischer Architektur anzufreunden, besonders mit der der 70-er Jahre.
An machen Orten ist es einfach so, daß man durchaus dem vergangenen "nachweinen" kann, vor allem, wenn es nach dem Krieg wiederherstellbar gewesen wäre. Hierzu zählt für mich der Potsdamer Platz und auch der Schloßplatz.
Das ICC als solches verhindert ja keinen wie auch immer gearteten historischen Bau (sieht man mal von den ganz alten Rundfunk/Messe-Hallen ab, die ja allesamt verschwunden sind).
Nun zur Problematik. Berlin hat mit dem ICC das sehr häufig ausgezeichnete beste Kongreßzentrum der Welt. Dieses Haus ist veranstaltungstechnisch ein hervorragendes Gebäude. Allein die Tatsache, daß Saal 1 und Saal 2 über eine wirkliche Bühne mit Unter- und Obermaschinerie (Schnürboden) verfügen und auch gemeinsam genützt werden können, spricht für sich. Dies war z.B. bei dem teilweise auch recht flexiblen großen Saal des Palastes der Republik nicht so (obwohl ich ihn auch für erhaltenswert gehalten hätte...). Der PdR verfügte über keinen Schnürboden, keine wirkliche Hinterbühne. Das ICC ist insofern auch mehr mit anderen Kulturbauten zu vergleichen, als mit einem reinem Konferenzzentrum. Im ICC ist alles vorhanden, bzw. kann relativ flott eingerichtet werden. Andere "Kongreßzentren", wie das häufig erwähnte Estrel verfügen darüber nicht. Hier muß in einer im Prinzip leeren Halle erst immer alles errichtet werden, die dann doch seelenlos bleiben.
Das ICC ist ja auch eher als Multifunktionszentrum errichtet worden, in dem halt auch ohne großen Aufwand Kulturveranstaltungen möglich sind, es wird dafür leider immer weniger genutzt, wie z.B. Bälle. Ein mit großem Aufwand hergerichtetes Schauspielhaus hat sicherlich etwas mehr "kitschigen" Charme als Saal 2, das Estrel kann da bestimmt nicht mithalten. Die Sache ist die, daß sich Bälle und auch Veranstaltungen wie z.B. die Echo-Verleihung für die Messe Berlin nicht rechnen, sprich nicht genügend Gewinn abwerfen. Sie sind zwar gut genug fürs Renomme, aber für "zahlenorinetierte " Messe uninteressant. Für Prestige kann man sich nichts kaufen.
Der Echo ist im Estrel deutlich kleiner, als er im ICC möglich war.
Daß dieses Haus nie Gewinn abwerfen würde, war von vornherein klar. Dies hat das ICC mit allen großen Kongreßzentren der Welt gemeinsam.
Das Haus bringt aber einen derart großen Kaufkraftzufluß nach Berlin, so daß sich für den Senat fast ein Nullsummenspiel ergibt. Daß nun derart große Sanierungen anstehen ist allein darin begründet, daß der Senat von Berlin in den letzen Jahren die absolut notwendigen Mittel immer mehr reduziert hat und so notwendige Reparaturen immer mehr gestreckt worden sind.
Die Auswirkungen dieser Politik kann jeder Autofahrer in Berlin beim Zustand der Straßen beobachten.
Dies betrifft beim ICC vor allem die Klimatechnik, die langsam aber sicher am Ende ihrer Nutzungsdauer angekommen ist, unabhängig davon, daß sie eigentlich noch nie vernünftig funktioniert hat.
Was dort hohe Kosten verursacht ist die Tatsache, daß immer das ganze Haus klimatechnisch behandelt wird, also einzelne Säle und Räume bei Nichtnutzung gleichbehandelt werden. Dies ließe sich durch eine moderne Klimatisierung ändern und entsprechend Geld sparen.
Die E-Installation wäre auch mal fällig.
Die Veranstaltungstechnik (wie Beschallungstechnik) ist in der letzten Zeit durchgreifend erneuert worden. Hier ist im Prinzip kaum noch etwas aus der Anfangszeit im Einsatz.
Die anstehenden Sanierung ließen sich fast allesamt unter laufendem Betrieb machen, wenn denn die nötigen Gelder bereitgestellt werden würden. Leider wird das Haus in der Öffentlichkeit von seiten des Senates und der Messe Berlin systematisch schlecht geredet. Dies vor allem von einer Messe-Leitung, die nach allen absolut inoffiziellen Informationen nur an dem Messegelände und dessen Vermarktung interessiert ist. Ein Messegelände funktioniert wunderbar ohne Kongreßzentrum, umgekehrt wird es schwieriger.
Fakt ist aber, daß das "posemuckl" DCC ein absoluter Witz wäre, mit dem Berlin unter Garantie fast alle Großkongresse verlieren würde. Kleine Kongresse und Tagungen finden ja meist eh schon in Hotels statt. Da kann das ICC auch keine Konkurrenz sein.
Die Großkongresse brauchen dieses ICC. Am Rande sei erwähnt, daß sich der DFB für das ICC als Medienzentrum vor allem wegen der hervorragenden medientechnischen Ausstattung entschieden hat, obwohl der DFB nur im Saal 2 ist und nebenbei noch etliche kleinere Kongresse laufen.
Fazit:
Alles in allem ist es eine verfahrene Situation. Die Messe will im Prinzip das ICC nicht, weil sie der Meinung ist, es nicht zu brauchen (und zuviel Geld kostet....).
Der Senat will mit aller Gewalt Geld sparen, auch an Stellen, wo das Prestige und die Kaufkraftzunahmen für diese Stadt eigentlich gewichtiger sein sollten. Es wird halt leider zu kurz gesprungen. Die sicherlich zu hoch gerechneten Sanierungskosten für das ICC hat der Senat von Berlin selbst zu verantworten.
Sie würden ja auch nicht auf einen Hieb anstehen.
Kongreßzentren kosten überall auf der Welt Geld und sie bringen keines oder weniges. Multifunktionshallen sind keine Kongreßzentren (Leipzig soll ja mit seinem Kongreßzentrum auch Miese machen, obwohl von GMP erdacht...).
Berlin würde einen einzigartigen Kulturbau verlieren.
Ich würde mir wünschen, daß sich alle Verfechter für den Erhalt des PdR sich nun für das ICC einsetzen würden. Das ICC hat sicherlich nicht die gastronomischen Einrichtunge, wie der PdR, oder den kleinen "Gag" der Bowlingbahn, obwohl sich dafür im ICC sicherlich Platz finden würde......., aber es ist wesentlich flexibler nutzbar, als der PdR war, der sich im Vergleich zum ICC nun überhaupt nicht gerechnet hat. Die von Ostseiten festgelegten Dinge über den Betrieb des PdR, die daran ihren ganz großen Anteil hatten, lassen wir mal außen vor. Hierzu zählen die kostenfreie Nutzung des großen Saales, die festgelegten gastronomischen Preise und die hohe Anzahl an festangestellten Mitarbeiter (Pdr: um die 1800, ICC 80!)
Um niemand gegen mich aufzubringen, möchte ich sagen, daß ich durchaus für einen Erhalt des PdR gewesen wäre und bin. Ich denke, da hätte sich was draus machen lassen, aber ums Böse zu sagen, er steht (stand) an der falschen Stelle.
Entschuldigt bitte die vielleicht teilweise abschweifenden Aüßerungen, aber es ist ein großes Thema.
Mit herzlichem Gruß
Markus P.