Beiträge von mrfahrenheit

    Das Abendblatt träumt sich die Stadt mal wieder in den Metropolenstatus:
    http://www.abendblatt.de/hambu…Reeperbahn-wird-cool.html
    Der Artikel bezieht sich auf einen tatsächlich recht positiven Artikel aus der Financial Times, der die laufende Gentrifikation von St. Pauli beleuchtet. Allerdings wird Pauli definitiv nicht mit Soho oder dem French Quarter gleichgestellt, es geht nur um die Funktion innerhalb der Stadt. Hier hat der Redakteur wie immer gezielt was missverstanden, in alter Abendblatt-Tradition.
    Weil auch der Original-Link wieder nicht mitgeliefert wird, kommt er hier:
    http://www.ft.com/cms/s/2/86a5…de-9320-00144feabdc0.html

    Mit dem Vorschlag kann ich aus folgenden Gründen nichts anfangen: Erstens würde dies ein weiteres Auseinanderreissen des Campus bedeuten. Die Uni ist schon jetzt nicht als solche zu erkennen, sondern eher eine Ansammlung über die halbe Stadt verstreuter Institute. Zweitens hat der Abgeordnete offensichtlich völlig übersehen, dass es keinen U- oder S-Bahnhof in der Nähe gibt. Eine großer Teil der Uni nur mit Bussen zu erreichen? Naja... Und drittens müsste im Umfeld studentischer Wohnraum geschaffen werden, dazu müsste man wiederum an den umliegenden B-Plänen rumfummeln.
    Nee, det janze scheint mir völlig undurchdacht. Der Abgeordnete will das ja auch nur als "persönliche Meinungsäusserung" verstanden wissen.

    Nu kühl dich mal ab. Es ändert ja nichts daran, dass eine solche Liste über den Catchment Spend auch davon abhängt, wie groß die Innenstadt ist, was wiederum davon abhängt, was man eigentlich alles zur Innenstadt zählt.
    Somit eignet sich diese Statistik nicht für das "wir sind toll/wir sind mies"-Spiel.

    Ist doch nur ein Beleg dafür, wie schön man mit der Wahrheit lügen kann. Wie du schon sagtest, beruht Hamburgs mittelprächtiges Abschneiden auf der geringen Grundfläche innerhalb der Wallanlagen. Zählte man die umliegenden zentralen Viertel hinzu, wie es jede Stadt mit cleverem Marketing macht, sehe das Ergebnis schon viel besser aus.

    Auf der Webcam von hafencity.com sieht man jetzt, dass am Türmchen der Coffee-Plaza mit der Fassade begonnen wurde. Scheint aber nicht mehr viel Ähnlichkeit mit der vorgehängten Glasfassade aus der Visualisierung zu haben. Oder ist das nur die "erste Schicht"?

    Ich denke, damit sich das Heizkraftwerk eingiermaßen erträglich in den Stadtraum einfügen kann, geht kein Weg an einer Mantelbebauung vorbei. Dass dies technisch machbar oder gar von den Verantwortlichen angedacht wäre, wage ich aber zu bezweifeln. So fürchte ich, dass das Kraftwerk langfristig eine Art blinder Fleck in der Hafencity bleiben wird. Eine irreversible Hinterlassenschaft aus der Zeit als Hafengelände, kurz vor den ersten Planungen.

    Wuenschenswert weaere wohl eher eine oberirdische Verlaengerung durch die Gruenanlage in Altona zum Rathaus und dann "die Rampe hinunter" an die Elbe. Alles mit Ampelvorrangschaltung an den grossen Querstassen (wie der Elbchaussee). Aber auch daran glaube ich erst in 15 Jahren, wenn ueberhaupt. Zzt scheint es mit dem Projekt Stadtbahn ja nicht grade rasend schnell voran zu gehen.


    Eine Straßenbahnführung durch den Platz der Republik kannst du wohl nicht ernst meinen. Und danach? Links rum auf die Palmaille oder rechts zwischen Rathaus und Klopstockkirche durchzwängen. Ich halte da jede Schellfischtunnellösung für realistischer, schon durch die zunehmende stadtstrukturelle Bedeutung des Altonaer Hafenrandes, die zunehmed mehr Publikumsverkehr generiert. Dadurch könnte der Schellfischtunnel irgendwann wirtschaftlich betrieben werden.

    Ich kann das nicht ganz so negativ finden. Man vergesse nicht, dass dieser Entwurf aus den 20er/30er Jahren stammt. Damals konnte man noch Fassaden bauen, die nicht nach zwei Jahren gammelig waren. Der Bau dürfte heute so wirken wie das Kontorhausviertel.

    Für das, was heute als Gründerzeitviertel bezeichnet wird, wurde nichts platt gemacht, das waren hauptsächlich Stadterweiterungen außerhalb der traditionellen Stadtkerne, was man ja heute noch an ihrer Lage um die Innenstädte herum erkennen kann. Die Freiflächen, meistens landwirtschaftlich genutzt, wurden von Terrassengesellschaften aufgekauft und möglichst gewinnbringend bebaut, daher die hohe Dichte und die vollgepfropften Innenhöfe. Plattgemacht wurden in dieser Zeit allerdings wirklich das barocke Grasbrookviertel für die Speicherstadt und eines der Gängeviertel für das Kontorhausviertel. Das dürfte den Leuten tatsächlich gestunken haben, wenn auch beim Gängeviertel weniger als beim Grasbrookviertel.
    Letztenendes muss man aber zugeben, dass Speicherstadt und Kontorhausviertel es in kurzer Zeit geschafft haben, allgemeine Akzeptanz zu erfahren, was unseren Athen-Charta-Vierteln bis heute nicht gelungen ist.


    Deinen Hass auf die Gründerzeitornamentik kann einfach nicht nachvollziehen (und ich bemühe mich wirklich!).

    Cool, da gibt es ja doch Parallelen zwischen uns:) . Ich sehe die Architektur nämlich auch nicht in erster Linie als Kunstzweig. Wenn du allerdings sagst, die Kunst sei dem Volk heute näher als früher auf Grund von Knalltüten wie Meese, muss ich dich fragen: Wer abseits von der üblichen Feuilletonleserschaft kennt denn schon Jonathan Meese?? Und wer mag den???
    Andererseits finden doch gerade jene, die sich nicht in wirrer Abstraktion verlieren, breiten Zuspruch. Nicht des Fachpublikums, aber das ist doch sowieso nur eine kleine Elite (kann man genauso in Malerei, Literatur und Theater finden).
    Und genau: Moderne Architektur gefällt vielen nicht, weil sie sich darin nicht wiederfinden. Du findest das gut, ich finde es schlecht, also Geschmackssache.
    Und dass "alte" Architektur unüberdacht ist? Sind doch Dächer drauf, kleiner Kalauer, 'tschuldigung. Im Ernst, den Punkt findet man gleichermaßen in allen Epochen.
    Und dass sie manchmal überfrachtet wirkt, stimmt, allerdings: Damals fanden's die meisten schön, heute auch, kein Problem.

    Stimme dir absolut zu. Dass ich oft die architekturbezogene Haltung anderer auf die städtebauliche Ebene hochrechne, ist wohl ausbildungsbedingt. Allerdings ist es ja gerade die angesprochene Epoche, in der Architekten sich erstmals seit Jahrhunderten wieder dem Städtebau (und damit unweigerlich der Stadtplanung) zuwandten, ohne dafür jedoch die Qualifikation mitzubringen. So wurde das funktional-maschinelle Verständnis aus dem Bauhausstil einfach auf die Stadt übertragen, das Ergebnis waren die von dir angesprochenen Punkte. So kann man natürlich die Architektur vom Städtebau trennen, aber in der Suche nach den Problemursachen treffen sich beide wieder.

    Die Formulierung "gefällt eh keinem" hatte ich von NewUrban übernommen, um diesen Ball zurückzuspielen. Offensichtlich wird er ja auch häufiger mit dieser Einstellung konfrontiert, sonst würde es ihn nicht so nerven. Ist somit auch keine "Erkenntnis", eher sowas wie ein Gefühl, dass wir (mal ehrlich) doch alle haben, selbst, wenn wir uns nicht dazu zählen.


    Das alle Bauten irgendwann mal die Moderne repräsentiert haben, stimmt dann nicht, wenn man als "Moderne" den auf die "klassische Moderne" folgenden Baustil von Anfang der 1910er Jahre bis Mitte des 20 Jahrhunderts nimmt. Hier hat sich wenigstens die Vorkriegsmoderne streckenweise in die Herzen der Menschen bauen können, die Nachkriegsmoderne jedoch ist an diesem Anspruch völlig gescheitert. Hier unterstelle ich Ignoranz, gepaart mit Überheblichkeit der Architekten dieser Epoche (bin aber gerne bereit, mich eines besseren belehren zu lassen).
    Das die Moderne den Menschen messbare Qualitäten lieferte, stimmt. Aber im Gegenzug vernichtete sie die "Soft Skills" der Städte, allem voran die Nachbarschaft. Darin sehe ich auch den Hauptgrund, warum sie bis heute als kalt und herzlos gilt (wieder so eine subjektive Meinung, aber eine verbreitete).
    "Das Volk" hast du in einem Satz davor kurz und knackig definiert: "die breite Masse". Städte werden werden nun mal nicht gebaut, damit man in Fachzeitschriften drüber palavern kann, sondern damit "die breite Masse" darin eine Heimat findet. Hierzu benötigt der Mensch die angesprochenen Identifikationpunkte, die sowohl in ihrer sozialen Bedeutung als auch in ihrer Architektur die Fähigkeit aufbringen müssen, den Menschen einen Bezugspunkt (visuell und sozial) zu liefern. Die Kirchenbauten wie unser Abrissopfer lieferten diesen Bezugspunkt, schon weil sie visuelles Zentrum des Viertels und gleichzeitig Gemeindezentrum waren. Auch wenn sich kaum ein Mensch mehr in die Gottesdienste verirrt, sind diese Kirchen immer noch "unsere Kirchen" für die Menschen des Viertels. Mit ihrer Vernichtung raubt man den Vierteln ihre Mitte.


    Berliner Bogen, Hochhäuser etc sehe ich übrigens als räumliche Orientierungspunkte, aber nicht als Identifikationspunkte. Dazu fehlt ihnen der soziale Auftrag, 99,9% der Menschen verbindet damit doch gar nichts. Unter Identifikation des Menschen verstehe ich in erster Linie den Satz "Hier bin ich zu Hause."

    Von kunsthistorischer Bedeutung habe ich auch nichts gesagt. Auch dass man etwas nur auf Grund des Alters schützen muss, denke ich nicht. Es sind folgende Punkte, die dieses Gebäude in meinen Augen erhaltenswert werden lassen:


    - Ansehen des Gebäudes in der Bevölkerung
    - Identitätsstiftende Funktion
    - schlicht: Alter
    - Schönheit (subjektives Kriterium, da macht es der Durchschnitt)
    - stadtbildprägende Funktion


    Diese Punkte machen den Kirchenabriss zur Tragödie.


    Und dass die Architekturmoderne eh keinem gefällt? Das hat sie sich wohl selbst zuzuschreiben, folgte sie doch dem Trend der Kunst des 20. Jahrhunderts, sich vom Volk abzuwenden und zur Eliteveranstaltung zu werden.