Ach was, die Abgesänge kommen zu früh. Wurde übrigens vor 20 Jahren über Leipzig genauso erzählt, als es noch als rußschwarzes Jammertal ohne DHL und BMW dastand. Ohnehin denke ich als Landbewohner in langen Zyklen. Nach dem Dreissigjährigen Krieg hatte Mageburg noch 450 Einwohner. Der Mensch und seine Sturheit ist zäher als politische Moden oder ökologische Tagesdiskussionen.
Entscheidend wird sein, nach wie vor hinreichend Autoverkehr zuzulassen, um die wirtschaftliche Attraktivität der Stadt mit ihrere überregionalen Anziehungskraft zu erhalten. Dazu gehört Eventtourismus (40000 Zuschauer bei RB, 15000 bei Arena-Konzerten, 200000 bei großen Messeveranstaltungen) und das unkomplizierte Einpendeln aus der Breite des Umlands, nicht nur aus einigen gut angeschlossenen Mittelstädten. Aus meiner Sicht sind die Diskussionen zur Beförderung von Rad- und Fussverkehr zu einseitig aus Einwohnerperspektive gedacht, obwohl die Stadt nur das ist, was sie ist, weil sie verkehrlich immer sehr offen und zugänglich war. Leipzig ist historisch gesehen eben nichts weiter als eine sumpfige Waldlichtung, an der jemand angefangen hat, zwei mal im Jahr Rummel abzuhalten. In diesem Spannungsfeld bewegt man sich im immer noch vergleichsweise struktur- und einkommensschwachen Leipzig nach wie vor, so dass die Zugbrücken nicht hochgezogen gehören.
Dass die Abgesänge auf die Großstadt zu früh kamen ist sicher richtig, ob sie auch in Bezug auf Klein- und Mittelzentren überholt sein werden, muss sich zeigen, da fehlt uns allen die funktionierende Glaskugel. Viele Faktoren spielen eine Rolle, darunter Kosten und Verfügbarkeit von Wohnraum im Zentrum wie in der Peripherie und demgegenüber Kosten und Machbarkeit des Pendelns (von bspw. sich ändernden Arbeitsmodellen bei vielen - nicht allen - Berufen abgesehen).
Pendelbewegungen wird es immer geben, aber wie oben ausgeführt ändert sich die Art und Weise und es wird vermutlich künftig nicht mehr möglich sein, Einpendeln per Auto jedem/r Einzelnen zu ermöglich - es ist auch ökologisch wie logistisch nicht sinnvoll, denn es verschwendet Platz und andere Ressourcen (Platz der bspw. benötigt wird um die Stadt grüner zu machen, damit sie in Zeiten von steigenden Temperaturen kühler wird).
Zum Thema Dienen: die Großstadt dient nicht dem Umland genauso wenig wie das Umland von Gnaden der Großstadt exisitert. In der Großstadt gibt es Einrichtungen (Krankenhäuser, Kultur) und Leistungen, die es auch ohne das Umland gäbe (die Leipziger können das Gewandhaus auch so auslasten). In keinem Fall jedoch sollte es so sein, dass bspw. die Bevölkerung der Stadt (hier 600.000 Leipzigerinnen und Leipziger) dem zahlenmäßig nicht größeren Umland einen bestimmten Lebensstil ermöglicht und dafür auch in Form von blockierten Flächen, Erschließungskosten oder eben insb. Lärm- und Schadstoffemission sowie einem erhöten Verkehrsunfallrisiko die Kosten trägt. Überhaupt geht es hier nicht darum das eine gegen das andere Lebensmodell auszuspielen, jedoch ist die Entscheidung an einem bestimmten Ort zu leben und einem anderen zu arbeiten eine individuelle für die nicht die Allgemeinheit die Kosten tragen sollte. Und ich muss Dir weiter widersprechen: eine Stadt sollte schon den dort lebenden Menschen ein gesundes und sicheres Umfeld bieten.
Beschränkung von individuellem Pendelverkehr gibt es zudem andernorts seit Jahrzehnten - ich war 2003 in Trondheim (ca. 180.000 Einwohner) und die hatten schon damals eine City-Maut. In Deinem Fall ist das Parken in Altenburg eine völlig zumutbare Lösung (kannst auch bis Borna, Neukieritzsch oder Markkleeberg fahren).
Zu Deinem letzten Punkt: ja, Verkehr war für Leipzig immer entscheidend. Das hat aber nichts mit Sumpf und Rummel zu tun sondern mit der Kreuzung von Via Regia und Via Imperia.