Beiträge von Ivar

    Das ist mal wieder eine Leipzig-zentrierte Sichtweise. Selbst im angeblich so abgelegenen Weißwasser hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle keine Probleme gehabt, 300 Stellen zu besetzen (Link). Und auch dort wird das Offensichtliche genannt: Sachsen ist infrastrukturell so gut erschlossen, dass man problemlos in einer Großstadt leben und auf den Arbeitsplatz in einer ländlichen Gegend pendeln kann, solche Leute kenne ich selbst genug.

    Naja, die Ansiedlung von Behörden in den Braunkohleregion soll ja eine Kompemsation für den Wegfall gut bezahlter Jobs sein. Von nach Weißwasser aus Cottbus oder noch weiter her pendelnden Beschäftigten (in der Verwaltung nicht selten zu 70% Frauen) haben nun die Bergleute nur bedingt etwas. Gleichwohl ist das schon sinnvoll: gut bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten gerade für Frauen fehlten nicht selten im ländlichen Raum.


    Dein Beispiel entkräftet meinen Punkt dennoch nicht: ein Unternehmen mit Bedarf an mehreren 100 Leuten im gewerblich-technischen Bereich, mögl. Weise mit Raum für Wachstum wird wenn es die Wahl hat immer Regionen bevorzugen, an denen die Versorgung mit potenziellen Arbeits- und Fachkräften sicher ist bzw. für die es auch Beschäftigte aus anderen Regionen oder dem Ausland gewinnen kann. Hinzu kommen Aglomerationseffekte, Vernetzung über Wertschöpfungsketten, Bildungsinfrastruktur etc. Da wir bei den Großansiedlungen ja nicht von irgendwelchen generischen Produktions- oder Logistigprozessen reden, fallen da nun mal weniger dicht besiedelte und eher periphere Regionen aus. Das ist bitter, aber m.E. eine objektive Beobachtung und seitens der Unternehmen eine rationale Entscheidung (war auch immer schon so). Ein ungünstiges politischens Klima verstärkt das dann noch.

    Wie wichtig eine regionale Entwicklung ist und nicht nur lokale, zeigt sich ja wieder bei den letzten Wahlen.

    Das Thema "Wahlen" halte ich für die Gewerbeansiedlungen für wenig stichhaltig. Die Stadt-Land-Unterschiede haben m.E. ganz andere Gründe (das führt aber hier zu weit).


    So hart das für ländliche Regionen ist: größere personalintensive Ansiedlungen wird es in dünn besiedelten Räumen einfach nicht mehr geben. Was künstlich geschaffene industrielle Monokulturen bewirken zeigt sich immer dann, wenn diese wieder wegbrechen (siehe Braunkohleregionen in der Lausitz nach der Wende und dem krassen Entlassungsschnitt mit knapp 90% der Arbeitsplätze - dagegen ist das jetzt alles Kindergarten, so hart es individuell sein mag - wo dann Hoyerswerda oder Weißwasser wieder auf das Niveau von vor dem Aufschwung zurückgeschrumpft sind).


    Nach großen Brachen muss man sicher lange suchen, dennoch sollten Lösungen à la Möbel Erbe am Flughafen favorisiert werden (ich weiß nicht wie gut bspw. Möbel- und Teppichhändler in Wiedemar laufen - vielleicht ließe sich da auch was besser steuern.

    ^^ Da haben nicht mal dreitausend NIMBYS evtl. einen großen Wurf verhindert. Es klang ja immer durch, dass man im Freistaat (Politik/Wirtschaft) große Erwartungen in das Areal hatte. So kann man Entwicklung auch verhindern.

    Was gerne übersehen wird: die Flächen sind zwar in Flughafennähe und haben eine Autobahnanbindung - wie jedoch die zahlreichen Arbeitskräfte dort hinkommen sollen, war/ist nicht geklärt. Eine riesige Gewerbefläche abseits des ÖPNV zu entwickeln ist nicht zukunftsweisend. Selbst in den näher an der Stadt gelegenen Autowerken lehnen Leute Jobs ab, weil man nicht gut hinkommt. Zudem kenne ich zwar die Bodengüte dort nicht, jedoch werden gute Ackerfächen auch zunehmend knapper und man sollte sich gut überlegen, ob man weitere Flächen neu versiegelt oder es nicht ggf. noch vorhandene nutzbare Industriebrachen gibt (die dann ggf. schon erschlossen sind).

    Schönheit und Ästhetik haben hier wirklich einen Tiefpunkt erreicht. Man erspare mir bitte Rechtfertigungsversuche, die sowas als irgendwie akzeptabe finden. Technisch und handwerklich vielleicht noch, aber architektonisch und ästhetisch zieht man in solchen Kisten die Untertanen und Schläger von morgen heran. Aus der Architektur spricht keine Wertschätzung, sondern nur ein großes "Du bist ein Niemand."

    Nur weil das Gebäude äußerlich schmucklos und klar und vielleicht etwas gedrungen daherkommt, lässt sich durch dei Fotos weder die Architektur bewerten (eine Schule wird ja insb. von innen genutz - die Art der Räume und Innenraumgestaltung sind also relevant), noch etwas über die Wirkung auf die Menschen aussagen, da diese stark vom Leben in der Schule und mithin vom Zusammenwirken von Schlulleitung und Lehrerinnen / Lehrern sowie den Kinder und Jugendlichen auf der anderen Seite. Ich kann mich an sehr lebendiges Schulleben in einem völlig heruntergekommenen Gründerzeitbau erinnern und das lag nicht am schicken Treppengeländer oder den gründerzeitlichen Toiletten ...

    (...) Und soweit eine sehr kompetente wissenschaftliche Fachkraft recht hat - ja, Platz ist nur einmal da und solange PKWs dort parken und fahren, ist er für andere Teilnehmer gesperrt. Nur ist die Transformation ein mittelfristiger Prozess und man muss Menschen, die 6:30 am Band oder 07:00 im OP stehen müssen auch in 2024 die Chance zu lassen, ohne Fahrrad auf Arbeit zu kommen (...)

    Meines Erachtens sind die OP-Säale Leipzigs (Uni Klinik, Diako, St. Georg) mit Ausnahme vielleicht des Herzzentrums alle aktuell schon ganz gut vor 7:00 Uhr mit ÖPNV und ohne Fahrrad erreichbar (das Elisabeth hat fast einen Autobahnanschluss).


    Das Problem ist doch, wie schon oft beschrieben der Mangel an Platz und es ist nun einmal weniger sinnvoll eine Person mit zehn qm Fläche individuell durch die Gegend fahren zu lassen. Schließlich entlastet jede Person, die von Auto auf Rad oder ÖPNV umsteigt für alle verbliebenen Autofahrenden (diejenigen, die bspw. aus gesundheitlichen oder anderen Gründen das Auto nutzen müssen und dies nicht nur aus Gründen des Komofrts tun) das System.

    (...)

    Ihr diskutiert oben über die Pendler. Wie viele Pendler sind es denn und ist das Pendeln nicht eine Fehlentwicklung? Müsste man dann nicht, statt über Ausbau und Verteilung von Verkehrswegen zu reden, dem Pendeln an sich entgegenwirken? Was würde passieren, wenn Pendeln unattraktiv würde? Würden die Arbeitsplätze aus Leipzig an die Ränder verlegt werden? Ginge das denn so einfach? Oder würden die Arbeitskräfte näher an die Arbeitsorte ziehen.

    (...)

    Abgesehen davon, dass ich auch sicher bin, dass zahlreiche Wege eher unnötiger Weise mit dem Auto - noch dazu allein darin sitzend - zurückgelegt werden hier die Fakten zum Pendeln: https://statistik.arbeitsagent…las/Pendleratlas-Nav.html. Leipzig hat gut 103.000 Einpendelnde und etwa 74.000 pendeln aus, wobei zu letzteren schon Menschen gehören die aus Connewitz nach Markkleeberg fahren und zu ersteren auch diejenigen, die in Stuttgart wohnen und nur von Dienstag bis Donnerstag im Porschewerk Dienst schieben.

    Die Leute pendeln ja nicht, weil sie den Weg toll finden, sondern auf Grund der Attraktivität der Arbeitsplätze. Künftig ist es vielleicht eher die Frage, wie oft man/frau den Arbeitsplatz auch physisch aufsuchen muss und somit ein weiter entfernter Arbeitsplatz attraktiver wird oder andersherum, wie aufwändig und teuer der Weg ist, weshalb Menschen wieder näher an den Job ziehen.

    Das Verlegen der Arbeitsplätze an die Ränder ist ja in den letzten 30 Jahren erfolgt: während früher Industriebetriebe mitten in der Stadt (Plagwitz etc) waren sind sie nun an der Autobahn im Osten und Norden. Die Menschen, die aus Grünau übrigens zu BMW fahren sind keine Pendler im Sinne der Statistik (verlassen ja den Ort nicht).

    Ganz pragmatisch betrachtet werden künftig die Plätze einen hohen Aufenthaltswert haben, die im Sommer Schatten und damit etwas Abkühlung bieten. Da ist weder eine große Wiese noch hübsches (Ornament-) Pflaster hilfreich. Die Sehnsucht nach klassichen Plätzen ist nachvollziehbar und manch gut gedachte moderne Variante mit aufgelockterter Anordnung von Sitzgelegenheiten, Grüninseln und Spielgeräten funktioniert dann in der Praxis nicht (Sandkästen bspw. sollten auch etwas Schatten bieten). Ich glaube auch nicht, dass die Menschen am Platz einen Wald oder Wildnis erwarten (auch nicht die, die für Bäume gestimmt haben). Dennoch sollte in der Stadt jede sich bietende Gelegenheit genutzt werden, natürliche Kühlung zu erzeugen (das ist auch keine grüne Ideologie sondern schlichtweg notwendig - ich empfehle einen Artikel (kostenpflichtig) in der SZ zum Thema Abkühlung von Städten und Strategien in diesem Zusammenhang).


    Möglicherweise lässt sich aber beides kombinieren: reichlich Bäume wie sie französische Boulevards säumen (das kann auch sehr "geordnet" bspw. in Doppelreihe rings um den länglichen Platz erfolgen) und eine sonnige Fläche für Veranstaltungen und Sonnenanbeter im Winter in der Mitte.

    @Was gab es denn für einen Kommentar zu Mücheln?

    Wie gesagt, Ironie war mit Sicherheit dabei:

    "Solange streiten wir uns hier weiter, nach welchen Merkmalen vom Sultan entschieden wird, wer ein Anrecht auf ein eigenes motor-betriebenes Fahrzeug hat, und wer nicht. Fakt scheint ja nach wie vor zu sein, dass es nicht in die Befugnis des einzelnen zu fallen hat. Oder er nach Mücheln zu ziehen hat (von wo er dann mit dem Bus nach Leipzig kommen darf, um seine Stadtverwandtschaft zu besuchen)."

    (...)

    Solange streiten wir uns hier weiter, nach welchen Merkmalen vom Sultan entschieden wird, wer ein Anrecht auf ein eigenes motor-betriebenes Fahrzeug hat, und wer nicht. Fakt scheint ja nach wie vor zu sein, dass es nicht in die Befugnis des einzelnen zu fallen hat. Oder er nach Mücheln zu ziehen hat (von wo er dann mit dem Bus nach Leipzig kommen darf, um seine Stadtverwandtschaft zu besuchen).

    Nur eine kleine Ergänzung zur Diskussion, in der ja eigentlich schon das meiste gesagt ist und die ja offensichtlich zumindest in Bezug auf das Beispiel Shakespearstraße ins Leere läuft (mehr Platz als zuvor): Menschen dürfen Autos haben und kein Sultan, noch nicht einmal die Verwaltung oder eine Stadtratsmehrheit entscheidet darüber (anders als ja bspw. in China, wo teils die Zahl der Zulassungen limitiert wird - habe ich hier noch nicht gehört). Jedoch ist eben mit der Anschaffungsentscheidung nicht die Abstellflat verbunden, darum muss sich selbst gekümmert und ggf. dafür bezahlt werden


    Die Menschen mit Kindern ziehen übrigens nicht aus der Stadt, weil sie keinen Parkplatz finden, sondern weil Wohnraum knapp ist, ihnen Grün und Platz, an dem die Kinder sich sicher bewegen, spielen und entwickeln können fehlt und manche sich sehr nach dem kleinen Häuschen im Grünen sehnen (und in Kauf nehmen, dass die Wege doch etwas weiter sind und teils dann ein/zwei Fahrzeuge nötig machen).


    Und ich erkenne durchaus die Ironie, aber ganz ehrlich: Mücheln? Es gibt eine ganze Reihe gut angebundener kleinerer Städte mit viel Platz rund um Leipzig

    Uiuiui, so viel Aggression ist doch wirklich nicht nötig. Manchmal erinnert mich die Auto-Diskussion in Deutschland an die zum Waffenbesitz in den USA. Alles eine Nummer kleiner natürlich.


    Die gepflasterte Fläche auf z. B. Bild 2 und 3 scheint mir unnötig groß, Die Bäume finde ich hingegen nicht scheiße. Bäume sind dringend notwendig, z. B. für Kühlung. Allerdings hätte man die vor 10 oder 20 Jahren pflanzen sollen, damit sie jetzt, wo wir sie brauchen, groß genug sind. Außerdem ist es inkonsequent, teuer zu pflanzen und andernorts systematisch abzuholzen. In Summe schrumpft das Grün in Leipzig.


    Mehr Sitzgelegenheiten braucht es in Leipzig, auch an solchen Straßen. Zwei Bänke hätten aber wohl gereicht.

    Dem Votum für die Bäume kann ich mich nur anschließen. Der Raum zwischen den Hauswänden sollte für die Menschen gestaltet sein und in einer Stadt, in der Grün eher knapper wird zählt jeder Baum. Auch finde ich nicht, dass es zu viele Sitzgelegenheiten sind - hier kann ein kleiner Stadtplatz entstehen, der zum Verweilen einlädt. Über die Pflasterfläche könnte man tatsächlich nocht diskutieren zu Gunsten von weiterem Grün.

    Vergleicht man die Fläche, die ein parkendes Auto benötigt zudem mit anderen Nutzungsmöglichkeiten, ist es fast anmaßend, stets den Raum für die Fahrzeuge einzufordern. Wer in einer zentralen Wohnlage wie hier ein eigenes Fahrzeug besitzen möchte, hat genügend Möglichkeiten, dieses auch abzustellen - sie sind nur vielleicht mit einem Fußweg von fünf - zehn Minuten oder eben Kosten verbunden. Schließlich könnte man auch hinterfragen, wessen Aufgabe es ist, das Problem des Abstellens der Autos zu lösen - der Stadt oder vielleicht doch die des/der jeweiligen Halters/in? Die Entwicklung in Leipzig ist daher meines Erachtens zutiefst an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet (siehe auch andere Beispiele: Superblocks, Liviaplatz, ...) und zu begrüßen.

    ^ wenn ich die Projektseite richtig verstehe, handelt es sich um eine Studie für den Investor. "Die zu prüfende und zu bebauende Parzelle ist Teil eines bestehenden Bebauungsplans, und musste hinsichtlich des Ermessensspielraums durch Studien überprüft und der Stadt vorgelegt werden, um das Baurecht für den dritten Bauabschnitt zu entwickeln. (...) Dementsprechend entwickelte SpaceWorks die Kubatur im städteplanerischen Kontext und in enger Abstimmung mit dem Stadtplanungsamt. Der Vorentwurf wurde sorgfältig hergeleitet und letztlich von der Stadtgestaltungskommission gestalterisch positiv beschieden.

    Das Baurecht wurde über eine folgende, positiv zu bescheinende Bauvoranfrage im Vorfeld der weiteren Planung gesichert."

    Es könnte also auch sein, dass sich hier noch Änderungen ergeben, oder?

    Ich zitiere mich mal selbst: anbei der aktuelle Stand zum o.g. Projekt - die Bodenplatte ist gegossen und lässt erahnen, was hier Nachverdichtung für die umliegenden Gebäude bedeutet: img_1683aejkp9.jpeg

    Ein halbes Jahr später sieht das Gebäude so aus: img_2845k1com.jpeg

    Die LVZ berichtet heute von zwei Ankermietern, welche sich dort im Laufe des Jahres 2023 ansiedeln:


    Das Leipziger Frauenhofer Institut für Zelltherapie und Immunologie auf 4.000 m²

    ein unbenannter Nutzer mietet weitere 3.000 m²

    (...)

    Das ist nicht ganz richtig: Laut Websitevon CG Elementum handelt es sich um das Fraunhofer-Zentrum für internationales Management und Wissensökonomie IMW (sitzt aktuell im Städtischen Kaufhaus). Das o.g. Institut sitzt auf der Alten Messe in einem Laborkomplex.

    Nun kann ich das Projekt auch durch ein aktuelles Inserat auf einem Immobilienportal ergänzen: für nur 7.000 Euro pro qm werden hier Wohnträume verwirklicht.


    Spannend wäre es weiterhin zu wissen, was hier um die Gründerzeit stand, denn die Gebäude Fregestraße 5-7 wie auch gegenüber in der Feuerbachstraße stammen wie oben erwähnt teils aus den 20ern. Den freigelegten und mit viel Aufwand entfernten massiven und teils 1m breite gemauerten Fundamenten nach zu urteilen, muss es sich um Gewerbebauten gehandelt haben. Darauf deutet auch das unter der Grasnarbe erkennbare Pflaster hin.

    Ich zitiere mich mal selbst: anbei der aktuelle Stand zum o.g. Projekt - die Bodenplatte ist gegossen und lässt erahnen, was hier Nachverdichtung für die umliegenden Gebäude bedeutet: img_1683aejkp9.jpeg">

    Ach was, die Abgesänge kommen zu früh. Wurde übrigens vor 20 Jahren über Leipzig genauso erzählt, als es noch als rußschwarzes Jammertal ohne DHL und BMW dastand. Ohnehin denke ich als Landbewohner in langen Zyklen. Nach dem Dreissigjährigen Krieg hatte Mageburg noch 450 Einwohner. Der Mensch und seine Sturheit ist zäher als politische Moden oder ökologische Tagesdiskussionen.


    Entscheidend wird sein, nach wie vor hinreichend Autoverkehr zuzulassen, um die wirtschaftliche Attraktivität der Stadt mit ihrere überregionalen Anziehungskraft zu erhalten. Dazu gehört Eventtourismus (40000 Zuschauer bei RB, 15000 bei Arena-Konzerten, 200000 bei großen Messeveranstaltungen) und das unkomplizierte Einpendeln aus der Breite des Umlands, nicht nur aus einigen gut angeschlossenen Mittelstädten. Aus meiner Sicht sind die Diskussionen zur Beförderung von Rad- und Fussverkehr zu einseitig aus Einwohnerperspektive gedacht, obwohl die Stadt nur das ist, was sie ist, weil sie verkehrlich immer sehr offen und zugänglich war. Leipzig ist historisch gesehen eben nichts weiter als eine sumpfige Waldlichtung, an der jemand angefangen hat, zwei mal im Jahr Rummel abzuhalten. In diesem Spannungsfeld bewegt man sich im immer noch vergleichsweise struktur- und einkommensschwachen Leipzig nach wie vor, so dass die Zugbrücken nicht hochgezogen gehören.

    Dass die Abgesänge auf die Großstadt zu früh kamen ist sicher richtig, ob sie auch in Bezug auf Klein- und Mittelzentren überholt sein werden, muss sich zeigen, da fehlt uns allen die funktionierende Glaskugel. Viele Faktoren spielen eine Rolle, darunter Kosten und Verfügbarkeit von Wohnraum im Zentrum wie in der Peripherie und demgegenüber Kosten und Machbarkeit des Pendelns (von bspw. sich ändernden Arbeitsmodellen bei vielen - nicht allen - Berufen abgesehen).

    Pendelbewegungen wird es immer geben, aber wie oben ausgeführt ändert sich die Art und Weise und es wird vermutlich künftig nicht mehr möglich sein, Einpendeln per Auto jedem/r Einzelnen zu ermöglich - es ist auch ökologisch wie logistisch nicht sinnvoll, denn es verschwendet Platz und andere Ressourcen (Platz der bspw. benötigt wird um die Stadt grüner zu machen, damit sie in Zeiten von steigenden Temperaturen kühler wird).

    Zum Thema Dienen: die Großstadt dient nicht dem Umland genauso wenig wie das Umland von Gnaden der Großstadt exisitert. In der Großstadt gibt es Einrichtungen (Krankenhäuser, Kultur) und Leistungen, die es auch ohne das Umland gäbe (die Leipziger können das Gewandhaus auch so auslasten). In keinem Fall jedoch sollte es so sein, dass bspw. die Bevölkerung der Stadt (hier 600.000 Leipzigerinnen und Leipziger) dem zahlenmäßig nicht größeren Umland einen bestimmten Lebensstil ermöglicht und dafür auch in Form von blockierten Flächen, Erschließungskosten oder eben insb. Lärm- und Schadstoffemission sowie einem erhöten Verkehrsunfallrisiko die Kosten trägt. Überhaupt geht es hier nicht darum das eine gegen das andere Lebensmodell auszuspielen, jedoch ist die Entscheidung an einem bestimmten Ort zu leben und einem anderen zu arbeiten eine individuelle für die nicht die Allgemeinheit die Kosten tragen sollte. Und ich muss Dir weiter widersprechen: eine Stadt sollte schon den dort lebenden Menschen ein gesundes und sicheres Umfeld bieten.

    Beschränkung von individuellem Pendelverkehr gibt es zudem andernorts seit Jahrzehnten - ich war 2003 in Trondheim (ca. 180.000 Einwohner) und die hatten schon damals eine City-Maut. In Deinem Fall ist das Parken in Altenburg eine völlig zumutbare Lösung (kannst auch bis Borna, Neukieritzsch oder Markkleeberg fahren).

    Zu Deinem letzten Punkt: ja, Verkehr war für Leipzig immer entscheidend. Das hat aber nichts mit Sumpf und Rummel zu tun sondern mit der Kreuzung von Via Regia und Via Imperia.

    "In den kriegsgebeutelten Städten Deutschlands muss man allerdings erst einmal wieder einen gewissen Bestand an objektiv schönen, sprich historisierenden Gebäuden herstellen, bevor man städtebaulich extrem relevante Orte mit Hässlichkeit zumüllt, die in 30-40 Jahren abgerissen werden müssen und demnach null nachhaltig sind, nur weil die Architektenschaft sklavisch einem selbsterfunden Zeitgeist folgt, der für 99% der Menschen vollkommen irrelevant und uninteressant ist."

    "Objektiv schön" ist ein Oxymoron und in jedem Fall nicht zwangsläufig verbunden mit "historisierend". Schönheit liegt im Auge der Betrachtenden und das ist auch gut so und es ist vermutlich eben gerade deshalb praktisch nicht möglich, jeden Geschmack zu treffen. Architketur folgt auch nicht sklavisch einem Zeitgeist, es gibt und gab jedoch in allen Zeiten architektonische Trends.


    Ganz grundsätzlich (und dies ist eine Wiederholung): Deine Meinung ist legitim, die Art und Weise, wie Du sie vorbringst passt nicht.

    Der Auftakt mit diesem Gebäude versinnbildlicht wieviel altmodische Herangehensweisen bei vielen Architekten noch verinnerlicht sind!

    Ich fürchte diesen nicht unberechtigten Vorwurf muss man dem Bauherren machen. Vielen der Argumente kann ich nur zustimmen: ein Bauen ohne Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten dürfte es längst nicht mehr geben. Nun weiß ich nicht, ob das Gebäude ansonsten über Mindestanforderungen bzgl. Ressourcenverbrauch hinausgeht und auch das Schaffen von Stellplätzen ist vermutlich schon aus Gründen der Barrierefreiheit geboten, jedoch sollten bei jedem öffentlichen Bauprojekt Dinge Radverkehr oder auch bspw. Kühlung der Umgebung mitgedacht werden.


    Bzgl. des Themas Kontraste in der Stadlandschaft ist es vielleicht besser zu formulieren, dass diese nicht vor allem aber eben auch von Brüchen lebt. Auch hierfür gibt es in Leipzig zahlreiche Beispiele. So stimmig der Augustusplatz der Vorkriegszeit vielleicht gewesen sein mag (auch hier gab es mit den beiden Hochhäusern ja bereits Brüche), so ungern wollen wir doch heute auf Gebäude wie das Gewandhaus verzichten. Und der lange Streit um das Paulinum hat am Ende den Platz bereichert. Auch wenn heute Menschen sehr gerne in Gründerzeitvierteln leben, wir uns an prächtigen Gebäuden wie der Albertina erfreuen (wie verschwenderisch man doch seinerzeit mit Material und Raum umgegangen ist und Unmengen von Sandstein aus der Landschaft gebrochen hat) und Fassasden mit verschiedenem Schmuck gefällig wirken, so wäre doch eine homogene Stadt am Ende auch irgendwie langweilig und eben auch nicht zeitgemäß.

    (...) Der Turm ist zwar nicht begehbar, war dafür aber einstürzgefährdet, weil die kleinste Glocke zu hochfrequent läutet. Hat man da eigentlich nachgebessert?

    Ist m.E. erledigt: https://www.lvz.de/Leipzig/Lok…ten-in-der-Propsteikirche.


    Zudem muss man das Wort Architekturbüro eigentlich nicht in Anführungszeichen setzen, denn es sind tatsächlich welche ...


    Eine Stadt lebt auch von Kontrasten und es gibt eben unterschiedliche Auffassungen darüber, ob ein Gebäude hauptsächlich äußerlich gefallen oder bspw. seinem eigentlichen Zweck gut dienen soll. Und dass sich Formensprache über die Zeit verändert ist auch erst einmal nicht schlimm - man erinnere sich nur an die unzähligen Gebäude, die in der Gründerzeit großen Messepalästen weichen mussten (Literaturtipp: LEIPZIG - Bilder aus der Vergangenheit - Ein verlorenes Stadtbild). Und schließlich braucht es für manche Gebäude auch etwas Zeit, um sie zu schätzen.