@Realis
Vielen Dank für die ausführliche Nachricht.
Generell ist festzustellen, dass heutzutage zu wenig im Bestand geplant / entworfen wird. Mir fallen spontan keine gelungenen Anbauten oder Lückenschließungen in Chemnitz ein. Irgendwie hat man den Eindruck, dass jedes neue Haus sich irgendwie "vordrängeln" will - und das passt nunmal nicht in ein Gründerzeitviertel wo alle "gleich an gleich" sich einreihen. Die Architektur in Chemnitz ist entweder schreiend oder monoton klotzend und so gut wie nie fügt sich ein neues Haus in eine bestehende Situation ein. Ich würde mir oftmals eine sehr viel demütigere Architektur wünschen - klar und modern, aber eben demütig und mit Verzicht auf Effekthascherei. Sowas gibt es, allerdings habe ich solche Bauten häufiger in Polen angetroffen als in Deutschland. Spontan fällt mir in Wismar eine sehr gelungene Lückenschließung im Hafen ein, aber hier...? *kopfkratz*
Mein persönlicher "Höhepunkt" war der kürzlich vorgestellte Entwurf des Neubaus der neben der Zimmermannvilla entstehen soll. Das Haus, in welchem die Spolie des Verbindungsbaus geparkt werden soll, dieser monotone Klotz mit Mansarddach und ums noch etwas hochwertiger anzustreichen sollen noch Natursteinplatten rangepappt werden... Sorry, aber mir blutet bei sowas einfach das Herz, zumal das Haus ja nicht nur in einer Reihe sehr schöner Altbauten (darunter eine landesweit bekannte Villa) entstehen soll, sondern ausgerechnet auch am "Eingang" der Stadt, also direkt ggü. des Hauptbahnhofs. Da finde ich so manchen DDR Bau ansprechender...
Den Entwurf für den Neubau neben der Villa Zimmermann habe ich gesehen und finde diesen persönlich auch nicht schön.
Ich möchte Folgendes anmerken: Anbauten an bzw. Neubauten neben denkmalgeschützten Häusern müssen sich optisch abheben (Man soll gleich "Neu" und "Alt" erkennen können.). Der Kontrast ist also gewünscht.
Ich kenne ein paar sehr schöne Villen aus dem Hause Studio2 - wenn die dürfen, können die richtig tolle Sachen leisten, da bin ich jedes Mal begeistert. Was ich auch recht gelungen finde, ist der neue Eigenheimstandort rund um den alten Ziegelofen in der Waldenburger Straße. Auch wenn ich nicht jedes Haus richtig gut finde, so gibt es dort schon ein paar Highlights zu sehen und es ist ein Baugebiet, was relativ "sauber" ist, also man hat dort nicht den sonst üblichen Mischmasch wie in anderen Baugebieten, sondern ist zumindest stilistisch ziemlich einheitlich unterwegs. Wobei das ganze Gebiet auch mit dem Ziegelofen steht und fällt - es wird spannend was daraus vielleicht mal wird, denn der steht ja unter Denkmalschutz.
Bezüglich der genannten "positiven" Beispiele möchte ich mich präzisieren: Ich wüsste gerne, welche MEHRFAMILIENHAUS-Neubauten schön sind. Die oben genannten Häuser sind Einfamilienhäuser. Hier ist es in der Praxis so, dass der Bauherr mit einer Idee und oftmals mit fertigem Grundriss zum Architekten kommt und dieser nur noch verbessert. Wenn es also nicht gerade ein Fertigteil-Haus ist, liegt die Optik des Hauses am Bauherrn.
Ich bin ansonsten kein Freund dieser seltsamen Eigenheimsiedlungen die hier und anderswo entstehen und bin auch der Ansicht, dass man diesen Bedarf erheblich reduzieren könnte. Zum Beispiel mit gelungenen Lückenschließungen mit großen Wohnungen, wenigen Parteien und ausreichend Grün dahinter.
Ich selbst wohne in einer Wohnung und bin damit auch sehr glücklich...ich habe auch gar keine Zeit für einen Garten
Baugebiete entstehen nicht grundlos, sondern weil es so viele Menschen gibt, die sich ein Einfamilienhaus mit Garten wünschen - gerade für deren Kinder. Nicht jeder möchte in einer Wohnung mit ungenutztem Gemeinschaftsgrundstück aufwachsen.
Es gibt in Chemnitz hier und da wirklich richtig gute Sachen, aber meist gut versteckt - warum auch immer...
Und genau die will ich wissen! Vielleicht kann ich bei künftigen Projekten entsprechend Einfluss nehmen.
--EM