vor ort bericht
die wienerbergcity wurde nun endgültig fertiggestellt, und ich möchte euch nun ein paar fakten und berichte mitteilen.
zuerst einmal zur geschichte: das grundstück gehörte der firma wienerberger, wie ihr ja wißt ein ziegelhersteller, der bereits an diesem standort vor gut 150 jahren aktiv war. Lehmabbau an der stelle bereits seit den römern, während des reisen wachstums wiens im 18 und 19jhd wird die lehmgrube zur größten europas. In den 60ern und 70ern des 20jhds erschließt wienerberger werke und lehmgruben südlich von wien, und der standort wienerberg wird großteils geschlossen. Zurück bleiben eine handvoll ziegelteiche und ein tief abgegrabener hang. Ein paar jahre lang verkommt das industreigelände zu einer schutt und müllhalde. erst in den 80ern besinnt und erkennt man das potential der lehmgrube. Ein wettbewerb endet mit der gärtnerischen ausgestaltung (setzen von 60.000 bäumen und pflanzen, anlegen von wegen, brücken über sümpfe usw.) Eine hochrangige ausfallstraße (triesterstraße) ebenfalls seit den römern vorhanden durchschneidet die lehmgrube. Links und recht der straße wurde abgegraben, und im zuge der vitalisierung des gebietes wurde der kleinere westteil mit müllbergen aufgefüllt, mit erde überlagert, und ein golfplatz darauf errichtet. Der rest des westteils wird zum park (samt biotop) und große teile zu sportplätzen.
Der nördliche rand des westteiles bleibt noch lange zeit ungenutzt, und auch im besitz der wienerberger-ag. Eine ehemalige tonwarenfabrik verfällt, und anfang der 90er jahre baut wienerberger ein headquater in form eines hochhauses. Kurz danach wird der rest einer verwertung zugeführt. Zuerst wird ein reines bürozentrum angedacht, die flächen wären aber überzogen und kaum verwertbar. Ein städtebaulicher wettbewerb wird veranstaltet, und fuskas gewinnt ex equo mit delugan&meissl. daraufhin beschließt man sich gütig einigend auf den kompromiß, dass fuskas den masterplan und die twins baut, während die anderen teilnehmenden architekten durch wohnbauten mittels bauträgerwettbewerb zum zug kommen sollten.
Die heutige wbc (wienerbergity) entsteht somit auf den nördlichen und am bergrücken gelegenen grundstücken.
Die wohnsiedlung soll auch ein garant für die auslastung des cineplexx und dem restaurant und Einkaufszentrum in den twins sein. ein kleines Einkaufszentrum entstand bereits im wienerberger headquater-turm. In der sockelpassage der twins entsteht dann nur mehr eine reine restaurantmeile samt kino in den untergeschoßen.
Die im westen angrenzende wohnsiedlung wird zwei jahre später begonnen, und vom ursprünglichen gedanken des masterplans von fuskas bleibt eigentlich nur mehr wenig über. Bauträger verdichten und erhöhen ungeniert. Die gemeinde wien vergoldet das grundstück nur unter der bedingung eines großzügigen bauplatzes für eine volksschule. wien geginnt nun die fehler der vergangenheit nicht wieder zu begehen, wo man erst grundstücke aufwertet, die preise steigen, der besitzer verdient sich eine goldene nase, und die gemeinde wien kauft dann zu extrem erhöhten preisen die nötigen flächen für die infrastruktur wie schulen usw.
Also aus der sicht mal ein sinnvoller weg der stadt, und sicher in zukunft richtungsweisend.
Jedoch fordern auch die bauträger einiges ein. Förderungen für die wohnungen, erlass kinderspielplätze zu bauen, zusammenrücken der bauten.
Ankündigungen seitens der stadt und der bauträger, dass die oberflächenversiegelung möglichst greing ausfallen wird, uns jede menge bäume und wiesenflächen die anlage durchziehen werden während der bauphase wieder verworfen. Auch urspünglich ausgeklügelte fassaden und innere hochhausvernetzungen fallen reihenweise.
Die zwei hochhäuser (55 und 77m ) und das apartmenthaus von coop himmelblau erfährt die eine extreme abspeckkur. Statt aufweniger stahlfassade und wellnesscenter mit restaurant, skybars und ein gewagt geschwungener skyloop (brücke zwischen den drei bauten) kommt eine in mischekfarbe gehaltene putzfassade für alle drei teile (mischek und seg bauten noch gemeinsam), der loop wird statisch günstiger begradigt, verkommt zu einem dreigurtfachwerk, das wellnesscenter wird halbiert zu gunsten weiterer wohnungen, der platz zwischen den häusern verliert die ursprüngliche idee von rampen, hügeln, eingeschobenen plätzen, und wird zur betonwüste mit einem bis heute unfertigen runden "labyrinth" witz.
Der delugan-meissl turm muss ebenso federn lassen. Die noch zur bienale vorgestellte floral wirkende fassade mit klettergrüsten und integrierten pflanzenkästen verkommt zur stahlständer-glasfassade ohne weitere details. Einzig auf die schwarze nord und ostfassade besteht delugan&meissl. Der nachbar turm muss dieses hinnehmen, und wird den eigentlich recht wichtigen üblichen reflexionen beraubt. Ein zusätzliches minus für den nun zwischen delugan&meissl turm und twintowers eingepferchten monte verde.
der monte verde sollte einst ein ausgeklügetes 3dimensionales Grünraumkonzept im inneren beherbergen. Ein 4 bis fünf stock hoher wintergarten, eine wintergarten-erdgeschoßzone und ein dachgarten samt schwimmbad waren geplant. Der wintergarten in der mitte des gebäudes fällt, zurück bleibt eine dreistöckige eingangslobby (recht gut gelungen) und ein abgespeckter dachgarten. Das schwimmbad wird aber schon gebaut.
Krönung der planungen ist jedoch das ARWAG gebäude am südlichen rand der wbc. Ein terrassenbau der sonderklasse. Die bewohner wohnen gern darin, das mal vorweg, aber die archtiektur ist einfach um 2000km zu weit nördlich angesiedelt. Offene wandelgänge in den norden, durchgesteckte und schmale maisionettschotten sollen sowas wie reihenhausatmosphäre erzeugen. der ganze bau wirkt extrem unruhig, ohne fassade, zerklüftet, an mallorcas hotelanlagen erinnernd. Das alles wäre noch erträglich, wenn man zum bau des doch über 100m langen gebäudes die flächenwidmung nicht nochmals zusätzlich angepasst hätte. der bau rückt einstück nach links und recht, bildet knapp bemessene schneisen zu den nachbargebäuden, aus zwei bauten wurde ein riesiger riegel, der wie eine gefängnismauer die innere wegstruktur der wbc endgültig verbaut, die verschmelzung der wbc zum davor liegenden erholungsgebiet vollständig unterbindet, und einer unzahl an dahinter liegenden wohnungen die sicht nimmt. Das ganze ist nur möglich für einen bauträger, der sehr nahe mit der wiener stadtregierung und spö verbunden ist. Einem normalen bauträger ließe man einen derartigen bau nie und nimmer errichten.
Die Auswirkungen sind katastrophal. Die wbc verliert duch diese schamlose profitgier sämtliche urspüngliche planung. Die hochhäuser verkommen ganz richtig erwähnt zu langweiligen, null-acht-fünfzehn bauten, es gibt dem entsprechend wenig leben zwischen den häusern.
Die Bewohner: Ich bin ja selbst einer, und trotz all den gesagten nachteilen lebt es sich ganz gut. Gehört man zu den glücklichen, und meist gut zahlenden bewohnern genießt man fernsichten über wien und das südlich gelegene wiener becken. Leithagebirge, wechsel, semmering, schneeberg, voralpen, wienerwaldhügeln, leopoldsberg innenstadt und riesenrad, je nach lage der wohnung mehr oder weniger zu sehen.
Aber auch die wohnungen ohne aussicht erfreuen sich großem zuspruch, und sind erstaunlicher weise auch alle ausverkauft, bzw vermietet. Die preise sind für wiener verhältnisse recht gut, die wohnungen neu, keine parkplatzsorgen dank riesiger parkgaragen im keller, beste einkaufmöglichkeiten in der nähe und in der wienerberger-shoppingmall. Restaurants in mengen, und ein ohne straßen zu übequeren erreichbares innerstädtisches erholungsgebiet. Also aus dieser sicht perfekt.
Die anbindung an die autobahn richtung süden und norden durch wien ist für pendler und autofreaks maßgeblich. Selbst die öffentliche anbindung ist weit besser als kolportiert. Die immofinanz, jetziger eigentümer der twins und teile der wohnhäuser, verhandelte lang mit der gemeinde. Die stellte sich jedoch taub, berief sich auf die aussage, dass die allgemeinheit nicht für die profitgier eines finanzunternehmens herhalten kann. Reine augenauswischerei meines achtens, denn die großfeldsiedlung, errichtet von der gemeinde wien in den 70ern am wirklichen rand der stadt (norden), doppelt soweit vom zentrum entfernt wie die wbc, und bereits durch eine ausgezeichnete schnellbahnanbindung zum zentrum erschlossen, erhält soeben einen u-bahnanschluss. Unterschied zur wbc: entlang der strecke liegen zahlreiche riesige gemeindebauten, finanziert von der allgemeinheit, angeschloßen auf kosten der allgemeinheit. Die wbc finanziert von privaten ist plötzlich eine u-bahn nicht wert.
Schlussendlich richtete die immofinanz eine eigene kleine buslinie ein, die die twins mit der ca 2km entfernt gelegenen u-bahn verbindet. Nach heftigen protesten und einforderungen der versprechungen der politik übernahm die gemeinde teilweise die buskosten, nun fährt der bus auch über die mittagsstunden. 5min dauert ca die fahrt zur u-bahn, ohne zwischenstopp. Probagiert als einzigartiges und modernstes mittel eine wohnsiedlung und ein bürocenter an die öffis anzubinden. Eine billige variante in wirklichkeit.