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Zwar gefällt mir der "Cube" ganz gut, Deinen Ausführungen kann ich aber trotzdem weitgehend zustimmen. Meine Erwartungen an die zeitgenössische Architektur sind so tief, dass ich inzwischen schon mit Gebäuden klarkomme, die nicht vollkommen häßlich sind. Mit "klarkommen" meine ich: Ich rege mich darüber nicht auf. Am Cube ist ja schon revolutionär, dass wir nicht mit eine Mauer an aneinandergereihten, geichförmigen Fensterelementen konfrontiert werden -- die meist kaum besser werden, wenn sie pseudoabwechslungsreich durch spiegelverkehrte o.ä. Bausätze durchbrochen werden.
Die moderne Architektur ist das einzige (Kunst-)Handwerk, bei dem die Verachtung der Traditionen derart tief verankert ist, dass (fast) alle, denen sie nicht gefällt, zumindest implizit als Gestrige gelten. Man stelle sich mal einen Koch vor, der seinen Gästen ständig Gerichte vorsetzt, die keinem schmecken, und ihnen dann klarzumachen versucht, dass sie nicht auf der Höhe der Zeit seien. So ein Koch kann sehr schnell einpacken. Wer Pizza, Spätzle oder Maultaschen mag, muss sich zum Glück nicht als Gestrig oder in einem abwertenden Sinne als "Rekofan" bezeichnen lassen. Ich bin übrigens Freund der modernen Hochküche, die immer wieder Traditionen "bricht" und Gegensätze (im Geschmack, in der Textur, in der Temperatur etc.) auftischt -- aber immer so, dass es schmeckt oder, anders ausgedrückt, dass es harmonisch ist.
Keine Profession hat in den letzen 70 Jahren so versagt, wie die Architektur. Einzige (systematische) Ausnahmen sind m.E. Wolkenkratzer, daneben (in weit geringerem Maße) größere Singuläre wie z.B. einzeln stehende Museen o.ä.. aber fast nur außerhalb Deutschlands. Das ist auch der Grund, warum ich Rekofan bin. Wenn es nach mir ginge, bräuchte ich keinen Schloßnachbau in Berlin Mitte. Ich finde das Schloss für einen Bau seiner Zeit gar nicht einmal besonders gut gelungen. Aber da alles, was dort an Modernem hingesetzt worden wäre, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unglaublich häßlich wäre, bin ich sehr dankbar, dass wir ein "altes" Gebäude bekommen, das einen harmonischen Dachabschluss hat, dessen Fassade angenehm gegliedert ist, das gut verarbeitet ist (oder zumindest so wirkt), das Schmuckelemente hat und dessen Fenster mehr sind als nur Löcher in einer Wand oder aneinandergereihte Bauelemente.