Beiträge von bernemerbub


    Nebenbei: Der Koalitionspartner die Grünen lehnen den Bau des Demokratiezentrums auf der Grünfläche an der Berliner Straße ab.


    Wie bitte? Die Grünen streiten um den Erhalt eines Parkplatzes unter dem Deckmantel des Klimaschutzes? Echt jetzt?
    Ginge es wirklich um Klimaschutz, müsste man das Umfeld der Paulskirche eher wieder in den Vorkriegszustand versetzen: Rückbau der Berliner Straße und deren Teilbebauung, sowie Bebauung des Paulsplatzes, sprich: Verengung des Verkehrsraumes.


    Die Fläche westlich der Paulskirche, bzw nördlich des sogenannten Rathaus-Neubaues als Grünflache zu bezeichnen ist dagegen irgendwie unfreiwillig komisch: zu ca. 2/3 schnöder Parkplatz, plus wenige Quadratmeter kaum gepflegtes, unmotiviertes, pflegeleichtes Gewächs - das ist wirklich alles, was sich dem geneigten Betrachter dieses bis dato vergessenen Areales bietet.
    Gut, die Kolb-Eiche.
    Aber wäre sie nicht eventuell integrierbar in den Neubau eines Demokratiezentrums?

    Ein sehr gelungenes Demokratiezentrum ist m.E. das Hambacher Schloss (Max Dudler aus dem Jahr 2012), welches zurecht mehrere Preise gewann.


    Sehe ich ähnlich, das Demokratiezentrum von Max Dudler am Hambacher Schloss ist wirklich großartig gelungen.
    Vielleicht könnte man ja seine Expertise in Sachen Demokratiezentrum Paulskirche einholen, immerhin hat er sich ausreichend mit Form und Inhalt eines solchen Zentrums beschäftigt und obendrein kennt er Frankfurt ganz gut - er hat hier gelebt, studiert und auch gebaut (z.B. Umbau des Verlagshauses S.Fischer).


    Einen wichtigen Beitrag zur Debatte um die Paulskirche sehe ich in der Ausstellung des Architekturmuseums - sie macht die schon damals recht hitzig geführte Debatte um den Wiederaufbau des Denkmals nachvollziehbar um bietet einen guten Überblick über die Gemengelage der widerstreitenden Absichten. Der schön gestaltete Katalog bietet schließlich vertiefendes Material dazu.


    Was den Zeitplan für die Sanierung der Paulskirche sowie den Bau des Demokratiezentrums betrifft, bin ich auch ein wenig erstaunt darüber, wie sehr man die Dinge auf die lange Bank zu schieben gedenkt. Eine breit geführte, deutschlandweite Debatte in allen Vereinen, Schulen und Zusammenkünften sonstiger Art klingt nicht gerade nach Vision und Tatkraft, sondern eher nach 'schau'n mer mal und machen uns bloß nicht nass'.
    Was nicht heißen soll, dass da jemand (Feldmann) den Feldwebel geben sollte, nein, aber ein gewisses Maß an Vorstellungskraft, wie und wo ein solcher Bau entstehen könnte, verbunden mit dem Willen dafür zu streiten, das wünschte ich mir schon - will sagen: etwas mehr Leidenschaft für dieses Bauwerk, für dessen Geschichte und Zukunft.

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    Sehe ich ähnlich. Wobei ich zu den wenigen gehöre, die den Senkenberg-Umbau gar nicht so desaströs finden....


    An diese Stelle, die städtebaulich ohnehin ziemlich diffus und kontrastreich ist (Eschenheimer-Turm/Nextower/Detektiv Tudor...) eine solche Fassade zu verwirklichen, heißt, auf die ganze architektionische Unruhe noch eins draufzusetzen. Dabei hat gerade das alte Rundschau-Haus gezeigt, dass an dieser Ecke ruhige und gemäßigte Formen dem Platz, der ja eher ein riesiger Verkehrsknotenpunkt ist, Rahmen und somit Halt geben.

    Sieht für mich ein wenig so aus wie die EZB, bevor man ihr den Ansatz einer Umdrehung verpasst hat. Nicht schlecht, aber aufregend ist anders (siehe Omniturm...). Apropos Omniturm: dagegen wirkt dieser Entwurf ausgesprochen solide und zugeknöpft, ohne viel Esprit und Eleganz.
    Dennoch, wie gesagt: nicht schlecht und mit Potential - das aber noch längst nicht ausgeschöpft ist.


    Hat mich komischerweise sofort daran erinnert:



    Bild ZDF/Arte


    Obwohl es doch ziemlich anders aussieht...

    Ich bin seit 2006 direkter Nachbar der EZB und habe die gesamte Bauphase miterlebt. Da könnte man auf die Idee kommen, dass ich mich an diesem Gebäude irgendwann satt gesehen hätte, aber dem ist nicht so. Die vielen neuen und interessanten Perspektiven, die sich beim Umrunden des Ensembles auftun, ziehen noch immer meine Blicke auf sich und ich finde die Verbindung der neuen mit den alten Gebäudeteilen, sowie den grünen Campus drumherum, als wirklich geglückt.


    Schade nur, dass die hängenden Gärten zwischen den Türmen nicht verwirklicht wurden. Trotz der drei Verbindungsebenen, der Querverstrebungen sowie der auf- und absausenden Aufzüge, wirkt das Atrium irgendwie leer und unmöbliert (und ist es auch, nach Aussagen von einem Bekannten, der bei der EZB arbeitet).


    Aber, vielleicht kratzen sie ja nochmal ein paar Kröten zusammen, wo Geld doch gerade (noch..) so billig ist!

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    Das sehe ich, und ich glaube auch viele andere, eben nicht so. Die Paulskirche steht zum einen für den demokratischen Aufbruch, zum anderen ist sie aber auch ein Mahnmal für dessen gründliches Scheitern und der Wiederaufbau spiegelt die Intention aller damals Beteiligten, seitens der Stadt, des Landes sowie der ausführenden Architekten, in genau diesem Sinne wieder.


    Dass dem Bau der Mahnmal-Charakter heute immer wieder gerne abgesprochen wird, passt zum Tenor unserer Zeit, dass über 70 Jahre danach doch endlich mal Schluss sein müsse mit der ewigen Gedenkerei.
    Angesichts der Anfechtungen der demokratischen Errungenschaften die von rechts erwachsen, sei es die AFD bei uns, die FPÖ in Österreich, der Front National in Frankreich usw., und angesichts des Umstandes, dass das Wort "Jude" auf unseren Schulhöfen wieder zum Schimpfwort werden konnte, ist diese Schlussstrich-Forderung in meinen Augen ziemlich fahrlässig.



    Das scheint sie aber nicht, weil sie (aus sehr vielen nachvollziehbaren Gründen) kaum mehr interessiert. [...] Keinen Cent Frankfurter Bemühungen für eine (nationale ?) Sonntagsrede !


    Verstehe ich nicht. Was für Gründe? Was für eine (nationale?) Sonntagsrede?

    Das haben zum Glück fast alle an der Entscheidung beteiligten anders gesehen: dem nach dem Krieg geschaffenen Zustand wird beinahe unisono historische Bedeutung beigemessen und ich teile diese Auffassung völlig.


    Dass die Dokumentation der 48er Revolution auf den neusten multimedialen Stand gebracht werden soll, finde ich ebenso begrüßenswert. Allerdings kann ich mich nicht mit der Idee anfreunden, diese im Erdgeschoss der Kämmerei beheimatet zu wissen. Untergeschoss und Wandelgang der Paulskirche wären meines Erachtens der passendere Ort.
    Noch besser fände ich, wenn ein eigens dafür zu errichtends Gebäude diese Aufgabe übernähme. Die immense Bedeutung der Ereignisse von 1848/49 scheint mir ein solches eher zu rechtfertigen, als ein paar frei geräumte Ecken im benachbarten "Neuen Römer" dieses wiederspiegeln könnten.


    Ein solches speziell auf die Paulskirche Bezug nehmendes Gebäude, meinetwegen auf dem Grundstück der ehemaligen "Alten Börse", könnte ich mir durchaus vorstellen. Es würde der durch die Kriegsverheerungen seltsam ans Platzende gerückten Paulskirche wieder eine erkennbare städtebauliche Fassung verleihen.


    Aber mal sehen, in welche Richtung die Debatte geführt werden wird.

    Karl Marx

    auch das Haus am Dom holen einen fast schon brutal in die Realität der Frankfurter Nachkriegszeit zurück.


    Gottseidank!


    Auch wenn ich offenbar einer Minderheit angehöre, welche die Architektur der Nachkriegszeit nicht per se in Grund und Boden verdammt, weine ich dem Technischen Rathaus keine Träne nach: zu maßstabsprengend war der Bau, in seiner Dominanz zu rücksichtslos in ein einstmals kleinteiliges Stadtgefüge implantiert. Aber was nun entstanden ist, lässt mich einigermaßen sprachlos zurück. Freilich, die neue Altstadt ist hübsch, adrett. Sie wurde mit viel Sorgfalt und handwerklichem Können errichtet, aber nach anfänglicher Bewunderung hatte ich plötzlich das Gefühl in einer Babelsberger Kulissenstadt zu stehen, in der ein Film über das alte Frankfurt gedreht wird.


    Authentizität ist für mich etwas anderes, bei aller Akribie und liebe zum Detail, und trotz aller Spolien. Das alte Frankfurt ist die neue Altstadt für mich nicht, bestenfalls eine Idee davon. Schon gar nicht hat Frankfurt mit ihr seine Seele zurückerhalten, wie man häufig hören und lesen konnte.
    Die Seele Frankfurts, die findet sich für mein Empfinden in den Apfelweinwirtschaften Sachsenhausens, der Kleinmarkthalle und den Städtischen Bühnen.


    Gut, wer weiß wie die Gassen einmal wirken, wenn die Geschäfte geöffnet sein werden und die Wohnungen der neuen Häuser bewohnt. Aber nachdem ich gehört habe wie Makler ihre neuen Trophäen bewerben ("Ideal für kinderlose Paare oder Singles in leitender Position"), bei Quadratmeterpreisen von ca. 24 € kalt, schwant mir nichts Gutes.


    Den Touristen aber dürfte es egal sein, die sind ohnehin nicht an den Wohnungen interessiert. Sie strömen jetzt schon zuhauf durch die Gassen - die ersten Selfies mit neuer Altstadt im Hintergrund gehen um die Welt. Ob Replik oder nicht, ist, auf gut österreichisch, eh wurscht.


    Eine schöne Pointe am Rande: viele Besucher halten den bärtigen Mann auf seinem Denkmalsockel offenbar für Karl Marx. Kein Wunder, denn Frankfurter, die den Namen Friedrich Stoltze schon mal gehört haben und vielleicht auch was mit ihm anfangen können, wird es hier in absehbarer Zukunft, wenn alle mal da waren und höchstens noch ihre Gäste hierher schleppen, kaum mehr geben. Und so wird die Vermutung, dass es sich wahrscheinlich um den berühmten Erzkommunisten handle, den sich die Stadt Frankfurt in ihre 200 Millionen Euro teure neue Altstadt gesetzt habe, zusammen mit all den vielen Selfies, unwiedersprochen in die Welt gehen.


    Ein wunderbarer Treppenwitz.:daumen:

    Jeder, der in die Paulskirche kommt, ist erst einmal geschockt. [...] Zumal der Bau dann auch endlich für Veranstaltungen richtig nutzbar wäre.


    Nun, nicht jeder. Meine Wenigkeit nicht, und mag ich auch einer noch so kleinen Minderheit angehören, die dieses "Denkmal für den Aufbau Deutschlands" (Titel eines Buches über die Paulskirche von Dieter Bartetzko) sehr, sehr schätzt.


    Auch geht es mir so, dass ich die Architektur der 40/50er Jahre, die ja im Wesentlichen eine Wiederaufbau-Architektur ist, nicht per se als 'miefig' empfinde. So hatte ich z.B. vor einigen Jahren, als ich noch am Weckmarkt hinter dem Dom wohnte, eine sehr alte Nachbarin, die schon vor dem Krieg in der Innenstadt, am Rande der Altstadt lebte. Nachdem sie ausgebombt wurden, bei Familienmitgliedern unterkamen und wenige Jahre später wieder in die Altstadt zuückkehren konnten, waren sie unglaublich froh nicht mehr die Enge, die Dunkelheit und den Mief der Altstadt vorzufinden, sondern helle, für damalige Verhältnisse großzügige Wohnungen um begrünte Innenhöfen gruppiert. Nostalgisch in Sachen Altstadt war meine Nachbarin nie, überhaupt nicht.
    Und all die Jahre, die ich dort in der neuen 'Altstadt' lebte, habe auch ich sie nie als 'miefig' erlebt.


    Und was die Möglichkeiten von Veranstaltungen in einer originalgetreu wiedererrichteten Paulskirche betrifft: Was bitte sollen das denn für Veranstaltungen sein? Freilich, Gottesdienste. Aber Preisverleihungen ohne Foyer für das obligatorische Catering, ohne ein Tiefgeschoss mit Garderoben und Toiletten? Harte Kirchenbänke, statt halbwegs bequemer Bestuhlung?
    Wäre ein ziemlicher Rückschritt in Sachen Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes.

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    Das Hauptproblem des Paulsplatzes ist, dass er im Grunde gar kein Platz ist, sondern eine Baulücke. Da jedoch der Standortbestimmende Bau, die Paulskirche, mit dem Durchbruch der Berliner Straße ihre städtebauliche Einfassung verlor, ist diese Lücke nicht ohne weiteres wieder schließbar, ohne dass es zu mehr oder minder grotesken städtebaulichen Situationen führen würde, da die Rückseite der Kirche wegen der Berliner Straße nicht mehr eingefasst werden kann.
    Sämtliche Vorschläge der späten 40er, der 60er sowie der 80er Jahre, als ernsthaft eine Bebauung erwogen wurde, blieben aus diesem Grund unverwirklicht: weil sie keine zufriedenstellende städtebauliche Situation für die Paulskirche geschaffen hätten.
    Schon Goethe war ja der Ansicht, das die damals neue Kirche an sich nicht verwerflich sei, allein der Platz an dem sie ‚sticke’, sei nicht der richtige. Will sagen: die Kirche brauche, um zu voller Geltung zu kommen, mehr Platz.
    Nun hat sie zwar Platz, aber leider nur einseitig, was zugegebenermaßen seltsam aussieht – so als habe man den Bau unachtsam in eine Ecke geschoben. Da man aber weder das ‚Neue Rathaus’ abreißen, noch die Paulskirche in die Mitte des Platzes wird schieben können, bleibt die Frage: was tun, wenn sich der Vorkriegszustand als nicht mehr realisierbar erweist, die zahlreichen Vorschläge einer Bebauung des Platzes aber nicht zufriedenstellend waren?


    Ich kann mich noch gut an den großen Parkplatz erinnern, der bis in die späten 70er Jahre selbstverständlich den gesamten Platz einnahm. Als dieser dann weg war, sah der Platz arg öde aus. Den als vorläufige Kompromiss-Lösung gedachten Baumhain empfand ich aber immer als halbwegs akzeptabel, ja eigentlich als Bereicherung. Dass der Platz seither immer wieder für gewerkschaftliche Zwecke genutzt wird, ständig zu allen möglichen Themen Infostände auf- und wieder abgebaut werden, die Aussengastronomie endlich mal Platz hat Ausmaße anzunehmen wie man sie nur aus südeuropäischen Großstädten kennt (von Münchner Biergärten mal abgesehen), all das finde ich gar nicht mal so verkehrt.


    Als gebürtiger Münchner ist mir schon früh aufgefallen, dass der Frankfurter sich schwer mit seinen wenigen, einigermaßen großen Plätzen tut. Die fast überall anzutreffende Enge scheint derart in Fleisch und Blut übergegangen zu sein, dass die Weite schnell als störend empfunden wird. Wenn ich aber in dem kleine Café Stern am Paulsplatz sitze, das vorüberziehende Treiben und die gegenüber liegende Paulskirche betrachte, denke ich häufig: dieser Platz hat was. Er ist zwar nicht schön im klassischen Sinne (wie z.B. die Place Bellecour in Lyon), aber er funktioniert und bietet darüberhinaus immer wieder ein Forum für diverse Interessensgruppen.
    Gerade dieses Forum ist meiner Ansicht nach ein ganz gutes Pendant zur demokratischen Tradition der Paulskirche.

    ... den Bedarf für irgendwelche Mahnmalaspekte kann ich in diesem Fall nicht ansatzweise erkennen.


    Nun, ich wüsste nicht wo der „Bedarf an irgendwelchen Mahnmalaspekten“ sinnfälliger zum Ausdruck käme, als am beinahe restlos zerstörten Torso der Wiege der deutschen Demokratie. Gerade heute, da die Errungenschaften der Paulskirchenversammlung, die noch heute die Grundlage unseres Grundgesetzes bilden, von immer mehr antidemokratischen Kräften in Zweifel gezogen werden, ist es meiner Ansicht nach zwingend, darauf hinzuweisen, dass diese schon einmal und mit wahrhaft verheerenden Auswirkungen missachtet wurden. Es gibt in der Frankfurter Innenstadt keinen Ort (zumindest fällt mir gerade keiner ein), an dem diese Mahnung deutlicher zum Ausdruck käme.
    Sie auf die zwei Gedenktafel rechts und links neben dem Eingangsportal, sowie die kleinen Messingschildchen zu reduzieren, die mit den Namen der Abgeordneten versehen waren und an der Rückseite der Kirchenbänke angebracht wurden, und ansonsten den Innenraum wieder als Kirche aufleben zu lassen, die sie gar nicht mehr ist, nebst abgehängter Decke, fehlenden Toiletten und Garderoben, und ohne ein Foyer das bisher Raum bietet für die Verpflegung der bis zu 900 Gästen bei großen Preisverleihungen – all das würde zwar wieder den Vorkriegszustand herstellen, aber es würde eben auch wieder eine Kirche entstehen, die mehr schlecht als recht ihrer rühmlichen Vergangenheit gedachte.


    Das dieses Gebäude, das zwei, beziehungsweise drei Jahre nach Kriegsende und vierzig Jahre vor der Wiedervereinigung, als erster gesamtdeutscher Bau von nationaler Bedeutung (die Materialspenden kamen auch aus der damaligen SBZ) wieder errichtet wurde, stellt eine unglaubliche Leistung dar, die man auch heute, siebzig Jahre später, anerkennen und für die Zukunft bewahren kann.
    Das dieser Wiederaufbau in den ruhigen und sachlichen Formen einer gemäßigten Moderne ausgeführt wurde, ist dabei nicht, wie immer wieder behauptet wird, allein der Not und Materialknappheit der unmittelbaren Nachkriegszeit geschuldet, sondern war durchaus Absicht und Ergebnis eines zähen Ringens innerhalb der Stadtgemeinschaft. So wurde beispielsweise das Goethehaus etwa zeitgleich originalgetreu wieder aufgebaut.


    Aber ich gestehe, dass ich in der Debatte um Rekonstruktion oder Sanierung nicht wirklich gut objektiv argumentieren kann, denn mich erreicht die Paulskirche in ihrer jetzigen Form. Sie lässt mich nicht kalt, ganz Im Gegenteil, sie berührt mich und ich erschaudere vor ihrem würdevollen Auftritt.
    Der allerdings – zweifelsohne – ein sorgsames Lifting benötigt.

    Sehe ich anders.


    Was ich persönlich an diesem Bauwerk sehr anziehend finde, sind die ablesbaren Metamorphosen: als sakrales Gebäude, das zu einem säkularen Parlamentsbau mutiert, als Wiege der Demokratie, die im Inferno des Unterganges der Diktatur beinahe ausgelöscht wird. Denkmal für den demokratischen Aufbruch einerseits, Mahnmal des schrecklichen Scheiterns der ersten deutschen Demokratie andererseits.


    Würde die Paulskirche wieder in den Vorkriegszustand zurück versetzt, würden dem wichtigsten Symbolbau der Demokratie in Deutschland entscheidende Aspekte geraubt, denn bekanntermaßen war ja der Weg in die heutige, bundesrepublikanische Demokratie alles andere als geradlinig: der zerstörerische Weg in den Untergang, aber auch der kraftvolle Ausbruch daraus blieben ausgeblendet.
    Dies sollte bedenken, wer heute eine detailgetreue Rekonstruktion fordert.


    Die Paulskirche ist das Symbol des demokratischen Aufbruchs in Deutschland, mitunter wird sie auch die Agora der Bundesrepublik genannt. Eines aber ist sie seit 70 Jahren nicht mehr: eine Kirche.


    Was ich aber für sehr wünschenswert hielte, wäre eine ansprechendere Präsentation der Ausstellung im sogenannten Wandelgang, oder besser noch eine Ausgliederung derselben in ein noch zu errichtendes Nachbargebäude (der Parkplatz und die nicht sonderlich gepflegte Grünfläche nördlich des ‚neuen Rathauses’ wären, wie ich finde, eine interessante Option!). Ein epochales Ereignis wie die Revolution von 1848/49 sollte umfassend, angemessen und multimedial dokumentiert werden – da sind ein paar lieblos gestaltete Schaukästen geradezu ignorant.


    Apropos multimedial: dieser Film über Robert Blum könnte Teil eines neuen Ausstellungskonzeptes sein – er sollte in Dauerschleife laufen (übrigens mit als 3d-Modell nachgebauter Paulskirche!)

    Robert Blum und die Revolution

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    Dazu sei angemerkt, dass J.F.C. Hess ursprünglich eine dem römischen Pantheon nachempfundene Kuppel, inklusive Oberlicht, plante, die jedoch aus Kostengründen nicht ausgeführt wurde. Er selbst unterbreitete den Vorschlag, anstelle des “das Innere wie das Äußere der Kirche entstellende" Deutschen Daches eine mit einem großen einfallenden Oberlicht konstruierende Kuppel aufzuführen. (Nachzulesen in 'Johann Friedrich Christian Hess, Stadtbaumeister des Klassizismus in Frankfurt am Main', Evelyn Hils)


    Die Nachkriegslösung entspricht zwar nicht in Gänze den Hess'schen Vorstellungen, kommt ihnen aber doch ein gutes Stück näher als das monströse, die Dominanz des Turmes beeinträchigende 'Deutsche Dach'.