Beiträge von Architektenkind

    Ich stelle mal folgende These in den Raum: Es ist kein Entwurf für ein Einheits- und/oder Freiheits-Denkmal vorstellbar, der auf allgemeine Zustimmung stieße. Weder in Leipzig noch in Berlin, wo die Debatte ja auch neu geführt wird.


    Zwei Gründe: Erstens ist die Symbolik klassischer Denkmäler der Neuzeit heute verbraucht und nicht zu retten. Zu DDR-Zeiten hätte man zwei, drei heroische Figuren als Verkörperungen "des Volkes" genommen und auf einen Sockel gestellt – geht heute gar nicht mehr. Die Abstraktionen, die heutige Entwürfe anbieten, funktionieren aber auch nicht. Zweitens, weil das zu erinnernde Ereignis politisch zu umstritten ist, als dass man sich auf eine ästhetisch-symbolische Interpretation einigen könnte. Aus beiden Gründen bleibt es immer bei "I Gitt, hässlich" als Reaktion, während tragfähige Gegenvorschläge ausbleiben.


    Ich bin von dem Siegerentwurf nicht begeistert, kann aber auch die Abscheu nicht nachvollziehen. Rundlings Kritik führt meines Erachtens in die Irre: Bei den frühen Montagsdemos gab es kaum Transpis, das stimmt. Damals fürchteten die Leute noch die "Chinesische Lösung". Für die späteren Demos (aus der kurzen Ära Krenz und danach des Runden Tisches) waren Spruchbänder und Schilder mit wütenden, oft aber auch witzigen Parolen ein zentraler Bestandteil. Insofern passt der Entwurf schon. Ästhetisch lässt er allerdings zu wünschen übrig.

    Umbau Petersburger Straße


    Der Umbau der Petersburger Straße (vorgestellt hier) hat begonnen. Los geht es mit dem östlichen Fahrstreifen, Fahrtrichtung Nord:



    Bereits aufgerissen sind der frühere, etwa vier Meter breite Parkstreifen und der Radweg – ein Meter zwischen den parkenden Autos und der Bordsteinkante. Das war die Hölle, bis 2020 ein PopUp-Radweg eingerichtet wurde. Schon deshalb, aber mehr noch wegen des vielen Grüns und der wertigen Gestaltung, freue ich mich sehr auf das Ergebnis.


    Bis dahin wird es allerdings eng: Den Autos steht während der Bauarbeiten nur eine Spur zur Verfügung, Fußgänger müssen ewig auf Grünphasen warten, und Radler sind wieder auf den einen Meter zwischen fließendem und stehendem Verkehr zurückgeworfen. Entsprechend entstehen Ausweichverkehre, die den Kiez belasten. Aber das ist es allemal wert, denn Aussehen, Aufenthaltsqualität und Verkehrsführung werden sich gewaltig verbessern.

    BIP pro Einwohner in Euro

    Hamburg 79 176

    Bremen! 56 981

    Berlin 51 209

    Ohne auf die Argumentation im Ganzen einzugehen: In Hamburg und Bremen stammt die Wertschöpfung vor allem aus den Häfen. Es wird Berlin schwer fallen, dafür einen Ersatz zu finden. Vergleiche mit London, Paris oder New York wären ebenfalls historisch einzuordnen – und damit meine ich auch, aber nicht nur die Nachkriegszeit – es betrifft die Geschichte der letzten Jahrhunderte (zum Beispiel reicht die Bedeutung von Frankfurt als deutschem Messe- und Finanzzentrum bis ins Mittelalter zurück, als Berlin noch ein randständiges Provinznest war).


    Keine Botschaft meinerseits, außer: Sozialausgaben und RRG die Schuld (an was auch immer) zu geben, ist unterkomplex. Und das Mietniveau von Paris oder London ist auch nicht unbedingt erstrebenwert.

    ... weil die Zeiten bei der Anreise mit ÖPNV nicht vorhersehbar sind.

    Das wird nicht wahrer, wenn man es ständig wiederholt. Vom Ostkreuz fährt jede Viertelstunde ein Regionalzug, hinzu kommen zwei S-Bahnlinien und Busse. Der FEX mit seiner kurzen Linien dürfte selten mehr als ein paar Minuten Verspätung ansammeln.


    Dabei sollten wir es bitte belassen und nicht wieder zum x-ten Mal die BER-Anbindung durchkauen.

    ... das Wasser kann man auch am Rand der Fläche auffangen und direkt in eine Zisterne führen.

    Ich versteh das Problem nicht. Soll man jetzt alles wieder aufreißen, die Platzneigung verändern, die längst fertigen Behälter rausreißen und anderswo neue bauen? Weil eventuell in 30 Jahren das Ganze mal saniert werden muss? Was wäre der Vorteil? Und wo ist das Problem an der jetzigen Lösung? Das ist doch eine Phantom-Debatte.

    ^ Bei einem Gefälle zum Rand hin würde das ganze Wasser direkt in die Kanalisation fließen. Das sollen die Zisternen ja gerade verhindern: Sie speichern Wasser, geben es nur langsam in den Boden ab und mildern so das Problem der Versiegelung. Das ist, wenn ich richtig verstehe, die Idee.

    ^ Okay, "nur Berlin" ist mal wieder zu doof für alles, naiv, rein ideologisch unterwegs und klammert sich an "überholten Ansichten" fest, ja? Ich empfehle mal einen Blick auf die Plaza Mayor in Madrid, die Place Vendome in Paris, den Trafalagar Square in London oder die Piazza Navona in Rom. Allesamt gepflastert. Warum? Es handelt sich um einen Platztypus des europäischen Städtebaus, der sich aus dem Marktplatz entwickelt hat und später Ort für Versammlungen und Feste wurde. Nicht um einen Schmuckplatz mit parkähnlicher Gestaltung, der sich aus dem städtischen Palastgarten entwickelt hat (in Berlin: Lustgarten).


    Ich bin heilfroh, dass man den Gendarmenmarkt als großstädtische Platzanlage erhält und eben keinen "Pocketpark" draus gemacht hat. Und was den Klimanotstand betrifft: Unter dem Platz wurden Regenwasser-Sammelbehälter mit Versickerung angelegt, um bei Starkregen eine Überforderung der Kanalisation zu verhindern. Das ist zigmal wichtiger als ein paar Blumenrabatten, die de facto gar nichts austragen.


    (Das Pflaster finde ich übrigens auch etwas unterwältigend - mir scheint, man hat zwar Muster und Farbgebung des DDR-Pflasters aus den 80ern beibehalten, auf den Wechsel im Material aber verzichtet. Aus Kostengründen, vermute ich. Schade.)

    ^ Habe ich auch schon überlegt. Die Lücke in der Mitte ist neu, stammt also nicht von einem Lastenaufzug. Ich hoffe, dass doch die alten Schmuckelemente zurückkehren, oder ein anderes vertikales Element. Ohne das ist die Fassade doch sehr öde.

    Dann könnte man die Georg-Eckert-Straße auch gleich zu einer Parkallee umgestalten und sich die nördliche Bebauung schenken. Besonders diesen direkt südlich neben dem "Schloss" angedachten Bau finde ich sehr ungünstig plaziert.

    Sehe ich anders. Eine nördliche Randbebauung würde der Georg-Eckert-Straße eine städtebauliche Dichte verleihen, die ihr bislang fehlt. Gerne mit Geschäften und Gaststätten, die sie zu einer Erweiterung des Magniviertels machen. Eine "Parkallee" war sie früher schon, ohne dass es besonders attraktiv gewesen wäre.


    Mir gefallen die Vorschläge von Ted Mosby ziemlich gut, weil sie auch den Ackerhof betonen, eine östliche Platzkante des Schlossumfelds definieren und den Horten-Bau durch kleinteiligere Strukturen ersetzen. Einschränkung: Die Rückstufung des Horten-Ersatzbaus zur Georg-Eckert-Straße kann ich mir nicht ganz vorstellen, und das Doppel-Ende der Straße in zwei Tiefgaragen-Zufahrten überzeugt mich auch noch nicht. Würde aber gerne einen Wettberwerb zu diesem Masterplan sehen!

    yourrulez: Dachte ich mir auch. Es gibt in Deutschland genau drei Stadien in der 75.000+ Liga – Dortmund, München und Berlin. Wobei Berlin angesichts des großen Innenraums bei Konzerten das größte Fassungsvermögen haben dürfte. Auf jeden Fall mehr als der Signal-Iduna-Park, in dem Taylor Swift gespielt hat.


    Auch sonst argumentiert der Artikel inkonsistent: Das Tempelhofer Feld ist nicht immer für Konzerte verfügbar – okay. Aber andere Städte haben oft gar nichts vergleichbares. Für das Olympastadion soll Fußball ein Problem sein – für Gelsenkirchen oder Hamburg aber nicht? Die Metropolregion Berlin hat 6,3 Mio. Einwohner mit einer Bevölkerungsdichte von 208 Personen pro Quadratkilometer, die Metropolregion Hamburg hat 5,4 Mio. mit einer Bevölkerungsdichte von 191 Personen – aber Hamburg soll ein dichtes besiedeltes Umfeld haben, Berlin ein dünn besiedeltes? Naja.


    Sogar die Waldbühne als hervorragende Location für mittelgroße Open Airs gerät hier zum Nachteil, und ein großes Festival wie das Lollapalooza wird als Negativbeispiel genannt, obwohl der letzte Ärger sechs Jahre her ist und es auf dem Olympiagelände mittlerweile einen festen Standort gefunden hat.


    Also ja, dass Taylor Swift nicht in Berlin war, ist schade. Dass Berlin zu schlecht sei für große Konzerte, wie es der Artikel nahelegt, ist pseudo-kritisches RBB-Selbst-Bashing. Ich glaube, die Stones waren auf jeder Europa-Tour der letzten 20 Jahre in Berlin. Und so viele Acts in dieser Größenordnung gibt es nicht. Was bleibt: Berlin ist doof, weil es Adele kein Stadion gebaut hat. Damit kann ich leben.

    Berlin Marathon, Paraden für 100.000ende und zahlreiche andere Events sollten doch wohl gezeigt haben, dass Berlin schon immer mit Großevents sehr gut klar kommt

    Zumindest, wenn parallel keine Wahl stattfindet. ;)

    ^ Es gibt doch die Gruft, die gerade saniert wird (bzw. wurde?). Und im Dom selbst stehen auch ein paar prächtige Sarkophage herum. Ich finde, das reicht, um der Tradition genüge zu tun. :)

    Mit der Forderung stehst du im Grunde in einer Linie mit den protestantischen Bilderstürmern, den Zerstörern von klerikaler und aristokratischer Kultur nach der französischen Revolution und sogar mit den Taliban, die Buddhastatuen mit Artillerie zerstören ließen.

    Man sollte den politischen und kulturellen Kontext betrachten, in dem ein Bildersturm stattfindet. So ist mir das zu pauschal – die Plünderung eines Adelspalastes im Zuge einer bürgerlichen Revolution ist etwas anderes als die Zerstörung von Relikten einer lange untergegangenen Kultur.


    Solange man die Hohenzollern-Gruft als bloßes Relikt einer vergangenen Ära betrachtet, bin ich fein damit. Habe sie auch schon besichtigt und mag die morbide Atmosphäre. Problematisch wird es, wenn man ein Politikum draus macht. Und das wäre etwa der Wiederaufbau der Denkmalskirche. Eine feierliche Einweihungszeremonie mit Georg Friedrich Prinz von Preußen, bei der vielleicht noch mit Gottes Segen die Gebeine Wilhelms II. in einem Prunksarkophag dort bestattet werden – das will ich wirklich nicht erleben...


    (Funfact: Es gibt einen großartigen Roman, bei der die Gruft der Habsburger vor dem Hintergrund der NS-Machtergreifung in Wien zum Symbol einer besseren, untergegangenen Zeit wird. "Die Kapuzinergruft" von Joseph Roth, kann ich nur empfehlen.)

    Ich muss ja sagen, dass ich da sehr skeptisch bin. Weniger wegen dem Ergebnis, sondern eher, dass es überhaupt einen solchen Wettbewerb gab.

    Es war kein Wettbewerb für die Denkmalskirche, sondern ein Förderpreis für eine Bachelorarbeit. Ein weiterer Preis wurde zum Beispiel für die Revitalisierung eines leerstehenden Kaufhauses in Halle vergeben. Da es keine Auftraggeber und keine Bauherren gibt, dürfte mit einer Umsetzung nicht zu rechnen sein.

    ^ Hier wird immer so getan, als wäre mit der Denkmalskirche ein unendlich wichtiges, historisches Baudenkmal verschwunden. Sehe ich ganz anders: Es handelte sich um einen historistischen Bau des frühen 20. Jahrhunderts, den sich Wilhelm Zwo anachronistischer Weise zum Ruhme seiner Dynastie errichten ließ. Die architektonische Wirkung war schon damals sehr seltsam, weil das Ding wie ein Wurmfortsatz des Domes aussah und weder zu dessen Hauptachse noch zu den sonstigen Proportionen passte. Aber hey, es hatte Säulen und Marmor, also muss es gute Architektur gewesen sein!


    Im Ernst: Ich finde es frappierend, wie sehr das Stilbewusstsein der preußischen Repräsentations-Architektur zwischen 1800 und 1900 nachgelassen hat. Von schlichter Eleganz und Proportion zu viel hilft viel und mehr ist besser. Ich wünsche mir für den Dom, dass die ursprüngliche Dachlandschaft rekonstruiert wird. Die wirkte weniger plump als die heutige. Aber auf den "Hohenzollern sind toll"-Anbau kann ich gut verzichten – ob in historischer oder in modernistisch-abstrahierter Form.

    Ich habe mir noch kein Urteil über die Sache gebildet (und kein Bock mich tief in die Genese hineinzuwühlen). Deshalb drei Gedanken nebeneinander, die sich teilweise widersprechen:


    1. Architektur: Der Dorte Mandrup-Entwurf gefällt mir gut. Er lebt von seinen Proportionen, und eine um 20 Meter geschrumpfte Variante würde vermutlich gedrungen und gequetscht aussehen. Schade.


    2. Städtebau: Wie bereits früher erwähnt, gefällt mir der Gedanke einer Stadtkrone am Alex – mit Gebeäudehöhen, die von der Umgebung her aufsteigen (was vor allem aus der Ferne wahrnehmbar ist). Für diesen Effekt könnten 115 Meter an der Jannowitzbrücke zu viel sein, weil es zwischen Brücke und Alex wieder den Abstieg in die 70-Meter-Liga gibt.


    3. Kommunikation: Was für ein Clusterfuck! Alle hatten sich auf 68 Meter eingestellt. Hätte man erst kommuniziert, nachdem man sich intern auf 90/95 Meter geeinigt hat, wäre das als Sprung nach oben wahrgenommen worden. Durch die scheinbare und nun wieder kassierte Festlegung auf 115 Meter – samt passenden Entwürfen – wirkt das Ganze nun wie ein Rückschritt. Amateurhaft gemacht.


    Grundsätzlich kann ich mit einem 90-Meter-Bau an dieser Stelle gut leben (ich hätte auch mit 68 Metern leben können). Die Frage ist jetzt, wie man einen groß präsentierten und gelungenen Entwurf so geschrumpft bekommt, dass es hinterher nicht peinlich wird. Hätte man sich alles sparen können.

    Man kann den Aufwand für Sanierungen und Umbauten natürlich unendlich betreiben oder man wohnt die Objekte mit gelegentlichen Pinselsanierungen runter und steckt die Sowiesokosten lieber in kompletten Neubau.

    Naja, die erwähnte Genossenschaft plant ihre Sanierung für Jahrzehnte, nicht für Jahre. Es muss also nicht 2030 wieder alles neugemacht werden. Die Wohnungen haben danach auch wenig zu tun mit dem, was man von unsanierten Platten kennt. Und der Preisunterschied zum Neubau bleibt gewaltig – der Geschäftsführer meinte, eine kernsanierte Plattenbauwohnung kann er für 7 Euro kalt anbieten, bei Neubau wären es 11 Euro. Macht bei dem 120qm-Beispiel 480 Euro mehr im Monat. Für viele Familien ein gewaltiger Unterschied.


    Bleibt das Argument mit der Deckenhöhe. Kann ich nachvollziehen, halte ich aber nicht für schlagend. Bei WBS70 liegt die Geschosshöhe bei 2,80 Meter, die Deckenhöhe bei 2,55 bis 2,60 Meter (je nach Quelle). Das ist bei heute gebauten, einfachen Mietwohnungen auch nicht mehr – manchmal sogar weniger. Wenn man dieses Kriterium anlegt, müsste ein Großteil der Wohnungen, die in Deutschland nach dem Krieg gebaut wurden, wieder weg. Kaum praktikabel. (Und ich glaube ohnehin, der drückende Raumeindruck ergibt sich weniger aus den relativ niedrigen Decken als aus den kleinen Räumen. Dieses Problem lässt sich lösen, wenn man Zwischenwände entfernt und Wohnungen zusammenlegt.)

    Und serielles Bauen ist an sich schon eine gute Idee. Wir haben es doch auch geschafft mit Klamotten von der Stange und Autos aus Massenprodukt genug Individualisierung hinzubekommen, dass wir uns nicht komplett einheitlich vorkommen.

    Ansätze dafür gibt es. Die WBM baut in Friedrichshain mit dem Büro Praeger Richter zusammen serielle Wohnungen nach ökologischen Standards, die zwar immer nach dem gleichen Raster entworfen sind, sich aber in Höhe und Kubatur der Umgebung anpassen: Als Punkthochhaus, als Hinterhofergänzung, als Lückenfüller im Gründerzeitquartier mit Staffelgeschoss, etc. Das ist aber erstens Ergänzung, nicht Ersatz für den Bestand. Und zweitens macht es – trotz netter Ideen wie Dach- und Fassadengrün – auch nicht viel mehr her als die olle WBS70. Es gibt bodentiefe Fenster und dadurch mehr Licht. Höhere Decken gibt es meines Wissens nicht.

    ^ Ich bin auch kein Fan der Platte, weder architektonisch noch städtebaulich. Aber das ist eine sehr einseitige Darstellung. Es übersieht zum Beispiel das Problem, wo die Leute hin sollen, wenn ihnen in Zeiten überhitzter Märkte die Wohnung unterm Hintern abgerissen wird. Es übersieht die Kostensteigerung, die sich durch Abriss und Neubau zwangsläufig ergibt – von Grauer Energie ganz zu schweigen. Und es unterschätzt die Flexibilität, die eine Platte im Innern hat.


    Ich habe mal den Geschäftsführer einer Wohnungsbaugenossenschaft aus Brandenburg interviewt. Die haben ein Sanierungskonzept, das einerseits Wärmedämmung, Fahrstühle und (teilweise) Barrierefreiheit erlaubt, andererseits die Grundrisse so flexibel macht, dass Du am Ende Einheiten bis zu 120qm Fläche mit modernen Badezimmern und 30qm-Wohnzimmer hast (das läuft, glaube ich, über die Entfernung von Zwischenwänden und den Ersatz einzelner Wandplatten durch Stahlträger).


    Mit Ostalgie hat das wenig zu tun. Es geht um Mietpreise, die trotz hoher Sanierungskosten immer noch weit unter denen im Einfach-Neubau liegen. Und Balkone haben die meisten Wohnungen dort auch.

    ^ Habe gegoogelt: Das erwähnte Morinol wurde in der DDR tatsächlich 1969 verboten, kam aber in Ausnahmen noch bis 1974 zum Einsatz (Palast der Republik hattest Du genannt). Asbesthaltige Faserzementplatten (im Westen Eternit, im Osten Baufanit) wurden viel länger verwendet und tatsächlich erst nach der Wende, nämlich Ende 1993, endgültig verboten. Was das erwähnte Hallendach erklären dürfte.


    Hat dann allerdings mit Plattenbau-Sanierung nichts mehr zu tun. Das Zeug wurde ja vor allem für billige Dächer und als scheußliche Verkleidung hübscher Fachwerkhäuser verwendet.

    ^ Glaube ich auch. Meine gelesen zu haben, dass Asbestzement erst Ende der 70er verboten wurde. Und ich kenne eine Halle in Brandenburg, die wegen eines Daches aus Asbestzement demnächst komplett saniert werden muss. Die ist ziemlich sicher nicht aus den Sechzigern.

    ^ Von einem "architektonischen Desaster" kann gar keine Rede sein. Schlicht, aber wertig trifft es eher – kein Vergleich zu dem Ding, das schräg gegenüber auf der anderen Seite der Kreuzung steht und wirklich ein Desaster ist. Hier mal ein Haus in der Frankfurter Innenstadt, das ich gestern geknipst habe, weil es mich an die Lose 2 und 4 erinnerte. Macht einen zurückhaltenden, noblen Eindruck, finde ich.



    Natürlich sind die Entwürfe nicht optimal. Sie könnten noch plastischer und strukturierter sein, Schrägdächer oder Staffelgeschosse aufweisen, Balkone oder Mittelrisalite, großzügigere Geschosshöhen samt Beletage. Hätte ich nichts gegen einzuwenden. Aber es ist Gestaltungswille erkennbar: Eine gewisse Kleinteiligkeit (kein Riesenblock, sondern Gründerzeitformat), Abwechslung in Farbe und Material und öffentlich genutzte Erdgeschosse. Nicht zuletzt entstehen Wohnungen für 150 bis 200 Leute, die sicher belebender für die Ecke sind als eine Bürozeile.


    Was die Mietpreise angeht: Da gibt es in Berlin viel teureres Zeugs, das viel öder aussieht. Die Eigentums-Wohnungen Marke Pandion zum Beispiel, die richtig was kosten, aber trotzdem nur Riemchen und Putz auf Styropor zu bieten haben. Oder die Luxuswohnungen von Patzschke auf dem Friedrichswerder, die zu den teuersten der Stadt zählen und dennoch aussehen wie gewollt und nicht gekonnt. Auch private Bauherren bauen halt nicht unbedingt Qualität – sondern das, was sich bei geringstem Aufwand am besten vermarkten lässt.


    Mein Zwischenfazit fällt also gemischt aus. Klar ginge mehr, aber zum wütend Draufhauen taugen die Entwürfe meines Erachtens nicht.


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