Beiträge von Architektenkind

    Heute bildet die Platzkante der Ratshof, 1928 -1930 als Funktionsbau in zweiter Reihe errichtet.

    Das finde ich faszinierend: Vom aktuellen Foto ausgehend, hätte ich geschworen, dass der Turm eine Ergänzung der Nachwendezeit ist. Doppelstöckige Schießschartenfenster, Pyramidendach, Querstreifen als Akzent – wirkt auf mich sehr postmodern. Nun zeigt das historische Bild, das Ding ist über 100 Jahre alt.


    Der Epochenkontrast wirkt ein wenig wie der zwischen Römerbergzeile und Schirn in Frankfurt – aber die Schirn ist wirklich aus den 80ern. Krass...

    ^ Sehe ich auch so. Eine relevante Verschlechterung gibt es eigentlich nur für Gesundbrunnen, weil dort der FEX wegfällt und dann keine gleichwertige, direkte Regionalbahn-Anbindung mehr besteht. Andererseits bekommen die dann die S 15, die in ein paar Minuten am Hauptbahnhof ist. Wird also auch nicht wirklich "abgehängt".

    ^ Ja, das hat diesen 3D-Effekt, den ich mir erhofft hatte. Klar kann man sagen, das sei alles recht grobschlächtig – aber es hat eine Tiefe, die der Fassade sogar bei diesem Graufilter-Wetter noch Struktur dank Schattenwurf verleiht. Bei Sonne stelle ich mir das richtig schick vor.


    Was mir nicht gefällt: Der Hof hätte zwei, drei Fensterachsen breiter sein können; dann hätte er nicht so schachtartig gewirkt. Und natürlich der nicht vorhandene Dachabschluss – warum kein Staffelgeschoss? Der Botschafter hätte sich ein Dienst-Penthouse aufs Dach wünschen können. Wie geil wäre das für ihn gewesen, und wie gut für die Architektur? Schade.

    Die WMB baut aber an der Breite Str., dort ist der Abriss schon lange erfogt, hierzu gab es auch den Architektenwettbewerb.

    Genau, das ging etwas durcheinander. Die Visualisierungen haben mit dem Abriss nichts zu tun – der Wettbewerb für den Ersatz des Bauministeriums steht noch aus (ich hoffe, es wird einen geben!). Und apropos durcheinander: Der Laden heißt WBM, nicht WMB. ;)

    Dermont legt hier mehrfach nahe, eine originale, historische Innenausstattung sei aus ideologischen Gründung mutwillig zerstört worden ("alle Dekoration raushacken").

    Sein Beitrag ist nun im BoS.

    Das ist bekanntlich nicht der Fall (die Ausstattung stammte aus den 1950ern), weshalb ich die Beiträge höchst unwitzig finde. Weder der Kölner Dom noch Notre Dame noch das Pantheon sind in ihrer historischen Rolle und architektonischen Gestaltung mit St. Hedwig vergleichbar (auch wenn letzteres äußerlich das Vorbild war, was m.E. gegen eine Rekonstruktion der Kuppel-Laterne spricht).


    Zum Ergebnis des Umbaus ist fast alles gesagt, von mir nur zwei Ergänzungen:


    1. Die Milchglasfenster stören mich, sie sind banal. Hier könnte die Diözese einen Künstler beauftragen, sie durch etwas Besonderes zu ersetzen. Kann bunt sein, muss aber nicht.

    2. Die nüchterne Gestaltung finde ich – als seltsam gewendeten Kontrast zum protestantischen Berliner Dom – eigentlich ansprechend. Ein bisschen mehr katholischer Prunk dürfte es aber schon sein. Ich empfehle, mit Lichtakzenten zu spielen und/oder den Stuck in der Kuppel dezent mit Blattgold hervorzuheben.

    Der Neubau Schillingstraße 1 aus dem Jahr 2021 hat auch (in türkis) Kacheln. Nur als weiteres Beispiel der Umgebung...

    Ja. Beide Bauten sind Teil des Versuchs, der Schillingstraße auf der Ostseite sowas wie einen Blockrand zu geben. Soll für Verdichtung sorgen und sich architektonisch am DDR-Bestand orientieren. Der "Schwimmbad"-Bau mit dem Edeka im Erdgeschoss war der erste Teil der Umsetzung, der hier diskutierte Gelbkachel-Bau ist der zweite. Zu vier noch ausstehenden Gebäuden im nördlichen Teil der Straße findet sich das hier (keine Ahnung, ob aktuell).


    Ich habe hier schon öfter betont, dass ich den Verlust des riesigen Stadtraums aus dem 19. Jahrhundert zwischen Alex und Ostbahnhof sehr bedauere. Ihn zum Maßstab für neue Projekte zu machen, funktioniert aber nicht. Er ist weg, und die Stadtplanung von heute muss sich an dem orientieren, was da ist. Städtebaulich ist die Planung für die Schillingstraße deshalb aus meiner Sicht in Ordnung, auch wenn die bisherigen Projekte architektonisch wenig überzeugen.

    Ich argumentiere nur, dass man gegen den C02 Footprint dort was machen muss, wo er passiert. Und das ist nunmal nicht in Deutschland.

    Das ist falsch. CO2 entsteht an überhaupt keinem spezifischen Ort, sondern überall - auch in Deutschland. Hier entsteht pro Kopf sogar mehr davon als z.B. in China. Also muss überall gespart werden. Siehe Gefangenen-Dilemma.* So wenig es die eine Lösung gibt, so wenig gibt es die eine Quelle.


    Die Argumentation, man müsse nur die passenden Technologien entwickeln, höre ich seit 20 Jahren - passiert ist nichts. Und die Technologien, die ein bisschen was bringen könnten (das E-Auto oder die Wärmepumpe) werden von den ach so unideologischen Vernunftparteien CDU, FDP und AfD bis aufs Messer als linksgrün-versiffte Ideologen-Verirrung bekämpft. Die FDP ist besonders gut darin, reale Zukunftstechnik mit dem Verweis auf künftige Zukunftstechnik auszubremsen. Und die CDU hat erfolgreich die Solar-Industrie aus dem Land vertrieben. Aber das war natürlich ganz unideologisch.


    *Das ist übrigens m.E. das Kernproblem: Ein globales Problem, das nur zu lösen ist, wenn alle Staaten gegen ihre (kurzfristigen) ökonomischen Interessen gemeinsam handeln, ist in einer Welt konkurrierender Nationalstaaten de facto kaum lösen. Wenn Du dieses Dilemma anerkennen würdest, statt immer auf irgendwelche "Ideologen" zu schimpfen und andere verantwortlich zu machen, wäre schon einiges erreicht.

    ganz unabhängig davon, dass eine eindimensionale Rechnung des einfachen CO2 Werts eines Landes wenig Sinn ergibt und extrem vereinfacht ist.

    ^ Ja, Oranien oder Floyd bringen halt dieselben Argumente, die man von Klimaschutz-Gegnern immer hört: Deutschland trage ohnehin nur 2 Prozent zum CO2-Ausstoß bei, also kann man hier auch nichts tun. Und die andern tun ja auch nichts. Das ist aber doppelter Sebstbetrug, denn:


    1. Muss man die Zahl ins Verhältnis zur Bevölkerung setzen, damit sie irgendeinen Sinn ergibt. In Deutschland leben etwa 1 Prozent der gesamten Menschheit (80 Mio. zu 8 Mrd.) - es liegt also mit 2 Prozent CO2-Anteil pro Kopf doppelt so hoch wie der Durchschnitt der Weltbevölkerung. Es ist billig, hier mit dem Finger auf andere zu zeigen, die pro Kopf viel weniger verbrauchen, nur damit man selbst weitermachen kann wie gehabt.


    2. Ist das eine Anwendung des Gefangenen-Dilemmas zu egoistischen Zwecken: Wenn ich was tue, die anderen aber nicht, dann schade ich mir selbst - also tue ich besser nichts. Da dies aber alle sagen können (selbst die USA tragen "nur" 13 Prozent zum CO2-Ausstoß bei), tut am Ende niemand was, und der Laden fährt vor die Wand. Aber schön, dass wir noch ein paar Jahre billig fliegen konnten.


    Diese Haltung ist weder ethisch noch praktisch zu retten: Ethisch, weil es keine Legitimation für falsches Handeln darstellt, wenn andere auch falsch handeln (das ist Kategorischer Imperativ für Anfänger). Praktisch, weil ein reiches Land wie Deutschland von anderen nicht erwarten kann, dass sie Maßnahmen ergreifen, die man selbst aus Eigennutz verweigert (siehe Gefangenen-Dilemma).


    Kann Deutschland "das Klima retten"? Gewiss nicht. Aber das kann kein Land allein. Muss Deutschland seinen CO2-Ausstoß senken, damit globaler Klimaschutz vorankommen kann? Unbedingt! Und dabei ist der Flughafen Halle-Leipzig nicht auszunehmen - denn es sind nun mal tausende kleine Maßnahmen, die den CO2-Ausstoß senken. Die eine, gewaltige, die alle Probleme löst, die gibt es schlicht nicht.


    (Randbemerkung: Klimaschutz-Gegner erklären immer, dass steigende Flug- und Benzinpreise unzumutbar für die "breite Masse" seien. Nie lese ich Ähnliches über zu teure Bahntickets. Im Flieger sind 40 Euro von Berlin nach Malle schon zuviel, bei der Bahn lösen 76 Euro Flexpreis von Berlin nach Hannover kein Schulterzucken aus. Vermutlich halten sie die Bahn für ein "ideologisches" Verkehrsmittel, das "normal denkende Menschen" ohnehin nicht nutzen - oder höchstens mal für den Weg zum Flugplatz.)

    ^ Könnte das ein Missverständnis sein? Schadstoffsanierung heißt hier nicht Weiternutzung, sondern Asbest raus für den Abriss. Geht also los. Dass es noch zwei, drei Jahre dauert, bis wirklich gebaut wird, glaube ich allerdings auch.

    ^ Hier wäre mal ein Jurist gefragt. Das eine ist, Strafen zu verhängen (auch wenn sie nicht vollstreckt werden können). Das andere ist, das Grundstück gegen den Willen des Investors anderweitig zu vergeben – sprich, zu enteignen und neu zu verkaufen. Eigentum genießt bekanntlich Verfassungsrang (wenn auch mit Einschränkungen). Was ist möglich, was verbietet sich? Ich könnte nur wild spekulieren. Fest steht, der Senat hat Juristen und kein Interesse am Stillstand. Eine Lösung scheint er bislang nicht gefunden zu haben.


    Technisch mache ich mir keine Sorgen – das Beispiel Max & Moritz beweist (unfreiwillig, immer wieder), dass Rohbauten über längere Zeit brachliegen und dann nahtlos fortgesetzt werden können. Aber bei Max & Moritz haben diverse Investoren irgendwann freiwillig weiterverkauft. Das scheint mir hier der Knackpunkt zu sein.

    Also:


    1. ist Katalin Gennburg mit ihrer Position zum Alexander-Tower seit Jahren bekannt.

    2. war diese Position auch zu RRG-Zeiten vor allem ihre persönliche Meinung. Weder Lompscher noch Scheel haben versucht, sie in Politik umzusetzen.

    3. ist die Linke in der Opposition. Wie übrigens auch die Grünen.


    Kurz: Ich staune ein bisschen über die Richtung der Empörung. Das Problem sind doch nicht irgendwelche Pressemitteilungen, die Oppositionsabgeordnete verschicken. Das Problem ist ein Investor, der anscheinend weder bauen, noch verkaufen noch aufgeben will, sich aber vom Senat auch nicht zur Rechenschaft ziehen lässt. Was kann man da tun? Eine gerichtlich angeordnete Enteignung? Keine Ahnung, jedenfalls sehe ich in absehbarer Zeit schwarz für das Grundstück.

    Die Erhöhung der Parkgebühren im Straßenraum soll Anreize schaffen, alternative Verkehrsmöglichkeiten zu prüfen und/oder Autofahrer dazu zu bringen, die nicht ausgelasteten Parkhäuser zu nutzen, wo das Parken in der Regel günstiger ist als am Straßenrand.

    Ich habe gerade mal nachgemessen: Die Entfernung zwischen dem riesigen Parkhaus in den Schlossarkaden (Osten) und dem Parkhaus in der Steinstraße (Westen) beträgt gerade mal 850 Meter Luftlinie. Kein Ort im Zentrum, der von diesen Parkhäusern nicht in zehn Minuten zu Fuß erreichbar wäre. Die Probleme des lokalen Einzelhandels haben in Zeiten des Internets ganz andere Gründe – auch wenn die FDP das nicht wahrhaben will (dazu hat der Postillon alles Nötige gesagt).


    Die Frage ist, wie man Innenstädte attraktiv macht, auch wenn die Bedeutung der Geschäfte abnimmt? Wohnen, Kultur, Gastro, Aufenthaltsqualität wären meine Gedanken. Autos, Autos, Autos eher nicht.

    Man erspart sich die enge und meist volle Kreuzung Friedrich-/Oranienburger Str. - ich nutze sie als solche oft und gern.

    Ich auch. Immer, wenn ich von der Friedrichstraße Richtung Hackescher Markt will, nehme ich den Weg über Passage und Platz – manchmal auch unterirdisch, denn der Rewe ist oft noch angenehm leer.


    Unangenehm leer ist bislang auch die Passage. Es sind ja nicht einmal ein Drittel der Ladenflächen vermietet; und was schon da ist, ist beliebiger, teils pseudo-hipper Kettenkram. Da wird sich noch was tun, aber etwas anderes als das bekannte Mall-Repertoire erwarte ich leider nicht.


    Mehr Potenzial traue ich dem Platz zu. Den finde ich städtebaulich ziemlich gelungen (über die Architektur kann man streiten). Wenn die Geschäfte alle vermietet und die Bäume ein bisschen gewachsen sind, kann sich da eine kleine Oase entwickeln. Aber auch hier ein "leider": Angesichts der Ladenmieten dürften keine originellen Kneipen oder Cafés zu erwarten sein. Vor allem keine (Off-)Kulturnutzung, die zur Geschichte des Ortes eigentlich gut passen würde.

    Hier das kurze Video:

    Nichts gegen das Projekt. Aber auf einen "Food Market" mit "Street Food Environment" neben "Rough Trade", "Smartvillage" und "The Delta Group" steht mir rein sprachlich nicht der Sinn. Kann man Projekte eigentlich nicht ohne dämliches Marketing-Denglish vermarkten? Und warum heißt das Ding "Kalle" und nicht "The Charles"? Ist doch voll der Bruch – wahrscheinlich ein "disruptive labeling", oder so... *Schauder*