Na, dann bin ich mal der erste, der das einhellige Entsetzen nicht teilt. Ich finde, die geplanten Fassaden haben durchaus ihre Qualität. Sie sind abwechlungsreich, haben klar akzentuierte Erdgeschoss- bzw. Sockelzonen und sollen sämtlich eine Klinker- oder Natursteinverkleidung erhalten, nicht die heute gängige Kombination aus Styropor und Putz. (Voraussetzung für ein Gelingen ist natürlich eine wertige Umsetzung ohne Spar-Trickserein.) Und es ist ja nicht so, das massenhaft historische Bausubstanz geopfert werden soll, sondern im Wesentlichen eine 80er-Jahre-Shoppingmall, deren architektonischer Wert von Anfang an eher so mittel war (das sage ich trotz nostalgischer Gefühle: In der Plattenabteilung bei Salzmann und der Comic-Abteilung von Pfannkuch habe ich große Teile meiner Jugend verbracht ;)).
Auch der Stadtraum wirkt als (künftige) Gasse wesentlich weniger austauschbar denn heute als Passage, Braunschweiger. Diese Kombination aus modernen Fassaden, gründerzeitlicher Gebäudehöhe und mittelalterlichem Straßenquerschnitt findet man so häufig nicht. Dass ist sehr wohl ein bewusster Umgang mit "unserer Geschichte und Tradition", ein sehr viel bewussterer jedenfalls als der derzeitige Zuschnitt, der nun wirklich 08/15 ist. Einerseits für die historische Innenstadt zu plädieren, andererseits die überdachte, wettergeschützte und beheizte Behaglichkeit einer Mall zu verteidigen, finde ich etwas widersprüchlich.
Besonders gefällt mir der kleine Platz, der am (heute geschlossenen) Durchgang zur Kleinen Burg entstehen soll. Das ist doch mal wirklich eine Wiederbegewinnung altstädtischer Dimensionen in moderner Form. Weiterer Vorteil: Die Burgpassage wird nach Ladenschluss vorne und hinten mit Gittern verriegelt. Die Gasse dürfte rund um die Uhr offen sein und so auch Abends und Nachts eine belebte Zone bleiben. Insofern hätte man auch einen Zugewinn an öffentlichem Raum.
Das schaut übelst eingefräst aus. Steht das Gebäude nicht unter Denkmalschutz der sowas verhindert?
Die Fräse ging schon in den 80ern durch das Gebäude, als die Burgpassage gebaut wurde; im Erdgeschoss ist der Mittelteil der Fassade schon lange weg. Jetzt soll anscheinend der 30 Jahre alte (und recht düstere) Durchgang um ein Stockwerk ergänzt werden, wodurch fünf weitere Fenster des Altbaus verschwinden würden. Finde ich schade, aber verschmerzbar.
Recht gebe ich den Kritikern allerdings, was den geplanten Abriss in der Schuhstraße betrifft. Der ist zwar aus der Logik der Gassen-Idee heraus verständlich, aber trotzdem ein Ärgernis. Ich könnte mir vorstellen, dass es hier Kritik und Proteste geben wird, und hoffe auf eine Änderung des Entwurfs.