^ Wie kommst Du darauf, dass Mieter grundsätzlich alle vier bis fünf Jahre umziehen? Gerade wer einen alten Mietvertrag in Berlin hat, wird einen Teufel tun. Ich bin in den letzten 25 Jahren genau zweimal umgezogen. Und auch Wohneigentum kann man verkaufen. Im übrigen ist das - sicher oft richtige - Argument, dass man als Mieter pfleglicher mit der Substanz umgeht, kein Argument dafür, dass man ein besserer Staatsbürger sei. Ich erinnere an die NIMBYs, die über Jahrzehnte den Ausbau der Dresdner Bahn verhindert haben, weil sie Wertverlust für ihre Immobilien befürchteten. Ökonomisch nachvollziehbar, ja - dem Gemeinwohl verpflichtet, eher nicht.
Mein Problem ist die moralische und politische Hierarchisierung, die mit dieser Argumentation einhergeht. Auf dieser Basis kann man soziale Segregation verteidigen (keine Mietwohnungen mit verantwortungslosen Subjekten in Innenstädten!) oder sogar ein Zwei-Klassen-Wahlrecht (nur wer ökonomisch autonom und eigentverantwortlich ist, hat die staatsbürgerliche Reife, das volle Stimmrecht auszuüben).
Ich bin sicher, darauf will Rotes Rathaus nicht hinaus. Das will ich nicht unterstellen. Aber das sind die Implikationen, die in solchen Argumenten stecken. Gerade, wenn man nicht von einer Tendenz spricht, sondern von einer "Garantie".
P.S.: Gerd Kommer, "ETF-Papst" und mit Sicherheit Millionär, wohnt übrigens zur Miete - er argumentiert, dass es für die meisten Normalverdiener im Sinne der ökonomischen Unabhängigkeit viel sinnvoller sei, zur Miete zu wohnen und sein Geld statt in Hauskredite in Aktienfonds zu investieren. Ich erlaube mir da kein Urteil, aber diese Position gibt es auch.