jan85: Die Selbstzerfleischung und das trügerische Gefühl moralischer Überlegenheit, im linken politischen Lager ist sicher ein Problem, auch für die ganze Gesellschaft, weil dringend notwendige Veränderungen dadurch eher verzögert und verhindert werden. Andere sind da klarer und somit leider auch schon weiter.
Dennoch, und hier muss ich dir und Ziegel klar widersprechen, greift es zu kurz, nur die Gebäude zu sehen und nicht die Geschichte dahinter. Das gilt für Schlösser genauso wie für Kirchen. Die Fürsten, die diese Gebäude errichteten, hatten ihren Reichtum nicht, weil sie als Jugendliche erfolgreich in "grüne" Projekte investiert hatten.
Es ist ja kein Geheimnis, dass auch in Deutschland und selbst im glorreichen Preußen, der Reichtum des Adels und des Klerus, auf Ausbeutung, Sklaverei und Kriegsbeute fußt.
Wenn ich mich also heute vor eine Kirche oder ein Scholss stelle und über die Architektur freue, darf ich das nicht ausblenden.
Die moralische Diskussion, die wir heute bei Rekonstruktionen führen dreht sich daher um zwei Positionen.
Die eine Seite sagt: schöne Gebäude können nichts für die Zeit und Umstände in der sie entstanden sind, also lasst uns rekonstruieren.
Die andere Seite sagt: das Gebäude mag äusserlich schön sein, wurde aber mit Blut und Tränen gezahlt, Rekonstruktionen sind daher zu vermeiden
Ich persönlich glaube nicht mehr an eine Versöhnung dieser beiden Seiten.
Schlussendlich halte ich gerade das Berliner Stadtschloss (also die rekonstruierte Fassade) für ein gesellschaftliches Fiasko.
Äusserlich schön, aber innerlich schon wieder verbrannt. Tausende haben Millionen gespendet und doch nichts gemeinschaftliches geschaffen. Schade!