Beiträge von Charles

    Ein Frage des Zeitgeistes

    Der Blick auf die Gedächtniskirche vom Tauentzien mit dem Hintergrund der sie völlig überragenden Hochhäuser wirkt schon jetzt wie ein Menetekel vom Sieg des Kommerzes über den Glauben. Das fällt nur offenbar niemand mehr auf.


    Als die Kirche gebaut wurde, war es genau umgekehrt. Die Kirche war das alles überragende Bauwerk im Zentrum. Ein höheres Bauwerk daneben hätte man wahrscheinlich vor 100 Jahren als Frevel oder gar Gotteslästerung empfunden. Ich wollte nur auf den enormen Wechsel des Zeitgeistes hinweisen und fände etwas mehr Demut angemessener, zumal gerade diese Kirche auch noch ein Mahnmal ist.


    Das es ausgerechnet in New York noch viel extremer ist, wundert natürlich nicht. Schließlich ist die Stadt seit Jahrzehnten die Hauptstadt des Geldes.

    Der Sinn jeglicher Stadtplanung besteht in der Erarbeitung eines städtebaulichen Gestaltungskonzeptes, das über die theoretische maximale Nutzungsmöglichkeit eines einzelnen Grundstückseigentümers und seines Verwertungsinteresses hinausgeht.


    Zur den vornehmsten Aufgaben der Stadtplanung gehört daher ein harmonisches Stadtbild zu erhalten und zu entwickeln, Baugrenzen und Bauhöhen sowie unter Umständen sogar im geschützten Baubereich am Ku´damm ähnlich wie am Brandenburger Tor Fassadengestaltungen oder Nutzungsbeschränkungen festzulegen. Hierzu dienen Baubauungspläne und eben auch ein Instrument wie das Baukollegium.


    Wie eine Stadt aussieht, wo man die Verwertungsinteressen einzelner Eigentümer sich frei entwickeln läßt, kann man in Los Angeles „bewundern“, eine Stadt ohne Mittelpunkt und jegliches Stadtbild, eine wahllose Aneinanderreihung irgendwelcher Bauten.


    Soweit zum Grundsatz und dem Argument, daß man den Eigentümer doch machen lassen sollte, was er will, weil er doch schließlich viel Geld investieren will.


    Die vorgeschlagenen Dimensionen erschlagen völlig das Stadtbild um die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, die schon jetzt verzwergt durch die bereits vorhandenen Hochhäuser, obwohl sowohl das Waldorf als auch das „Upper West" für sich genommen recht schön sind.


    Wenn man so viele Hochhäuser in der City-West rund um das Mahnmal Gedächtniskirche bauen will (Hochhaus am Hardenbergplatz, Parkhaus am EUROPA-Center, Hochhaus am Zoo und jetzt 3 Hochhäuser bei KARSTADT) sollte man konsequenter Weise die Kirche gleich mit abreißen und anstelle dessen das höchste Gebäude im Zentrum aufstellen. Passender Gebäudetitel wäre dann DAS MAMMON.


    Ich finde es gut, das im Baukollegium Berlin noch ein Rest von Respekt vor dem genius loci besteht.

    Chapeau !

    Es ist natürlich immer eine Herausforderung ein historisches Gebäude modern zu erweitern. Die gegenwärtig vorherrschende Herangehensweise ist deshalb meist eine deutlich sichtbare Trennung zwischen alt und neu hervorzuheben, auch weil eine historisierende sinnvolle Weiterführung der ursprünglichen Architektur innerhalb eines Gebäudes selten formvollendet gelingt und das eigentliche Denkmal zu sehr verfremdet.


    Zunächst einmal verdient es jedoch ein großes Lob, daß ein Investor mit großem Aufwand und Geschmack das zuletzt als Ausbildungshotel fungierende schmucklose Hotel am Kurfürstendamm nicht einfach abgerissen und durch einen üblichen modernen Zweckbau mit einfallsloser Lochfassade ersetzt hat, sondern in nahezu alter Pracht wie aus dem Dornrößchenschlaf wieder das ALHAMBRA erwachen läßt.


    Das ursprüngliche Vorkriegsgebäude war ja auch nur so hoch, wie jetzt der Altbausockel.


    https://de.wikipedia.org/wiki/…urf%C3%BCrstendamm_68.jpg


    Die moderne Aufstockung ist sicher auch der Wirtschaftlichkeit geschuldet, nimmt sich aber durch die Glasfassade angenehm zurück. Insgesamt ein bedeutendes bürgerschaftliches Engagement, das deutlich zur Verschönerung des mittleren Kurfürstendamms, ähnlich wie das kürzlich fertig gestellte PALAIS HOLLER, beiträgt.


    Es ist auch ein Beispiel, das ein Wiederaufbau oder jedenfalls einem solchen nahekommende hochwertige Gestaltung auch heutzutage noch möglich ist, wenn man denn will.

    Die wieder aufflammende Diskussion über das Einheitsdenkmal möchte ich zum Anlaß einer Anregung nehmen. Laut Frau Grütters sei die Entscheidung des Deutschen Bundestages zum Einheitsdenkmal weder inhaltlich noch örtlich abschließend getroffen.


    Der Haushaltsausschuß hatte einerseits die Mittel für das beabsichtigte Einheitsdenkmal formal wegen Kostenüberschreitungen, wahrscheinlich aber auch wegen grundsätzlicher Bedenken gestoppt und andererseits Mittel für die Wiederherstellung der Kaiser-Wilhelm-Kolonnaden bereitgestellt.


    Der Deutsche Bundestag hat ferner die Mittel zur Versetzung des Neptunbrunnens an seinen historischen Standort bereits bewilligt, die Berlin aus eher ideologischen Gründen, offenbar wegen der Beibehaltung einer DDR-Identität, bisher nicht annehmen will.


    Das Einheitsdenkmal soll an prominenter Stelle in Berlins Mitte aufgestellt werden. Die preisgekrönte moderne Form ausgerechnet gegenüber dem äußerlich wiederhergestellten Barockschloß empfinden offenbar viele Bürger und Abgeordnete als unpassend. Auch wenn die Entscheidung für den Standort ursprünglich bereits getroffen wurde, könnte man über eine Rochade nachdenken:


    Die Kaiser-Wilhelm-Kolonnaden und der Neptunbrunnen werden an ihren historischen Standort versetzt und das Einheitsdenkmal wird auf dem so frei gewordenen ausgesprochen prominenten jetzigen Platz des Neptunbrunnens am Fuße des Fernsehturms errichtet.

    Für die Versetzung/Wiederherstellung der beiden historischen Bauwerke sind die Mittel bereits bewilligt. Sollte eine solche Idee mehrheitsfähig sein, lassen sich sicher auch die zusätzlichen im Grunde wenigen Mittel für das Einheitsdenkmal finden.


    Der Vorteil dieser Lösung läge in der städtebaulich besseren Gesamtlösung, bei der die Einbettung des Humboldtforums in seinen ursprünglichen architektonischen Kontext ebenso gelänge, wie die angemessene Würdigung der Deutschen Einheit in zeitgenössischer Interpretation in dem modernen Umfeld des Alexanderplatzes.


    Die weitgehende historische Wiederherstellung des Schloßumfeldes wäre auch im Hinblick auf den geplanten Wiederaufbau der Schinkelschen Bauakademie als Gesamtensemble wünschenswert.