In diesem 'Entwurf' (Visu Beitrag, Notration #276) wird wieder in erschreckendem Maße das Scheitern der klassischen Moderne sichtbar. Und, die Forumsmoderation möge es mir bitte verzeihen, dass ich hier etwas weiter aushole 
Auch mit meinem, durchaus begrenzten, historischen Wissen und eigener Erfahrung erlaube ich zu postulieren, dass jenes 'Tacheles' und umgebendes Areal sowohl in der gras-wurzeligen Nachwende-, wie auch in der martialischen Kaiserzeit und darauffolgenden Weimarer Umbruchs-Zeit ein äußerst urbaner Raum war. Mit einer diesen Räumen typischen Dichte, Enge, Vielfalt und in einem gewissen Maße an 'Un-Ordnung'. Nicht vollständig 'rahmen-geplant', 'durch-reguliert', 'stadt-entwickelt' oder gar 'milieu-geschützt'.
Die derzeitige Berliner Stadt-, Bauplaner und Investorengilde vermag es nun anscheinend bis heute nicht überzeugende urbane Räume zu gestalten. Weder Alexanderplatz, noch Kulturforum, weder Leipziger, noch Potsdamer, noch Europaplatz vorm Hauptbahnhof erzeugen die notwendige Vielfalt, Dichte, Lebendigkeit, die zu einer echten Urbanität dazugehören. Dichte, klein parzellierte Gebiete wie am Hackeschen Markt, aber auch krasse Gegensätze wie Kottbusser Tor oder Potsdamer Straße erzeugen dagegen authentische, gewachsene Urbanität.
Ich hatte dieses Jahr beruflich Gelegenheit so unterschiedliche Städte wie Singapur, Shenzhen, Hong Kong, Madrid, Paris und Istanbul zu bereisen. Trotz sehr unterschiedlichen politischen Vorgaben und Konzepten ist in allen diesen Städten eine wild gewachsene Urbanität auch im Umfeld modernerer Bauten zu bewundern, die ich im Nachkriegs und Nachwende-Berlin äußerst schmerzlich vermisse.
Nicht alles ist in den besagten Städten gelungen und architektonisch herausragend. Manches mag dem bundesdeutschem Gemüt allzu schnell als menschenverachtender, kapitalistischer Wildwuchs oder sozialistische Favela vorkommen. Aber es scheint mir, mit all unseren 'gut gemeinten' Rahmenplänen, Umweltverordnungen, 20.000 Bauvorschriften, Katasterbehörden-Rationalisierung, gepaart mit deutscher Gründlichkeit kippen die Planer und Architekten das urbane Baby meist gleich vollständig in den Abguss. Was übrig bleibt sind letztendlich verkehrsberuhigte Schluchten, oft breit wie zugige Luftschneisen, zwar ohne Feinstaubbelastung aber mit einer krankmachenden Eintönigkeit, Reizarmut und bedauerlichen Austauschbarkeit.
Ich habe die Hoffnung allerdings noch nicht aufgegeben, dass die nachfolgende Planergeneration den heiligen Gral der deutschen Bauhauslehre auch mal kritisch hinterfragt und auch hierzulande eine ideologiebefreite 'Nach-Moderne' (ich nenne es bewußt nicht 'Post-Moderne') Einzug halten kann.