Wie gesagt: Vom Status Quo ausgehen und dann irgendwelche Berechnungen auf Einzelaspekte anderer Lösungen beziehen ist nicht zielführend. Natürlich wird der Verkehr nicht auf wundersame Weise einfach verschwinden und natürlich müssen Umgehungsstrecken untersucht, ertüchtigt oder anders geplant werden. Wo entlang die Verkehrsbedarfe bestehen, muss untersucht werden, dann stellen sich Alternativen dar, wie z.B. (!) die Stauffenbergallee, deren Knotenpunkte ausgebaut werden können, damit sie ihrer Funktion als Umgehungsstraße gerecht werden kann.
Ich verweise darauf, dass die Stauffenbergallee jetzt bereits eine der am stärksten befahrenen Achsen ist...
Neubau von größeren Straßen ist im inneren Stadtgebiet praktisch unmöglich (es sei denn, man geht in den Untergrund). Das hat u.a. auch etwas damit zu tun, dass man der Straßenbahn (wenn möglich) eigene Gleiskörper verpasst hat (und gleichzeitig mit den mittig liegenden Haltestellen den Straßenraum weiter eingeengt hat).
Fakt ist, dass die heute ca. 25-30T KfZ pro Tag am Neustädter Markt fast ausschließlich Durchgangsverkehr sind. der umgeleitet werden kann und - wenn ein attraktives Stadtzentrum für alle das Ziel ist (was ich befürworte, und ich denke, dass dies die Mehrheit so sieht) - in großem Maße auch sollte.
Ich stoße mich etwas an der Begrifflichkeit "Durchgangsverkehr". Sicherlich ist sie nicht ganz verkehrt; aber wie beschrieben "versickert" m.E. ein großer Teil des Verkehrs auf der Altstädter Seite. Aller Verkehr ist letztlich - außer an Start und Ziel - Durchgangsverkehr.
Im Übrigen geht der MIV in Dresden tatsächlich zurück, man mache sich mit der Entwicklung des Modal Split vertraut und beobachte die Verkehrszählungen anderer Verkehrsachsen in der zeitlichen Entwicklung.
Das kann ich daraus nicht erkennen; es wird im Gegenteil ein Zuwachs "Kfz an Zählstellen" von 2% und "Kfz auf Elbbrücken" von 3% konstatiert. Die prozentualen Angaben des Modal Split sind nicht auf absolute Zahlen übertragbar - der relative Anteil des MIV kann durchaus zurückgehen, aber die absolute Anzahl der bewegten Kfz zunehmen. Das liegt u.a. auch daran, dass die Zahl der Einpendler von 2013 zu 2018 um 15% gestiegen ist; und diese wurden m.E. zum Modal Mix überhaupt nicht befragt. Je weiter aber die Entfernung zum Stadtzentrum, um so höher der Anteil des MIV im Modal Mix. Das wird mit ziemlicher Sicherheit auch für die Einpendler gelten (genau so für die Auspendler).
Die Anfrage der Linken ist schon etwas "speziell", würde ich sagen (oder anders gesagt: tendenziös durch Formulierung):
Auf der Albertstraße wurde die letzte Messung laut Verkehrsmengenkarte in den Jahren
2016/2017 durchgeführt. Bei einer detaillierten Durchsicht der Messreihen ist auffällig, dass das
Verkehrsaufkommen seit (mind.) 2005 auf diesem Abschnitt stark rückläufig ist.
War dem so? Sehen wir uns mal die Messreihe an:
Albertstraße: Abschnitt Archivstr. bis Am Schwarzen Tor
Zähldatum |
Kfz/Tag |
31.12.2018
|
18900 |
01.01.2018 |
18900 |
31.12.2017 |
19700 |
31.12.2016 |
21900 |
31.12.2015 |
23100 |
31.12.2014 |
22000 |
03.06.2014 |
27700 |
12.09.2012 |
26200 |
19.10.2010 |
25100 |
18.06.2009 |
29000 |
09.10.2007 |
27800 |
27.07.2005 |
33000 |
Hier fallen einige Dinge auf: Zum einen ist über den längeren Zeitraum ein Rückgang zu beobachten, das ist erst einmal korrekt.
Zum anderen ist hier aber eher eine Wellenbewegung erkennbar: Deutlicher Rückgang zwischen 2005 und 2007, dann wieder Anstieg zwischen 2007 und 2009, Rückgang zwischen 2009 und 2010, dann wieder Anstieg usw.
Dazu kommt, dass sich zwischendrin die Messmethode änderte: Bis zum 30.06.2014 wurde manuell gemessen (und es sind die Zahlen ganz konkret dieses einen Tages); ab der Zählung für den 31.12.2014 wurde automatisch gemessen; und es ist ein Jahresmittelwert. Da stellen sich dann schon Fragen zur Vergleichbarkeit...
(Weshalb es einen Wert für den 31.12.2017 und einen für den 01.01.2018 gibt, erschließt sich mir auch nicht ohne weiteres.)
Anders gesagt - eine echte Vergleichbarkeit wäre überhaupt erst für die Werte ab 2015 gegeben - und hier müsste man dann noch nachfragen, wie der Jahresmittelwert gebildet wurde (z.B. inwieweit Feiertage und Wochenenden zusammenfallen usw.). Ähnlich wie beim Modal Split müsste/sollte man dann auch noch Wettereffekte herausrechnen...
Das angesprochene "hunderte Jahre alte Verkehrsnetz" existiert dort mit der Großen Meißner und Köpckestraße in der heutigen Form übrigens erst seit der Anlage der breiten Verkehrsschneise in den 1970er Jahren, ist mithin also eines der Produkte der autogerechten Stadt, die ja bekannterweise und nachweislich Verkehr anziehen.
Der Rückbau auf den Vorkriegszustand wäre aber genau das von mir angesprochene überalterte Verkehrsnetz, ebenso das Ausweichen auf Antonstr. oder Glacisstr..
Ich finde, man sollte sich immer vor Augen halten, dass es vor der allgemeinen Motorisierung des 20. Jhd. über sehr lange Zeit keine dramatischen Änderungen im Straßenverkehr gegeben hat. Die Anlage der historischen Stadt (nicht nur in Dresden!) hat so etwas natürlich reflektiert: die mögliche Verkehrsdichte spielte keine vergleichbare Rolle.
Das 20. und 21. Jhd. brachten dann die große individuelle Mobilität; und große Teil unserer Gesellschaft sind durch diese Mobilität geprägt. Der Minister wohnt eben nicht mehr im Ministerium und der Hausmeister nicht in der Schule (ich habe das z.T. noch anders kennengelernt). Das wird - glaube ich - allgemein auch als Fortschritt gesehen.
Das alles war auch schon mal Thema in einem anderen Sub-Forum: Schon ab Anfang des 20. Jhd. hat man bei der Verkehrsplanung andere Maßstäbe angelegt.
So richtig will sich mir die Dringlichkeit der Diskussion immer noch nicht erschließen: Wird der Neustädter Markt (in seiner derzeitigen Form!) erheblich attraktiver, wenn man die Große Meißner zurückbaut?