Frankfurt-Bashing ist natürlich wahnsinnig angesagt mal wieder. Dank OB Feldmann gibt es dafür sicherlich auch recht viele Gründe. Die katastrophale Situation im Bahnhofsviertel, Niedergang der Zeil, wenig Freiräume für Kultur und Clubs, teurer Wohnraum, überlastete Ämter etc. pp. Aber auch die unzähligen liegengelassenen Chancen in den letzten Jahren tun weh (Überbauung der A661, Viertel nördlich des Günthersburgpark, Kulturcampus, Ansiedlung EU Behörden nach Brexit…).
Doch viele der Kritiker kommen meiner Meinung nach von der vollkommen falschen Warte. Frankfurt sollte sich nicht mit Metropolen wie Berlin, London, New York vergleichen. Die Stärken unserer Stadt liegen in einer kompakten Übersichtlichkeit, die gleichzeitig Raum für eine Vielfalt lässt, die sonst nur eben jene großen Metropolen haben. Kurz gesagt kombiniert Frankfurt die Vorteile kleinerer Städte mit denen einer Metropole. In wenigen Minuten von den Hochhäusern des Bankenviertels mitten aufs Feld. Vom lebendigen Barviertel mit ein paar Bahnstopps auf die Couch im Haus im Grünen. Gastronomische Vielfalt und jede Menge gute Lebensmittel aus der Region. Dieses spannende Nebeneinander macht – übrigens auch und gerade für viele Expats aus meinem Bekanntenkreis -den Reiz der Stadt aus.
Komplett ausgeblendet wird übrigens auch, dass uns andere dt. Städte um vieles beneiden. Schaut mal im Berliner Forum, was über die Hochhäuser geschrieben wird. Oder wie sehr viele Reko-Freunde auf die Neue Altstadt abgehen. Will sagen: Etwas Ausgewogenheit würde der Debatte gut tun.
Was bedeutet das nun für Städtebau und Architektur (beide Begriffe werden in der Debatte munter durcheinandergeworfen)? Ja, es sollte in Zukunft eine dichtere Bebauung angestrebt werden – idealerweise nach der bewährten Formel der Gründerzeit mit kleinen Parzellen, Funktionsmischung, Raum für Kultur und gleich mitgebautem ÖPNV. Ein Gestaltungsbeirat kann ein gutes Mittel sein, um die Qualität der Architektur zu verbessern. Doch bitte keine Sim-City-Fantasien mit gigantischen Weltstadt-Projekten.
Die ausgedehnten Kleingartenanlagenkolonien im Gebiet zwischen A5 und A661 im Norden des Mains bieten sich regelrecht für neue Viertel an. Statt grün für Private sollten dort dann auch viele kleine Parks und attraktive Plätze für alle entstehen (auch um der Ökologie und dem Mikroklima Rechnung zu tragen). Schade, dass die Politik bisher immer vor der kleinen, aber lauten Gruppe der Kleingärtner zurückschreckt. Weiterhin sollten wir über die Stadtgrenzen hinausdenken. Frankfurt lebt auch von einer attraktiven Region, die wir einfach noch besser anbinden und rund um die Bahnhöfe mit Augenmaß verdichten sollten.