Beiträge von Siedel?

    Ich rudere etwas zurück, was das "megaloman" angeht, das ist in der Tat vielleicht übertrieben. Es bezog sich in erster Linie darauf daß doch immer der ausgeführte Dom als viel zu gigantisch angesehen wird, maßstabslos, eben megaloman (vielleicht weniger hier im Forum). Und zugleich wird er in dieser angeblichen Maßstabslosigkeit immer mit Wilhelm II. assoziiert. Dagegen wollte ich klarstellen, daß Wilhelm hier lediglich Erbe einer noch weitaus umfangreicheren Planung seines Vaters war.


    Ich persönlich finde den ausgeführten Raschdorff-Dom weit besser als er immer noch zumeist beurteilt wird (innen ist er wunderschön) und vor der Reduzierung wesentlich besser als seitdem.


    Pumpernickel schrieb:
    "Ich weiss nicht, wieso man diesem Berliner Stadtschloss immer positive oder negative Superlative andichten möchte, um es wechselweise in den Himmel zu loben oder zu verdammen. Es ist in jeglicher Hinsicht im deutschländischen und europäischen Vergleich ein Schlossbau der 2. Reihe."


    Wenn das auf meine Verwendung von "megaloman" bezogen sein sollte, so muß ich das richtig stellen:


    Das historische Schloss halte ich für durchweg seiner Bedeutung angemessen dimensioniert. Es ist allerdings auch in keiner Hinsicht "2. Reihe" (aber das wäre ein eigenes Thema).


    Die Raschdorffsche Umbauplanung mit einem weitgehenden Abriß der Spreefront und der Errichtung eines Turms, dessen einziger Sinn wohl darin bestanden hätte, aus der Sicht der "Linden" den Rathausturm zu verstellen, halte ich dagegen für ganz verfehlt. Und hier würde ich das Mißverhältnis gar nicht festmachen am Vergeich mit irgendwelchen anderen Gebäuden auf der Welt, sondern am Vergleich mit den alten Teilen des Schlosses selbst: Zu groß angesichts der relativen künstlerischen Schwäche, zu unmotiviert, stilistisch nicht passend und anachronistisch in dieser Dimension. Albert Geyer zerpflückt Raschdorffs Plan geradezu und mit guten Argumenten.
    (Albert Geyer, 1846-1938, war der letzte Schlossbaudirektor und Autor des Standardwerkes über das Schoss schlechthin.)


    (Dagegen war der nur teils ausgeführte Umbau des Eosanderhofes wohlbegründet und das Konzept sinnvoll.)


    Nicht Wilhelm II. plante eine neue Ostseite, sondern sein Vater und Vorgänger Friedrich III., also der "99-Tage-Kaiser", die "Hoffnung der Liberalen", der verfolgte eine geradezu megalomanische Neugestaltung nach Plänen seines Lieblingsarchitekten Raschdorff. Wilhelm II. strich diese dann umgehend radikal zusammen. An Raschdorffs hielt er lediglich als Domarchitekt fest. Allerdings wurde der Dom nur noch mit einer, allerdings etwas höheren Kuppel realisiert anstatt geplanter drei Kuppeln (vgl Albert Geyer. Geschichte des Schlosses zu Berlin, Bd. II).

    Die Musterachse wird natürlich nicht abgerissen, sondern sorgfältig rückgebaut.


    Auch wenn die Steinmetzarbeiten (Gesimse, Profile, Quader et.), vor allem aber die Steinbildhauerarbeiten (Adler, Widderköpfe, Konsolen etc.) kostbar sind, gibt es doch in vielen Fällen zwingende Gründe dafür, sie nicht in die Fassade einzubauen: Die Adler z.B. werden glücklicherweise nämlich nicht wie bei der Musterachse allein durch Edelstahlverbindungen mit der Wand verbunden, sondern werden doch mit einer rückwärtigen Bosse versehen gearbeitet; d.h. es haben sich in der internen Fachdiskussionen hier die Vertreter des althergebrachten Bauhandwerkes gegen die Anhänger neuer technischer Lösungen durchgesetzt. Die Bosse, hier der hinter der eigentlichen Adlerskulptur in Richtung Wand weisende Teil des Werkstückes, bringt ein Gegengewicht zum nach vorne gebeugten Adler nach hinten. So haben es die Alten gemacht und auch wenn neuartige patentierte Befestigungssysteme alles mögliche versprechen - die Erfahrung spricht für die alte Methode.
    Das heißt nun aber, daß der Adler der Musterachse nicht eingebaut werden kann, weil ihm die Bosse fehlt. Vielleicht wird er ja versteigert.


    In anderen Fällen hat man sich gegen die verwendete Steinsorte entschieden, weil zu dunkel.


    Auch den Betonanker, so hat mir jemand von der Stiftung gesagt, sei verworfen worden. Auch hier wird man es nach traditioneller Methode machen: Anstatt also mit der gewaltigen Auflast des Betonankers ein nach vorne Kippen des nur halb tief reichenden Gebälks zu verhindern, läßt man das Gebälk lieber doch voll einbinden, damit auch hier wiederum die Werkstücke selbst ein Gegengewicht nach hinten haben.


    All das sind sinnvolle Korrekture und zeigen den Hauptzweck der Musterachse, ein Testlabor zu sein. Das war weit wichtiger als der Demonstrationszweck für die Öffentlichkeit.