jan85: Da du nach konkreten Beispielen fragst, hier ein Beispiel das Jacques Herzog bei seiner Vorstellung in der Akademie der Künste selbst gebracht hat. Die Diskussion über Lidl / Aldi greift mir persönlich viel zu kurz, da sie sich eben nicht – wie von dir angesprochen – auf die Kubatur oder Proportionen bezieht, sondern bewusst die Assoziation des Billigen / Provisorischen herstellt. Sonst würde man nämlich die (ganz im Gegenteil zu deiner Wahrnehmung) unzähligen Beispiele historischer Markthallen (und vielleicht Vorläufer) der Supermärkte mit einbeziehen. Die Nicht-Qualität der modernen Supermärkte zeichnet sich eben durch ihre billige Materialität, die verschandelten Außenräume, mit Betonsteinpflaster, Leergutannahme, Parkplätzen, Einkaufswägenstandplatz und nicht zuletzt durch die oft völlig deplatzierte Anordnung im städtischen Kontext aus. Und hierum geht es im Falle des M20 doch. Die „Lückenschließung“ zwischen neuer Nationalgalerie und Philharmonie halte ich für die richtige städtebauliche Antwort und damit die Anordnung mit Höhe und Proportion des Bauvolumens im städtischen Kontext für geglückt.
Stellt sich nun als nächstes die Frage, wie man mit dem entstehenden Bauvolumen zwischen den beiden Ikonen umgeht. Eine Antwort könnte sein, dass man versucht, den Ikonen eine Dritte dazwischen zu stellen. Eine Aufgabe, die ich HdM durchaus anvertrauen würde. Die Antwort die die Architekten anstatt gewählt haben ist aber, auf ein weiteres Highlight zugunsten der Wirkung der vorhandenen Gebäude zu verzichten. Wenn man drei Kunstwerke nebeneinander stellt, treten sie zwangsläufig in Konkurrenz zueinander. Sich darauf nicht einzulassen und gewissermaßen bescheiden einen Verbindungsbau zu planen, halte ich für eine sehr smarte Variante.
Wie nun also zu einer Form diese städtebaulichen Verbinders kommen? Die dafür gewählte Form bezieht sich eben nicht auf die Funktionsbauten Reitschule, Markhalle und wegen mir auch Supermarkt, sondern auf den Archetyp Haus – Seitenwände, Giebel, Dach, fertig. Eine schlichte, ephemere Kiste wäre in dieser Argumentation sicher auch vorstellbar gewesen, die Architekten entschieden sich aber bewusst für ein Haus, ein steinernes Haus, um eine städtebauliche Kante zur Potsdamer Straße zu formulieren und die ausufernden Frei- bzw. Resträume zwischen den Gebäuden zu besetzen.
Ich muss zugeben, als ich die ersten Bilder zum Wettbewerb gesehen habe, war ich auch enttäuscht. Inzwischen denke ich aber, dass das die beste Antwort für eine vielleicht unmögliche Aufgabe darstellt. Wenn man das gesamte Kulturforum betrachtet, ist vieles nach wie vor unbefriedigend – eine Aufgabenstellung die aber in diesem Fall nicht der Architektur anzulasten ist und städtebaulich geregelt werden muss. Ich habe großes Vertrauen in die Architekten, dass Berlin hier ein großartiges, wenn auch bescheidenes und unaufdringliches Museum bekommt!