Informationsveranstaltung der CG Gruppe
Guten Abend, als regelmäßiger Leser des Forums, der gespannt die Neuigkeiten zu diversen Bauprojekten verfolgt, empfinde ich jetzt mal eine informative „Bringschuld“ für ein Projekt, das sicher eine Vielzahl Leser interessiert. Ich war heute auf der Informationsveranstaltung der CG Gruppe zur Entwicklung des „Quartier Hoym“.
Da dies mein erster Post hier im Forum ist (und da ich interessierter Laie, aber kein Bau-/Architekturexperte bin), bitte ich mögliche missverständliche Formulierungen zu entschuldigen.
Die Form der Präsentation
Die Informationsveranstaltung fand im Hotel Suitess (An der Frauenkirche 13; geht in die Rampische Straße über) statt, das genau gegenüber des riesigen Bauareals liegt. Der Raum war für 30 Zuhörer bestuhlt, geschätzt 200 fanden sich ein – und blieben trotz fehlender Klimaanlage bis zum Ende der knapp anderthalbstündigen Veranstaltung. Neben dem Geschäftsführer der CG Gruppe, Christoph Gröner, waren der Leiter der Dresdner Niederlassung, Bert Wild, sowie einer der Architekten (Name ist mir leider entfallen – versuche ihn nachzuliefern) vor Ort. Firmeninhaber Gröner machte kommunikativ eine sehr gute Figur, er präsentierte sich und sein Unternehmen sehr professionell. Er betonte mehrmals, dass das Projekt im Einvernehmen mit Bürgern und Politik realisiert werden solle. Er streichelte mit etlichen Bemerkungen die Dresdner Volksseele, mischte sich mit dem Mikro unter die Zuhörer und baute so eine persönliche Atmosphäre auf. Damit löste er geschickt eine „Frontalopposition“ auf. Trotz dieses „bürgernahen“ Verhaltens ließ er sich aber nicht wirklich in die Karten (seine Agenda) schauen. Die Pläne der CG Gruppe hielt er bewusst vage, äußerte mehrmals, die Planungen sollten im Zusammenspiel mit Bürgern und Politik konkretisiert werden.
Gröner betonte, dass wenn die Dresdner Bürger Fassadenrekonstruktionen wollten, diese kommen würden. Kostenmäßig sei das für die CG Gruppe egal, moderne und rekonstruierte Fassaden lägen preislich auf demselben Level. Er sei jedoch auf der Infoveranstaltung, um ein Gespür dafür zu bekommen, was der Dresdner Bürger wirklich wolle. Er sei sich nicht sicher, ob die Position der Gesellschaft Historischer Neumarkt mit der des Großteils der Dresdner Bürgerschaft übereinstimme. Hier schien das erste Mal durch, dass er kein großflächig rekonstruiertes Quartier und auch nicht allzu viele historische Fassaden will. Mehrmals wies er darauf hin, dass es hochwertige moderne Architektur gebe. Als Beispiel nannte er das Paulinum der Uni Leipzig von Erick van Egeraat. Er machte dies aber nicht zu offensiv, signalisierte Kooperationsbereitschaft und testete aus wie weit er gehen kann bzw. wie das Publikum reagiert. Die Veranstaltung wirkte auf mich wie der Beginn eines Verhandlungsprozesses (Görner kündigte weitere Veranstaltungen dieser Art an). Es wurden – meines Erachtens bewusst – wenige Visualisierungen präsentiert. Ich hoffe, dass morgen einige Grundrisszeichnungen in der Presse zu sehen sind (für das Publikum wurde nichts ausgeteilt).
Projektneuigkeiten
Eine wichtige Aussage: es soll keinen Architekturwettbewerb geben, sondern ein Werkstattverfahren bzw. einen Workshop, an dem unter anderem die Gesellschaft Historischer Neumarkt, die Politik und der Architekturlehrstuhl der TU Dresden beteiligt werden sollen. Damit scheint auch der Fassadenwettbewerb vom Tisch zu sein!
Am Quartier soll ein „Informationsbüro“ eingerichtet werden.
Es gab wie gesagt noch wenig Spruchreifes zur Gestaltung, Bildmaterial wurde nicht ausgeteilt, man sah nur einige Visualisierungen auf den Powerpoint-Charts. Darum das Nachfolgende aus meiner Erinnerung ohne Gewähr!
Das Palais Hoym (der Teil zur Landhausstraße, der den Steinernen Hof umschließt) soll rekonstruiert werden, sowohl die Fassaden als auch die Mansarddachlandschaft. Auch beim Innern will man sich an das historische Vorbild halten (Gewölbedecken im Erdgeschoß, die Kutschdurchfahrt etc.). Der Festsaaltrakt soll wohl ebenso kommen wie der Wandbrunnen und das Belvedere. Zu letzterem wurde eine (historische wirkende) Visualisierung gezeigt – weiß jemand, wo das im Palais-Komplex liegt? Im Gartenhof? Noch existierende Fragmente des Palais sollen eingebaut werden (Fragment des Schlusssteines vom Hauptportal wurde auf den Charts ebenso wie der Wandbrunnen gezeigt). Wie medial kommuniziert, soll das Palais ein Hostel beherbergen. O-Ton: dies fehle am Neumarkt, man brauche nicht noch ein "5, 6 bzw. 7-Sterne-Hotel". Ins Erdgeschoss soll eine kostengünstige Gastronomie (passend zum Hostel) ziehen. Für den 1. Stock sei eine Gastronomie ebenfalls eine Option, hier denke man aber auch über eine Veranstaltungslocation nach, die für Feste gemietet werden könne. Auf den Innenhöfen sollen Freisitze entstehen – ich nehme an, auf Steinernem Hof und Gartenhof.
Zur Einordnung der beschriebenen Punkte finden sich bei Arstempano Bilder und Visualisierungen.
Unter dem gesamten Quartier soll eine Tiefgarage für Hunderte Stellplätze entstehen (Zufahrt direkt neben dem Polizeipräsidium).
Das Quartier soll für jedermann permanent zugänglich sein. Es kommen wohl zwei Durchquerungen zwischen Landhaus- und Rampischer Straße. Auch eine Mittelquerung (parallel zur Rampischen Straße/Landhausstrasse) soll es geben.
An der hohen Brandmauer zum Polizeipräsidium sollen „Townhouses“ entstehen (Visualisierungen wurden nicht gezeigt).
Um die Innenhöfe Richtung Neumarkt (nicht die im Palais) sollen kleine Geschäfte positioniert werden. Es soll zudem ein Nahversorger kommen, die CG Gruppe kann sich laut eigener Aussage den Konsum Dresden vorstellen. Auch ein Drogeriemarkt soll kommen. Die Wohnungen im gesamten Quartier sollen Größen von 36 m² bis 170m² haben.
Bezüglich der Fassadengestaltung des Hinterpalais Riesch (zur Rampischen Straße hin) sei man sowohl für eine vollständige Rekonstruktion als auch für eine andere Gestaltung offen. Drei kleine, wenig aussagekräftige Visualisierungen wurden an die Wand geworfen, die zudem kaum zu erkennen waren – meines Erachtens bewusst – CG weiß, dass hier das größte Konfliktpotenzial lauert.
Die restlichen Fassaden zur Landhausstraße und Rampischen Straße wurden im Rahmen kleiner Panoramavisualisierungen an die Wand geworfen (mal in historischer, mal in moderner Form). Auch hier war wenig zu erkennen. Sinngemäße Äußerung Gröner: alles kann, nichts muss. CG ließ sich hier wieder nicht in die Karten schauen. Über die Fassaden, die nicht zum Palais Hoym/Riesch gehören, wurde aber insgesamt sehr wenig gesprochen – die Aufmerksamkeit fokussierte sich auf das Hinterpalais Riesch. In der anschließenden Diskussion konnte man das Meinungsbild unter den Zuhörern eindeutig erkennen. 95 Prozent sind für so viel historische Rekonstruktion wie möglich im Quartier. Als Gröner dies nach den ersten drei Meldungen merkte, fragte er die ca. 200 Zuhörer, wer denn für eine moderne Gestaltung sei. Ein einziger Arm ging hoch. Der junge Architekturstudent aus Weimar sagte sinngemäß, Rekonstruktionen an dieser Stelle seien doch keine sinnvolle Aufarbeitung des Kriegstraumas (ein Herr hatte diese zuvor als Heilung der „Wunde Neumarkt“ bezeichnet), sondern lediglich – hier fiel das Wort mal wieder – Disneyland. Diese Einlassung erntete jedoch breiten Unmut - Gröner verteidigte die Äußerung aber als legitim. Der Nachredner (ich) entgegnete, dass Rekonstruktionen im Quartier zur Wiedergewinnung einer Stadtstruktur, die ein Gefühl von Geborgenheit ausstrahle, sowie zur Wiedergewinnung einer Dresdner Identität/Unverwechselbarkeit führen. Andere Beiträge gingen ebenfalls in diese Richtung. Die Gesellschaft Historischer Neumarkt, die mit zahlreichen Mitgliedern vor Ort war, bedankte sich ausdrücklich bei Gröner für die Veranstaltung mit den Worten „Mit solch einem Auftreten hat sich zuvor noch kein Projektentwickler am Neumarkt vorgestellt!“ Diese Aussage unterstrich auch der folgende Applaus aller Zuhörer. Am Ende bleibt der Eindruck, dass beide Seiten Dialog- und Kompromissbereitschaft signalisieren (auch die GHND weiß, dass sie keine 100prozentige Rekonstruktion bekommt). Mir kam schlussendlich der Gedanke, dass die CG-Gruppe die Fassade des Riesch als Verhandlungsmasse sieht. Irgendwann gibt sie zugunsten der historischen Fassade auf, um den Großteil der übrigen Fassaden in Landhausstraße und Rampischer Straße in moderner Form durchzubringen (ist aber Spekulation von mir). Das für mich Positive an der heutigen Veranstaltung: die Aushandlung der künftigen Quartiersgestaltung wird öffentlicher (durch die Infoveranstaltungen und insbesondere durch die Einbindung der GHND in das Werkstattverfahren) – hinter dieses Versprechen kommen weder CG noch städtische Gremien m. E. zurück.