Beiträge von Der Schüler

    Das schmerzt anzusehen. Es ist kein gutes Zeichen, wenn ein Gebäude schon bei seiner Fertigstellung wie ein Abriss- oder Sanierungsfall aussieht. Ich kann beim besten Willen keinerlei architektonische Qualitäten an diesem Bau erkennen. Es ist in der Erscheinung düster und abweisend, die Gliederung der Fassade ist ein einziges Chaos ohne jegliche Symmetrie oder Sinn für Harmonie. Wenigstens bei der Ausführung hätte man mit einer hochwertigen Qualität und Materialität punkten können, aber auch da hat man es vermasselt. Wie von maselzr angemerkt sehen die Fensterrahmen billig aus und die beliebig helleren Fassadenelemente aus Beton verstärken noch diesen Eindruck. Uninspiriert, billig und erdrückend hässlich. Wenigstens hat man sich einen passenden Namen für das Projekt ausgedacht. Was für ein Schrott. Ich könnte kotzen.

    1. Wieso soll das Gebäude hier viel deplatzierter wirken sollte als z.B. das Boulevard Berlin in der Schloßstraße?
    2. Der Investor wird sicher nicht Geld in den Bau des Gebäudes pumpen, wenn er sich nicht davon Profit erhofft. Dass man die Einkaufshalle nicht braucht heißt nicht, dass hinterher dort niemand einkaufen geht... was ziemlich sicher der Fall sein wird, wenn SIGNA bereit ist, diese Investition vorzunehmen. Selbst wenn die Idee als Einkaufscenter langfristig nicht funktioniert wird die Immobilie so attraktiv sein, dass man sie ohne Probleme einer anderen Nutzung zuführen kann.
    3. Ich verstehe einfach nicht, wenn man gegen etwas argumentiert, nur weil man es nicht braucht. Gibt es einen anderen, dringenden und notwendigen Bedarf für genau diese Stelle, der durch den Bau des Gebäudes nicht mehr befriedigt werden kann? Oder geht es einfach darum, prinzipiell Dinge abzulehnen, die man nicht braucht, die also überflüssig sind? Würde man diese Philosophie wirklich konsequent praktizieren, wäre das Leben extrem langweilig und armselig. Die meisten schönen Dinge des Lebens braucht man nicht, man kann auch ohne sie überleben. Wir wollen sie trotzdem, weil sie das Leben interessanter machen und über einen bloßen Kampf um das Überleben erheben. Mit einer konsequenten Einstellung, alles Überflüssige abzulehnen, würde es einen Großteil der kulturellen Erzeugnisse der Menschheit gar nicht geben. Aber klar, lasst uns allem Überflüssigen den Kampf ansagen! Wo wir schon dabei sind, lasst uns auch den Eiffelturm einschmelzen, denn der ist im Grunde nur ein Marketinginstrument der Pariser Tourismusindustrie und der Stahl ist eine wichtige Ressource, der für den Bau von Gerätschaften für die Landwirtschaft benötigt wird... you know, Dinge die man BRAUCHT, damit man nicht verhungert, und nicht dieser exzentrische, überflüssige und elitäre Schrott.

      Nur um es klarzustellen: Mir ist dieses Gebäude nicht so wichtig, dass ich die Argumentation mit einer philosophischen Grundsatzdebatte schon fast ins Absurde verzerren muss.

      Dieses Scheinargument des "Nicht-Brauchens" sehe ich in Diskussionen aber immer wieder und es ist mir extrem zuwider. "Brauchen" ist nicht absolut. Es gibt nur "Brauchen, um zu". Brauchen, um zu Überleben. Brauchen, um auf eine bestimmte Weise zu leben. Wir brauchen Dinge nur, damit sie eine bestimmte Funktion erfüllen. Und diese Funktion wird ausnahmslos durch den eigenen Willen oder den Willen anderer Menschen bestimmt. Selbst das eigene Überleben ist keine Notwendigkeit, sondern ist dem eigenen Willen (oder schlechtestenfalls dem anderer Menschen) unterworfen. Das Bedürfnis zu überleben resultiert aus dem Willen, zu überleben.

      Wenn wir also sagen, "Ich brauche X", meinen wir in Wirklichkeit: "Ich brauche X, weil ich Y will". Wenn wir sagen "Ich brauche X nicht", meinen wir in Wirklichkeit "Ich will X nicht, weil ich Z nicht will". Die Frage ist, ob X identisch mit Z ist, also ob wir X nicht wollen, weil wir das Ding X an sich nicht wollen, oder weil X ein Proxy für ein anderes Ding Z ist, das wir nicht wollen.

      Wer also gegen X argumentiert, weil er es nicht braucht, verschleiert entweder seine wahren Beweggründe, also dass er ein Ding Z nicht will, oder (und das ist noch viel schlimmer) er ist nicht seines eigenen Willens bewusst. Wer nur die Dinge will, die er zu brauchen glaubt, ist in Wirklichkeit jemand, der sich seines eigenen Willens nicht bewusst ist. Jemand, der seines Willens nicht bewusst ist, kann seinen Willen nicht oder begrenzt bewusst formen, das heißt sein Wille kann zwar spontan intrinsisch entstehen, aber er kann den Prozess nur schwer nachvollziehen. Das macht einen solchen Menschen anfällig dafür, dass seine Bedürfnisse von außen diktiert werden, oder noch fundamentaler, dass sein zugrundeliegender Wille extrinsisch geformt wird, sei es durch natürliche Einflüsse oder durch den Willen anderer Menschen. Das ist eine Mentalität der Knechtschaft. Ein freier Geist tut Dinge, weil er sie will und nicht, weil er denkt, sie zu brauchen. Wer sein ganzes Leben auf die Befriedigung der Dinge ausrichtet, die er vermeintlich braucht, ist ein Spielball der Kräfte um ihn herum und nicht ein Meister seines Willens.

      Die Frage ist also: Willst du dieses Gebäude seiner selbst oder anderer Dinge wegen einfach nicht und versuchst du davon mit fadenscheinigen Argumenten abzulenken, oder bist du dir gar nicht dessen bewusst, dass du das Gebäude nicht willst?

      Dann kannst du das auch so sagen und wir werden deine Meinung vielleicht anfechten, aber (hoffentlich) respektieren.
    4. Das Guggenheim in Bilbao ist auch so ein "Empire State Building in der Uckermark". Wieso ein Guggenheim-Museum in Bilbao, noch dazu in einer damals heruntergekommenen Hafengegend? Weil es die Gegend aufwertet und für zusätzliche Dynamik sorgt. Und weil es GEIL ist. Früher konnten sich nur wenige ein Bilbao mit dem Guggenheim vorstellen, inzwischen kann sich keiner mehr Bilbao ohne das Guggenheim vorstellen.

    Nein, "hoch 2" oder "im Quadrat" wäre "squared".

    Ich gehe davon aus, dass es ein bewusstes Wortspiel aus "squared", also "hoch zwei" im Sinne von "zweiter Iteration" und "Square" im Sinne von Ort/Platz ist.


    Was ich nicht verstehe ist, wieso sich alle hier immer über diese Marketingnamen empören, selbst die Forumsmitglieder, die ich eigentlich als etwas gelassener einschätze. Ja, viele dieser Marketingnamen sind albern und schreien nach Aufmerksamkeit. Das ist der Sinn von Marketing. Na und? Ist ein nüchterner Name wie "Neu-Siemensstadt", wie in der Kommentarsektion des rbb-Beitrags gefordert, wirklich in jedem Fall viel besser? Diese reflexhafte Empörung ist inzwischen noch vorhersehbarer, langweiliger und auf jeden Fall spießiger als die Marketingnamen an sich.


    Überhaupt finde ich die Kommentarsektion in dem rbb-Beitrag, zu dem Bautradition verlinkt, sehr amüsant. "Was soll der Quatsch? Wir ersticken allmählich an Anglizismen." Buhu! Ich fühle mich so unsicher mit meiner eigenen Identität und der kulturellen Identität meines Landes, dass ich diese Anglizismen als persönliche und kulturelle Bedrohung wahrnehmen muss! Einfach erbärmlich. Chillt mal eine Runde und regt euch lieber über richtige Probleme auf, zum Beispiel über Abholzung des Regenwalds oder über den Klimawandel.



    Gut, soo heftig war die Gegenreaktion hier im Forum jetzt auch nicht. Vielleicht bin ich ja derjenige, der eine Runde chillen muss. ;)

    Ich bin auch von der Wirkung des Fassadenmaterials ziemlich enttäuscht. Für mich sah das auf den Visualisierungen so aus, als würde der für die Fassade eingesetzte Beton (ist doch Beton, oder?) mit Steinen vermischt und poliert, wodurch sich eine körnigere und lebhaftere Textur ergeben hätte (siehe hier).

    Vielleicht kommt das erst aus einer näheren Perspektive zur Geltung?


    Ich muss sagen, dass das Ergebnis gerade im Vergleich zur Visualisierung sehr flach und leblos daherkommt. Sehr schade, denn Beton kann ein sehr interessantes Fassadenmaterial sein, hier wirkt es aber nicht sehr reizvoll. Immerhin korrespondiert es gut mit der Fassade vom Potsdamer Platz 5 (jetzt Capgemini-Zentrale, glaube ich), bei der das Material ähnlich leblos wirkt, aber die Fassade ist dort stärker gegliedert und wirkt plastischer, sodass die Langeweile des Materials etwas kompensiert wird und das Auge dort lieber verweilt.


    Mir fällt gerade auch auf, dass die Fensterrahmen anders als in der Visualisierung auch keinen hellen Holzton haben, sondern schwarz sind. Sehr schade, denn die schwarzen Fensterrahmen heben sich optisch kaum ab. Die Fenster im hellen Holzton hätten einen warmen farblichen Akzent gesetzt und die Fassade abwechslungsreicher gemacht. :(

    Jetzt wartet doch erstmal ab, bis das Gebäude fertiggebaut ist und die Gerüste weg sind, dann hat die Fassade in Form und Material auch mehr zu bieten als Glasfenster und die Passage sieht auch nicht mehr wie ein dunkler Schlund aus. 🙄

    ^ Die Verwendung von Lisenen als Gliederungselement gefällt mir, aber die Proportionen wirken auf mich etwas unstimmig. Die Fenster sind klein und liegen dicht beeinander, wodurch der obige Teil sehr gedrungen wirkt. Die Rundbögen im Sockel gefallen mir, aber man hätte vielleicht anderswo auf der Fassade die runde Form wieder aufnehmen müssen. Und mir ist aus den Renderings unklar, welche Farbe die Fensterrahmen oberhalb des Sockels haben. Grau? Weiß? Ich finde, ein dunkles Grau wie im Sockel würde wohl am elegantesten und stimmigsten wirken. Insgesamt nicht schlecht, aber da wäre noch etwas Luft nach oben gewesen, wie ich finde. Die Wirkung des fertigen Gebäudes wird freilich auch sehr stark von der Qualität des Putzes abhängen... hoffen wir auf das Beste. Gegenüber dem Vorgängerbau ist es jedoch auf jeden Fall eine deutliche Verbesserung. :)

    ^ Vielen Dank für die Fotos, Llewelyn! Ich finde das Gebäude ziemlich gut gelungen. Auch die versetzten Fensterbänder funktionieren hier sehr gut. Sonst bin ich nicht so ein Fan von diesem Gestaltungselement, aber hier sorgt es für etwas mehr Abwechslung, ohne dass die Fassade zu unruhig wirkt. Das Highlight sind aber natürlich die rostfarbenen Elemente, sehr spannend!

    In der Tat ein sehr gelungener Entwurf (obwohl es auf den Visus ein bisschen tot wirkt, aber die Studenten werden schon für Belebung sorgen). Sehr gut gefallen mir auch die Entwüfe von Wulf Architekten und von Grüntuch. Bei Wulf denke ich aber, dass die Fassade aus roten Ziegelsteinen sich nicht so gut in das Ensemble einfügt. Vielleicht hätten helle Ziegelsteine besser gepasst. Sehr genial finde ich wiederum, wie der Bau von Grüntuch trotz der kontrastierenden Architektursprache und Höhe zwischen den zwei historischen Gebäuden vermittelt und es schafft, ein Ensemble zu bilden.


    Die Entwürfe von augustinundfrank/winkler ARCHITEKTEN und Erchinger Wurfbaum Architektur gefallen wir ebenfalls, wobei mich ersterer sehr an das New Podium erinnert. Beiden fehlt ein wenig der unkonventionelle Touch der restlichen Entwürfe, aber es handelt sich meiner Meinung nach dennoch um solide Architektur.


    Der einzige Entwurf, mit dem ich nichts anfangen kann ist der von AFF Architekten. Einzig positiv anzumerken finde ich hier die Struktur der Fassade, die durchaus was hermachen könnte, aber mir gefallen weder die uneinheitliche Gliederung, noch die durchgängigen Fensterbänder, noch die Kubatur. Der gesamte Entwurf wirkt auf mich irgendwie ziemlich altmodisch und trist, wozu die Visualisierung mit Schwarz-Weiß-Filter und Körnung sicherlich auch beitragen. Es ist mir auch nicht verständlich, wieso mein seinen Entwurf in einer Visualisierung so in Szene setzen würde, dass man die reale Wirkung des Gebäudes möglichst schwer zu erahnen ist.

    Vor allem die Taubenschutzgitter-Fassade stört mich, das ist einfach der Gipfel der Geschmacklosigkeit so ein billiges Gitternetz vorzuhängen. Außer als Diebstahlschutz vor Mülltonnen, hat das in der Architektur nichts verloren.

    Wie kommst du auf denn auf die Idee? Ich bin mir ziemlich sicher, dass das nicht irgendein Gitternetz aus dem Baumarkt ist. Und billig wirkt es auf mich auch nicht, ich hatte eher die Assoziation mit Millanaise.


    Mir gefällt der Gewinnerentwurf auch sehr gut. Von den anderen Entwürfen gefällt mir der von GMP auch sehr gut, ebenso der von OMA, aber ich denke unter der Vorgabe, das bestehende Operngebäude integrieren zu müssen ist der Gewinner tatsächlich der Beste. Ich stimme prinzipiell Camondo zu, dass hier auch ein poetischerer Entwurf möglich gewesen wäre, aber dafür hätte man den Bestandbau abreißen und neubauen müssen. Zumindest teilweise.

    Die Außengestaltung ist in der Tat deprimierend. Kein Baum, nicht einmal ein Strauch zu sehen; nur Gras, das bald bestimmt nicht mehr so saftig und schön aussieht. Das sieht so aus, als hätte man die Häuser irgendwo ins Nichts gepflanzt. Unfassbar, wie man eine derart lieblose Außengestaltung machen kann.


    Edit: Nevermind, ich sehe gerade auf den Visus, dass es wohl nicht so bleiben soll. 😅 Hätte mich von Nöfer kommend auch sehr enttäuscht.

    Danke für die Fotos, Backstein!


    Ich fand schon die Visu sehr gut, umso erfreulicher, dass das realisierte Gebäude dem Entwurf in nichts nachsteht. :) Das Gebäude ist meiner Meinung nach sehr gut balanciert, sowohl was die Formen, als auch die Farben betrifft. Besonders im ersten Foto von Backstein sieht man sehr gut, dass das Gebäude trotz der eher geringen Höhe sehr wohlproportioniert wirkt. Anders als bei vielen zeitgenössischen Bauten hat man nicht den Eindruck, dass das Gebäude gestaucht wirkt oder etwas höher sein müsste. Die dominierenden, definierten Kanten und gerade Linien lassen das Gebäude scharf wirken, die Kurven in den Erkern lockern die Strenge etwas auf, ohne zu verspielt zu sein. Die bläulichen Fensterscheiben mit schwarzen Rahmen zusammen mit der weiß-silbernen Hülle erzeugen ein in der Helligkeit ausgewogenes, kühles Farb-Layering.


    Kurz, ein sehr stimmiges und gelungenes Gebäude.

    Was Du hier machst, nennt man in der Philosophiegeschichte eine Petitio principii‘. Du stellst einen Satz (dass SIGNAs geplante Hochhäuser sehr gut dem Charakter der Gegend entsprächen) als Tatsache auf, so als ob sich das von selbst verstünde, und wer dem nicht folgt, erscheint entsprechend als Nörgler, der überall einen Haken wittern muss.

    Ich dachte, es versteht sich von selbst, dass es meine Meinung ist, die ich mit der bereits vorhandenen Hochhausbebauung begründe. Wenn wir von der Prämisse ausgehen dass gerade äthetische Einschätzungen sehr stark einem subjektiven Urteil unterliegen und deshalb immer Meinungen sind, dann finde ich es nicht notwending, jedes Mal durch die Formulierung darauf hinzuweisen, dass eine Einschätzung von mir eine Meinung ist und kein Fakt. Das wird sehr schnell grotesk, wenn man jeden zweiten Satz wie bei einem Gerichtsverfahren bei Patrice Lessner in Good Wife mit "meiner Meinung nach" beendet, so viel Entspanntheit hatte ich schon vorausgesetzt. Aber du hast natürlich Recht, dass ich mit meiner Formulierung eine Gewissheit impliziere, die nicht gegeben ist.


    Das mit dem Haken hast du falsch verstanden. Es ist nicht meine Absicht, mögliche sachliche Zweifel an der städtebaulichen Eignung des Projekts zu diskreditieren. Es geht mir darum, die Darstellung des Deals als Kuhhandel bzw. Erpressung und die damit verbundene voreingenommene, abwehrende und übertrieben skeptische Haltung zu kritisieren. Diese Argumentation zielt nämlich eben nicht auf eine sachliche Auseinandersetzung, sondern darauf, eine emotional aufgeladene, mMn irrationale Abwehrhaltung zu induzieren, die bei nüchterner Betrachtung mMn kaum haltbar ist.


    Das nennt sich "Pappkamerad".

    Ich hatte befürchtet, dass du mir das vorwerfen würdest, habe es dann aber doch sein lassen, mich argumentativ dagegen abzusichern. Mir ist bewusst, dass du selber nicht direkt argumentiert hast, dass Visionen und Profit unvereinbar seien. Doch auch wenn es in deinem Kommentar nicht Schwarz auf Weiß so geschrieben steht, könnte es suggestiv in diese Richtung verstanden werden, es hatte für mich jedenfalls ein "Geschmäckle". Und selbst wenn das nicht deine Absicht war, gibt es genug Leute, die diese Einstellung haben oder aus deiner Aussage ableiten könnten, daher die Notwendigkeit, darauf einzugehen. Wenn das nicht deine Absicht war, dann ist ja gut. Das ist aber kein Pappkamerad. Es geht mir nicht darum, Pappmänner aufzubauen, auf die ich eindreschen kann, nur um gegen dich argumentativ "zu gewinnen". ;)


    Also, no hard feelings?

    Ich finde den Gewinnerentwurf schockierend trivial. Völlig rücksichtslos stellt er sich dem wunderschönen Portal in den Rücken und pervertiert die Schönheit des ursprünglichen Baus in eine Art Fremdkörper.

    Was ist daran bitte trivial? Eine direkte Integration des Portals in den Neubau wäre doch viel trivialer, weil naheliegender gewesen. Du tust so, als würde der Museumsbau einfach "neben" dem Portal stehen und sich damit schmücken, dabei ermöglicht gerade die Distanz zum Portal die Schaffung eines Raums mit geradezu meditativer Qualität und erzeugt eine Spannung zwischen den zwei Gebäudeteilen, die durch eine nathlose Integration nicht möglich wäre. Ganz im Gegenteil denke ich, dass das Portal dadurch viel mehr Gravitas erhält.


    Mir persönlich gefällt der 2. Platz, was die ästhetische Gefälligkeit betrifft, besser als der 1. Platz, denke aber tatsächlich, dass der 1. Platz verdient ist, weil der Entwurf eindrucksvoller und in der Wirkung der Gestaltung dem Thema der Ausstellung dienlicher ist.

    Zwei Schlüsse:

    1. Die z.T. sehr berechtigten Zweifel an einer einseitig Investoren- und zukunfstkritische Haltung besonders in Teilen der Linken sollten nicht zu einer Blauäugigkeit gegenüber den Intentionen der Investoren verführen: Diese werden hier und anderswo nie vorwiegend durch städtebauliche Visionen angetrieben, sondern stets maßgeblich durch das Interesse, möglichst viel Bruttogeschossfläche in möglichst zentralen Lagen durchzusetzen, also Hochhäuser, unabhängig davon, ob das städtebaulich passt oder nicht, ob das dem gewachsenen Charakter der Stadt entspricht oder nicht.

    Nur, dass die von SIGNA geplanten Hochhäuser eben schon sehr gut dem gewachsenen Charakter des oberen Ku'damm entsprechen, da hier bereits zahlreiche andere Hochhäuser stehen (Swissotel, Sofitel, Neues Kranzler Eck, Upper West und Zoofenster).


    Eine prinzipielle, gesunde Skepsis finde ich ja gut, aber man muss nicht überall einen "Haken" wittern, wo keiner ist. Wieso soll ein Investor nicht Visionen haben UND Profit machen wollen und können? Das scheint sich für viele gegenseitig auszuschließen, dabei lässt sich oft mit visionären Ideen am meisten Profit machen. Pragmatisch betrachtet ist es für die Stadt sowieso egal, ob die tieferen Beweggründe des Investors rein uneigennützig sind (was sie natürlich nicht sind und das ist überhaupt kein Problem). Fakt ist: Durch den Deal profitieren sowohl SIGNA als auch die Stadt. SIGNA kann im großen Stil Bürofläche an großartiger Lage schaffen (entsprechend rentabel dürfte das Projekt werden), die Stadt entwickelt diese Gegend des Ku'damms städtebaulich konsequent weiter und kann Arbeitsplätze erhalten. Gleichzeitig dürften von den neuen Angestellten in den Büros die Geschäfte am Ku'damm profitieren. Everybody wins! Können wir das mal bitte nicht aus den Augen verlieren?


    Man braucht schon eine befremdlich unflexible Einstellung, um den Deal hier als Erpressung/Kuhhandel begreifen zu wollen. SIGNA wollte hier Hochhäuser bauen, die Stadt wollte sich nicht darauf einlassen. Jetzt macht SIGNA der Stadt ein in der aktuellen Lage besseres Angebot und die Stadt geht darauf ein. Zum Glück muss man sagen, denn man müsste wirklich bescheuert sein, nicht auf so ein gutes Angebot einzugehen. Das ist Einigung durch Verhandlung und nicht Erpressung. Wie soll die Sache bitte sonst laufen? Die Stadt gibt vor "so und nicht anders" und der Investor kann entweder zusagen oder sich zurückziehen, ohne eigene Ideen oder Interessen vorbringen zu können? Und die Entscheidungsträger der Stadt dürfen ihre Position später nicht revidieren, weil sie ihren Machtanspruch und Unfehlbarkeit geltend machen müssen, egal ob es nun vernünftig ist oder nicht? Das ist vielleicht mit einer Diktatur vereinbar, aber nicht mit einer Demokratie.



    Das Argument, die Hochhäuser würden die Torsituation beeinträchtigen, finde ich durchaus nachvollziehbar, allerdings würden die zwei oder drei Hochhäuser von SIGNA zusammen mit Upper West und Zoofenster eine erweiterte Torsituation bilden und zusammen mit den restlichen Hochhäusern in der Gegend einen sehr schönen Minicluster ergeben. Die Vorteile überwiegen aus städtebaulicher Sicht meiner Meinung nach klar den Nachteilen.

    Warum wird in diesem Forum von Einigen eigentlich immer nur aus EINER Perspektive auf die Stadt geschaut? Es ist dermaßen engstirnig, ein Gebäude weghaben zu wollen, nur weil es Scheiße aussieht. Dann steigert man sich in seine Abneigung sogar noch rein und vergisst jeglichen Kontext völlig.

    Wahrscheinlich weil es ein Architekturforum ist und das Diskutieren über die Qualität der Architektur deshalb für die meisten im Vordergrund steht. Die immer wieder politischen Auseinandersetzungen im Berliner Unterforum deuten aber doch offensichtlich darauf hin, dass die allerwenigsten hier nur aus EINER Perspektive auf die Stadt schauen. Dass die beispielsweise sozialen Argumente bei manchen nicht ausreichen, um die Meinung pro Erhalt eines Gebäudes zu bewegen heißt noch nicht, dass sie nur aus dieser Perspektive auf die Gebäude schauen, sondern dass sie diese Argumente anders gewichten und zu einem anderen Schluss kommen.


    Ich persönlich finde das Memi so hässlich, dass ich mich tatsächlich auch frage, ob man konkret dieses Gebäude nicht erhalten sollte (gewissermaßen als abschreckendes Beispiel dafür, was Lieblosigkeit u.A. mit Architektur anrichten kann oder vielleicht auch als Gegenstand Dunkler Romantik). Ich finde es aber problematisch, die Erhaltung hässlicher Gebäude zwecks Erhaltung billigen Wohnraums zu einem allgemeingültigen Prinzip zu erheben. Würde man das tun, wären selbst die schlimmsten Gebäude und Ensembles in der Innenstadt dazu prädestiniert, auf ewig zu bleiben, es sei denn, man könnte alternativen, billigen Wohnraum zur Verfügung stellen. Stünden in der innenstadt beliebig viele Flächen zur Verfügung, wäre es kein Problem, an anderer Stelle ein neues Projekt zu entwickeln. Irgendwann sind aber nunmal (fast) alle freien Flächen in der Innenstadt bebaut. Dann bleibt nichts anderes übrig, als bestehende Flächen durch Abriss und Neubebauung neu zu entwickeln, wenn man das Angebot an billigen (und nicht-billigen) Wohnungen erweitern und zugleich die Stadt architektonisch weiterentwickeln möchte. Die Alternative ist, dass Projekte außerhalb der Innenstadt entwickelt werden und die Entwicklung der Innestadt architektonisch und demografisch stagniert. Letzteres halte ich nur für ein wünschenswertes Szenario, wenn bereits ein Zustand beinahiger Perfektion erreicht ist. (Dies ist für die Berliner Innenstadt mMn bei Weitem nicht der Fall.)


    Ohne Rücksicht auf die dort lebenden Menschen Gebäude abzureißen, die uns nicht passen, ist aus meiner Perspektive falsch. Die Gründe dafür wurden von meinen Vorrednern gut ausgeführt. :) Aus Rücksicht jedes beliebige Gebäude stehen zu lassen, halte ich aber aus dem oben ausgeführten Grund ebenfalls für falsch. Falls man die Entwicklung der Stadt befürwortet, ist das Argument "es leben sozial bedürftige Menschen im Gebäude" kein Totschlagargument, weil es in seiner extremsten Konsequenz zu einer Stagnation der Stadtentwicklung führt. Die Lösung muss meiner Meinung nach ein Mittelweg sein: Unter Rücksicht auf die betroffenen Menschen die konkreten Fälle zu beurteilen und an manchen Stellen den Status Quo zu erhalten, an anderen Stellen die Stadt durch Nachverdichtung und somit durch Schaffung von mehr und auch billigem Wohnraum weiterzuentwickeln.