Beiträge von kuddel

    Ausbau der A1 zwischen AD Südost und Hamburg Harburg
    Lese ich es richtig das die neue Norderelbbrücke 12 statt bisher 6 Fahrspuren haben wird plus Standstreifen, das dürfte die neue Brücke doppelt so breit werden lassen. Besonders interessant auch der Radweg. Die vielleicht erste Radwegverbindung zwischen Bergedorf und Harburg?


    Bericht Mopo:
    https://www.mopo.de/hamburg/au…bgerissen-werden-31530254


    Weitere Infos auf Hamburg.de:
    https://www.hamburg.de/fernstrassen/a1-gesamtprojekt/


    Verflechtungsstreifen sind in der Regel nicht durchgehend und daher keine zusätzliche Fahrspur. Die Mopo arbeitet bei den Themen einfach unsauber. Zudem wird dort suggeriert, es würde eine Behelfsbrücke geben, aber das ist auch Quatsch. Die neue Brücke wird einfach nur in zwei Phasen gebaut, um die Relation aufrechtzuerhalten. Aber immerhin schreibt nicht der Praktikant wieder wilde Phantasien wie letztens, wonach eine neue Köhlbrandbrücke auf der Veddel und Finkenwerder beginnen müsste, um die benötigte Höhe zu erreichen... :nono:

    Ich seh das auch nicht ganz so problematisch wie die Gegner, ob in den Medien oder bei den Anwohnern. Zwar mag Oberbillwerder etwas weiter weg sein als die Billhuder Insel, aber von S Allermöhe, die fußläufig von allen neuen Anwohner erreicht werden kann, sind es 15 Fahrminuten bis zum Hbf. und man muss auch nicht umsteigen. Da sind viele, die näher an der Innenstadt wohnen (z.B. im Reiherstiegviertel, wo die IBA damals schon fleißig tätig war), deutlich "abgeschnittener". Zudem wird von der Fläche nur grob die Hälfte in Anspruch genommen. Die nördliche Hälfte zu den Bauern bleibt bespritzte Agrarfläche und man kann über die Straße Billwerder Billdeich auch weiterhin gemütlich Richtung Boberger Dünen radfahren. Gleichzeitig wurden Richtung Ochsenwerder zwei neue Naturschutzgebiete vor wenigen Jahren ausgewiesen, die zusammen größer sind als Oberbillwerder. Dass die Bauern, deren Pacht nur ein Bruchteil der in Niedersachsen und Schleswig-Holstein gängigen Marktpreise über Jahrzehnte bezahlt haben, nicht darüber erfreut sind, ist nachvollziehbar, aber auch nicht der alleinige Maßstab in einer Millionenstadt. Das Land haben sie vor Ewigkeiten teuer verkauft und nun spottbillig noch pachten können. Da floss schon sehr viel Geld in die Kassen, aber nun denn.


    Mir wäre Nachverdichtung im Zweifel auch lieber, aber wenn "nur" 80% der neuen Wohnungen so errichtet werden und 20% auf der "grünen Wiese" (die ökologisch selten so wertvoll ist wie eine Industriebrache), sehe ich noch keinen Grund zum Verkünden des Weltschmerzes, zumal ich Wohnungsbau an bestehender Verkehrsinfrastruktur in der Regel nicht schlecht finde. Wie lange der Ausbau von U- und S-Bahnen gerne mal dauert, ist ja allgemein bekannt. Und noch mehr autofahrende Pendler, ob vom Stadtrand oder aus dem Umland, braucht man auch nicht zwingend. Da ist der Ansatz in Oberbillwerder ganz interessant. Ob er funktioniert, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

    Hamburg hat unter deutschen Metropolen die konservativste, autozentrierteste Verkehrspolitik. Das siehst du an der Stadtplanung, die sehr in die Fläche geht und wenig Dichte hat (die Bevölkerungsdichte ist noch viel geringer, als im bereits als "weitläufig" geltenden Berlin!), das siehst du am ÖPNV. Es dominiert der Omnibusverkehr, eine Straßenbahn gibt es gar nicht mehr, die U-Bahn ist auf kleine, schmale Fahrzeuge ausgelegt und in der Tat auch nicht auf möglichst kurze Fahrtzeiten. Eben eher die Ausrichtung auf ÖPNV als Basisangebot für Arme, Alte, Auszubildende (die drei A des ÖPNV, auch "captive rider" genannt). Das ist in München, aufgrund der Größe eher mit Hamburg zu vergleichen als Berlin, schon ziemlich anders.


    Dann schicken wir mal einen DT3 auf die Berliner U4. ;)


    Spaß bei Seite. Bei Vereinfachungen in der Statistik muss man vorsichtig sein, genau wie bei Gleichsetzungen von Städten und Verkehrssystemen. So einfach sind Stadt- und Verkehrsentwicklung nämlich nicht.


    1. Die Gebiete, in denen die U5 verlaufen soll, sind nicht von geringer Dichte, sondern liegen überwiegend im hohen vierstelligen Bereich (Einw./km²) und Einwohner sind nur eine Kennziffer (s. 2.). Administrative Stadtgebiete sind aus historischen Gründen unterschiedlich. Das, was in München als Vorort im Landkreis München (zu dem die Stadt nicht gehört) gilt, wäre für Hamburger Verhältnisse noch Teil der Stadt. Die betrachtete Fläche beträgt ja nicht einmal die Hälfte. Da müsste man den Modal Split in der Region (inkl. Pendlerstädten), in der Agglomeration (zusammenhängendes, bebautes Gebiet) sowie die Kernstadt anschauen. Das ist zwar auch nicht einfach 1:1 übertragbar, aber kommt der Sache näher. Dann wundert man sich auch nicht, warum ein abgelegender Stadtteil wie Niendorf eine höhere Dichte hat als der Hamburger Durchschnitt, der Gewerbe-, Wasser-, Naturschutz- und Hafengebiete mit einbezieht, aber nur die Einwohner zur Fläche in Relation setzt.


    2. Folglich sind für Verkehre nicht nur Wohngebiete relevant, was wir ja gerade am Beispiel City Nord sehen, wo viele Menschen arbeiten und möglichst ohne MIV hinkommen sollten. Die Einwohnerzahl des Gebiets ist zu vernachlässigen, genau wie in der Innenstadt, wo wir ein hohes Verkehrsaufkommen haben. Oder den Flughafen, der (fast) komplett auf hamburgischen Grund liegt und Personenverkehre erzeugt.


    3. Die Bewertung von Verkehrssystemen ist etwas komplexer als die Frage "Gibt es System X und wie viele Kilometer hat es". Für große Teile der Berliner ist bspw. die Straßenbahn unerheblich, weil es in ihrer Nähe keine gibt. Das betrifft fast den gesamten Westen der Stadt, wenn man von kleinen Strichen (Seestraße, Hbf) absieht. Im Osten kommt das System aber häufig an seine Grenze und eine U- oder S-Bahn wäre sinnvoller. Ebenso fahren vielerorts (z.B. Leipzig bis Dessau, Zwickau oder Hoyerswerda) "S-Bahnen", die vom Charakter her (Fahrzeugtyp, Takt, Distanz) das sind, was in Städten wie Hamburg Regionalbahnen sind. Auch die AKN, die immerhin fast 100 Kilometer Streckennetz betreibt, fällt unter den Tisch. Was zählt ist die Verkehrsleistung (Takt, Geschwindigkeit, Fahrgastkapazität etc.) und die Erschließung.


    4. Städte haben unterschiedliche wirtschaftliche Tätigkeiten, unterschiedliche Pendler- sowie Touristenzahlen. Wenn in einer Handelsmetropole wie Hamburg mehr Lkw fahren als in einer Dienstleistungsstadt, kann man das beklagen, aber muss es in der Planung ohne Geschimpfe berücksichtigen. Aus Hamburg, das auf die A20 wartet und zusätzliche Elbquerung wartet, macht man nicht einfach ein München, Dresden, Düsseldorf, Stuttgart oder Berlin, die alle jeweils unterschiedliche Schwerpunkte und Rahmenbedingungen haben.


    5. Müssen die Planer der Stadt bzw. Hochbahn schon einen Blick in die Zukunft wagen, so schwierig Prognosen auch oftmals sein mögen. Wenn aber Siedlungsschwerpunkte, also überdurchschnittlicher Wohnungsbau in bestimmten Arealen, in der Nähe einer geplanten Strecke verlaufen, müssen diese Entwicklungen ebenfalls berücksichtigt werden und nicht nur der Ist-Zustand. Ganz zu schweigen von der politischen Vorgabe, mehr Menschen zum ÖPNV zu bewegen.


    und 6. das ist jetzt auch eine grobe Vereinfachung und kein fünfjähriges Studium der Stadtplanung oder des Verkehrswesens. ;)


    Ich bin mir sicher, dass sich die lieben und guten Menschen vom Hartzloh bei ihren Alternativvorschlägen für den Stationsstandort intensiv mit den Anwohnern an den einzelnen Standorten beschäftigt und von ihnen eine uneingeschränkte Freigabe erhalten haben.


    Die Bäumchen scheinen bei den Alternativstandorten jedenfalls keine Bedeutung mehr zu spielen. Schön find ich auch das hier:


    "Die U-Bahn wird direkt unter unserer denkmalgeschützten Kirche St. Gabriel hindurchführen – für uns eine Entweihung!" (http://lebenswerter.hartzloh.d…6-10-28-Quartierspost.pdf)


    Da werd ich das Gefühl nicht los, dass die Autofahrer aus dem Hartzloh einfach keine Baustelle haben wollen und sich nun alles erdenkliche aus den Fingern saugen. Und da ist ja keine Kita in der Nähe! Natürlich wird die Baustelle so offen (!) sein, dass die alle in die Grube fallen und sterben. Passiert ja täglich, während durch den MIV niemals Gefahren ausgehen.


    Viele Maßnahmen des Mobilitätskonzeptes für die Olympischen Spiele sollen in den Verkehrsentwicklungsplan eingebracht werden. Ob das für U Sternschanze (u.a. ein zweiter Ein-/Ausgang) auch gilt, kann ich Dir nicht sagen, aber würde es für sehr wahrscheinlich halten; aber möglicherweise nicht bis 2024, sondern erst wenige Jahre später.


    Neben den schon genannten Gründen gegen dieses Groß-Ereignis: Man muss so ehrlich sein, dass Deutschland, das selbsternannte Musterland der Ingenieure, zuletzt ein Zeugnis des Schreckens bei Großprojekten abgegeben hat. Das ist noch nicht mal nur auf BER Flughafen, Elbphilharmonie, Nürburgring oder S21 bezogen , sondern eine scheinbare Systematik bei Großunternehmern und Architekten sich bei Großprojekten ihre Planungen schön zu rechnen und dann die zusätzlich Kosten „strategisch geschickt“ explodieren zu lassen, sobald man in einer besseren Verhandlungsposition ist.


    Das ist aber auch eine sehr selektive Wahrnehmung. Nehmen wir neben der Elbphilharmonie die U4, die nun gerade kein einfacher Bau war, u.a. durch Altstadt und (ehemaliges) Hafengebiet. Der erste Abschnitt wurde leicht teurer (300 auf 320 Millionen), aber blieb im Zeitplan. Der Abschnitt zu den Elbbrücken wird nach aktuellen Zahlen früher und günstiger fertig. Selbiges für das letzte Kreuzfahrtterminal, diverse Straßenbauarbeiten und Gebäude (u.a. im Schul- und Hochschulbereich). Aber das sind eben keine Schlagzeilen in den Medien, genau wie man von Problemschulen liest und nicht von jenen, wo es keine Vorfälle gibt. Die Ursachen für Kostensteigerungen in den genannten Beispielen sind auch andere. Gegen Korruption ist man auch am BER nicht gewappnet, genau wie an nachträglichen Änderungen durch die Politik, die mehr Geld kosten. Wenn Berlin, Brandenburg und der Bund im laufenden Bau beschließen, dass der Flughafen mehr Leistung haben soll (weitere Terminals, Abfertigungsanlagen, Erschließung usw.), dann gibt es das natürlich nicht zum Nulltarif. Wenn ich ein Auto beim Händler bestelle und zwei Tage später sage, dass ich doch lieber den Fünf- statt Dreitürer hätte sowie die Sportedition, dann wird das mein Händler auch machen, aber eben nicht zum ursprünglichen Preis. Ist das selbe Thema wie bei der Fehmarnbeltquerung, wo die Politik entschließt, aus Umweltschutzgründen einen teureren Tunnel anstelle einer Brücke zu bauen (dänische Seite) sowie aus Gründen der Verkehrsemissionen einen Umweg sowie weitere Lärmschutzwände einzurichten (deutsche Seite). Auf die Ingenieure zu schimpfen, wird da der Sache nicht gerecht; sie sind nicht perfekt, aber nicht der treibende Grund für Kostensteigerungen bei ausgewählten Baumaßnahmen. Von denen haben sie persönlich auch nichts.


    Auch alles nur Nein-Sager und Miesepeter?


    Wenn man sich nur darüber aufregt, dass einige Zeitungen nach subjektiver Einschätzung eher pro Olympia sind, und man deshalb dagegen ist, ist das schon etwas kurios. Durchaus legitim, aber mit den eigentlichen Planungen hat das nichts mehr zu tun.


    Vollkommen richtig. Olympia und auch Fußball-WMs haben nach all den Skandalen (Korruption, Kostenexplosionen, Baupfusch, fehlende oder mangelhafte Nachnutzungskonzepte, Doping und Manipulation) leider längst nicht mehr den Glanz von einst.


    Man hätte ja zeigen können, dass man mit Sotschi und co. nichts am Hut hat. Schon dadurch, dass man in Hamburg bzw. Deutschland ein Antidopinggesetz hat, das weltweit einmalig ist und sowas unter Strafe stellt. Auch mit der Transparenz könnte man ein deutliches Zeichen setzen. Oder man resigniert und beschwert sich später, wenn andere unsere Standards nicht einhalten. Das Thema hatte man ja schon vor der Bewerbung Hamburgs in Deutschland.


    A: "Spiele wie Olympia sind doch eh dauernd in Diktaturen, damit will ich nichts zu tun haben"
    B: "Dann lass uns doch zeigen, dass man demokratische Spiele abhalten kann".
    A: "Nee, das will ich auch nicht"


    Man sagt, Angst sei ein schlechter Ratgeber, aber German Angst vor Atomkraft oder German Angst vor Bologna-Krise sind in diesem Fall Triebfedern gewesen.


    Welche Bologna-Krise? Die Umstellung von Studiengängen? Das lag eher an der "German eifrigkeit". In Deutschland sind Hochschulreformen traditionell eher radikal. Fängt schon oberflächlich an, da man in Deutschland alte Abschlussbezeichnungen abgeschafft hat. In Österreich, Norwegen, Frankreich etc. kriegt man die alten Namen für den Master, die man schon vorher hatte (u.a. den Dipl.-Ing. an der TU Wien). Auch eine fünfjährige Regelstudienzeit ist absolut Bologna-kompatibel, aber wird nur an wenigen Hochschulen in Deutschland praktiziert (u.a. im Verkehrsingenieurwesen an der TU Dresden). Stattdessen hat man einige ältere Forderungen umgesetzt und begründete sie mit Bologna. So haben einige Hochschulen in Norddeutschland die Anwesenheitspflicht eingeführt ("Bologna!"), während sie in NRW per Gesetz abgeschafft wurde ("Bologna!"). Beides hat mit den europäischen Vereinbarungen nichts zu tun. Da ging es "nur" um die Modularisierung mit einer einheitlichen "Einheit", um Leistungsaufwand zu vergleichen -- und orientierte sich an den deutschen SWS, die mit dem Faktor 1,5 zu CP bzw. ETCS wurden. Zu Studiengebühren, Lehrinhalten, Prüfungsformen, Betreuungsverhältnissen usw. ging es bei Bologna nicht, die Deutschland ja auch nicht ablehnte, im Gegenteil. Würden die Bologna-Kritiker zum einen in die internationalen Vereinbarungen schauen und zugleich ergebnisoffen die früheren Verhältnisse betrachten (Beispiel: http://www.spiegel.de/unispieg…rg-jacobsen-a-895170.html), dann hätten wir die Diskussion bzw. Ablehnung bezüglich jeder Veränderung gar nicht, sondern eine sachliche Debatte bzw. eine Befürwortung der allgemeinen Ziele (und nicht jener einiger übereifrigen Professoren und Präsidenten, die alte Wünsche endlich zu realisieren glaub(t)en und sich bei Kritik hinter dem Begriff Bologna versteckten).


    Eijeijei, gar Schlimmes ist hier zu lesen von "Mutlosigkeit", "Bedenkenträgertum", "linken Wutbürgern" gar. (Dabei kommen mir immer nur rechte Wutbürger unter – egal.)


    Vielleicht haben die Hamburger auch nur klug erkannt, dass ein Posten für die Bewerbung vom rotgrünen Senat entweder vergessen oder versteckt wurde: das fällige Bestechungsgeld für die stimmberechtigten alten Herren des IOC. Um nicht von all den anderen guten Argumenten gegen Olympische Spiele zu reden.


    Gibt irgendeinen (halbwegs!) handfesten Beleg dafür, dass die IOC-Vergabe 2017 von Bestechungsgeldern abhängig ist? Und bitte kein "in einer anderen Organisation gab es vor Jahren einen bisher unbestätigten Verdacht". Wenn nicht: ein gelungenes Beispiel für das erwähnte Bedenkträgertum. Um zum Abschluss (die Arbeit ruft leider gleich schon wieder) noch zwei Zitate zu bringen:


    Den Deutschen wird gerne nachgesagt, dass sie passionierte Bedenkträger seien. Egal wie gut es ihnen gehe und welche Vorteile man ihnen gewähre, sie fänden immer ein Haar in der Suppe. Johannes Gross hat diese Auffassung in einem Beitrag des FAZ Magazins folgendermaßen karikiert: „Als die ersten Menschen sich aufrichteten, um auf zwei Beinen zu gehen, ist gleich ein Deutscher zugeeilt, um dringlich zu warnen: Das sei gefährlich, es drohe der Sturz, besonders bei Kindern und Alten; vor allem sei es unsolidarisch gegen die übrigen Vierbeiner, auch theologisch bedenklich, denn es wende das Menschengesicht ab von der Erde, dem mütterlichen Grund“


    (in Ortwin Renns "Das Risikoparadox - Warum wir uns vor dem Falschen fürchten")


    „Wenn einer nichts hat – Bedenken hat er.“


    (Kurt Tucholsky)

    ^^
    Glaube eher nicht, dass das "typisch deutsch" ist. Mit eine Ursache könnte sein, dass durch die europäischen Institutionen das (berechtigte!) Gefühl entstanden ist, auch bei wesentlichen Richtungsentscheidungen keinerlei Mitspracherecht mehr zu haben. Wenn immer dann die Bevölkerung zu einem Thema direkt befragt wird, gibt es schonmal von Haus aus einen gewissen Prozentsatz, der "nein" sagt - einfach, um endlich einmal "nein" sagen zu können.


    Das ist doch Quatsch. Die Volksgesetzgebung ist in Hamburg nun nichts Neues, sondern führte schon zu mehreren Volks- und Bürgerentscheiden auf Bezirksebene. Den europäischen Institutionen vorzuwerfen, sie seien nicht demokratisch genug, ist auch falsch. Gerade durch Lissabon haben die Unionsbürger viel mehr Möglichkeiten als bspw. bei uns auf Bundesebene, wo es direktdemokratische Elemente wie die "Europäische Bürgerinitiative" gar nicht erst gibt, sondern nur in einigen Bundesländern wie eben Hamburg. Auch in Sachen Transparenz und Antikorruption hinkt die Bundesrepublik weit hinter den EU-Institutionen her. In den Argumenten der Kritiker, egal was man von ihnen halten mag, ging es auch nicht um EU-Bashing im BILD-Niveau.


    Mich störte am Feldzug der Olympiagegner viel mehr, dass sie nie auf das konkrete Konzept Hamburgs (ob Sportstätten, Nachhaltigkeit, Finanzierung, Mobilität, ...) eingingen, sondern willkürlich andere Spiele herauspickten, um Ängste zu schüren. Bei einer Stadt gab es in der Zeit viel Verkehr(schaos), woanders stiegen die prognostizierten Kosten, in der nächsten Stadt waren Scharfschützen auf Dächern und im nächsten verweist man auf Gentrifizierung. Als wenn der Kleine Grasbrook ein Wohnquartier wäre. Mit der selben Masche hätte man positive Aspekte über etliche Spiele herauspicken können, aber das wäre genau so falsch.


    Aber ist ja nun auch egal. Das Thema ist gegessen und ich bezweifle, dass Hamburg es 2019, kurz vor der nächsten Bürgerschaftswahl, noch einmal versucht, auch wenn der DOSB Hamburg auch als deutschen Kandidaten für 2028 nominierte. Vielleicht mag die Zustimmung ohne aktuelle Terroranschläge, Flüchtlingskrise, Dopingskandale etc. leicht steigen und man erhält ein Ergebnis, das früheren Umfragewerten nahekommt (ca. 60%), aber das ist generell zu wenig und vor seiner Entscheidung macht das IOC eigene Umfragen, weil es eine sehr hohe Zustimmung wünscht und keine medienwirksamen Proteste. Daher hätte Hamburg eh das Nachsehen, wenn sich die Stimmung in der Stadt nicht "über Nacht" ändert, womit wohl niemand rechnet. Für 2024 war eh Los Angeles der Favorit, da es länger als Europa (Atlanta vs. London) nicht mehr am Zug war, die Sportstätten schon alle stehen ("Nachhaltigkeit") und die Medienkonzerne Nordamerikas bis einschließlich 2025 die Übertragungsrechte für Olympia haben; und nach Peking für 2022 sind nur noch die Spiele 2024 in diesem Zeitraum zu vergeben. Ganz zu schweigen davon, dass die Zustimmung in LA nach repräsentativen Umfragen bei über 80%. Sollten wider Erwarten Rom (historisch bedeutsam) oder Paris (Zeichen gegen Terrorismus) für 2024 gewinnen, hat es sich sowieso erledigt, weil Europa nicht zweimal hintereinander die Spiele bekommen wird. (Mit Budapest rechnet wohl niemand, aber liegt ja auch in Europa.)


    Zudem gilt Deutschland als Favorit für die EM 2024. Die werden zwar erst wenige Monate nach den Spielen 2024 vergeben, aber jedem war klar, dass das IOC dies berücksichtigt. Außerdem ist Hamburg bzw. Norddeutschland nicht der attraktivste Markt und mit "Wir bauen einen neuen Stadtteil in einer der reichsten Städte Europas" überzeugt man nicht die Delegierten aus Asien, Afrika und Südamerika. Und offensichtlich nicht einmal die Bürger der Stadt, die von den Investitionen profitieren würde. Wenn Hamburg a) eine hohe Zustimmung hat, b) 2028 schwache Konkurrenten und c) 2024 an LA (Nordamerika) ginge, hätte man für 2028 eine Chance. Ansonsten nicht, egal wie gut das Konzept ist. a) ist sehr unwahrscheinlich, b) eher auch und nur c) könnte gut eintreffen.


    Man sollte sich aber davon verabschieden (nicht an Dich gerichtet, sondern allgemein an einige Diskutanten), dass das Geld nun für andere Zwecke eingesetzt wird. Insgesamt sollten etwa 15 Milliarden (inkl. Privaten, IOC usw.) in Hamburg investiert werden. Ob das direkt für den Haushalt positiv wäre, mag ich nicht beurteilen, aber für die Bürger allemal. Die Gelder fließen aber ohne Spiele nicht und der Hamburger Anteil, der doppelt so hoch war wie in London (20 statt 10 Prozent), wird ohne das zu erwartenden Wachstum auch nicht frei. Ebenso wird der Hafen nicht den Kleinen Grasbrook räumen. Für eine einmalige Sache wie Olympia könnte man das rechtfertigen, aber nicht einfach nur wenige Tausend Wohnungen. Da wird man lieber darauf verweisen, dass es noch viele innenstadtnahe Gebiete gibt, wo man günstiger und schneller mehr Wohnraum schaffen kann, u.a. in der City Süd bzw. Rothenburgsort, in Billbrook und Billwerder. Die dort ansässigen Gewerbe- und Landwirtschaftsbetriebe haben nicht mehr Legitimation als die Betriebe auf dem Kleinen Grasbrook. Zudem sind sie besser erschlossen (u.a. mit dem ÖPNV).


    Woher soll Hamburg auch die Ersatzflächen nehmen? Moorburg räumen? Daran wird sich die Politik kaum die Finger verbrennen wollen, wenn es nicht eine große Zustimmung für ein Projekt gibt. Von Wohnraum für 10.000 Menschen haben die wenigsten Menschen etwas. Die Proteste kann man sich denken. Einen hafenfeindlichen Kurs ("Pech gehabt, gibt keinen Ersatz") wird auch kein Senat wagen.

    Bisher ist leider auch noch nicht klar, wie dieser Volksentscheid genau aussehen soll, sofern es überhaupt einer wird, der diesen Namen verdient. Im Abendblatt stehen vier denkbare Varianten: http://www.abendblatt.de/hambu…ragt-werden-aber-wie.html


    Hauptsächlich geht's um die Frage, ob man eine unverbindliche Volksbefragung oder einen verbindlichen Volksentscheid durchführt. Ersteres würde Olympia-Gegnern ermöglichen, auch nach einer positiven Befragung per Volksentscheid die Bewerbung, z.B. 2017, zurückzuziehen. Ein verbindlicher Volksentscheid kann erst nach einer Gesetzesänderung durch die Bürgerschaft eigenmächtig eingeleitet werden.


    Aber apropos Referendum: in Boston scheint die Ablehnung der Spiele stark zuzunehmen. Die private Initiative, die sich um die Bewerbung kümmert, strebt daher auch ein Referendum an. Ob das aber kommt und auf welcher administrative Ebene (Stadt, Region oder Bundesstaat) es durchgeführt wird, steht noch in den Sternen: http://www.handelsblatt.com/ol…-referendum/11549868.html


    Bato: Wieso soll Atlanta ein Flop gewesen sein? Und sicherlich spielen Peking und London in einer anderen Liga als Hamburg, darüber braucht man ja nicht zu streiten, aber (vor ihren Spielen) Barcelona, Sydney und Athen? Selbst wenn die letzten fünf oder zehn Spiele nur in den größten Städten der Welt stattgefunden hätte, fehlt da der Grund für das "is' halt so".

    Wir reden hier über Olympische Sommerspiele. Und München ist wie lange her?


    Seit München gab's keine IOC-Bewegung, wonach es politische Hauptstädte respektive die größten Metropolen eines Landes sein müssen. Daher nannte ich ja auch noch Beispiele aus den 90ern wie Barcelona und Atlanta. Ich hätte mir ja auch Spiele in Berlin gewünscht, aber "wir haben mehr Einwohner und sind Hauptstadt" ist alleine nicht ausschlaggebend. Auch nicht bei den Sommerspielen. Wie gesagt, Boston hat auch die nationale Konkurrenz hinter sich gelassen und die deutschen Fachverbände, die sich pro Hamburg aussprachen, schauten auch, welche Stadt die besseren Chancen hat, um die Spiele nach Deutschland zu holen. Und wenn das zudem noch diverse Expertengremien sagen und die Begeisterung in der Stadt größer ist, ist der Drops gelutscht.

    Unter anderem dieser nicht zu unterschätzende psychologische Effekt hat bei den Winterspielen in Bayern wohl einfach gefehlt: Wenn es selbst weltweit kaum anderer wirklich haben will, muss da was faul sein bzw. kann es nicht so viel wert sein...


    Das dürfte bei Hamburg ggf. auch eine Rolle spielen. Ich zitiere mal aus einem Interview mit Münchens ehemaligen Bürgermeister:


    Wir hatten zu Beginn sogar 70 Prozent Zustimmung bei Meinungsumfragen, aber dann kam der Umschwung durch die Entscheidungen des internationalen Sports für Sotschi und Katar. Und es kamen Erfahrungen und Hintergrundberichte über die Vorgehensweise des IOC. Das war der entscheidende Punkt. Man könnte zugespitzt sagen: Die bayrische Bewerbung ist nicht in München und Garmisch-Partenkirchen gescheitert, sondern in Sotschi und Katar.


    http://www.abendblatt.de/sport…egen-Hamburg-gehoert.html


    Weiter heißt es noch, dass das IOC kurz vor dem geplanten Volksentscheid in Hamburg die Winterspiele 2022 nach Peking oder Almaty geben wird. Das könnte gefundenes Fressen für einige Olympia-Gegner in Hamburg sein.



    Beachtlich am Konzept von Boston finde ich, dass eine Finanzierung der Spiele ohne Steuergelder geplant ist.


    Das ist aber auch etwas eine Mogelpackung, weil in Boston die Infrastrukturausgaben aus den Kosten für die Spiele herausgenommen wurden:


    Sehr viele Bürger der Stadt zweifeln daran, dass kein Steuergeld für die Spiele aufgewandt werden müsse. Denn die Infrastrukturkosten sind von diesem Versprechen bereits ausgenommen.


    http://www.tagesspiegel.de/pol…-im-vorteil/11513182.html


    Jede Stadt, an der das Spektakel vorbeigeht, kann sich froh und glücklich schätzen. Insofern schon mal einen Glückwunsch nach Berlin!


    Seh ich als Berliner ja nicht so. ;) Aber mir ist auch bewusst, dass die Zustimmung hier in der Stadt nicht so groß ist wie in Hamburg. Das Problem an der Berliner Bewerbung war wohl, dass man einfach nichts bieten konnte. Und das müssen keine pompösen Pläne a la Sotschi sein, sondern können auch gut durchdachte Ideen haben, die in einem größeren Zusammenhang stehen, z.B. im Rahmen einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Und auch die Lage ist nicht unerheblich. Ich hab zwar nur ein, zwei Renderings zu den Plänen auf dem Kleinen Grasbrook gesehen. Und jeder hier weiß wohl, dass man sich nicht von sowas täuschen lassen darf. Aber die Idee an sich macht schon was her. Eine Eröffnungsfeier am Wasser mit vielen Schiffen und einer Erreichbarkeit (der meisten Wettbewerbe) zu Fuß hat schon was. Jedenfalls könnte ich mir da tolle Bilder vorstellen, die nicht nur die Gäste, sondern auch Zuschauber begeistern und gerne an die Spiele zurückdenken lassen. Eine idyllische Kulisse mit Bergen kann Hamburg wiederum eher nicht bieten, aber es sind ja auch Sommerspiele. In Berlin war da leider nichts, außer ständig zu wiederholen, dass man schon mal die Spiele austrug und sein Stadion noch hat. Ein schlüssiges Gesamtkonzept war das leider nicht.


    Und es mag etwas komisch klingen, aber das IOC weiß ja auch, dass sein Image nicht das beste ist. Bescheidene, nachhaltige Spiele in einem demokratischen Staat, wo die Bürger auch per Volksentscheid abgestimmt haben, könnte da einiges wieder gut machen. Ob das aber nachhaltig wäre und es danach nicht wieder mehrere Spiele in, nunja, eher fragwürdigen Staaten gibt, steht dann natürlich auf einem anderen Blatt. Wäre ich Wähler in Hamburg, würde ich aber meine Kritik nicht dort ansetzen und versuchen mit meinem Votum Politik zu betreiben bzw. Druck auszuüben auf das Komitee (das versuchten ja schon viele Städte und kaum jemand nimmt davon international Notiz), sondern mich fragen, was die Spiele kosten und bringen. Und zu Kosten würde ich auch soziale Belange mit einbeziehen.

    Im Übrigen halte ich Atlanta auch nicht für eine bekannte Metropole. Ich weiß bis heute nur, dass es irgendwo in den USA liegt, und das war's auch ^^


    Die Größe ist auch eher ein Nach- als Vorteil. Es hat schon seine Gründe, wieso die USA auch lieber mit dem kleinen Boston statt mit New York, Washington, Los Angeles oder San Francisco ins Rennen gehen, da dies eher den Statuten des IOC entspricht. Seattle, Vancouver, Salt Lake City, Barcelona usw. sprechen auch nicht dafür, dass es unbedingt die Hauptstadt eines Landes sein muss. Und wie es mit München aussah und aussieht, ist ja auch bekannt.


    Ansonsten stimme ich PacoDo weitestgehend zu. Für 2028 sieht es besser aus.